Wer heute einen neuen Stall bauen will, braucht ein gutes Konzept und einen langen Atem. Das gilt vor allem für größere Bauvorhaben. Denn für sie hat Berlin die baurechtliche Privilegierung seit letztem Herbst stark beschnitten. Das bekommt auch Schweinehalter Birger Sieling aus Langeln im niedersächsischen Landkreis Nienburg zu spüren. Der 40-Jährige bewirtschaftet mit einem Mitarbeiter einen Betrieb mit 300 Sauen. Die Hälfte der Ferkel kann der Betrieb in Pachtställen selbst mästen (siehe Übersicht 1). Zudem bewirtschaftet Sieling 125 ha im Rahmen einer Ackerbau-Gemeinschaft. Weiterhin ist er an einer Gemeinschafts-Biogasanlage beteiligt. Seit gut zwei Jahren plant Sieling den nächsten Wachstumsschritt: „Wir wollen alle Ferkel selbst mästen. Diesen Weg haben wir gemeinsam im Arbeitskreis Unternehmensführung entwickelt.“ Bei der Planung steht Sieling mit Jürgen Wilkens von der URS-Unternehmensberatung ein erfahrener Berater zur Seite. Das Team fasste den Entschluss, den Betrieb um etwa 1 500 Mastplätze auszubauen. Zudem wollte der Landwirt rund 1 500 Plätze für die Ferkelaufzucht schaffen. Denn diese ist zum Teil auch in Pachtställen untergebracht. Der Neubau sollte an der Hofstelle erfolgen. Denn durch die jahrelange Arbeit in Pachtställen weiß der Betriebsleiter, wie viel Zeit für das Transportieren der Tiere und eigene Fahrwege verloren geht. „Zudem bringen mehrere Standorte hygienische Nachteile. Daher wollten wir die Produktion am Stammbetrieb bündeln“, erklärt Berater Wilkens. Doch der niedersächsische Filter-Erlass machte Sieling im März letzten Jahres einen Strich durch seine Rechnung. Denn laut Erlass sind alle Tierplätze am Hof zu kummulieren. Damit liegt der Betrieb oberhalb der relevanten Tierplatzzahlen für die Filter-Pflicht. Das heißt: Sowohl der geplante Mast- als auch der Aufzuchtstall sind nur noch mit einem Abluft-Filter genehmigungsfähig. Zudem muss der Betrieb u. U. mittelfristig auch die vorhandenen Altgebäude mit einem Filter nachrüsten. Der Filter-Erlass treibt die Baukosten. „Die Filter im neuen Ferkel- und Maststall kosten in Summe etwa 150 000 €. Hinzu kommen die höheren Betriebskosten“, rechnet Berater Wilkens vor. Noch gravierender war für Birger Sieling jedoch, dass sich sein Bauvorhaben weiter verzögerte. Denn das bereits für rund 6 000 € erstellte Emissions-Gutachten war nach dem Filter-Erlass hinfällig. Die Erarbeitung des neuen Gutachtens dauerte rund sechs Monate. Trotz der Verzögerungen und Mehrkosten war der Betriebsleiter bereit, das Bauvorhaben mit Filtern umzusetzen: „So könnte ich den Standort am Stammbetrieb sichern. Darin sehe ich eine der größten Herausforderungen der Zukunft.“ Zudem ist Sieling überzeugt, dass sich der Kostennachteil der Filter-Ställe bald wieder ausgleicht. Denn seiner Meinung nach werden größere Bauvorhaben künftig auch bundesweit nur noch mit Filter genehmigt. Trotz der Flexibilität musste der Praktiker einen weiteren Rückschlag hinnehmen. Denn seit der Novelle des Baugesetzbuches letzten Herbst war Sielings Plan nicht mehr genehmigungsfähig. Durch die Novelle verlieren größere, gewerbliche Schweineställe ihre baurechtliche Privilegierung. Relevant sind die Grenzen für die UVP-Vorprüfung, das heißt: 1 500 Mast-, 560 Sauen- oder 4 500 Ferkelaufzuchtplätze. Wobei alle Tierplätze einer Anlage zu kummulieren sind. Als gewerblich gelten laut Baurecht alle Ställe, für die der Betrieb weniger als 50 % des Futters erzeugen kann. Mit seinem Bauvorhaben liegt Sieling oberhalb der relevanten Tierzahlen. Nach anderthalb Jahren Planung stand der Praktiker wieder mit leeren Händen da. Letztlich wurde sein Plan durch die schnelle Abfolge der gesetzlichen Verschärfungen gestoppt. Denn durch den Filter-Erlass wurde sein Verfahren so weit verzögert, dass Sieling seinen Antrag nicht mehr vor inkrafttreten der Baurechts-Novelle über die Bühne bringen konnte. „Ich habe das Verfahren selbst gestoppt, um unnötige Kosten zu vermeiden“, blickt Sieling zurück. Nach dem Antrags-Stopp musste der Landwirt seine Planung neu überdenken. Das Vorhaben zu beerdigen, kam für den Landwirt nicht infrage: „Zukunftsbetriebe brauchen Wachstum, um steigende Kosten abzufedern. Zudem müssen sich auch meine Berufskollegen mit den Verschärfungen auseinandersetzen.