Unsere Autorin: Dr. Sabine Schütze, Schweinegesundheitsdienst NRW
Vor gut drei Jahren stockte Ferkelerzeuger Wolfgang Schulze (Name geändert) von 200 auf 350 Sauen auf. Zunächst lief alles bestens, doch plötzlich traten bei den Jungsauenwürfen starke Ferkeldurchfälle in der ersten Lebenswoche auf. Die Verluste stiegen, und die überlebenden Ferkel waren ausgetrocknet und fleckig und lagen im Ferkelnest auf einem Haufen oder auf der Sau.
Clostridien als Übeltäter
Sofort wurden Kotproben von Durchfalltieren zur Untersuchung eingeschickt. Im Labor untersuchte man sie auf die üblichen bakteriellen und viralen Erreger, beispielsweise E.coli, Clostridien oder Rotaviren. Auch frisch verendete Ferkel wurden zur Sektion gebracht, um den Darm direkt zu beurteilen.
Die bakteriologischen und pathologischen Ergebnisse waren recht eindeutig – Clostridien waren die Übeltäter! Landwirt Schulze behandelte daraufhin die betroffenen Ferkel mit dem passenden Antibiotikum. Gleichzeitig führte er eine Mutterschutzimpfung bei allen Sauen zur Vorbeuge ein. Um den passenden Impfstoff auszuwählen, wurden die gefundenen Clostridien typisiert und untersucht, welches Toxin sie bilden können. Für den im Betrieb nachgewiesenen Clostridientyp war ein kommerzieller Impfstoff erhältlich, den Schulze sofort einsetzte.
Nach einiger Zeit stellte sich der Erfolg ein. Nur noch sehr wenige Saugferkel verendeten, und auch die Zahl der betroffenen Würfe ging deutlich zurück. Auf eine antibiotische Behandlung der Ferkel in den ersten Lebenstagen konnte der Betriebsleiter schließlich wieder verzichten. Er war erleichtert, dass vor allem mit der konsequenten Impfung das Problem gelöst werden konnte.
Erneut starker Durchfall
Doch nach vier bis fünf Monaten traten wieder starke Durchfälle bei den Saugferkeln auf, und die Verluste stiegen erneut an. Wolfgang Schulze war alarmiert. Sofort bestellte er die Tierärztin und begab sich zusammen mit ihr auf Fehlersuche: Dabei kam heraus, dass er die Impfung der Sauen immer korrekt durchgeführt hatte. Auch im Bereich der Fütterung gab es keine Veränderungen. Das eingesetzte Desinfektionsmittel war gegen Clostridien wirksam und wurde richtig angewendet.
Abermals wurden Kotproben untersucht und Ferkel zur Sektion verbracht. Dabei stellte sich wieder eine Infektion mit Clostridien heraus. Bei der Typisierung konnte man neben dem bereits bekannten noch ein weiteres Toxin nachweisen. Allerdings zeigten kommerzielle Impfstoffe keine ausreichende Wirkung, sodass ein bestandsspezifischer Impfstoff hergestellt werden musste.
Zum Glück ließ der Erfolg durch die Impfung nicht allzu lange auf sich warten, und das Geschehen im Abferkelstall beruhigte sich nach einigen Wochen. Allerdings waren die Zunahmen der Ferkel noch nicht ganz zufriedenstellend. Der Betriebsleiter berichtete zudem, dass der Ferkelkot sehr schmierig sei und sich nur schwer entfernen ließe und dass der Durchfall meist erst in der zweiten Lebenswoche auftrat. Diese Aussagen brachten die Tierärztin auf die entscheidende Spur.
Hinweise auf Parasiten
Denn: Bei der klinischen Untersuchung zeigte sich in vielen Abferkelbuchten ein gelblicher, fettig bis pastöser Durchfall um den 10. Lebenstag der Ferkel. Dies kann ein Hinweis auf Kokzidien sein, also eine Parasitenerkrankung.
Der Erreger der Kokzidiose ist der Darmparasit Cystoisospora suis. Fast ausschließlich sind Saugferkel von der Erkrankung betroffen, da bereits kurz nach der Geburt die infektiösen Kokzidien-Oozysten aus der Umgebung aufgenommen werden. Diese gelangen in den Dünndarm, wo sie die Darmzellen befallen und eine Entzündung hervorrufen. Es kommt zur Schädigung der Darmzotten, sodass die Aufnahme von Nährstoffen gestört ist. Bei sehr jungen Ferkeln können vermehrt Todesfälle auftreten. Diese kommen vor allem dann vor, wenn eine Koinfektion z.B. mit Clostridien stattfindet.
Um die Verdachtsdiagnose einer Kokzidiose zu bestätigen, wurden Sammelkotproben genommen. Da nicht alle Tiere akute Krankheitsanzeichen zeigen, aber trotzdem den Parasiten ausscheiden können, muss mehr Probenmaterial genommen werden, also mehrere Tupfer bzw. Kot von mehreren Ferkeln eines Wurfs. Dabei nimmt man am besten Kot von Ferkeln, die bereits zwei bis drei Tage vorher Durchfall hatten, da die Ausscheidung der Oozysten meist etwas später als der Durchfall erfolgt. Auch normal geformter Kot sollte zur Diagnostik verwendet werden. Eine wiederholte Beprobung der gleichen Würfe an verschiedenen Tagen wird ebenfalls empfohlen.
Antiparasitikum half
Die Behandlung erfolgt mit einem Antiparasitikum mit dem Wirkstoff Toltrazuril. Dieser Wirkstoff ist sowohl zur oralen Anwendung als auch zur Injektion auf dem Markt erhältlich. Bei akutem Durchfall müssen auch Begleitmaßnahmen ergriffen werden, um die Ferkel möglichst schnell wieder fit zu bekommen. Ausreichende Wasserversorgung, zusätzliche Elektrolyte und natürlich Wärme helfen den Ferkeln. Und Einstreu oder Hygienepulver halten das Ferkelnest möglichst trocken.
Um Kokzidiendurchfall im Bestand effektiv zu bekämpfen, muss man generell einige Fallstricke beachten. Eine Behandlung muss innerhalb der ersten drei Lebenstage erfolgen, ansonsten hat die Infektion bereits stattgefunden. Bei der Verabreichung von Toltrazuril sollte sich immer an die Anweisungen des Hoftierarztes gehalten werden. Eine Unterdosierung führt zum Ausbleiben des Wirkerfolgs. Bei der oralen Gabe gilt es zu beachten, dass die Ferkel das Mittel nicht wieder ausspucken.
Ganz wichtig: Das Hygienekonzept muss stimmen! Eine Säule der erfolgreichen Kokzidienbekämpfung ist eine konsequente Reinigung und Desinfektion, da die Kokzidien-Oozysten massenhaft mit dem Durchfall ausgeschieden werden. Um die Reinigung zu erleichtern, kann man einen Schaumreiniger benutzen, der hartnäckige Kotverklebungen löst. Im Anschluss an die Reinigung wird ein Desinfektionsmittel gegen Parasiten und Parasiteneier verwendet.
Eine Auswertung im Betrieb Schulze zeigte, dass die Leistungen durch die Behandlung der Kokzidiose deutlich gesteigert werden konnten. Der Mehraufwand mit Behandlung, Hygiene etc. lohnt sich in mehrfacher Hinsicht: Den Tieren geht es gut und das Arbeiten im Abferkelstall macht mit fitten Ferkeln auch mehr Spaß.