In Premiumschienen zählt eine gute Fleischmarmorierung. Welcher Eber bringt mehr intramuskuläres Fett?
Heinrich Niggemeyer, SUS
Landauf, landab beschäftigen sich Landwirte und Vermarkter mit der Frage, Schweinefleisch noch leckerer zu machen. Neben der optisch erfassbaren guten Qualität soll das Stück Fleisch zart sein und lecker schmecken.
Hier spielt das intramuskuläre Fett (IMF) eine große Rolle. Denn es macht die berühmte Marmorierung des Fleisches aus. Eine Vielzahl kleiner Fettäderchen durchzieht das Fleisch und macht es hocharomatisch, da das Fett die Geschmacksstoffe bindet. Ein hoher IMF-Gehalt verspricht also höchsten Genusswert.
2,5% IMF wünschenswert
Bei den üblichen marktkonformen Masthybriden sind 1 bis 1,5% IMF im Rückenmuskel zu finden. Reine Piétraintiere liegen sogar noch darunter, reinrassige Durocs auch schon mal deutlich über 2%. Gleiches Niveau verkörpern auch weiße Spezialrassen wie Premo (Suisag) oder Leicoma. Die Mutterlinien Landrasse und Large White hingegen liegen je nach Zuchtausrichtung zwischen den Rassen Piétrain und Duroc (siehe Übersicht).
Viele Zuchtunternehmen und -organisationen sehen beim Mastendprodukt einen Gehalt von 2,0% IMF als ideal an. Mit wahrnehmbaren Effekten auf die sensorischen Eigenschaften kann allerdings erst bei IMF-Gehalten von 2,5 bis 3% gerechnet werden.
Dieses Level wäre züchterisch leicht zu erreichen, denn die Vererblichkeit von IMF ist mittel bis hoch. Doch der IMF-Gehalt ist leider nicht unabhängig vom Gesamtfleischanteil des Schweineschlachtkörpers zu verändern. So geht ein steigender IMF mit einem sinkenden Muskelfleischanteil einher. Wird hingegen der Rückenspeck weggezüchtet und auf große Koteletts selektiert, verringert sich der IMF-Gehalt.
Diese negative Beziehung ist der Grund, warum intramuskuläres Fett nicht mit hoher Gewichtung in das Zuchtziel aufgenommen wird. Zumal viele Kunden im Laden nach wie vor das magere Stück Fleisch bevorzugen.
Konzept für Premiumfleisch
Auch fehlen schlachtbanktaugliche Erfassungsmethoden für den IMF-Gehalt. Um den IMF-Gehalt als Parameter in ein qualitätsorientiertes Bezahlungssystem aufzunehmen, müsste dieser automatisiert und kostengünstig ge-messen werden können.
Derzeit ist die Forschung dabei, Schnelltests für den IMF-Gehalt zu entwickeln. Bei lebenden Zuchttieren wird heute der IMF-Gehalt bereits mittels Ultraschall geschätzt. Diese neue Methode könnte künftig die aufwendigen Labortests ersetzen. Hier bedient man sich der NIRS-Methode, oder es wird nass-chemisch untersucht.
Um die 2,5% IMF beim Mastendprodukt sicher zu erreichen, experimentieren einige Nischenanbieter mit alten Rassen wie Angler Sattelschwein, bunte Bentheimer, Schwäbisch Hällisches, Berkshire oder Mangalitzaschweine. Doch die Masttiere bringen oft selbst den Direktvermarktern zu viel Fett mit. Zumal die wirtschaftlich relevanten Parameter wie Tageszunahme, Futterverwertung oder Wurfleistung deutlich unterdurchschnittlich ausfallen, was die Produktionskosten in die Höhe treibt.
Der Kompromiss könnte sein, nicht mit reinrassigen Tieren zu arbeiten, sondern mit der F1-Generation. Das heißt, die Landwirte kreuzen eine normale Hybridsau mit ausgesuchten Ebern, die für viel IMF stehen, um im Endprodukt einen IMF-Wert von 2,5% und mehr im Rückenmuskel zu erreichen.
