Ferkel kostengünstig im Osten produzieren. In Brandenburg bauen Heinrich Hellbrügge, Jörn Ahlers und Ralf Remmert derzeit eine leistungsfähige Produktion mit eigener Vermarktungsschiene auf. Wer teuer baut, darf sich nicht wundern, wenn das Geld in Niedrigpreisphasen knapp wird. Die Zinsbelastung und die Tilgungsraten können die Liquidität des Betriebes erheblich nach unten ziehen. Wir haben deshalb gezielt nach einem günstigen Standort in den neuen Bundesländern gesucht und im Februar 2006 eine passende Anlage gefunden. Zudem war uns wichtig, dass die Produktionsfaktoren Futter, Arbeit, Energie, Fläche und Güllentsorgung mit geringen Kosten belastet sind, erklärt Heinrich Hellbrügge (30 Jahre) aus der Nähe von Uelzen. Zusammen mit seinen Berufskollegen Jörn Ahlers (34) und dem 39-jährigen Ralf Remmert kaufte er eine Sauenanlage mit rund 1 400 Plätzen im brandenburgischen Neudorf, etwa eine Autostunde nordwestlich von Berlin. Derzeit werden ca. 50 % der Ferkel als Babyferkel mit 6 kg verkauft, der Rest wird selber aufgezogen und gemästet. Mit Hilfe von Zuschüssen schaffte es das Trio, die Investitionen in den Altgebäuden auf 600 Q je Sauenplatz zu begrenzen. In die Ferkelaufzucht wurden 80 Q je Platz investiert, in die Mast etwa 120 Q. Ziel ist Kostenführerschaft Bereits bei den ersten lockeren Planungsgesprächen waren sich die drei jungen Unternehmer darin einig, dass die zukünftigen Produktionskosten pro Ferkel bzw. je Mastschwein so gering wie möglich sein müssen. Erklärtes Ziel der jungen Landwirte ist nämlich, auf Dauer die Kostenführerschaft in der Schweinefl eischproduktion zu erreichen. Um diesem ehrgeizigen Ziel näher zu kommen, mussten die Unternehmer in der Altanlage zuerst einmal hohe Investitionen in Reinigung und Desinfektion, Umbaumaßnahmen, Jungsaueneingliederung, Futteraufbereitung usw. tätigen. Dabei hatten wir immer vor Augen, die Produktionsbedingungen optimal zu gestalten, um später die Produktionskosten so weit wie möglich senken zu können, erläutert Heinrich Hellbrügge die Strategie. Und da Eigenkapital nur in sehr begrenztem Umfang zur Verfügung stand, musste eine Bank gefunden werden, die den Traum der Landwirte finanziell unterstützt. Mit großen Bankhäusern gestalteten sich die Verhandlungen schwierig, weil sich die Mitarbeiter überhaupt nicht mit dem landwirtschaftlichen Metier auskannten. Eher durch Zufall haben wir uns dann an die örtliche Volksbank gewandt. In unserem 60-seitigen Masterplan stellten wir unsere Strategie vor und haben postwendend den Finanzierungszuschlag erhalten, erinnert sich Ralf Remmert noch gut an die Gespräche mit der Bank. Vor Vertretern der Bank beschrieben die drei detailliert, wie man sich den Betrieb der Großanlage vorstellt, welche Kosten entstehen und mit welchen Erlösen kalkuliert wird. Anscheinend haben wir überzeugt und deshalb konnten wir im Frühjahr letzten Jahres mit der Grundreinigung der Altanlage beginnen, so Teilhaber Jörn Ahlers. Hoher Gesundheitsstatus Insgesamt fünf Monate wurde jeder Winkel gründlich gesäubert und desinfiziert, gleichzeitig wurde die Schadnagerbekämpfung ausgedehnt. Alles in allem hat die Generalreinigung rund 80 000 Q gekostet! Geld, das aus Sicht der Landwirte gut investiert ist. Denn ihr Ziel ist, den Hygienestatus so lange wie möglich auf höchstem Niveau zu halten. Aus diesem Grund entschied man sich, SPFTiere aus Irland einzusetzen und die Eigenremontierung einzuführen. Lediglich das Sperma für die Reinzuchttiere wird zugekauft. Die Hermitage-Sauen haben uns überzeugt, sie sind PRRS- und Mykoplasmen- frei. Zudem waren andere Zuchtunternehmen nicht in der Lage, die Großanlage aus einem Betrieb zu bestücken, berichtet Ralf Remmert sichtlich zufrieden von der Entscheidung. Die Mühen und die