Johannes Preister ist wohl das genaue Gegenteil des berühmten „Futtergang-Mästers“. Der 28-Jährige bewirtschaftet zusammen mit seinem Vater im westfälischen Gronau-Epe einen Schweinemastbetrieb mit 2 000 Plätzen. Und auch wenn zum Betrieb noch eine Biogasanlage gehört und er sich selbst als technikbegeistert bezeichnet, die Schweinehaltung hat für ihn einen hohen Stellenwert.
Ich überlasse produktionstechnisch nichts dem Zufall, dokumentiere sehr viel und probiere ständig neue Sachen aus, um die Leistungen weiter zu steigern“, so der studierte Junglandwirt. Und genau diese Einstellung wird wohl auch dafür gesorgt haben, dass der Betrieb ein Gesundheitsproblem meisterte, das in vielen anderen Beständen schnell katastrophale Ausmaße angenommen hätte.
Blutiger Durchfall
Alles begann vor rund fünf Jahren. Preisters stallten eine gesundheitlich unauffällige, homogene Ferkelgruppe auf. Auch die Vormast verlief reibungslos. Dann begannen die Probleme. „Die Tiere wogen im Schnitt 50 bis 60 kg, als ich blutigen, teils pechschwarzen Durchfall in den Kotecken bemerkte. Dazu magerten einige Tiere sehr schnell ab und bekamen eine markante Blässe“, schildert der Mäster den Krankheitsverlauf.
Sofort wurde Dr. Konrad Busen, der langjährige Bestandstierarzt, zurate gezogen. „Da aus wenigen Einzeltieren sehr schnell eine große Gruppe erkrankter Tiere wurde und die ersten Verluste auftraten, mussten wir handeln“, so der Veterinärmediziner. Nach einem Resistenztest wurde direkt eine mehrtägige antibiotische Behandlung gestartet.
Während dadurch der Krankheitsverlauf abgeschwächt werden konnte, lief die Diagnostik an. Neben Kot- und Blutproben wurden akut erkrankte Tiere zur Sektion gebracht. „Bei allen sezierten Tieren ergaben die anatomisch/pathologischen Untersuchungen starke Einblutungen in den Dünndarm sowie eine verdickte Darmschleimhaut. Der Blutverlust in den Darm erklärte die Blässe“, so Dr. Busen.
Angesichts dieser Symptome kam dem Tierarzt schnell ein Verdacht, um welche Erkrankung es sich handeln könnte. Die Untersuchung von Darmsegmenten, der serologische Nachweis von Antikörpern im Blut und das positive Kot-PCR-Ergebnis brachten Gewissheit – im Bestand der Preisters war die Infektionskrankheit Lawsonia intracellularis ausgebrochen.
Ferkel schleppten Erreger ein
Für Johannes Preister und seinen Tierarzt war klar, dass man konsequent gegen die Krankheit vorgehen musste. Zumal sich die Infektionskrankheit auch unmittelbar auf die biologischen Leistungen auswirkte. Das Spitzenniveau mit 900 g täglichen Zunahmen, einer Futterverwertung von 1 : 2,45 und Verlusten von unter 1 % war nicht mehr zu halten. „Insbesondere der Umstand, dass wir zeitweise fast 2 % Verluste zu beklagen hatten, setzte uns zu“, so der Schweinemäster.
Einer der häufigsten Eintragswege von Lawsonia intracellularis ist der Zukauf infizierter Tiere. Also wurden direkt bei der Anlieferung der nächsten Ferkelpartie Blutproben gezogen. Das Ergebnis war eindeutig. Die Jungtiere zeigten zwar keine klinischen Symptome, trugen den Erreger aber bereits in sich.
