$
Unauffällig war sie. Und nett. Sie suche einen Job, sagte sie. Die Arbeit im Sauenstall wolle sie gerne einmal ausprobieren. Also ließ man die junge Frau ein paar Tage zur Probe mitarbeiten. Von einem Tag auf den anderen war sie dann aber spurlos verschwunden. „Die Stallarbeit hat ihr wohl nicht gefallen“, dachte sich der Betriebsleiter nur und hakte die Sache ab. Doch Wochen später fuhr ein Fernsehteam auf den Hof und konfrontierte ihn und seine Familie mit Aufnahmen, die offensichtlich die junge Frau heimlich im Stall gedreht hatte. Um an Bilder aus Schweineställen zu gelangen, greifen die sogenannten Tierschützer zu immer ausgebuffteren Methoden. Ging es früher darum, nachts in Ställen kranke Tiere zu filmen, so ist es heute Ziel, die Schweinehalter bei vermeintlichen „Greueltaten“ zu ertappen. So schleusen die Tierschützer Mitarbeiter oder Praktikanten ein, besuchen Ställe wiederholt und installieren versteckte Kameras. Die Videos und Aufnahmen werden dann über Kanäle wie YouTube verbreitet. Diese Machenschaften wurden bislang vor allem in den USA beobachtet. Jetzt schwappt der Trend anscheinend nach Deutschland über. Der oben genannte Fall wurde im Juli über die ARD-Dokumentation „Deutschlands Ferkelfabriken“ der Öffentlichkeit bekannt gemacht. Die junge Frau hatte sich auf einem Ferkel erzeugenden Familienbetrieb in Süddeutschland beworben. In der gleichen Sendung wurden auch Bilder aus anderen Betrieben gezeigt. Wie sich herausstellte, waren die Miniatur-Kameras oben auf Futter- und Wasserleitungen oder auch in Lüftungsanlagen angebracht. Die Aktivisten fotografierten sich sogar bei der Installation der Kameras. Kaum sichtbar aufgestellt ließen sie die Geräte für wenige Stunden oder mehrere Tage laufen. Solche Aufnahmen bekam kurz darauf auch der NDR mutmaßlich aus Gutfleisch-Betrieben in Schleswig-Holstein und Süddeutschland zugespielt und brachte sie zur besten Sendezeit. Unabhängig davon, ob die Bilder echt oder „passend zusammengestellt“ waren und unabhängig davon, was in den Fernsehbeiträgen später zu sehen war, die Kameras wurden in Ställen installiert, die umzäunt waren. Das zeigt: Es kann jeden treffen. Nicht nur Betreiber von Großanlagen, sondern vermehrt sind auch normale Familienbetriebe im Visier. Jeder Schweinehalter kann durch verdeckte Aufnahmen ungewollt und womöglich unschuldig in die Öffentlichkeit gezerrt werden. Sollen sich die Schweinehalter verbarrikadieren? Täglich jeden Winkel nach versteckten Kameras absuchen? Niemanden mehr in den Stall lassen? Nein, aber ein gesundes Misstrauen gegenüber Fremden ist sicherlich angebracht. Es geht darum, Ihr Bewusstsein und Ihre Beobachtungsgabe für bestimmte Dinge zu sensibilisieren. Natürlich ist es richtig, das Gelände zu umzäunen. Das gebietet allein schon die Schweinehaltungshygiene-Verordnung. Sie können Ihre Ställe, vor allem im Außenbereich, auch abschließen. Außerdem ist es möglich, Überwachungskamera, Bewegungsmelder und Alarmanlage zu installieren. Das kann Sie auf der einen Seite beruhigen. Denn je schwerer es ist, in den Stall hineinzukommen bzw. dabei unentdeckt zu bleiben, desto unwahrscheinlicher ist es derzeit noch, dass er als Ziel ausgewählt wird. Auf der anderen Seite müssen Sie aber bedenken, dass gerade Ihre Abschottung die Aktivisten misstrauisch machen könnte. Wo es scheinbar etwas zu verbergen gibt, ist die Versuchung besonders groß, das Verborgene zu entdecken. In jedem Fall sollten Sie immer und ausnahmslos nach Recht und Gesetz arbeiten. Sie werden vielleicht