SUS: Herr Dr. Schulze-Horsel, warum verbietet die EU therapeutische Zinkgaben?
Schulze-Horsel: Die EU hat bereits 2017 beschlossen, den Einsatz von Zinkoxid in therapeutischer Dosierung (3 kg pro Tonne Futter) zu verbieten, allerdings mit der Möglichkeit einer Übergangsfrist von maximal fünf Jahren. Diese Frist hat Deutschland voll ausgereizt. Der Grund für das Verbot ist die Sorge, dass sich Zink mit der Gülleausbringung im Boden anreichert. Zink wird im Boden nicht abgebaut und bleibt langfristig nachweisbar. Zink ist aber Schlüsselsubstanz, um Böden im Hinblick auf die Ausbringung von Klärschlamm zu beurteilen. Das heißt, dass man mit einer Beprobung und Überwachung rechnen muss. Auch Verschärfungen von Grenzwerten sind nicht auszuschließen.
SUS: Welche Zinkpräparate sind betroffen?
Schulze-Horsel: Betroffen sind Enteroxid, das Colistin und Zinkoxid enthält, und Tylenterol, eine Kombination aus Tylosin und Zinkoxid. Zudem trifft es die Tanolin-Produkte der älteren Generation, die pflanzliche Inhaltsstoffe und Zinkoxid in therapeutischer Dosierung kombinieren.
SUS: Wird nun die antibiotische Gruppenbehandlung wieder unverzichtbar?
Schulze-Horsel: Zink hilft gegen Absetzdurchfall. Es ist deshalb damit zu rechnen, dass zunächst der Antibiotikaeinsatz bei abgesetzten Ferkeln ansteigt. Ziel muss es aber sein, durch gute Futterzusammenstellung ohne regelmäßigen Antibiotikaeinsatz auszukommen.
SUS: Welche Zinkgaben sind künftig noch erlaubt?
Schulze-Horsel: Der futtermittelrechtliche Höchstwert für Zink im Ferkelfutter liegt bei 150 mg/kg Futter. Bei einem natürlichen Zinkgehalt der Grundkomponenten von etwa 30 mg dürfen also ca. 120 mg/kg zugesetzt werden, in der Regel über das Mineralfutter oder den Ergänzer. Eine anderweitige Zinkzugabe liefe Gefahr, die Höchstmenge zu überschreiten. An Aminosäuren gebundenes Zink kann ein Weg sein, über eine gute Bioverfügbarkeit mit wenig Zink viel zu bewirken.
SUS: Erreicht man über das gebundene Zink auch eine pharmakologische Wirkung?
Schulze-Horsel: Die Wirkung der therapeutischen Dosierung wird man damit nicht erreichen, also auch nicht die bisher bekannte Durchfallprophylaxe. Der Bedarf für Wachstum und Körperfunktionen wird aber durch die nutritive Dosierung von 150 mg Zink/kg Futter sicher abgedeckt.
SUS: Was raten Sie Landwirten, die verschreibungspflichtiges Zink eingesetzt haben?
Schulze-Horsel: Es kommt jetzt darauf an, alle Möglichkeiten zur Ferkelfutter-Gestaltung auszunutzen. Dabei sollte man auf einen geringen Rohproteingehalt bei ausreichend verdaulichem Eiweiß achten, das heißt hochwertige Eiweißträger auf Sojabasis verwenden und mit freien Aminosäuren ergänzen. Zudem muss die Magensäurebarriere der Ferkel unterstützt werden. Das gelingt mit wenig puffernden Substanzen, beispielsweise indem man Futterkalk durch Monocalciumphosphat ersetzt. Auch ein Säurezusatz ist wichtig. Wir haben im Zuge der Salmonellenbekämpfung gesehen, dass Säurezusätze die Verdauung der Ferkel deutlich stabilisieren. Aufgeschlossenes Getreide hilft ebenfalls, Durchfall zu vermeiden.
SUS: Einige Tierhalter beobachten bei älteren Ferkeln Durchfall. Was empfehlen Sie hier?