hohen Investitionen in die Generalreinigung sowie die Top- Technik haben sich anscheinend gelohnt. So liegen die Tierartzkosten derzeit bei nur 25 Q pro Sau und Jahr! Zu berücksichtigen ist hierbei allerdings, dass es sich noch um eine sehr junge Herde handelt. Die Sauen erhalten lediglich eine Coli- sowie die Parvo- Rotlauf-Impfung. Die Ferkel werden ausschließlich mit Eisen versorgt. Andere Medikamente wie zum Beispiel Durchfallmittel werden nur bei Bedarf und dann ganz gezielt eingesetzt. Mit 8 Q relativ teuer ist der Regumateeinsatz für Jungsauen, Umrauscher oder andere Ausreißer. Doch beim Vier-Wochen-Rhythmus, den die drei Jungunternehmer ganz bewusst fahren, kann darauf nicht verzichtet werden. Für den Vier-Wochen-Rhythmus spricht vor allem, dass wir nur fünf Sauengruppen mit jeweils 270 Tieren haben. Dadurch lässt sich das Verschleppen von Krankheiten besser unterbinden. Zudem können wir künftig je nach Herdenleistung zwischen 2 700 und 3 000 Tiere pro Gruppe vermarkten. Für Abnehmer sicherlich eine interessante Größenordnung, meint Heinrich Hellbrügge. Einkommen sichern durch eigene Fleischtheken Ein wichtiges Standbein für die Zukunft ihres Projektes Prignitzer Landschwein sehen die drei pfiffigen Landwirte in der betriebseigenen Fleischerei, einem 100 %igen Tochterunternehmen. Insgesamt 62 Angestellte kümmern sich darum, dass ca. 80 Fleisch- und Wurstartikel angeboten werden. Die Rohwaren werden derzeit in Teilstücken zugekauft. Die Fleischerei, die auf dem Betriebsgelände steht, übernimmt die komplette Weiterverarbeitung. Die veredelten Produkte werden dann über zwölf eigene Fleischtheken im Umkreis von rund 30 km verkauft. Bei der Übernahme der Fleischerei waren die Sauenhalter zuerst skeptisch, da sie sich in der Fleischereiszene nicht auskannten. Doch durch die gute Arbeit des Geschäftsführers Reiner Polei und seines Teams konnten die Bedenken schnell ausgeräumt werden. Die Fleischerei ist für uns heute enorm wichtig. Hiermit können wir nämlich dem Schweinezyklus ein Stück weit entgegensteuern. In schlechten Schweinejahren ist die Gewinnsituation in der Verarbeitungsbranche meist recht gut, so dass wir für unsere Ware eigentlich immer gute Preise erzielen, erklärt Heinrich Hellbrügge das Konzept. Zudem haben wir zukünftig die Möglichkeit, die eigenen Schweine im Lohn schlachten zu lassen und in der Fleischerei weiter zu verarbeiten. Doch kann ein solch kleines Unternehmen gegen die großen Supermarktketten bestehen? Die ersten Erfahrungen zeigen, dass es geht. Die Leute hier sind regional stark verwurzelt, der Absatz ist gut. Zudem bieten wir unseren Kunden höchste Qualitäten. Und wir setzen uns künftig von der breiten Masse ab, werben zum Beispiel damit, dass wir kaum Medikamente einsetzen und weiter an der Fleischqualität arbeiten, hebt Ralf Remmert hervor. Klar ist aber auch, dass die Fleischerei weiter wachsen muss, um dauerhaft existenzfähig zu bleiben. Daher läuft ständig die Suche nach neuen Absatzwegen, zu denen auch Partnerschaften mit anderen Unternehmen zählen könnten. Futterkosten weiter senken Auch preislich können die quierligen Unternehmer mit den großen Supermärkten mithalten. Das liegt unter anderem an dem ausgefeilten Fütterungsregime, mit dem sich deutliche Kosteneinsparungen realisieren lassen. Insgesamt 27 Komponenten, zu denen auch einige Nebenprodukte gehören, kommen zum Einsatz. Durch diese Vielfalt sowie den letztjährig günstigen Einkauf von Gerste, Weizen und Sojaschrot kann die Mischung für die tragenden Sauen derzeit für 14 Q je dt erstellt werden, versichern die Betriebsinhaber. Mehr Flexibilität verspricht man sich auch vom Einsatz flüssiger Mineralstoffe. Diese werden über eine Mikrodosieranlage vollautomatisch zugemischt. Die Anlage war zwar