einwerfen, dass es gefühlt Tausende von Gesetzen und Vorschriften für die Tierhaltung gibt, die man kaum alle im Detail kennen kann. Doch Achtung: Unwissen schützt vor Strafe nicht! Es ist die Pflicht eines jeden Tierhalters, sich über gesetzliche Änderungen zu informieren und diese im Betrieb umzusetzen. Auch wirtschaftliche oder zeitliche Engpässe sind keine Entschuldigung für Versäumnisse im Stall. Das Tierwohl und die Einhaltung der Vorschriften gehen immer vor! Aufgeräumte und saubere Ställe und Außenanlagen sind kein Nachteil. Eindringlinge, die in Ihre Ställe einbrechen handeln rechtswidrig - egal, ob der Stall abgeschlossen ist oder nicht. Hier geht es dann nur um die Frage: Ist es Hausfriedensbruch oder Einbruch? Die von Seiten der Tierrechtler angebrachte „Legalisierung der Tat“ durch die Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen zählt nach Ansicht von Rechtsexperten nicht, da der Tierschutz hier nicht dazu gehört. Aber: Ein Gerichtsprozess bedeutet immer viel Ärger und sein Ausgang ist bei der Abwägung von Verstößen - also Einbruch gegenüber mutmaßlichem Tierschutzverstoß - immer ungewiss. Deswegen kann die Devise nur lauten: Halten Sie die gute fachliche Praxis ein! Sind Sie, wie der Betrieb in der Geschichte zu Beginn, auf der Suche nach einer Aushilfe oder einem neuen Mitarbeiter? Dann sollten Sie die Bewerbungsunterlagen in jedem Fall einem kritischen Check unterziehen. Erst recht, wenn Sie sich unsicher sind, was den Wahrheitsgehalt einer Bewerbung betrifft. Sei es ein auffällig unauffälliger Name oder Ungereimtheiten bei den Stationen im Lebenslauf. In Zeiten von Facebook & Co. ist es leichter geworden, potenzielle Bewerber zu prüfen. In der Probearbeitszeit ist es wichtig, dass Sie erst einmal ein Gefühl für die neue Person auf Ihrem Betrieb bekommen. Hat sich der potenzielle Mitarbeiter die Arbeit im Stall so vorgestellt? Bemerken Sie irgendetwas Ungewöhnliches? Verbringt er z. B. eine auffällig lange Zeit in der Umkleide und besteht darauf, eigene Overalls zu tragen? Nehmen Sie als Chef den Bewerber selbst an die Hand. Auf keinen Fall sollten Sie in der ersten Zeit Interna vor dem Praktikanten bzw. dem neuen Mitarbeiter besprechen. Auch gilt: Kein Handy im Stall und während der Arbeit! Allerdings ist die Einstellung eines neuen Mitarbeiters immer auch eine Gelegenheit, die bisherige Arbeitsweise im Betrieb zu überdenken. Oft schlummern ungenutzte Potenziale, die Sie durch Umstrukturierungen nutzen können. Fragen Sie sich dabei, ob jeder Arbeitsschritt so rechtskonform ist und der guten fachlichen Praxis entspricht. Wenn Sie diesen Grundsatz beherzigen, gibt es keinen Grund, ihre Arbeit als Schweinehalter zu verstecken. Viele Landwirte haben gerade Berichte aus der Presse oder Erlebnisse und Vorkommnisse auf dem eigenen Betrieb als Anlass und Ansporn genommen, selbst aktiv zu werden. So ist in puncto Öffentlichkeitsarbeit für Schweinebetriebe in den vergangenen zwei Jahren spürbar etwas passiert. Engagierte Tierhalter haben zahlreiche Einzelaktionen und Initiativen angeschoben. Wer sich als Schweinehalter aktiv in der Öffentlichkeitsarbeit einbringen will, hat viele Möglichkeiten. Das fängt im Kleinen im Gespräch mit den Nachbarn an und hört beim Auftritt in einer großen Fernsehshow noch nicht auf. Eine gute Möglichkeit ist es, auf negative Beiträge in Zeitung, Radio oder Fernsehen zu reagieren. Statt sich still zu ärgern, teilen Sie dem Verlag oder Sender ihre Empörung durch Anrufe oder Briefe mit. Entlarven Sie