Schulze-Horsel: Wichtig ist ein Futterkonzept, bei dem die Futtermischungen für die verschiedenen Altersabschnitte aufeinander aufbauen. Die Komponenten sollten langsam schrittweise geändert werden, sodass sich die Darmflora der Ferkel daran gewöhnen kann. Auch das Verschneiden der Futter beim Wechsel hilft dabei. All das ist mit Eigenmischungen ebenso möglich wie mit Fertigfutter. Natürlich kosten gut aufeinander abgestimmte Futter manchmal mehr, als wenn man nur auf den Preis optimiert. Das sollte aber kein Hinderungsgrund sein – Ziel ist ja, möglichst ohne Medikation auszukommen.
SUS: Wie sollte man vorgehen, wenn die Ferkel Durchfall bekommen bzw. kümmern?
Schulze-Horsel: In solchen Fällen sollte man schnell den Hoftierarzt einschalten. Er wird Kotproben oder eventuell ein Sektionstier entnehmen. Diese werden dann umgehend im Labor untersucht. Falls nötig, kann man parallel auf der Grundlage einer Verdachtsdiagnose mit einer Behandlung beginnen. Sollte die erste Behandlung nicht anschlagen, kann auf Basis der Laborergebnisse das Antibiotikum gezielt gewechselt werden.
SUS: Welche Impfungen können hilfreich sein?
Schulze-Horsel: Unter den E. coli-Bakterien befinden sich Stämme, die besondere Toxine produzieren, beispielsweise das Shigatoxin, das für die Ödemkrankheit verantwortlich ist. Auch gibt es Stämme, die besondere Oberflächenstrukturen – sogenannte Fimbrien – haben, mit denen sie an den Darmzellen andocken. Gegen einige dieser Stämme sind kommerzielle Impfstoffe verfügbar, wie Ecoporc Shiga gegen die Ödemkrankheit oder Coliprotec F4/F18 gegen bestimmte fimbrientragende E. coli-Stämme.
SUS: Welche Management-Tipps haben Sie für die stressige Absetzphase?
Schulze-Horsel: Ein guter Absetzvorgang beginnt mit einem Serviceintervall im Aufzuchtabteil, das lang genug ist für die Schadnagerbekämpfung und für notwendige Reparaturen. Acht bis 24 Stunden wird das Abteil dann vorgeheizt und das Standwasser in den Leitungen abgelassen. Nach dem Einstallen sollten die Ferkel genug Platz in der Bucht haben und ausreichend ihnen bekannte Tränken in erreichbarer Höhe finden. Auch ein nicht zu enges Tier-Fressplatzverhältnis ist wichtig. Das Anfüttern erfolgt langsam. Tiere, die in der Entwicklung zurückbleiben, stallt man am besten in eine Krankenbucht um. Sie bekommen gegebenenfalls länger das erste Futter und/oder Medikamente, sofern eine Erkrankung vorliegt.
SUS: Welche Maßnahmen sind bereits während der Säugezeit wichtig?
Schulze-Horsel: Man sollte generell auf einen gleichmäßigen Immunstatus der Sauen achten. Wichtig ist hier die Jungsaueneingliederung. Die Jungsauen werden mit dem Impfprogramm der Herde geimpft. Zusätzlich stellt man über Kotkontakt sicher, dass die Jungsauen über die Biestmilch die richtigen Antikörper gegen die Erregerflora in der Herde an die Ferkel weitergeben. Das verhindert zwar noch keinen Absetzdurchfall; doch wenn die Ferkel nicht bereits in der Säugephase an Durchfällen leiden, kommen sie mit ungeschädigten Darmzotten ins Flatdeck und haben alle Chancen für eine gute Absetzphase. Wenn doch einmal Durchfall in der Säugezeit auftritt, dann sollte dieser effektiv bekämpft werden.
Fazit
- Zink darf künftig nur noch bis maximal 150 mg/kg Futter zugesetzt werden.
- Die reduzierten Zinkgaben werden keine therapeutische Wirkung gegen Absetzdurchfall erreichen.
- Ein Konzept mit abgestimmten Mischungen ist wichtiger denn je.
- Eiweißabsenkung, aufgeschlossene Komponenten, geringe Pufferkapazität und Säure helfen.
- Gegen bestimmte Coli-Erreger gibt es Impfungen.