Weil Preisters zu diesem Zeitpunkt alle Ferkel von einem großen Sauenhalter aus der Region bezogen und ansonsten mit den Tieren sehr zufrieden waren, wurde das Gespräch gesucht. „Wir schlugen vor, die Tiere oral gegen Lawsonien zu impfen. Doch weil der Betrieb neben uns noch andere Mäster belieferte und diese scheinbar nicht derartige Probleme hatten, konnten wir uns nicht einigen“, blickt der Gronauer zurück. In der Folge wechselte der Mäster die Ferkelherkunft.
Behandlungsindex ging hoch
Mit der Umstellung des Ferkelbezuges verschwanden allerdings nicht die Probleme mit Lawsonien-Infektionen. Auch in den darauffolgenden Durchgängen war der bekannte Krankheitsverlauf zu beobachten. „Wir waren total verunsichert und gingen oft mit einem schlechten Gefühl in den Stall. Hinzu kam, dass unser Behandlungsindex durch den immer wiederkehrenden Antibiotikaeinsatz hochging“, blickt Preister zurück.
„Das Problem bei einer Infektion mit der akuten Variante von Lawsonia intracellularis ist, dass sie so hochinfektiös ist und sich im Bestand festsetzt“, so die Erfahrung von Dr. Busen. Der junge Schweinemäster wollte diesen Zustand aber nicht akzeptieren und machte sich daran, die ohnehin schon hohe Betriebshygiene nachzuschärfen.
Am grundsätzlichen Produktionsrhythmus gab es wenig zu rütteln. Die drei Ställe mit zweimal 768 bzw. einmal 452 Mastplätzen werden getrennt voneinander im Rein-Raus-Verfahren belegt. Alle vier Wochen werden dem Betrieb Ferkel geliefert. „Das ist uns wichtig, um immer am Markt zu sein“, erklärt Preister.
Stiefelwechsel vor dem Abteil
Auch die Schadnagerbekämpfung bot kaum Veränderungspotenzial. Die Ställe sind allesamt in den 90er-Jahren gebaut worden. Daher wird penibel darauf geachtet, dass es keine Rückzugsorte für Mäuse und weiteres Ungeziefer gibt und die Köderstellen in kurzen Zeitabständen auf Frequentierung kontrolliert werden.
Neben Ungeziefer gelten die Güllekanäle als ideales Erregerreservoir, weshalb Johannes Preister dazu überging, zwischen den Durchgängen die Güllekanäle zu spülen. Dass die Austragsrohre der Flüssigfütterung mit einer Spülmaus hygenisiert werden, gehörte schon immer zum Standardprozedere bei der Stallreinigung. Hier wurde insofern nochmal nachjustiert, dass auf ein Desinfektionsmittel umgestellt wurde, welches speziell gegen Lawsonien-Erreger wirken soll.
Aber der Mäster ging noch weiter. Es wurde eine neue Hygieneschleuse eingerichtet, die über eine Dusche und eine Umkleide mit Stallkleidung verfügt und eine klare Umsetzung des Schwarz-Weiß-Bereiches ermöglicht. „Außerdem werden vor jedem Abteil die Stiefel gewechselt“, berichtet der Agraringenieur.
Des Weiteren sind alle Zugänge zu den Ställen gesichert, sodass keine betriebsfremden Personen mit den Tieren in Kontakt kommen. „Und wenn der Besuch z. B. eines Beraters doch notwendig ist, wird dieser immer auf montags gesetzt. So können die Besucher unsere Vorgabe von mindestens 48 Stunden schweinefrei erfüllen“, erklärt der junge Betriebsleiter.
Versuch mit oraler Impfung
Bei Darmerkrankungen steht oft die Fütterung im Fokus. Doch auch hier ist Johannes Preister auf der Höhe. Seit dem er vor vier Jahren in den Betrieb eingestiegen ist, rechnet er die Futtermischungen mit einem Rationsprogramm selbst. Dabei legt er größten Wert darauf, dass er mit reellen Werten und keinen Tabellenangaben das Futter konzipiert. „Das komplette Getreide, egal ob aus dem eigenen Anbau oder zugekauft, wird beprobt. Und regelmäßig kontrolliere ich das gelieferte Sojaschrot und Mineralfutter“, betont der Junglandwirt.