nicht billig, durch die Kleinstdosierung von Lysin, Threonin und anderen Zusatzstoffen rentiert sich die Technik in unserem Großbetrieb aber langfristig, hat Heinrich Hellbrügge ausgerechnet. Zudem können wir mit der Technik viel bedarfsgerechter füttern. So setzen wir allein im Sauenstall sieben verschiedene Futtermischungen ein. Einziger Wehrmutstropfen: Die Landwirte benötigen die Zulassung als Futtermittelhersteller und sie müssen entsprechende Nachweise führen ein nicht unerheblicher Arbeitsaufwand. Für die Zukunft hilfreich ist in jedem Fall die Tatsache, dass die Sauenanlage in einem Getreideüberschussgebiet liegt. In der Regel liegen die Getreidepreise immer etwas unter dem nordwestdeutschen Niveau. Darüber hinaus stehen uns starke Handelspartner zur Seite, die bei der Rohstoffbeschaffung und der Logistik behilflich sind, zeigt sich Ralf Remmert zuversichtlich. Trotz der verhältnismäßig guten Einkaufsbedingungen müssen die brandenburgischen Landwirte aber weiter am Fütterungsregime feilen. Die aktuelle Preisentwicklung bereitet uns schon Sorgen. Und in welche Richtung sich die Preise weiterentwickeln, dürfte bei der anhaltenden Trockenheit wohl jedem klar sein, seufzt Ralf Remmert. Mit dem billigen Füttern wird es dann erst einmal vorbei sein. Ändern können wir die Situation aber nicht. Wir müssen deshalb jetzt die Futterverwertung optimieren, um die Kosten fest im Griff zu halten. Jeder soll seine Stärken ausleben Damit der Betrieb für die Zukunft gut gerüstet ist, setzt das Trio Heinrich Hellbrügge, Jörn Ahlers und Ralf Remmert auf die Optimierung aller Arbeitsabläufe. Ralf Remmert zum Beispiel ist ständig vor Ort und kümmert sich deshalb darum, dass die täglichen Produktionsabläufe funktionieren. Auch bauliche Angelegenheiten fallen in sein Aufgabengebiet. Heinrich Hellbrügge ist mehr für die Zahlen verantwortlich. Wenn er an zwei Tagen der Woche vor Ort ist, kümmert er sich unter anderem um die vielfältigen Managementaufgaben im Büro sowie den Futtermitteleinkauf, Behördengänge usw. Zudem übernimmt er alle vier Wochen zusammen mit Ralf Remmert die Nachtwache während der Abferkeltermine. Der dritte im Boot, Jörn Ahlers, kümmert sich vorwiegend um die Bereitstellung der Heizenergie sowie die Investitionsplanung. Um jährlich 220 000 l Heizöl einsparen zu können, hat Ahlers am Betriebsstandort zwei neue Biogasanlagen mit je 500 kW gebaut. Die Anlagen betreibt er mit einer eigenen Gesellschaft. Die strikte Aufgabenverteilung hat sich bewährt. Jeder kann sich auf seine Stärken konzentrieren, betonen die drei Gesellschafter übereinstimmend. Jörn kennt sich zum Beispiel sehr gut mit der Biogasproduktion aus. Warum sollten wir uns also einmischen, ergänzen Heinrich Hellbrügge und Ralf Remmert. Damit die Leistungen der Sauenherde momentan werden 24 Ferkel pro Sau und Jahr abgesetzt auch künftig auf einem hohen Niveau bleiben, setzen die brandenburgischen Jungunternehmer auch auf gutes Personal. In diesem Punkt hatten wir Glück. Wir haben vor Ort sehr gute Mitarbeiter gefunden, die ihr Handwerk verstehen und uns den Rücken freihalten, heben die Gesellschafter lobend hervor. Warenströme optimieren Sollte die Entwicklung so weitergehen, sehen die drei Sauenhalter recht gelassen in die Zukunft. Durch unsere vorausschauende Investitionsplanung sind wir für die Zukunft gut gerüstet. Wir können ein Mastschwein für gut 100 Q und ein Ferkel für ca. 40 Q produzieren (Preisbasis Ernte 2006). Zudem bieten wir unseren Abnehmern große Partien an, durch die Fleischerei puffern wir den Schweinzeyklus ab und erhöhen die Wertschöpfung. Und durch unsere Größenordnung sind wir in Einkaufsgesprächen ein ernst zu nehmender Handelspartner, betonen die Unternehmer selbstsicher. Marcus Arden - Arden,Marcus -