Am 1. April startet die Anmeldung zur Initiative Tierwohl.Nutzen Sie die Zeit, um die Teilnahme auszuloten.
Nach Verzögerungen startet die Initiative Tierwohl nun endlich durch. Ab dem 1. April können sich die Praktiker vier Wochen lang über ihren Bündler zur Teilnahme anmelden. Das ursprünglich diskutierte Windhundverfahren zur Anmeldung ist zwar passé. Doch wer sich zu spät anmeldet, hat kaum Möglichkeiten, früh dabei zu sein.
Auch sind die Anforderungen der Initiative Tierwohl nicht zu unterschätzen. Die Praktiker sollten daher in der verbleibenden Zeit kritisch prüfen, ob ihr Betrieb fit ist für die Initiative.
Einen ersten Überblick bieten die Kriterienkataloge, die im Internet un-ter www.initiative-tierwohl.de abrufbar sind. Inzwischen sind auch Erläuterungen zu den Katalogen verfügbar.
Die Initiative steht Sauenhaltern, Ferkelaufzüchtern und Mästern offen. Wobei Kombibetriebe auch nur mit einem Bereich mitmachen können. Voraussetzung ist aber, dass alle Tiere mit derselben VVVO-Nummer teilnehmen.
Bei Anmeldung legt der Betrieb fest, welche Kriterien er umsetzen will und wie viele Tiere maximal dabei sind. Die Tierzahl darf er nicht überschreiten.
Als Grundvoraussetzung muss der Betrieb sogenannte Basiskriterien erfüllen. Hierzu gehören die Teilnahme am QS-System sowie am Antibiotika- und Schlachtbefundmonitoring.
Zu den Basisanforderungen gehören auch externe Stallklima- und Tränkewasserchecks. Fachleute für beide Bereiche sollen geschult und auf den Internetseiten der Branchen-Initiative bekanntgegeben werden. Um keine Zeit zu verlieren, sollte man Kontakt zu den Experten aufnehmen, sobald die Initiative die Freigabe erteilt.
Knackpunkt Fensterfläche
Ein Problem kann in vielen Betrieben der Tageslichteinfall sein. So müssen die Fenster mindestens eine Größe von 1,5 % der Stallgrundfläche aufweisen, wobei ein Ausgleich zwischen Abteilen möglich ist. Das kann gerade bei organisch gewachsenen Betrieben oder älteren Ställen ein K.o.-Kriterium sein.
Genau hinschauen müssen die Betriebsleiter auch bei den Wahlpflichtkriterien. Hier kann der Landwirt zum einen mehr Fläche je Tier anbieten. Dies ist bei großen Buchten leichter umsetzbar als bei kleinen. Denn man kann nur ganze Schweine mästen. So müssen bei kleinen Buchten unter Umständen mehr als 10 % Platz zusätzlich bereitgestellt werden, der nicht vergütet wird.
Auch das alternative Wahlpflichtkriterium „Raufutter“ ist bei großen Buchten leichter umsetzbar als bei kleinen. So benötigen die Betriebe weniger Futterstellen, auch der Arbeitsaufwand ist geringer. Es ist zudem zu prüfen, ob Raufutter zum Güllesystem passt.
Neben den Basisanforderungen sind die Wahlkriterien festzulegen. Hier sollten die Praktiker unbedingt die Informations- und Beratungsangebote nutzen, die aktuell vielerorts laufen. Denn jeder Betrieb ist anders. Oft steckt der Teufel im Detail.
Straffer Zeitplan
Wer sich zur Teilnahme an der Initiative Tierwohl entscheidet und fristgerecht anmeldet, soll bereits Anfang Mai eine verbindliche Antwort bekommen, ob er dabei ist. Ganz entscheidend ist hierbei das Datum, bis wann der Betrieb die gewählten Kriterien umsetzen will. Denn sollte das Geld im Tierwohl-Fonds knapp werden, kommen zuerst Betriebe mit frühen Umsetzungsterminen zum Zuge. Wer die Kriterien erst nach dem 2.10.2015 umsetzen will, kommt zunächst auf eine Warteliste. Gleiches gilt für Betriebe, die das vierwöchige Anmeldefenster verpassen oder beim Erstaudit durchfallen.