Trotz dieser Bemühungen wollte der Lawsonien-Druck nicht abklingen. Also entschieden sich Preister und Busen im Jahr 2019 für ein orales Impfverfahren gegen Lawsonien. Dafür wurde der Impfstoff den Tieren im Frühstadium der Vormast ins Flüssigfutter gemischt. Obwohl sich der Schweinehalter strikt an den Anwendungsplan hielt, er rund um die Impfung keine Antibiotika einsetzte und seine Flüssigfütterung in einem einwandfreien Hygienezustand ist, blieb der erhoffte Behandlungserfolg aus. „Woran es letztlich gelegen hat, können wir nicht genau sagen. Aber auf dem Betrieb Preister konnten wir mit diesem Impfverfahren keine Verbesserung erzielen“, resümiert Veterinär Dr. Busen.
Im darauffolgenden Jahr wurde der Landwirt auf einen neuen Impfstoff aufmerksam. Dieser wird intramuskulös verabreicht und soll den Tieren für rund 21 Wochen einen Infektionsschutz bieten. In Abstimmung mit seinem Bestandstierarzt und dem Impfstoffhersteller begann der Landwirt im vergangenen Sommer mit der Impfung der ersten Tiere.
Drei Stunden Impfen pro Partie
Diese ließ sich einfach in die Arbeitsläufe integrieren. So bekommt der Mäster seine Ferkel immer mittwochabends. Direkt auf der Verladerampe zu impfen wäre arbeitseffizient. Preister möchte aber, dass sich die Tiere vom Transportstress erholen sowie fressen und die Tränkenippel für Frischwasser annehmen. Daher steht das Impfen erst am darauffolgenden Morgen auf dem Programm.
Die Injektion übernimmt Dr. Busen zusammen mit dem Mitarbeiter des Betriebes. Von Vorteil ist, dass die Tiere in 12er-Buchten aufgestallt sind und daher gut mit einem großen Treibbrett fixiert werden können. „Für die Impfung verwende ich eine Revolverspritze mit Verlängerung. Wichtig ist ruhig zu arbeiten und die Injektion in die Nackenmuskulatur hinter dem Ohr zu platzieren“, erläutert Busen. Um Impfabzesse zu vermeiden, wechselt er in engen Abständen die Nadeln.
Klinik abgeklungen
Zwar werden rund drei Stunden für die Impfung von fast 800 Tieren benötigt. Diese Zeit scheinen aber ebenso wie die rund 2 € pro Impfdosis gut investiert zu sein. „Wir waren selbst überrascht. Bereits im ersten behandelten Durchgang sank die Zahl der klinisch erkrankten Tiere signifikant“, so der Schweinehalter. Zwar werden bei den regelmäßigen Kotuntersuchungen noch Lawsonien-Erreger gefunden. Ein akuter Ausbruch scheint aber verhindert werden zu können.
„Dass die Klinik von Durchgang zu Durchgang abnimmt, hängt mit der Impfung zusammen. Aber ich bin auch überzeugt, dass unsere hohe Betriebshygiene die Wirksamkeit stark begünstigt“, erklärt Preister.
Dass er den Gesundheitsstatus seiner Tiere wieder verbessern konnte, ist nicht nur an dem um 98 % gesunkenen Antibiotikaverbrauch und einer Verlustquote von 0,5 % abzulesen. Auch die Leistungskurve zeigt nach oben. Mittlerweile werden wieder Tageszunahmen von 880 g und eine Futterverwertung von 1 : 2,5 erreicht. Bei den Schlachtleistungen liegt man mit der DanZucht x PIC 408-Genetik bei knapp einem Indexpunkt. „Das wir leistungstechnisch auf einem guten Weg sind, freut mich natürlich. Aber das Wichtigste ist, dass unsere Tiere gesund bleiben und wir wieder mit Freude in den Stall gehen“, betont der Landwirt.