Viele Schweinehalter fühlen sich von der Politik an die Wand gedrückt. Denn die Novelle des Baugesetzbuches, die Filtererlasse in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, die Tierschutzdebatte sowie geplante Verschärfungen der Dünge- und Nutztierhaltungsverordnung bringen große Planungsunsicherheit. Hinzu kommt ein enormer Anstieg der Produktionskosten. Die Betriebsleiter stellen sich jetzt zwei wichtige Fragen: Besonders große Einschnitte bringt die kürzlich verabschiedete Novelle des Baugesetzbuches. Danach verlieren baurechtlich nichtlandwirtschaftliche Stallbauvorhaben – umgangssprachlich gewerbliche Vorhaben – ihren Anspruch auf Genehmigung im Außenbereich, wenn die Größenordnung einer standortbezogenen Vorprüfung der Umweltverträglichkeit überschritten wird. Dies ist der Fall bei mehr als 1 500 Mast-, 560 Sauen- oder 4 500 Ferkelaufzuchtplätzen. Details zur Privilegierung lesen Sie in unserem Fachbeitrag ab Seite 10. Nichtlandwirtschaftliche Bauvorhaben können fortan nur noch mit einem Bebauungsplan realisiert werden. Damit unterliegen sie der Planungshoheit der Kommunen. Das heißt: Es gibt keinen Rechtsanspruch auf eine Genehmigung mehr. Sagt die Gemeinde nein, gibt es keinen Stall! Baurechtlich nichtlandwirtschaftlich bedeutet ohne überwiegend eigene Futtergrundlage. So sind zum Beispiel für 1 500 Schweinemastplätze ca. 53 ha Futterfläche nachzuweisen, um landwirtschaftlich im Sinne des Baurechts zu bleiben. Die flächengebundene Schweinehaltung gewinnt damit deutlich an Bedeutung. Und einzelbetrieblich können bei Pacht- oder Kaufpreiskalkulationen neuerdings neben einer angestrebten Wirtschaftsdüngerverwertung und steuer-lichen Aspekten auch baurechtliche Gründe für eine scheinbar überteuerte Flächenpacht sprechen. Das gilt insbesondere, wenn die letzten Hektar darüber entscheiden, ob ein Stall steuerlich aufgrund der Vieheinheiten und aufgrund der Futterfläche gewerblich eingestuft wird. Manche Betriebsleiter sind dann bereit, sehr hohe Pachtpreise zu zahlen. Der zweite markante Einschnitt sind die sogenannten Filtererlasse in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Demnach sind Neubauten ab einer Größe von 2 000 Mast-, 750 Sauen- oder 6 000 Fer-kelaufzuchtplätzen mit Abluftreinigungsanlagen auszustatten. Der Filter ist auch erforderlich, wenn keine nachteiligen Wirkungen für Anwohner und Umwelt zu erwarten sind. Die Erlasse sehen unter bestimmten Bedingungen auch die Nachrüstung vorhandener Ställe ab 1 500 Mastplätzen vor. In Nordrhein-Westfalen beträgt die Umsetzungsfrist für bestehende Anlagen drei Jahre. Der Nachweis der Abscheidung laut Filtererlass ist erbracht, wenn die Anlagen DLG-zertifiziert sind. Die Installation derartiger Abluftreinigungsanlagen verursacht erhebliche Mehrkosten. Denn kostengünstige Biofilter, bei denen die Abluft z. B. durch Hackschnitzel gedrückt wird, sind zur Verminderung von Ammoniak nach den Anforderungen der DLG und damit laut Filtererlass nicht zugelassen. Vielmehr kommen nur Rieselbettfilter, chemische Wäscher mit biologischer Stufe und die sogenannten kombinierten Anlagen mit zwei oder drei Stufen infrage. Im Folgenden wird an einem Kalkulationsbeispiel aufgezeigt, wie sich die neuen rechtlichen Regelungen auf einen bestehenden Mastbetrieb auswirken können. Der Beispielbetrieb hat zurzeit 2 100 Mastplätze auf einer Hofstelle und bewirtschaftet 135 ha Nutzfläche. Davon sind 64 ha für durchschnittlich 760 €/ha zugepachtet. Die