Für die Schweinehalter in Amerika gilt seit Monaten Alarmstufe Rot. Denn seit Mai 2013 grassiert das tödliche Durchfallvirus PED (siehe Kasten auf Seite 25). Das Virus breitet sich rasant aus und hat bereits weite Teile der USA erfasst (siehe Übersicht 1). Mexiko, Kanada, Kolumbien, Peru, Japan und die Dominikanische Republik melden ebenfalls Ausbrüche. In den betroffenen Betrieben hinterlässt das PED-Virus eine Spur der Verwüstung. So hat die Krankheit allein in den USA bereits mehr als 5 Mio. Ferkel getötet. Bis Ende April hat die US-Regierung in 30 Bundesstaaten gut 6 200 befallene Betriebe registriert (siehe Übersicht 2). Das sind mehr als 60 % aller Sauenbetriebe. Tierärzte und Farmer sprechen daher vom schlimmsten Krankheitsausbruch seit Jahrzehnten. Das Durchfallvirus führt bereits wenige Tage nach der Einschleppung in den Bestand zu einer massiven Verschlechterung der Tiergesundheit. Im Zentrum stehen starke Durchfälle, die 7 bis 14 Tage andauern. Dabei hängt die Schwere der Erkrankung vom Alter der Tiere ab: Um der Krankheit Herr zu werden, hat die Fleischbranche ein Foschungsprojekt aufgelegt. Dennoch sind die Schweinehalter völlig hilflos. Denn es gibt bislang keine wirksame Behandlung gegen das PED-Virus. Dass der Erreger derart starke Verluste verursacht, hat mit seinen speziellen Eigenschaften zu tun: Fakt ist: Die meisten Betriebe sind dem Virus schutzlos ausgeliefert. So bleibt nur, die Herde durchseuchen zu lassen und so eine Immunität bei den Muttertieren aufzubauen. Je nach Größe des Betriebs und Trennung der Sauengruppen können Wochen vergehen, bis alle Sauen eine Immunität aufgebaut haben. Tierärzte empfehlen daher z. B. durch Umstallen erkrankter Tiere für eine schnelle Durchseuchung der gesamten Sauenherde zu sorgen. Im Folgewurf können maternale Antikörper einen Schutz für die Saugferkel bieten. Dieser Schutz lässt jedoch bereits in der Ferkelaufzucht nach. In der Aufzucht und Mast besteht daher die Gefahr, dass die PED endemisch auftritt. Das heißt: Das Krankheitsgeschehen flackert immer wieder auf, sobald sich neue, anfällige Tiere infizieren. In diesem Fall ist eine mehrwöchige Leerstehzeit des gesamten Stalles mit intensiver Reinigung und Desinfektion ratsam. Unter Umständen ist die Behandlung bakterieller Co-Erreger nötig. Aufgrund der eingeschränkten Be- handlungsmöglichkeiten ist es besonders wichtig, die Einschleppung des PED-Virus in den Betrieb zu verhindern. Seit Monaten wird daher intensiv die Übertragung des Erregers erforscht. Trotz dieser Bemühungen sind die genauen Übertragungswege bislang nicht geklärt. Fest steht: Es handelt sich um eine Schmutz-Infektion. Das heißt, der Erreger wird durch Kot von Tier zu Tier oder durch Arbeitsgeräte, Tiertransporte oder Stallkleidung übertragen. Möglicherweise wird das Virus auch durch Futter verschleppt, das Blutplasma enthält. Die Botschaft an die Schweinebetriebe ist deshalb klar: Die Hygiene und Abschottung ist bestmöglich zu verstärken! Dennoch reißt die aktuelle PED-Welle nicht ab. Allein im Februar und März dieses Jahres wurden je-weils mehr als 1 000 neue PED-Ausbrüche registriert. Auch im April ging die Anzahl der Neu-Ausbrüche nur langsam zurück. Um die Epidemie besser kontrollieren zu können, hat die US-Regierung seit Kurzem eine Meldepflicht für PED-Ausbrüche verhängt. Das anhaltende PED-Geschehen hat bereits spürbare Auswirkungen auf den US-Schweinemarkt. So stehen deutlich weniger Ferkel für die Mast zur Verfügung. Dies schlägt auf die Fleischerzeugung durch. So verarbeiten die Schlachter seit Monaten etwa 100 000 Schweine pro Woche weniger als vor der PED-Krise. Das ist ein Minus von 5 %. Die Verknappung des Angebots könnte sich noch zuspitzen. So prognostiziert die Rabobank, dass die PED-bedingten Verluste im Laufe des Jahres auf mehr als 10 Mio. Schweine steigen können. Denn neben Saugferkelverlusten treten auch Fruchtbarkeitsprobleme auf. Hinzu kommt: Seit Februar tritt in den USA ein zweites Durchfallvirus auf. Das Swine Delta Coronavirus (SDC) verursacht ähnliche Symptome wie PED. Bis Mai wurden fast 100 Betriebe befallen. Der US-Schweinemarkt hat bereits deutlich auf das sinkende Angebot reagiert. So hat der Schweinepreis mit umgerechnet 2,04 €/kg Schlachtgewicht ein Allzeithoch erreicht. Die Erlöse sind aktuell fast 40 % höher als üblich. Kehrseite der Medaille ist, dass die USA Probleme beim Fleischexport haben. Denn durch die hohen Inlandspreise sind die US-Exporteure weniger konkurrenzfähig. Hinzu kommt: Wegen der PED haben wichtige Abnehmer wie Mexiko, Japan und China vorerst die