Seit Jahreswechsel dürfen die Sauenbetriebe nicht mehr ohne Betäubung kastrieren. Eine der zugelassenen Alternativen zur herkömmlichen Kastration ist die Injektionsnarkose. Man injiziert den Ferkeln ein Ketamin-Azaperon-Gemisch. Allerdings lässt sich diese Narkose schlecht steuern und bringt einen relativ langen Nachschlaf der Tiere mit sich. Deshalb hat SUS bei Dr. Miriam Viehmann nachgefragt, ob die Narkose mittels Spritze auf den Betrieben praktikabel ist. Die Fachtierärztin für Schweinekrankheiten praktiziert in Schrozberg, Landkreis Schwäbisch Hall.
Frau Dr. Viehmann, wieviel Prozent Ihrer Betriebe kastriert unter Injektionsnarkose?
In unserer Praxis sind es etwa die Hälfte der Sauenhalter, die ihre Ferkel mittels Injektionsnarkose kastrieren lassen.
Ist dies für die Betriebe eine Dauer- oder eher Übergangslösung?
Ein kleiner Teil der Betriebe, insbesondere diejenigen, die über eine Aufgabe des Betriebszweigs nachdenken, haben sich aus diesem Grund gegen die Anschaffung eines Narkosegeräts entschieden. Bei den meisten Betriebsleitern sind jedoch die Vorbehalte hinsichtlich des Anwender- und Umweltschutzes beim Einsatz des Isofluran-Narkosegases so groß, dass sie sich aktiv gegen diese Variante entschlossen haben. Somit gehe ich davon aus, dass es sich bei dem Großteil meiner Betriebe um eine Dauerlösung handeln wird.
Wie laufen die Termine ab?
Der Termin wird im Vorfeld vereinbart bzw. findet im festen Rhythmus statt. Für einen reibungslosen Ablauf werden die männlichen Ferkel vor bzw. bis zu meinem Eintreffen markiert, abgesondert im Ferkelnest oder in Kisten auf dem Gang und mit einem schmerzstillenden Mittel versorgt. Eine gute Vorbereitung durch den Landwirt ist hier entscheidend für eine effiziente Durchführung. Ich verabreiche gewichtsabhängig intramuskulär die Narkosemittel. Die Ferkel schlafen innerhalb von Minuten ein und der Landwirt kastriert die schlafenden Tiere.
Wie groß ist die Belastung für die Ferkel?
Meiner Meinung nach haben die Ferkel weniger Stress durch die Injektion, als durch das „Einspannen“ in ein Isofluran-Narkosegerät. Dabei gilt zu beachten: Die Einschlafphase läuft umso ruhiger ab, je stressfreier die vorherige Separation von den Wurfgeschwistern stattgefunden hat.
Ein klarer Nachteil für die Ferkel im Vergleich zur Isofluran-Narkose – durch die längere Nachschlafphase verpassen die Tiere Mahlzeiten an der Sau.
Wie wichtig ist die richtige Dosierung?
Sehr wichtig! Zu wenig und die Ferkel schlafen nicht, zuviel und sie schlafen zu lange bzw. wachen schlimmstenfalls nicht mehr auf. Die Gewichtserfassung geht am einfachsten mit einer Plateau-Waage und einer Kiste, in die die Ferkel gesetzt werden.
Wann können die Ferkel zurück zur Sau?
Sobald die Ferkel wieder vollständig erwacht und mobil sind, können sie zur Sau zurückgesetzt werden. Diese Frage lässt sich pauschal leider nicht so einfach beantworten, da die Nachschlafphase von mehreren Faktoren wie Genetik, Alter, Allgemeinzustand etc. abhängt.
Wie rechnen Sie mit den Betrieben ab?
Um eine gute Vorbereitung seitens der Landwirte zu honorieren, haben wir uns dazu entschlossen unsere Tätigkeit nach Zeit plus Medikamentenkosten abzurechnen.