Gülle kann der Mäster auf eigenen Flächen verwerten. Die Phosphatbilanz ist ausgeglichen. Der Betrieb kauft seine Ferkel mit einem Gewicht von etwa 31 kg zu. Bei 5 880 jährlich verkauften Mastschweinen erzeugt er 588 Vieheinheiten (VE). Auf der vorhandenen Fläche darf der Mäster 592 VE erzeugen, sodass er steuerrechtlich landwirtschaftlich ist und für die Umsatzsteuer pauschaliert. Die biologischen Leistungen sind hoch, sodass der Betrieb mit 28 € Direktkostenfreier Leistung (DKfL) je Schwein im oberen Viertel liegt. Im langjährigen Mittel erreicht der Mäster einen Gewinn von gut 153 000 €. Doch die wirtschaftliche Lage kann sich durch die neuen gesetzlichen Vorgaben spürbar verschlechtern. Dies ist der Fall, wenn der Betrieb aufgrund der in Niedersachsen vorgesehenen Überprüfung und Feststellung des Nichteinhaltens notwendiger Abstände zu empfindlichen Pflanzen und Ökosystemen einen Abluftfilter nachrüsten muss. Allein zur Anschaffung des Filters ist eine Brutto-Investition von 100 000 € nötig. Hinzu kommt der Lagerraum für das Abschlämmwasser. Dies muss bei acht Monaten Lagerdauer ca. 700 m3 fassen und schlägt mit 40 000 € brutto zu Buche. Damit wird jedes erzeugte Mastschwein mit zusätzlichen Festkosten (AfA, Zinsen, Unterhaltung) in Höhe von 2,82 € belastet (s. Übersicht 1, Seite15). Hinzu kommen 3,97 € varibale Kosten für den Betrieb des Filters. Hierzu gehören Strom, Säure, Wartung, Frischwasser, Arbeit sowie die Ausbringungskosten für das Abschlämmwasser. Die variablen Filterkosten senken die DKfL auf 24 € je Tier. Unter dem Strich verursacht der Abluftfilter zusätzliche Kosten von knapp 7 € je Tier bzw. 19 € je Mastplatz. Damit würde der Gewinn durch die Nachrüstung des Filters um knapp 40 000 € auf gut 113 000 € sinken (siehe Übersicht 2). Einzelbetrieblich können die Werte je nach vorhandenen Verhältnissen, behördlichen Anforderungen und Filtertyp stark schwanken. Gravierende Nachteile bringen die neuen Gesetzesvorgaben zudem, wenn der Mäster einen neuen Stall bauen möchte. Plant der Betrieb z. B. die Erweiterung der Mast um 1 500 auf insgesamt 3 600 Plätze, so ist zu prüfen, ob die überwiegend eigene Futtergrundlage für ein baurechtlich privilegiertes Bauvorhaben im Außenbereich gegeben ist. Für die 3 600 Mastplätze sind rund 130 ha Futterfläche erforderlich, sodass die vorhandene Fläche reichen würde. Allerdings sind 64 der 135 ha Nutzfläche zugepachtet. Und bei der Anrechnung von Pachtflächen als Futterflächen durch die Genehmigungsbehörde ist noch einiges unklar. Erste Rechtsprechungen besagen, dass die Pachtflächen langfristig gesichert sein müssen. Der unbestimmte Rechtsbegriff „langfristig“ wird derzeit von den Börden aber unterschiedlich ausgelegt. Als Nächstes ist zu ermitteln, ob der neue Stall steuerrechtlich landwirtschaftlich und damit umsatzsteuerlich pauschalierend betrieben werden kann. Der Betrieb wird nach der Aufstockung jährlich 10 080 Mastschweine erzeugen. Das entspricht bei konstantem Einstallgewicht der Ferkel 1 008 Vieheinheiten. Um steuerlich landwirtschaftlich zu bleiben, wären dafür 412 ha Nutzfläche erforderlich. Das ist utopisch. Der neue Stall soll daher in einer Kooperation gemäß § 51 a Bewertungsgesetz zusammen mit einem Ackerbaubetrieb als Kommanditgesellschaft (KG) betrieben werden. Der Ackerbaubetrieb erhält die Gülle kostenneutral und ein Entgelt in Höhe von 4 200 € für die 420 zur Verfügung gestellten Vieheinheiten. Außerdem entstehen Kosten für