Trotz ASP haben Polens Schweinehalter letztes Jahr fast 7% aufgestockt. Staatliche Förderprogramme sowie die Vertragsmast sind der Hauptmotor.
Fred Schnippe, SUS
Auch in Polen ist die Afrikanische Schweinepest derzeit das zentrale Thema. Seit Anfang 2014 grassiert das Virus im Land. Und insbesondere das jüngste Fortschreiten der Seuche in die Region Warschau sowie östlich von Danzig bereitet große Sorgen.
Dennoch ist Polen momentan der EU-Staat, der seine Schweinehaltung am stärksten hochfährt. So standen Ende 2017 satte 7 % mehr Schweine in polnischen Ställen als ein Jahr zuvor. Auch die arg geschundene Sauenhaltung konnte im letzten Jahr um fast 6 % zulegen und zählt jetzt gut 900000 Muttertiere (siehe Übersicht 1 und 2).
Doch der positive Trend darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Polens Schweinehaltung aus einer tiefen Krise kommt. So ist der Bestand seit 2010 von 15 Mio. Schweinen um mehr als 25 % eingebrochen. Im Jahr 2015 wurde mit knapp unter 11 Mio. Schweinen der Tiefpunkt erreicht. Erst seit 2016 geht es wieder bergauf.
Der starke Einbruch der Schweinehaltung hatte mehrere Gründe:
- Es gibt große Strukturdefizite. Rund 90 % der gut 200000 Schweinebetriebe halten weniger als 100 Tiere.
- Vor allem kleine Sauenbetriebe können im EU-Wettbewerb nicht mithalten. In der Preiskrise 2008 und danach kam es zum massiven Höfesterben.
- Mit dem ASP-Ausbruch im Jahr 2014 und dem Import-Stopp Russlands sind die Schweinepreise stark gesunken.
In der Folge fiel die Selbstversorgung bei Schweinefleisch auf 80 %. Im Jahr 2017 musste Polen rund 5 Mio. Ferkel sowie 1 Mio. Schlachtschweine einführen, um den Markt zu versorgen.
Staatliches Förderprogramm
Um das zu ändern, hat Warschau 2014 ein Förderprogramm verabschiedet. Dieses läuft bis 2020 und nutzt Mittel aus dem EU-Landwirtschaftsfonds. Schwerpunkt ist die Ferkelerzeugung, die mit bis zu 215000 € je Betrieb gefördert wird. Für die Mast stehen bis zu 50000 € je Antragsteller bereit. Durch die Einbeziehung mehrerer Familienmitglieder sind auch höhere Fördersummen möglich. Die Richtlinien sind so gestrickt, dass praktisch jeder Betrieb die Höchstsumme erhält.
Die Fördermittel und die stabilen Markterlöse haben in den letzten zwei Jahren dafür gesorgt, dass wieder deutlich mehr in die Schweinehaltung investiert wird. Bauwillige Betriebe profitieren dabei von günstigen Rahmenbedingungen. So sind neue Ställe von der nationalkonservativen Regierung sowie von der Gesellschaft gewollt. Diskussionen um mehr Tier- und Umweltschutz gibt es in Polen nicht.
Smithfield expandiert
Weiteren Schub leisten ausländische Investoren. Sie treten meist als Integratoren auf, die mit polnischen Landwirten kooperieren. Denn bei neuen Ställen sind 30 % Eigentumsfläche zur Gülleverwertung nachzuweisen.
Besonders aktiv ist in Polen das zur chinesischen WH–Gruppe gehörende Unternehmen Smithfield. Dabei hatte der Konzern anfangs Probleme, Fuß zu fassen. Denn viele Polen hatten Vorbehalte gegenüber dem Großkonzern. Durch die anhaltende Preiskrise und Existenznot blieb vielen Bauern aber keine andere Wahl, als mit dem Integrator zusammenzuarbeiten.
Binnen zehn Jahren hat Smithfield ein Imperium in Polen aufgebaut:
- Durch den Kauf des polnischen Fleischbetriebs Animex kontrolliert Smithfield heute 10 % der inländischen Schweinefleischproduktion. Animex beschäftigt 8400 Mitarbeiter und hat Verträge mit 8500 Erzeugern von Schweinen, Getreide und Futter.
- Über die polnische Tochterfirma Agriplus betreibt Smithfield 24 Schweinebetriebe mit 500 Beschäftigten. Zudem hat die Tochter Verträge mit 2300 Schweinemästen geschlossen.
- Smithfield arbeitet mit Hochdruck an der Übernahme des größten polnischen Schlachtbetriebes PiniPolonia, der mehr als 2 Mio. Schweine im Jahr verarbeitet. Rund 35% der Pini-Aktien besitzt der von China gelenkte Konzern bereits. Gelingt die komplette Übernahme, kontrolliert Smithfield 40 % der polnischen Schweineschlachtung!
