Bekannt ist, dass Elstern, Delfine, Schimpansen und Elefanten sich selbst im Spiegel erkennen können. Vor diesem Hintergrund entstand die Idee, Spiegel bzw. ein Spiegelspielzeug in der Bucht einzusetzen. Es sollte geprüft werden, ob der Spiegel von den Schweinen wahrgenommen wird und welche Effekte der Einsatz des Spiegels auf das Verhalten der Tiere hat.
Die Untersuchungen fanden im Aufzuchtbereich der Schweinezuchtanlage der Universität Gießen statt. Es wurde eine Spiegelfolie auf eine Buchtenwand geklebt und ein Spiegelspielzeug freihängend in der Bucht angeordnet. Das Verhalten der Ferkel wurde anhand von Videoaufnahmen über die gesamte Aufzucht in der Untersuchungs- und einer gegenüber liegenden Kontrollbucht analysiert.
In zwei Durchgängen mit je zwei Buchten und insgesamt 48 Absatzferkeln (unkupiert) wurden wöchentlich die Schwanz- und Ohrverletzungen nach einem festen Boniturschlüssel bewertet.
Die wichtigsten Ergebnisse:
- In der Bucht mit der Spiegelfolie an der Buchtenvorderwand lagen im ersten Durchgang in 48,3% aller Fälle 1 bis 12 Ferkel in der Nähe des Spiegels. In der Kontrollgruppe ohne Spiegel befanden sich lediglich in 27,9% aller Beobachtungswerte wenige bis alle Ferkel liegend in diesem Areal.
- Im zweiten Durchgang war der Anteil liegender Ferkel niedriger. Aber wiederum bevorzugten die Ferkel die Nähe des Spiegels zum Liegen.
- Das Spiegelspielzeug war attraktiver als die Spiegelfolie. Im Mittel wurden 9,8 Ferkel-Aktionen je Stunde an der Spiegelfolie beobachtet. Etwa 3,5-mal so viel (34,2 Aktivitäten) wurden dagegen am Spiegelspielzeug nachgewiesen (Übersicht).
- In den Nachmittagstunden waren die Aktivitäten der Tiere deutlich höher als in den Morgenstunden.
- Das Interesse der Ferkel nahm im Laufe der Haltung ab. Die Reinigung der Folie konnte die Attraktivität zwar kurzfristig erhöhen. Jedoch hielt der Effekt nicht lange an.
- Das Spielverhalten der Einzeltiere innerhalb einer Gruppe war sehr unterschiedlich ausgeprägt. Das betraf sowohl die Beschäftigung mit der Spiegelfolie als auch mit dem hängenden Spiegelspielzeug. Beide Objekte zusammengefasst spielte z.B. ein Ferkel lediglich 1,4-mal pro Stunde, während ein anderes Ferkel aus der gleichen Bucht 6,65-mal je Stunde zum Spiegel ging und spielte.
- Die Ferkel in der Bucht ohne Spiegel hatten zu 70,8% Verletzungen des Schwanzes am Ende der Aufzucht. In der Bucht mit Spiegel (je zwei Durchgänge) waren es lediglich 20,8%.
- Die Ergebnisse zum Schwanzbeißen dürfen jedoch nicht überbetont werden. Zum einen war der Stichprobenumfang begrenzt. Zum anderen gibt es generell bei der Häufigkeit von Schwanzverletzungen große Durchgangseffekte.
Resümee: Insgesamt ist der Einsatz vor allem eines Spiegelspielzeuges ein innovativer Ansatz, dem Auftreten von Schwanzbeißen vorzubeugen und die Quote verletzter Schweine zu senken. Es müssen aber unbedingt weitere Praxisuntersuchungen folgen.
Kontakt: Steffen.Hoy@agrar.uni-giessen.de
Versuchsbericht in der Originalfassung
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