“ Mit dem neuen Baurecht blieben dem Landwirt theoretisch drei Wege: Der Bauherr favorisierte zunächst die Beschaffung von Futterflächen, um das Vorhaben landwirtschaftlich im geplanten Umfang realisieren zu können. Um zu klären, in welchem Umfang bzw. wie lange er gepachtete Flächen bereitstellen muss, hat der Landwirt im September 2013 einen runden Tisch beim Landkreis organisiert. Hier nahmen auch ein Vertreter der Landwirtschaftskammer sowie der Baubehörde des Kreises teil. Das Ergebnis: Sieling müsste bis zu 50 ha Ackerfläche pachten oder kaufen. Das ist selbst im Kreis Nienburg sehr schwierig. Hinzu kommt, dass die Behörde damals noch nicht beziffern konnte, wie lange Pachtflächen bereitstehen müssen. „Wir haben daher von diesem Weg Abstand genommen“, berichtet Sieling. Beim runden Tisch wurde allerdings deutlich, dass der Landkreis Birger Sieling nicht im Regen stehen lassen will. So wurde eine Lösung erarbeitet, mit der das Vorhaben privilegiert bleibt. Allerdings muss der Betrieb zwei Kröten schlucken. So darf er in Summe nur 1 200 Mast- und 600 Ferkelplätze bauen. Denn sonst wird die Grenze zur UVP-Vorprüfung überschritten und die Privilegierung erlischt. Zudem lässt sich das Vorhaben nur an einem externen Standort 300 m vom Stammbetrieb umsetzen. Denn sonst müsste Sieling die Tierplätze am Hof hinzurechnen. Bei dieser Variante ist ein weiterer Punkt zu berücksichtigen. So müsste der Betrieb künftig vier Standorte be-wirtschaften. Denn durch die Verkleinerung des Neubaus kann Sieling nicht auf die Pachtställe verzichten. „Durch die Verschärfung im Baurecht mussten wir eines unserer Hauptziele aufgeben. Dies war, auf ein, maximal zwei Standorten zu arbeiten“, betont Berater Wilkens. Trotz der Nachteile möchte Sieling einen externen Standort erschließen: „Momentan sehe ich hier die einzige Möglichkeit, in einem absehbaren Zeitrahmen zu wachsen.“ Um einen Standort zu finden, hat sich Sieling an die Tochtergesellschaft Laco des Landvolkverbandes gewandt. Sie bietet Beratung bei der Bauplanung an. Mit Berater Henning Detjen hat der Landwirt den 2 km-Radius um seinen Betrieb analysiert. „Neben den Abständen zur Bebauung und zum Wald haben wir die Erschließung beurteilt. Aufgrund der Streu-Siedlung und des hohen Waldanteils kamen nur wenige Standorte infrage“, schildert Berater Detjen. Letztlich erwies sich nur ein Standort als umsetzbar. Hierzu hat die Behörde vorab die immissionsschutzrechtlichen Rahmenbedingungen im Rahmen der Beratung bewertet. Dabei wurden keine unüberwindbaren Hindernisse festgestellt. „Wir reichen jetzt den Bauantrag ein und sind guter Dinge, dass der Weg funktioniert“, blickt Sieling positiv nach vorn. Dennoch will Sieling parallel einen Bebauungs-Plan für seinen Betrieb im Auge halten. Dies ist aus seiner Sicht der einzige Weg, den Stammbetrieb weiterzuentwickeln. Der Betriebsleiter ist sich aber bewusst, dass es in den Gemeinden oft Vorbehalte gegen Bebauungs-Pläne für Ställe gibt. Hier ist aus Sicht des Landwirts viel Überzeugungsarbeit zu leisten. „Wir müssen klarmachen, wie wichtig Tierhaltung für den ländlichen Raum ist. Zudem brauchen wir mehr Öffentlichkeitsarbeit und einen guten Draht zum Gemeinderat“, betont Birger Sieling. Die Baupläne von Birger Sieling wurden durch den Filter-Erlass und die Baurechts-Novelle durchkreuzt. Inzwischen hat der Landwirt einen Standort ermittelt, an dem er vermutlich bauen kann. Doch musste er den Wachstumsschritt verkleinern, was höhere Baukosten je Platz verursacht. Zudem ist die Produktion künftig auf vier Standorte zersplittet. Das bringt arbeitswirtschaftliche und hygienische Nachteile. Der Landwirt möchte da-her ausloten, ob sich in Ab- stimmung mit der Gemeinde ein Bebauungsplan für künftige Vorhaben erarbeiten lässt. Hierfür setzt er auf einen guten Draht zur örtlichen Politik und intensive Öffentlichkeitsarbeit. 1. Anlauf: Neubau am Hof 2. Anlauf: Neubau mit Filter Stopp durch neues Baurecht Runder Tisch beim Landkreis 3. Anlauf: Neuer Standort Fazit Er organisiert Futterfläche, um baurechtlich nicht gewerblich zu werden. Der Betrieb strebt mit der Gemeinde einen Bebauungsplan an. Das heißt, ein Standort wird für die gewerbliche Tierhaltung freigegeben. Der Betrieb verkleinert das Bauvorhaben, um die Privilegierung zu erhalten. -Fred Schnippe, SUS- Filter-Erlass und die Baurechts-Novelle warfen die Pläne von Birger Sieling zweimal über den Haufen. SUS stellt das neue Konzept des Ferkelerzeugers vor.