Das genossenschaftliche Unternehmen untersucht Speckproben im eigenen Labor. 2,7 % der Eber sind geruchsauffällig.Die Westfleisch hat das Tor zur Ebermast als letzter der drei großen deutschen Schlachtkonzerne aufgestoßen. Wesentlicher Motor ist das hauseigene Qualitäts-Label „Aktion Tierwohl“, das man Ende 2010 auf den Weg gebracht hat. Wichtiger Baustein ist hier der Kastrations-Stopp. Die Eberschlachtung konzentriert sich auf den Standort Coesfeld. Hier werden derzeit rund 2 500 Eber pro Woche angeliefert. Sie stammen aus etwa 80 Mastbetrieben, überwiegend aus Holland. Bis Ende 2011 will man in Coesfeld auf 8 000 bis 10 000 Eberschlachtungen pro Woche aufstocken. Hierfür sind bereits rund 150 weitere Ebermäster vorauditiert. In puncto Geruchsprüfung hat Westfleisch sich u.a. auch in den Niederlanden informiert. „Die dort praktizierte Prüfung in der Schlachthalle kommt für uns aber nicht in Frage. Die Gerüche aus dem Schlachtprozess könnten das Ergebnis verfälschen“, betont Christian Leding, Geschäftsführer in Coesfeld. Das Schlachtunternehmen hat sich vielmehr für die Geruchsprüfung im eigenen Labor entschieden. Hierfür werden die Schlachthälften der Eber zunächst auf einer separaten Rohrbahn im Kühlhaus gesammelt. Dann entnimmt ein Mitarbeiter aus dem Nackenspeck eine ca. 20 g schwere Probe. Jeweils fünf Eber werden dabei zu einer Sammelprobe zusammengefasst. Die Sammelproben werden in Glasbechern für drei Minuten per Mikrowelle mit voller Leistung erhitzt. Direkt nach dem Erhitzen überprüft ein geschultes Test-Team aus drei Personen den Geruch. Jeder Tester notiert sein Ergebnis eigenständig. „Stimmen die Ergebnisse nicht überein, gilt das Mehrheitsurteil. So erhöhen wir die Sicherheit“, erklärt Christian Mol, Betriebsleiter in Coesfeld. Zeigt die Sammelprobe eine Geruchsabweichung, werden von den fünf zugehörigen Ebern nochmals Einzelproben entnommen und untersucht. So lässt sich exakt zuordnen, welcher Eber geruchsauffällig ist. Die Nachuntersuchung kostet zwar Zeit. Insgesamt erhöhen die Sammelproben aber die Effek-tivität, da das Gros der Tiere nicht nachbeprobt werden muss. Nach bisherigen Erfahrungen beziffert Westfleisch die Kosten für die reine Geruchsprüfung im Labor auf 1 bis 2 € pro Eber. Das Test-Team ermittelt derzeit im Schnitt 2,7 % geruchsauffällige Eber. Die betroffenen Tiere fließen als Verarbeitungsware in die ausländischen Märkte. Der Verarbeitungs- und Vermischungsprozess vermeidet hier Probleme. Als Faktor für den niedrigen „Stinkeranteil“ sieht Westfleisch die geringe Stressbelastung vor der Schlachtung. Dazu Betriebsleiter Mol: „Erhöhte Buchtenwände schotten die Eber von den weibli-chen Tieren ab. Zudem schlachten wir unruhige Gruppen zeitnah in Absprache mit dem Stalltierarzt. Ein Plus ist auch die stressarme CO2-Betäubung mit einem automatischen Gruppenzutrieb.“ Wie wichtig die Phase vor der Schlachtung ist, zeigt auch die Bandbreite beim Anteil auffälliger Eber. So steigt die Quote deutlich an, wenn die Tiere z. B. nach langen Transporten unruhiger sind. „Wir haben zum Test auch Eber aus Schlachtbetrieben mit weniger stressarmen Bedingungen untersucht. Hier haben wir bis zu 16 % geruchsauffällige Eber gefunden“, erklärt Leding. Die gut 97 % unauffälligen Eber fließen bei Westfleisch in die von den Kunden freigegebenen ausländischen Märkte sowie in Deutschland zu einer führenden Fast Food-Kette. Seit Juli ist das Fleisch von Jungebern zudem bundesweit im Rahmen der Aktion Tierwohl verfügbar. Führende Ketten im Einzelhandel bie-ten es auch im Frischfleisch-Segment an. Beanstandungen gab es bislang nicht. Wenn das Eber-Segment wächst, will Westfleisch die Teams für die Geruchsprüfung vergrößern. Allerdings bleibt der recht aufwändige Labor-Test nur bei begrenzten Stückzahlen realisierbar. Mittelfristig wünscht man sich ohnehin einen Geruchs-Test mit objektivierbaren Messgrößen. Denn auch die Westfleisch ist sich bewusst, dass sich Fehler bei Tests mit der menschlichen Nase nie ganz ausschließen lassen. Voraussetzung für den Ausbau der Ebermast ist außerdem, dass die Kunden die Mehrkosten auch im Bereich der Logistik tragen. Dennoch ist die Westfleisch überzeugt, dass die Ebermast rasch an Bedeutung gewinnt. „Aus heutiger Sicht haben wir die Geruchs-Problematik bislang überschätzt. Die Ebermast kommt“, blickt Geschäftsführer Christian Leding nach vorn.-fs- Kochprobe per Mikrowelle Stress vor der Schlachtung vermeiden! Jungeber jetzt auch im Frischfleisch-Segment