In drei Sauenbetrieben bereitete das Rotavirus teils große Probleme. Die Lösung lag in einer gezielten Ergänzung der Sauenrationen mit löslichen Faserstoffen und Lebendhefen.
Dr. Franz Lappe, vivet Schweinegesundheit GmbH
Seit einigen Jahren verursachen Rotaviren bei Saugferkeln gravierende Darmerkrankungen und in der Regel müssen betroffene Betriebe mit Impfungen gegensteuern. So wirken beim Rotavirus Typ A vor allem stallspezifische Impfstoffe sehr gut. Zudem ist seit kurzem ein handelsfertiger Kombinationsimpfstoff gegen Rotavirus Typ A und E.coli erhältlich.
Allerdings hilft keiner dieser Impfstoffe gegen Rotavirus Typ C. Dieser Subtyp lässt sich nicht in einer Zellkultur anzüchten, was eine Impfstoffherstellung unmöglich macht. Und genau dieser Virustyp sorgte in drei unserer Kundenbetriebe für teils gravierende Probleme.
Schwierige Behandlung
Ohne passende Impfung setzten wir für die Immunisierung zunächst auf Kotkontakt zwischen erkrankten Ferkeln und hochtragenden Sauen. Daraus resultierte aber aufgrund der schwankenden und nicht kontrollierbaren Antigengehalte nur eine unzureichende Verbesserung der Situation.
Also gingen wir dazu über, präbiotische Einstreumaterialien und Probiotika-haltige Elektrolyttränken einzusetzen. Dadurch erreichten wir zwar, dass sich der Krankheitsverlauf bei den betroffenen Würfen deutlich verkürzte, die Ferkel rasch wieder zu Kräften kamen und die Verluste zurückgingen. Die Erkrankung konnte aber durch eine prophylaktische Gabe nicht verhindert werden.
Die Lage auf den Betrieben wurde immer ernster und der Krankheitsdruck schlug sich zunehmend in den biologischen Leistungen nieder. So gingen die Tageszunahmen so weit zurück, dass die betroffenen Würfe nach 28 Säugetagen nur auf durchschnittliche Absetzgewichte von höchstens 6 kg je Ferkel kamen.
Lebendhefen für die Sau
Die Probiotikagabe brachte zwar nicht den erhofften Durchbruch. Unsere Beobachtungen machten aber deutlich, dass die Zusammensetzung des Darmmikrobioms der Ferkel für den Verlauf einer Rotavirusinfektion relevant ist. Denn bei einem gesunden Darm ist die Schleimschicht normalerweise so dick, dass Viren nur schwer an die Darmzellen andocken und Schaden anrichten können.
Welche Mikroorganismen den Darm besiedeln, wird innerhalb der ersten Lebenstage nachhaltig durch die Umgebung bestimmt. Im Fall der Ferkel spielt dabei das Darmmikrobiom der Sau die größte Rolle. Mit dem Ziel die Darmgesundheit der Jungtiere zu fördern gingen wir also dazu über, die Muttertiere noch vor der Geburt mit einem Probiotikum zu versorgen. Die Wahl fiel auf eine Lebendhefe, die gemäß den Herstellerempfehlungen mit 109 KBE (koloniebildende Einheiten) je kg Futter mindestens drei Wochen vor der Geburt und während der Laktation vorgelegt wird.
Durchwachsener Erfolg
Bei der Zugabe der Lebendhefen in ausgewählten Abferkelgruppen waren die betriebsindividuellen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Im Betrieb A wurden die Sauen flüssig, in den Betrieben B (Volumendosierer) und C (Abrufstation und Volumendosierer) trocken gefüttert. Zudem fütterte Betrieb A das Laktationsfutter erst zwei Tage nach der Geburt, während die beiden anderen Betriebe den Futterwechsel beim Umstallen in den Abferkelstall vollzogen. In der Versuchsphase nahmen die Betriebe den Aufwand für die Zugabe der Lebendhefe hin. Heute empfehlen wir ein Dosierschema mit doppelter Konzentration pro kg Futter und eine verkürzten Einsatzphase von einer Woche vor der Geburt.
Mit der Zugabe der Lebendhefen begannen wir im Zuge unserer Bestandsbesuche die Häufigkeit der Darmerkrankungen bei den Saugferkeln zu schätzen. Dabei zeigte sich schnell, dass die Testgruppen im Betrieb A spürbar weniger Probleme mit Saugferkeldurchfällen hatten. Der Betrieb mit 500 Sauen war allerdings unter den Testbetrieben auch derjenige mit den geringsten Ausfällen in Verbindung mit Rotavirus Typ C. In den Betrieben B und C, deren Virusproblematik wir im Vorfeld als mittel- bis hochgradig einstuften, traten die Darmerkrankungen dagegen unvermindert auf.