Neben der Dominanz im Fleischsektor setzt Smithfield auch in der Vertragsmast auf maximale Kontrolle. So stellen die Landwirte nur ihre Ställe und Arbeitskraft bereit. Der Integrator ist Herr über den Ferkel- und Futtereinkauf, die Vermarktung sowie die tierärztliche Versorgung. Der Mäster erhält eine feste Vergütung von umgerechnet 8 € pro verkauften Schwein, zudem je nach Mastleistung bis zu 1,50 € Bonus.
In der Regel laufen die Verträge über mehrere Jahre. Wer mit Smithfield baut, bekommt auch Laufzeiten von zehn bis fünfzehn Jahren garantiert. Der Vertrag gilt als Sicherheit bei der Bank, sodass auch kleine Betriebe viel Geld investieren können. Mindestgröße für die Vertragsmast mit Smithfield sind 1000 Plätze. Viele Neubauprojekte umfassen 2000 Mastplätze.
Dänen bieten Garantiepreis
Auch das dänische Schlachtunternehmen Dänish Crown (DC) ist in Polen aktiv und setzt auf Wachstums. So meldete DC kürzlich die Übernahme der polnischen Gzella Meat Group. Der Fleischverarbeiter beschäftigt rund 1000 Mitarbeiter und beliefert Metzgereien sowie Supermarktketten.
Die DC–Tochter Sokolov schließt Verträge mit Mästern ab, die sich aber nur auf Liefermengen und Preise beziehen. Die Landwirte bleiben Besitzer der Tiere. Vorgabe ist, dass die Betriebe Ferkel dänischer Genetik einstallen. Die Verträge laufen in der Regel sechs Monate, wobei ein Garantiepreis gilt, unter den der Schlachterlös nicht fallen kann. Dieses Modell bietet vor allem bei hohen Investitionen in neue Ställe mehr Sicherheit und trifft bei polnischen Mästern auf großes Interesse.
Doch mancherorts führt der starke Ausbau der Veredlung auf Kritik. Negativbeispiel ist der Landkreis Zuromin, etwa 100 km nordwestlich von Warschau. Dort haben die großen Integratoren ein Veredelungszentrum aufgebaut, das sich mit dem deutschen Vechta messen kann. So stehen in dem 800 km² großen Landkreis mehr als 600000 Schweine, fast 20 Mio. Stück Geflügel und 56000 Rinder. In manchen Dörfern kommt es dadurch zu massiven Geruchsbelastungen. Denn Mindestabstände zur Wohnbebauung oder Abluftfilter gibt es nicht.
In den betroffenen Regionen mehrt sich daher Widerstand. Die Politik reagiert darauf bislang kaum. So hat der Landkreis bereits Baugenehmigungen für 500 zusätzliche Ställe erteilt. Weitere 200 Anträge sind in der Pipeline.
Ferkelerzeuger abgehängt
Auffällig ist, dass sich die größeren Investitionen fast nur auf die Mast beziehen. So haben die Integratoren bislang kaum Interesse an der Zusammenarbeit mit polnischen Ferkelerzeugern, die oft weniger als 50 Sauen halten. Die Beschickung der großen, neuen Mastanlagen erfolgt überwiegend mit Importferkeln aus Dänemark, Holland und Deutschland.
Investitionen in die Ferkelerzeugung werden meist von polnischen Landwirten selbst getätigt. Oft handelt es sich um Ställe für 100 bis 300 Sauen, die mit Familienkräften betreut werden. Selbst die staatlichen Förderprogramme gelten als zu schwach, um die kleinstrukturierte Ferkelerzeugung aus ihrem Nischendasein zu heben. Vielmehr könnte schon die nächste Preiskrise am Ferkelmarkt die Investitionen in die Sauenhaltung zum Erliegen bringen.
Durch das Engagement der Großbetriebe ändert Polens Schweinehaltung derzeit rasant ihr Gesicht. So standen bereits 2016 rund 66 % aller Tiere in größeren Betrieben mit mehr als 200 Schweinen (siehe Übersicht 3). Hingegen geht die Bedeutung der kleineren Betriebe seit Jahren rasant zurück.
Fazit
Nach langer Krise stocken Polens Schweinehalter wieder spürbar auf. Hauptmotor sind staatliche Fördermittel und das starke Engagement ausländischer Investoren. Sie treten meist als Integratoren auf, die eine Vielzahl von Mästern unter Vertrag haben.
Marktführer Smithfield könnte bald 40 % der Schlachtungen in Polen kontrollieren. Die kleinstrukturierte Ferkel- erzeugung kann nicht Schritt halten.
Viele neue Mastställe werden daher mit Importferkeln bestückt. Die Ausweitung der ASP droht die positive Entwicklung zu bremsen. Dennoch dürfte sich das Wachstum vor allem in der Mast weiter fortsetzen.