Einfuhrerlaubnis für US-Fleisch gestoppt bzw. zusätzliche Restriktionen verhängt. Dies wirkt sich bislang nicht negativ auf die Preise aus, da ohnehin weniger Tiere geschlachtet werden. Das Wegbrechen wichtiger Kunden könnte aber mittelfristig negative Folgen haben. Und die Fleischexporteure in Europa könnten von der Schwäche der Amerikaner profitieren. Denn insbesondere an den fernöstlichen Märkten wie in China steht man in direkter Konkurrenz zu den sonst so exportstarken USA. Neben den Folgen für den Schweinemarkt stellt sich die Frage, ob das PED-Virus zur Gefahr für hiesige Schweinebetriebe werden kann. Das größte Risiko dürfte von Zuchttieren ausgehen, die aus Amerika nach Europa importiert werden. Das Virus ist in Blut, Kot oder anderen Körperflüssigkeiten so lange überlebensfähig, dass eine transatlantische Verschleppung möglich scheint. Über Sperma wird das PED-Virus nach bisherigen Daten nicht ausgeschieden. International tätige Zuchtunternehmen haben ihre Vorsichtsmaßnahmen bereits verstärkt. So importiert z. B. die PIC seit dem Frühjahr 2013 keine Tiere mehr aus den USA nach Europa. Zudem wurden beim Import aus Kanada die Vorbeugemaßnahmen ausgebaut. So hat die PIC nur Eber aus ihrem Nucleus-Betrieb in West-Kanada bezogen, wo das PED-Virus nicht auftritt. Weiterhin werden die Betriebe wöchentlich sowie jedes Export-Tier einzeln auf PED untersucht. Auch vor den ersten PED-Fällen hat das Zuchtunternehmen auf maximale Hygiene beim Transport geachtet. „Wir fliegen die Eber über Calgary nach Europa. Am Flughafen werden nur PIC-Tiere verladen. So schließen wir eine Verschleppung der PED aus“, betont Dr. Kathrin Siebert, leitende PIC-Veterinärin. Momentan sind ohnehin keine Importe aus Nordamerika möglich. So haben die USA, Kanada und Europa vereinbart, vorerst keine Einfuhr-Lizenzen auszustellen. Zudem hat Brüssel die Vorschriften für den Import von Blutplasma für Futtermittel mit verschärft. Hierzu zählt u. a. eine vorherige Hitzebehandlung. Eine weitere Rolle spielt, ob unsere Bestände möglicherweise eine Kreuzimmunität gegen PED haben. „Dies ist momentan fraglich. Oberstes Ziel bleibt daher, die Einschleppung zu vermeiden“, betont Dr. Hendrik Nienhoff vom Schweinegesundheitsdienst Niedersachsen. Gleichzeitig werden die Stimmen lauter, dass sich die EU stärker gegen PED schützen muss. So haben einige EU-Staaten bereits Importstopps für Tiere aus PED-Ländern verhängt. Und der europäische Vieh- und Fleischhandelsverband fordert, PED als meldepflichtige Krankheit einzustufen. Weiter empfiehlt der Verband, Referenzlabore einzurichten, die auf die Erfahrungen der Amerikaner beim PED-Nachweis zurückgreifen. Seit einem Jahr hält das hochansteckende PED-Virus die amerikanische Schweinebranche im Würgegriff. Da es bislang keine wirksame Behandlung gibt, sind bereits mehr als 5 Mio. Ferkel verendet. Auch im April ging die Zahl der Neuausbrüche nur langsam zurück. So könnten die Ausfälle im Laufe des Jahres auf mehr als 10 Mio. Schweine steigen! Für Europa bleibt Maßgabe Nr. 1, eine transatlantische Verschleppung des Erregers zu vermeiden. Todesurteil für junge Ferkel Es gibt keine Medikamente Sauenherde durchseuchen Übertragung aufklären US-Preise explodieren Fleischexport schwächelt PED: Gefahr für Europa? Fazit Infizierte Sauen zeigen teils Fressunlust und milde, wässrige Durchfälle. Jungsauen sind stärker betroffen als die älteren Muttertiere. Verluste sind in der Regel nicht zu beklagen. In der Ferkelaufzucht und Mast treten akute, wässrige Durchfälle auf, die kein Blut enthalten. Häufig sind bereits nach fünf bis zehn Tagen alle Ferkel und Mastschweine betroffen. In der Ferkelaufzucht treten bis zu 40 % Verluste auf. Am stärksten betroffen sind die Saugferkel. Sie zeigen akute, wässrige Durchfälle und Erbrechen. Die Ferkel dehydrieren und magern stark ab. Die Verlustquote liegt zwischen 50 und 100 %. Bei jungen Ferkeln mit weniger als sieben Lebenstagen verendet binnen kurzer Zeit oft der gesamte Wurf. Schon geringste Virusmengen reichen aus, um neue Tiere zu infizieren. Durch die kurze Inkubationszeit von 22 bis 36 Stunden breitet sich das Virus rasend schnell im Tierbestand aus. Infizierte Schweine scheiden mit dem Kot extrem hohe Virusmengen aus. Aufgrund des viralen Erregers ist die Behandlung mit Antibiotika erfolglos. Es gibt keinen Impfstoff gegen PED. Viele Sauen haben keine bzw. keine vollständige Immunität gegen PED. -Fred Schnippe, SUS- In Nordamerika grassiert seit gut einem Jahr das hochansteckende Durchfall-Virus PED. Was sind die Folgen? Besteht eine Gefahr für Europa?