Metabolisches Stresssyndrom
Um die Darmgesundheit der Sauen in den Problembetrieben auf andere Art und Weise positiv zu beeinflussen, stützten wir uns beim nächsten Behandlungsansatz auf neue Untersuchungen aus China. Dort waren Forscher zu der Erkenntnis gekommen, dass durch den Einsatz löslicher Fasern bzw. bakteriell fermentierbarer Rohfaser im Futter das postpartale Dysgalaktiesyndrom (PDS; früher MMA) verhindert werden kann. Das Krankheitsbild dieses metabolischen Stresssyndroms drückt sich darin aus, dass der Sauendarm gereizt und in seiner Funktion, Nährstoffe aus dem Darminhalt aufzunehmen, beeinträchtigt ist.
Wichtig ist, dass die in Frage kommenden Rohfaserträger, wie z.B. Trockenschnitzel, Luzerne, Sojaschalen und Haferschälkleie, während der Transitphase vorgelegt werden. Rund sieben Tage vor und nach der Geburt, als Topdressing oder im Geburtsvorbereitungsfutter, unterstützen sie mit ihrem hohen Anteil an bakteriell fermentierbarer Rohfaser die Artenvielfalt des Mikrobioms bzw. der Darmflora. In der Folge wird der Aufbau einer Schadflora, z.B. in Form von Clostridium perfringens oder E.coli, gehemmt und die Entstehung einer Reizdarmsymptomatik bei der Sau unterbunden. Zudem kommt es zu den gewünschten positiven Einflüssen auf das Mikrobiom der Neugeborenen.
Viel Faser in der Transitphase
Im Betrieb B mit 350 Sauen waren die passenden Rohfaserkomponenten bereits im Futter enthalten und es wurde nur das Fütterungskonzept angepasst. So wurde der Wechsel von Tragend- auf Laktationsfutter auf den dritten Tag nach der Geburt verlagert. Durch den höheren Rohfaseranteil im NT-Futter gegenüber dem Laktationsfutter erhielten die Sauen automatisch eine größere Menge an löslicher Faser. Schnell stellte sich hier Erfolg ein und es traten nur noch sporadisch einzelne Würfe mit leichten Krankheitsverläufen der Neugeborenendiarrhoe auf.
Im Betrieb C mit 450 Sauen wurde genauso verfahren. Doch ließ sich kein ähnlicher Erfolg erzielen und man ging dazu über, einen pelletierten Fasermix aus Trockenschnitzel, Luzerne und Sojaschalen als Topping zu verfüttern. Dabei wurde penibel auf die Mengenkalkulation geachtet. Jeder Sau wurden mit einem Messbecher täglich circa 600 g vorgelegt. Das Ergebnis war erstaunlich. Nur bei Jungsauenwürfen, bei denen die Muttertiere aus Akzeptanzgründen die Pellets nicht in voller Menge aufgenommen hatten, traten noch Darmerkrankungen mit leichten Verläufen auf. Alle anderen Würfe blieben gesund und zeigten eine sehr gute Gewichtsentwicklung.
Hefezusatz weiter im Einsatz
Letztlich konnten wir so in allen drei Betrieben die Probleme mit dem Rotavirus Typ C lösen. Und auch wenn der Einsatz der Lebendhefe zumindest bei den stärker betroffenen Betrieben keinen entscheidenenden Beitrag dazu leisten konnte, halten alle an dem Einsatz des Zusatzproduktes fest. Denn wir werteten in der Testphase auch die Absetzgewichte der jeweiligen Abferkelgruppen sowie die Sauenplanerdaten aus und hier zeichneten sich erstaunliche Entwicklungen ab.
So fehlte es zwar für eine statistische Absicherung an weiteren Testdurchgängen. Als Grundtendenz ließ sich aber erkennen, dass in allen Betrieben die Absetzgewichte zulegten. Die Betriebsleiter brachten diese Entwicklung mit einer höheren Milchleistung der Sauen in Verbindung. Noch erstaunlicher war der statistisch hoch signifikante Anstieg der abgesetzten Ferkel je Wurf. So wurden über alle Testbetriebe betrachtet zwischen 0,3 und 0,7 Ferkel je Wurf mehr abgesetzt als vor bzw. nach der Testphase.
In den Betrieben B und C ließ sich außerdem beobachten, dass die Totgeburtenrate signifikant sank. Im Betrieb A konnte dieser Effekt nicht beobachtet werden. Allerdings litt der Bestand in dieser Phase unter einer akuten PRRS-Infektion mit dem ACRO-Virus.