Duroc aus Spanien
In Spanien kam das Thema Marmorierung bereits vor mehr als zehn Jahren auf, da speziell in der Premiumschinken-Produktion mehr intramuskuläres Fett gewünscht wurde. Das Zuchtunternehmen Topigs Norsvin hat daraufhin eine Duroc-Linie für den spanischen Markt entwickelt und auf hohe IMF-Gehalte gezüchtet. Auch die auf der iberischen Halbinsel oft eingesetzte Duroc-Linie Magnus von Hypor soll auf die Anforderungen der dortigen Schinkenproduktion gut ausgerichtet sein.
Topigs und andere Unternehmen prüfen die Zuchtkandidaten mittels Life Muscle Scan (LMS) und berechnen den IMF-Gehalt anhand der Ultraschallbilder. Auch wird heute die ge-nomische Selektion angewandt, um nachhaltige Fortschritte zu erreichen. Gleichzeitig dürfen die Schlachtkörperqualitäten nicht merklich schlechter werden. Auch sollte darauf geachtet werden, dass nach wie vor eine gute Futtereffizienz erreicht wird.
Da einige Ferkelerzeuger zumindest einen Teil der Sauen mit sogenannten IMF-Ebern belegen wollen, bieten die Besamungsstationen diese mittlerweile an. Auch Testanpaarungen sind bereits gelaufen und man darf auf die ersten Ergebnisse zu den Mast- und Schlachtleistungen gespannt sein.
Halb-Ibericos
Das iberische Schwein ist eine in Südwestspanien und Portugal heimische, alte Schweinerasse für die Weidehaltung. Im Vergleich zu den herkömmlichen Hausschweinerassen ist es deutlich kleiner. Die Zunahmen sind verringert und die Futterverwertung ist deutlich schlechter als bei herkömmlichen Genetiken.
Dieser Rasse eilt der Ruf voraus, dass ihr Fleisch einen ganz besonderen, nussigen Geschmack aufweist, etwas dunkler, zart und besonders gut marmoriert ist. Das Fleisch sieht ähnlich dem des Wagyu-Rindes aus, welches ebenfalls seinen Platz in der Premiumschiene gefunden hat.
Der Iberico-Effekt ist auch bei Kreuzungen noch gut sichtbar, weshalb einige Praktiker versuchen, über Anpaarungen mit Iberico-Ebern Zugang zum oberen Qualitätssegment zu finden. Doch das entsprechende Sperma von den Vererbern muss aus Spanien eingeflogen werden, was recht aufwendig ist. Die Verfügbarkeit könnte sich verbessern, wenn erste Iberico-Zuchtherden in Deutschland aufgebaut werden.
Spannend bleibt die Frage, welche Mast- und Schlachtleistungen mit den Halb-Ibericos erreicht werden können. Wichtig für eine stabile Direktvermarktung wäre zudem eine gleichbleibend gute Marmorierung des Fleisches.
Auch können Fütterung und Haltung Einfluss auf die Fleischqualität ausüben. Die erste Betriebe sind dabei, betriebsindividuelle Lösungen zu erarbeiten.
Fazit
- Die Marmorierung hat wesentlichen Einfluss auf den Genusswert des Schweinefleisches.
- Übliche Mastendprodukte weisen im Rückenmuskel einen IMF-Gehalt von 1,2 bis 1,5% auf. Wünschenswert sind jedoch 2,5 bis 3,0% IMF.
- Um den IMF-Gehalt zu verbessern, paaren einige Betriebe ihre Hybridsauen z.B. mit Duroc- oder Iberico-Ebern an, die auf hohe IMF-Gehalte se-lektiert wurden.
- Die Mast dieser Tiere ist oftmals mit etwas höheren Produktionskosten verbunden, die über Preiszuschläge ausgeglichen werden müssen.
- Konzepte für Qualitätsfleisch lassen sich am besten in der Direktvermarktung oder über die Premiumschiene des Handels umsetzen.