Alternative Abferkelsysteme werden zunehmend diskutiert und erforscht. Als Nachteil des freien Abferkelns werden jedoch die höheren Erdrückungsverluste angeführt. Auch ist der Sauenhalter dem Tier direkt ausgesetzt. Folglich sind mütterliche und umgängliche Sauen wichtig.
Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft koordiniert das Forschungsprojekt „Funktionale Merkmale ferkelführender Sauen – ein Beitrag zur Züchtung und Eigenremontierung“. Insgesamt wurden über 2500 Würfe auf 19 Praxisbetrieben bonitiert. Das Ziel ist unter anderem, einen Mütterlichkeitsindex zur Bewertung von Sauen zu entwickeln.
Es wurden sowohl Eigenschaften des Wurfes (Vitalität und Homogenität) als auch der Sau erfasst. Im Mittelpunkt standen Merkmale wie Nestbau, Geburts-, Abliege- und Verteidigungsverhalten der Sau gegenüber dem Tierhalter. Die Landwirte wurden in der Beobachtung und Kategorisierung der funktionalen Merkmale geschult. Die Dokumentation erfolgte mit Hilfe eines Erhebungsformulars.
Bei der Auswertung wurden nur Wurfnummern von eins bis zehn berücksichtigt. Die Landwirte erfassten das Vorabliegeverhalten (VAV, z.B. Scharren, Umdrehen, Wühlen) sowie das Fallen lassen beim Abliegen (FLA) bei jeder Sau einmalig in den ersten fünf Tagen nach der Geburt. Die Ferkelverluste wurden zusammen mit der Ursache erfasst. Als Crusher wurden Sauen bezeichnet, die während der Säugephase ein oder mehrere Ferkel erdrückten. Non-Crusher waren Sauen ohne Erdrückungsverluste.
Erste Ergebnisse aus drei Betrieben liegen bereits vor. Auf zwei Betrieben wurden die Sauen nach den Richtlinien des Naturland e.V. in freien Abferkelbuchten mit Stroh als Einstreu und Nestbaumaterial gehalten. Die Sauen des dritten Betriebes wurden in Bewegungsbuchten gehalten und erhielten einen Jutesack als Nestbaumaterial. Hier die Ergebnisse:
- Von 638 Würfen wurden 583 (91,4%) als vital und 442 (69,3%) als homogen beurteilt (siehe Übersicht). Zwischen der Homogenität des Wurfes und der Ferkelvitalität konnte ein hochsignifikanter Zusammenhang gefunden werden: Etwa zwei Drittel der Würfe waren sowohl homogen als auch vital.
- Zwischen der Ausprägung der Merkmale FLA und VAV konnte ebenfalls ein hochsignifikanter Zusammenhang nachgewiesen werden. Bei 84,4% der Würfe kündigte die Sau das Abliegen an und legte sich kontrolliert ab.
- Das Ausüben von VAV ist außerdem mit dem Merkmal Crusher signifikant korreliert. Der Anteil an Sauen, die kein Vorabliegeverhalten zeigten, war bei Crushern mit 14,8 % (38 von 257 Würfen) signifikant höher als in der Gruppe der Non-Crusher (6,1%, 19 von 312 Würfen).
- Auf einem Betrieb wurde das Nestbauverhalten erfasst: Bei 138 Würfen (49,3%) zeigte die Muttersau deutlich ausgeprägtes Nestbauverhalten. Es hatte keinen absicherbaren Einfluss auf die Anzahl Totgeburten, jedoch einen schwach positiven Effekt auf die Anzahl der aufgezogenen Ferkel.
- Das Verteidigungsverhalten der Sau gegenüber den Menschen wurde bewertet (gut, mittel, schlecht). Der Effekt der Umgänglichkeit auf die Anzahl aufgezogener Ferkel war nicht signifikant.
Fazit: Sauen mit mütterlichem Verhalten und vitalen Würfen ziehen mehr Ferkel auf. Sowohl ausgeprägtes Nestbauverhalten als auch das Ausüben von Vorabliegeverhalten und ein kontrolliertes Abliegen wirken sich positiv auf die Ferkelverluste aus. Gegenüber Menschen friedliche Sauen erleichtern insbesondere in freien Haltungssystemen die Arbeit. Die Umgänglichkeit der Sauen wirkte sich nicht negativ auf die Ferkelzahlen aus.
Kontakt: elisabeth.sinz@lfl.bayern.de