fachlich falsche Aussagen. Und berichten Sie dabei am besten von Ihren persönlichen Erfahrungen. Sagen Sie, dass es in Ihrem Betrieb anders aussieht und erklären Sie, wie Sie arbeiten. Wenn Sie sich rhetorisch nicht so sicher fühlen, probieren Sie es ruhig mal andersherum. Schreiben Sie einer Redaktion oder einem Journalisten, dessen Beitrag über Nutztierhaltung Sie gut fanden. Oft werden Schreiber pro-landwirtschaftlicher Artikel von Tierrechtlern, Vegetariern und Veganern mit zahllosen E-Mails, Kommentaren auf Internetseiten und Leserbriefen „bombardiert“. Im besten Fall ermutigt Ihre positive Reaktion den Redakteur, weiter neutral und sachlich über Themen aus der Landwirtschaft zu schreiben. Trotz der dargestellten Probleme ist es wichtig, dass Sie als Tierhalter Ihr Arbeitsfeld nicht kampflos den Widersachern überlassen. Gehen Sie aktiv voran und laden Sie beispielsweise Schulklassen oder die Lokalpresse in Ihren Stall ein. Wer es sich zutraut, könnte auch ein Hoffest mit Spanferkel-essen organisieren oder anders kreativ werden, um Leute auf den Betrieb und seine Arbeit aufmerksam zu machen. Viel passiert heute auch im Internet. Immer mehr Schweinehalter verfolgen die Idee, eine eigene Internetseite zu erstellen. Darauf zeigen sie, wie Landwirtschaft auf ihrem Betrieb funktioniert oder werben direkt um Auszubildende (Gute Beispiele finden Sie unter: grothhof.de, hof-seeger.de). Immer mehr Ferkelerzeuger und Mäster sind darüber hinaus in sozialen Netzwerken wie Twitter, Facebook oder Flickr aktiv und veröffentlichen dort normale bzw. realistische Bilder von der Schweinehaltung aus Ihren Ställen. Auf der Facebook-Seite „Brokser Sauen“ zum Beispiel teilen Nadine und Heinrich Henke aus Niedersachsen Interessierten live aus dem Stall mit, welche Arbeiten anstehen und welche Themen sie gerade beschäftigen. Ihre „Fan-Gemeinde“ zählt bereits rund 1 600 Mitglieder. Die Seite besuchen auch viele Vegetarier und Veganer. Spannende Diskussionen, die nicht immer fair ablaufen, sind mittlerweile an der Tagesordnung. Ähnlich funktioniert der Austausch auch auf der Seite „Massentierhaltung aufgedeckt“. Die jungen Landwirtschaftsstudenten der Hochschule Osnabrück wollen anhand von realen Bildern aus der Schweinehaltung zeigen, wie es in deutschen Ställen heutzutage aussieht. Aktuell arbeiten die Initiatoren der Seite daran, eine eigene Internetseite mit einem interaktiven Infobereich über die Schweinehaltung zu erstellen. Dort wollen sie durch leicht verständliche und sachliche Argumentation die Halbwahrheiten von Pseudo-Tierschützern aufdecken. Jeder Schweinehalter kann mit seinem Betrieb in die Öffentlichkeit gezerrt werden, wie die Beispiele aus den letzten Monaten zeigen. Entweder dringen Aktivisten nachts illegal in Ställe ein, oder sie schleusen sich unter falschem Vorwand in den Betrieb ein. Landwirte sollten daher in jeder Situation die gute fachliche Praxis einhalten und neue Mitarbeiter möglichst auf Herz und Nieren prüfen. Sind Sie als Landwirt ins Fadenkreuz geraten, scheuen Sie sich nicht, bei den landwirtschaftlichen Interessenvertretungen um Unterstützung zu bitten oder einen Anwalt zu Rate zu ziehen. Für Anfragen der Presse gilt das Gleiche. Aktivisten schleusen sich ein Wie reagieren? Gute fachliche Praxis einhalten Bewerber vorab testen Selbst aktiv werden Internet nutzen Fazit -Jana Püttker, ISN- Radikale Tierschützer bedienen sich immer neuer Tricks, um Schweinehalter an den Pranger zu stellen. Wie können Betroffene reagieren? Wie beugt man vor?