In Dänemark sorgt ein neuer PRRS-Virusstamm für hohe Ferkelverluste. Es handelt sich um eine Rekombination. Prof. T. Vahlenkamp, Uni Leipzig, erklärt die Zusammenhänge.
Heinrich Niggemeyer, SUS
Ein neuer PRRS-Stamm hat in Dänemark rund 40 Sauenherden erfasst. Die Experten gehen davon aus, dass es sich um eine Mischung (Rekombination) zwischen einem Feldvirus sowie Virusstämmen zweier Impfstoffe handelt. Das rekombinierte Virus verbreitete sich über die Besamung. Wie der Erreger in die KB-Station gelangt ist, konnte bislang nicht geklärt werden.
Was ist in Dänemark genau passiert?
Vahlenkamp: Bei einer Routineuntersuchung fand eine Besamungsstation in einer einzelnen Probe PRRS-Antikörper. Zunächst dachte man an ein falsches Ergebnis, da der Bestand seit Jahren PRRS-frei ist. Weitere Untersuchungen ergaben, dass mehrere Eber PRRS-infiziert waren.
Was waren die Konsequenzen?
Vahlenkamp: Mehr als vierzig Sauenbetriebe hatten mit vielen totgeborenen Ferkeln und einer hohen Sterblichkeitsrate bei den Saugferkeln zu kämpfen. Von den verbleibenden rund 90% der Betriebe, die im gleichen Zeitraum Sperma von infizierten Ebern erhielten, sind keine Beschwerden eingetroffen.
Wie häufig kommt eine Rekombination von Feld- und Impfvirus vor?
Vahlenkamp: PRRS-Viren passen sich ständig genetisch an. Das Virus will überleben und versucht, sich durch Mutationen dem Immunsystem zu entziehen. Darüber hinaus kann das Virus auch rekombinieren. Wie häufig dies vorkommt, ist schwer zu sagen. Dieses Phänomen wird in der Literatur zuletzt häufiger beschrieben. Dies könnte jedoch damit zusammenhängen, dass heute bessere Untersuchungsmethoden zur Verfügung stehen.
Sollte der gleichzeitige Einsatz zweier PRRS-Lebendimpfstoffe vermieden werden?
Vahlenkamp: Der Impfstoffwechsel wird meist in einer PRRS-labilen Situation vorgenommen. Das heißt, dass zu diesem Zeitpunkt PRRS-Viren in größeren Mengen im Bestand zirkulieren. Nicht der Wechsel, sondern das Zirkulieren des Feldvirus erhöht das Risiko einer Rekombination.
Die Behörde nahm die zuletzt eingeführte Vakzine vom dänischen Markt. Ist das gerechtfertigt?
Vahlenkamp: Beim Wechsel der Vakzine wird ein neuer Impfstamm eingeführt. Dieser gerät dann schnell in Verdacht, wenn sich die PRRS-Situation nicht verbessert oder gar neue Probleme auftauchen. Somit kann man zumindest hinterfragen, ob die Vorsichtsmaßnahme der dänischen Behörde gerechtfertigt war.
Sind rekombinierte PRRS-Stämme besonders aggressiv?
Vahlenkamp: Nur recht selten kommt es zu einer Mutation oder Rekombination, die großen Schaden anrichtet. Die meisten Mutationen und Rekombinationen schlagen sogar fehl. Ich gehe nicht davon aus, dass eine Rekombinante besonders aggressiv ist.
Warum war auf den betroffenen dänischen Betrieben die Klinik so ausgeprägt?
Vahlenkamp: Es handelte sich größtenteils um SPF-Herden mit dem höchsten PRRS-Status. Das heißt, dass die Sauen PRRS-negativ waren und nicht geimpft wurden. Dieser Umstand allein erklärt die heftige Reaktion.
Kann ähnliches auch in Deutschland passieren?
Vahlenkamp: Auch bei uns kann plötzlich eine mutierte oder rekombinierte PRRS-Variante auftauchen. Doch in Deutschland werden mehr als 80% der Sauen und über 40% der Ferkel gegen PRRS geimpft. Die Population ist also relativ gut geschützt. 100% Sicherheit gibt es natürlich nicht.
Hätte die KB-Station in engeren Abständen kontrollieren müssen?
Vahlenkamp: Nach unseren Informationen hat die dänische Station vierzehntägig auf Antikörper kontrolliert. Selbst bei einem engeren Untersuchungsraster kann bei ausschließlicher Antikörperuntersuchung die akute Phase einer PRRS-Infektion verpasst werden. Wir empfehlen daher, nicht nur auf Antikörper zu kontrollieren, sondern auch auf die Erreger selbst. Entsprechende Untersuchungsmethoden stehen zur Verfügung. Die Kombination gibt zusätzliche Sicherheit.
Wie häufig kommt es vor, dass PRRS-Virus über Sperma übertragen wird?
Vahlenkamp: PRRS-Einbrüche können nie zu 100% ausgeschlossen werden. Dies gilt auch für Besamungsstationen, obwohl hier die Standards für die Biosicherheit besonders hoch sind. Spätestens drei Tage nach einer meist unerkannt verlaufenden Infektion scheidet der betroffene Eber PRRS-Viren über das Sperma aus. Ob es dann bei der Besamung zu einer PRRS-Übertragung kommt, hängt von der Viruskonzentration im Sperma sowie anderen Umständen ab.
Kann das Ejakulat in besonderen Fällen auf PRRS-Virus getestet werden?
Vahlenkamp: Nicht das Sperma, sondern der Eber kann am Tag des Sprunges beprobt werden. Mit der Durchführung der Besamung muss dann so lange gewartet werden, bis das Ergebnis vorliegt. Dies erfordert eine enge Abstimmung der Beteiligten. Grundsätzlich ist diese Vorsichtsmaßnahme möglich und angebracht, wenn es sich um einen wertvollen, PRRS-negativen Zuchtbestand handelt und über eine fremde KB-Station Sperma zur Genetikauffrischung bezogen werden soll.