Doch selbst die schnellen Tierwohl-Betriebe müssen eine Weile auf die ersten Boni warten. Denn die Festsetzung der Tierwohl-Leistungen erfolgt jeweils zu Beginn des Folgequartals. Für die schnellsten Betriebe kann das Anfang Juli sein. Sechs Monate nach Festsetzung soll dann das Geld fließen. Das heißt: Die ersten Zahlungen können frühestens Ende 2015 erfolgen.
Einen Prämienanspruch erhalten natürlich nur Betriebe, die das Erstaudit erfolgreich absolvieren. Im Gegensatz zur QS-Prüfung sind dabei nur kleinste Nachbesserungen zulässig. Das heißt: Wer die Kriterien nicht voll erfüllt, erhält keinen Prämienanspruch. Er muss die Mängel beseitigen. Erst nach einem erneuten, selbst bezahlten Audit kann der Prämienzeitraum beginnen.
Auch bei den unangekündigten Folgeaudits gibt es keinen Diskussionsspielraum. Sind Kriterien nicht in vollem Umfang erfüllt, muss der Betrieb alle Prämien bis zum vorherigen Audit zurückzahlen! Zudem sind Sanktionen bishin zu Strafanzeigen möglich.
Jeder vierte dabei?
Laut Bauernverband dürfte etwa ein Viertel der rund 27 000 deutschen Schweinebetriebe beim Start der Initiative Tierwohl dabei sein.
Das größte Potenzial bietet die Initiative Tierwohl für die Mäster. Interessant kann die Teilnahme insbesondere für Betriebe sein, die Gülle teuer abgeben müssen oder knapp mit Vieheinheiten versorgt sind. Denn durch das Angebot von z.B. 10 % mehr Buchtenfläche können sie Entlastung schaffen. Der entgangene Deckungsbeitrag wird über die Boni abgefedert. Ferkelerzeuger sehen diese Entwicklung aber mit Sorge. Denn mehr Platz in der Mastbucht heißt auch, dass der Ferkelbedarf sinkt.
Lukrativ kann die Initiative auch für Betriebe sein, die bereits Eber mästen. Durch den Kastrationsverzicht können sie einen Bonus generieren. Unklar ist aber, ob noch weitere Betriebe in die Ebermast einsteigen können. Denn der Handel signalisiert Probleme beim Absatz von Jungeberfleisch.
Doch es gibt auch Praktiker, die die Initiative ablehnen. Die Gründe:
- Die Betriebe wollen keine zusätzlichen Kontrollen.
- Sie trauen dem System nicht bzw. wollen nicht vom LEH abhängig sein.
- Die Vorgaben zur Fensterfläche sind nicht in allen Abteilen zu erfüllen.
- Raufutter kann die Gülle verstopfen.
- Es ist unklar, welche neuen Beschäftigungsmaterialien funktionieren.
Fachleute schätzen daher, dass nur wenige Betriebe aus der Sauen- und Ferkelaufzucht mitmachen. Denn insbesondere in der Aufzucht sind größere Probleme zu erwarten. Viele Betriebe arbeiten hier mit flachen Güllekanälen oder -wannen. Das macht den Einsatz von Raufutter praktisch unmöglich. Auch das zweite Wahlpflichtkriterium – mehr Buchtenfläche – ist in vielen Aufzuchtställen aufgrund gestiegener Sauenfruchtbarkeit schwer realisierbar. So können vermutlich weniger als 10 % der Ferkelaufzuchtställe mitmachen.
Fazit
Die Initiative Tierwohl bietet die Möglichkeit, Aufwendungen für mehr Tierwohl künftig bezahlt zu bekommen. Lukrativ kann die Teilnahme insbesondere für die Mast sein. Die zusätzlichen Anforderungen und Kontrollen sind jedoch nicht zu unterschätzen. Interessierte Praktiker sollten sich daher im Vorfeld genau informieren und kritisch prüfen, ob und in welchem Maße sie mitmachen können.