eine zusätzliche Buchführung, die hier mit 3 000 € veranschlagt werden. Für zusätzliche Beiträge zur Berufsgenossenschaft und sonstige Betriebsausgaben werden 2 900 € angesetzt. An zusätzlichen Lohnkosten sind 13 500 € angesetzt. Wobei ein Arbeitsaufkommen von 0,5 Stunden je Mastplatz und ein Stundenlohn von 18 € zugrunde liegen. Der Stall soll 500 € brutto je Platz, also insgesamt 750 000 € kosten. Das Umlaufkapital beläuft sich auf 217 000 €. Der Stall wird mit Fremdmitteln finanziert. Der Gewinn kann unter diesen Annahmen um 41 707 € auf gut 195 000 € steigen (siehe Übersicht 2). Wobei die zusätzliche Arbeitszeit mit 18 € je Stunde entlohnt und das eingesetzte Kapital mit 2,8 % verzinst wurde. Völlig anders ist das Ergebnis, wenn der Betrieb in einer viehintensiven Region, zum Beispiel in Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen, liegt. Denn dort greift für diesen Betrieb der Erlass zur Abluftreinigung. Es sei denn, der neue Stall könnte als getrennte Anlage mit eigener Erschließung, getrennter Versorgung und steuerlicher Trennung realisiert werden. Beim Beispielbetrieb gehen wir davon aus, dass mit 3 600 Schweinemastplätzen in einer Anlage für den neuen Stall eine Abluftreinigung vorzusehen ist. Diese muss Ammoniak, Staub und Geruch abscheiden. Für den Filter wird eine Investition von 75 630 € netto veranschlagt. Hinzu kommen 25 210 € netto, um einen Raum für die achtmonatige Lagerung des Abschlämmwassers zu bauen. Zudem wird unterstellt, dass der Betrieb in einer viehintensiven Region steuerrechtlich gewerblich als eigenständiger Gewerbebetrieb eingerichtet wird. Die anfallenden 1 800 m3 Gülle müssen für etwa 10 €/m3 überbetrieblich verwertet werden. So entstehen zusätzliche Kosten von 18 000 € netto. Das anfallende Abschlämmwasser kann im landwirtschaftlichen Stammbetrieb verwertet werden. Denn die Stickstoffbilanz weist noch einen Bedarf von 8 100 kg auf, obwohl die Phosphatbilanz bereits ausgeglichen ist. Für die Ausbringung der 750 m3 Abschlämmwasser sind 1 500 € veranschlagt. Das Ergebnis ist ernüchternd: Aufgrund hoher Mehrkosten für den Abluftfilter, die überbetriebliche Gülleverbringung und die steuerliche Gewerblichkeit wird der Gewinn sogar geschmälert. Anstelle von gut 153 000 € in der Ausgangssituation sinkt der Gewinn auf rund 137 000 €. Das heißt: Der Betrieb hält mehr Tiere, hat mehr Arbeit und mehr Schulden, verdient aber weniger Geld. Gesetzliche Verschärfungen bringen neue Hürden und Mehrkosten für wachstumswillige Schweinehalter. Für den Beispielbetrieb mit 2 100 Mastplätzen hat das folgende Konsequenzen: Teure Flächenbindung Mehrkosten durch Abluftfilter Beispiel: 2 100er-Mastbetrieb Nachrüstung drückt Gewinn Auf 3 600 Plätze aufstocken? Filterpflicht ist K.o.-Kriterium Fazit Welche Wachstumsschritte sind überhaupt noch umsetzbar? Wie rechnen sich Baumaßnahmen unter den neuen Gesetzesvorgaben? Muss der Betrieb eine Abluftreinigungsanlage nachrüsten, sinkt der Gewinn um rund 40 000 € pro Jahr. Kann er landwirtschaftlich ohne Abluftfilter auf 3 600 Mastplätze wachsen, sind gut 40 000 € Mehrgewinn machbar. Führt das Wachstum auf 3 600 Plätze zur Gewerblichkeit und Filterpflicht, drücken die hohen Mehrkosten den Gewinn 16 000 € unter das Ausgangsniveau. -Ruth Beverborg, Landwirtschaftskammer Niedersachsen- Der Gesetzgeber hat an mehreren Stellen Verschärfungen beim Stallbau verhängt. Konsequenzen für die Praxis zeigt ein Beispielbetrieb mit 2 100 Mastplätzen.