Ferkelpreisnotierungen: Wir brauchen mehr Markttransparenz A m Schweinemarkt geht es zur Sache. Wo man auch hinschaut bzw. hinhört, überall wird darüber diskutiert, wie es in den nächsten Monaten weitergeht. Fallen die Preise ins Bodenlose oder erholt sich der Markt langsam? Neben den extrem hohen Futterkosten wird ganz besonders hitzig über die Ferkelpreisnotierungen diskutiert. Sie spiegeln nicht mehr das tatsächliche Marktgeschehen wider, weil die Zuschläge teilweise bis zu 25 % des Preises ausmachen, kritisieren die einen. Andere sind der Meinung, dass die Notierungen zu langsam auf den Markt reagieren. Der Ferkelpreis muss in Druckphasen, so wie wir sie jetzt erleben, viel schneller runter. Die Erzeugergemeinschaften schieben schließlich große Mengen an Ferkeln vor sich her, argumentiert ein Mäster. Seinen Berufskollegen, den Ferkelerzeuger, bringt das natürlich auf die Palme. Er ist sich sicher: Oft sind es nur die kleineren, frei gehandelten Ferkelpartien, die geschoben werden. Nach außen wird aber immer so getan, als ob es sich um zehntausende Ferkel handelt. Damit macht man uns den Markt gezielt kaputt. Wo nun die Wahrheit liegt, sei dahingestellt. Fakt ist aber, dass die Notierungs-Diskussion schon seit Jahren läuft und in letzter Zeit an Schärfe gewonnen hat. Wem diese Reibereien letztendlich etwas bringen, ist (noch) nicht abzusehen. SUS wollte von vier Experten aus den unterschiedlichsten Lagern wissen, wie sie die Diskussionen beurteilen und welche Lösungsmöglichkeiten bzw. Verbesserungsvorschläge sie haben. In unserem neuen Brennpunkt haben wir die Statements für Sie zusammengefasst. Marcus Arden Dr. Claus-Ulrich Honold, Landesstelle für Landwirtschaftliche Marktkunde, Schwäbisch-Gmünd, Baden-Württemberg Ziel der baden-württembergischen Ferkelnotierung ist eine umfassende Markttransparenz. Dazu wird der Markt mit Hilfe einer aktuellen Preisfeststellung beschrieben, die Entwicklung für die kommende Woche wird als Tendenz veröffentlicht. Die Neutralität der auf freiwilliger Basis durchgeführten Ferkelnotierung wird sichergestellt, indem sie von der Landwirtschaftsverwaltung moderiert und organisiert wird. Ein wunder Punkt, der von vielen Praktikern kritisiert wird, ist die schlechte Vergleichbarkeit der Notierungen. Zwar ist die 100er-Gruppe oft die Basis, aber damit 2007hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf. Angaben zu Gewicht, Genetik, Impfungen oder QS-Status stehen zwar im Kleingedruckten. Aber wer liest das denn? Auch die Berechnung des Vorwochenpreises erfolgt nicht nach einem festen Schema einer der Gründe, warum bei Änderungen der Marktlage die Notierungen unterschiedlich reagieren. Aus meiner Sicht wäre hier mehr Transparenz wichtig Infos zur baden-württembergischen Notierung stehen im Internet. Ein dritter Kritikpunkt sind die Zuschläge, weil sie in den Notierungen keine Berücksichtigung finden. Aber, dass es neben Mengenboni sowie Impfzu- bzw. -abschlägen auch Korrekturmöglichkeiten für den Gesundheits- und Hygienestatus sowie die Genetik geben muss, liegt in der Natur der Sache. Denn Ferkel ist nicht gleich Ferkel. Dies alles in die Notierung mit einfließen zu lassen, ist aber nicht machbar. Eine Notierung kann und soll als Basis für die Abrechnung von Ferkeln herangezogen werden, das Aushandeln von Zu- oder Abschlägen ist Sache der Marktpartner. Georg Grundhoff, Berater für Ferkelerzeugung an der LWK Nordrhein-Westfalen, Kreisstelle Soest Der Streit um die Ferkelpreisnotierungen ist verständlich. Von Transparenz kann so lange keine Rede sein, wie niemand weiß, ob und in welcher Höhe Zuschläge enthalten sind und wie diese entstehen. Insofern besteht auch aus Sicht der Ferkelerzeugung Handlungsbedarf. Langfristig ist eine getrennte Preisdarstellung von freien Handelsferkeln und Partien, die fest gebunden sind, erforderlich. Nur so ist für den Erzeuger eine eigene Einstufung und für den Kunden eine Qualitätsdifferenzierung möglich. Getrennte Notierungen sind gerade in der jetzigen Marktphase notwendig, weil Geschäfte in festen Partnerschaften nach wie vor unbeeindruckt vom unruhigen Markt weiter laufen. In unseren regionalen Erzeugergemeinschaften (Südost-Westfalen, Höxter, Gütersloh) sind 80 bis 85 % der gehandelten Stückzahlen Direktanbindungen. Für Preisdruck sorgen die 15 bis 20 % ungebundenen Ferkel, worunter auch strukturstarke Sauenbetriebe, die komplett oder mit dem Löwenanteil ihrer Produktion in festen Erzeuger-Mäster-Verbindungen stehen, leiden. Auch eine Deckelung der Zuschläge ist wichtig. Die Vergangenheit hat deutlich gezeigt, wie Mengen- und Qualitätszuschläge sich verselbstständigen können und auf Dauer nur die Grundnotierung nach unten ziehen. Reinen Mengenzuschlägen sind endlich Grenzen zu setzen. Aufpreisen müssen betriebsindividuelle Maßnahmen bzw. Dienstleistungen zugrunde liegen, die vom Kunden gewünscht sind. Dazu zählen Top-Genetik-Einsatz, individuelle Sortierung, Verbunderzeugung, Impfungen, Vorbehandlungen etc. Andreas Dauwe, Ferkelerzeuger aus Hilter, Niedersachsen, und Vorstandsvorsitzender der EZG für Qualitätsferkel im Raum Osnabrück. Die amtlichen Ferkelpreisnotierungen sollen die tatsächliche Marktlage möglichst realistisch wiedergeben. Die derzeit gängige Praxis mit diversen Ferkelpreisnotierungen kann dies nicht leisten. Die Liste der Auffälligkeiten ist lang: Bei den Mengenangaben ist es offenbar längst nicht gängige Praxis, dass die Angaben für alle Ferkel gelten, sondern oft nur für begrenzte Teilkontingente. Überhang- Ferkel, die auf dem Spotmarkt abgesetzt werden müssen, werden nicht immer berücksichtigt. Die Frage, wo der Markt stattfindet, ist nicht immer klar. Obwohl eindeutig nach einem Qualitätsferkel auf 25-kg-Basis ab Hof für 100er-Verkaufsgruppen gefragt wird, wird der Preis auch mal frei Abladerampe des Empfängers angegeben. Nicht selten werden auf Anfrage Preise genannt, die den Ferkelerzeuger nicht erreichen, weil der befragte Marktbeteiligte im Laufe der Notierungswoche Zugeständnisse machen musste. Die Liste ließe sich noch fortsetzen. Fest steht: Eine vertrauenswürdige Kursermittlung findet nicht statt. Die Notierung bildet bei der derzeitigen Vorgehensweise nur angestrebte Preistendenzen für die Vermarktung von Ferkelpartien unterschiedlicher Größe und Güte für die nächsten Tage ab. Der Ferkelerzeuger ist jedoch auf eine transparente Preiserhebung und Preisveröffentlichung angewiesen. Wünschenswert wäre eine überprüfbare Notierung. Dabei dürfen dann nur solche Angaben verwertet werden, die einer seriösen und damit neutralen Überprüfung standhalten. Alles andere ist das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben steht! August Rietfort, Schweinemäster im Kreis Borken, Nordrhein-Westfalen, und ISN-Vorstandsmitglied Die Preisnotierungen bilden den Markt nur ungenügend ab, wobei es sicherlich nicht einfach ist, angesichts bundesweit unterschiedlicher Herkünfte und Impfungen, in größeren Regionen standardisierte Notierungen vorzunehmen. Inzwischen erfolgt die Anpassung der Preise nicht mehr über Notierungen, sondern im Wesentlichen über Zu- und Abschläge. Dadurch geben die Notierungen lediglich Anhaltspunkte über das Marktgeschehen wieder. Im Ergebnis ist der Markt nicht mehr transparent genug in der Regel zu Lasten der Schweinehalter. Ein großes Problem ist auch, dass die Notierungen auf die Veränderungen am Markt unterschiedlich schnell reagieren. Gerade die Notierung der LWK Nieder-sachsen reagiert sehr langsam. Das ist von besonderer Bedeutung, weil sich an ihr auch die dänischen und niederländischen Ferkelexporteure orientieren. Die Notierung der LWK Nordrhein-Westfalen läuft mehr oder weniger parallel zur niedersächsischen. Die beiden zentralen süddeutschen Notierungen, Bayern und Hohenlohe/ Oberschwaben, reagieren vergleichsweise schnell, wobei letztere den Markt noch besser widerspiegelt als die bayerische Notierung. Auch der Wunsch einiger Marktbeteiligter nach einem ruhigen Handel sorgt dafür, dass manche Preisanpassungen nur sehr schleppend erfolgen. Hierzu trägt natürlich der steigende Direktbezug bei. Unser ISN-Ferkelpreisvergleich vom April/März hat übrigens gezeigt, dass diese Vermarktungsform sowohl für Ferkelerzeuger als auch für Mäster deutliche Vorteile bringen kann. Die durchschnittliche Handelsspanne von 4,50 Q verringert sich auf etwa einen Euro. - Arden,Marcus -