Haben Masteber einen erhöhten Lysin-Bedarf? Helfen Präparate mit Skatol-reduzierender Wirkung? Das LVFZ Schwarzenau hat geprüft.Bis 2017 soll die Jungebermast die derzeit noch gängige Praxis der Mast von Kastraten ablösen. Noch nicht vollständig geklärt ist in diesem Zusammenhang, wie Jungeber gefüttert werden müssen, um einerseits das Wachstumspotenzial voll auszuschöpfen und andererseits den Anteil geruchsauffälliger, nicht verkehrsfähiger Schlachtkörper so gering wie möglich zu halten. Das Lehr-, Versuchs- und Fachzentrum (LVFZ) Schwarzenau hat dazu in den letzten Monaten eine Reihe von Untersuchungen durchgeführt. Zum einen wurden die erhöhten Bedarfsempfehlungen der DLG von 2010 für die Ebermast mit den Standardempfehlungen für Kastraten und Sauen verglichen. Zum anderen wurde ein Präparat mit nachgewiesener skatolreduzierender Wirkung (Inulin) auf seine Wirksamkeit überprüft. Die Untersucher teilten 88 männliche, nicht kastrierte Ferkel gleichmäßig auf folgende vier Versuchsgruppen auf: Nachfolgend werden die Ergebnisse der Mast- und Schlachtleistungen dargestellt, die teils überraschend waren. Die täglichen Zunahmen waren mit 725 g im Gesamtmittel auf recht niedrigem Niveau. Als Erklärung vermuten die Forscher die Fütterung an der Abrufstation mit beschränktem Fresszugang und die Haltung in kleinen Gruppen mit wenig Ausweichraum als Stressoren für die Eber. So beobachteten die Versuchsansteller viele Rangeleien, wodurch sechs Tiere vorzeitig aus dem Versuch ausscheiden mussten. Die Aminosäureerhöhung in den Gruppen 2 bis 4 scheint in der Anfangsmast ca. 35 g Mehrzuwachs zu bringen. In der Mittelmast verwischt der „Aminosäurevorsprung“ der Gruppen 2 bis 4 bedingt durch Wachstumskompensationen jedoch wieder (siehe Übersicht 1). Unterm Strich ist kein Wachstumsbonus durch die Lysin-Zulage erkennbar. Auch die Inulin-Zugabe steigerte die Wachstumsleistung nicht – obwohl die Gruppen 3 und 4 bei den Zunahmen insgesamt vorn lagen. Im Gegenteil: Die 10 %ige Inulin-Zulage der Gruppe 4 sorgte für einen regelrechten Wachstumsknick in der Endmast. Denn wegen der starken Energie- und Nährstoffverdünnung des Futters brauchten und fraßen die Tiere zwar mehr Futter, konnten aber nicht genügend MJ ME aufnehmen. Bei der moderateren Inulin-Zulage der Gruppe 3 fiel der Einbruch der Ansatzleistungen in der Endmast nicht so deutlich aus. Diese Gruppe hatte anscheinend die besseren Startbedingungen bis weit in die Mittelmast hinein. Die Futterkosten sprechen eindeutig für die Kontrolltiere der Gruppe 1 mit der Standardmastration. Für die Aminosäureerhöhung (Gruppe 2) musste wegen der Leistungsgleichheit 1,50 € pro Masteber mehr ausgegeben werden. In der „verhaltenen“ Inulingruppe (3 %) fielen 4,12 € zusätzliche Futterkosten gegenüber der Kontrolle an, davon allein 2,64 € für die Skatolbegrenzung. Die angereicherte Variante mit 10 % Inulin verursacht 5,89 € Mehrfutterkosten mit anteilig 4,41 € für den Inulinzuschlag. Bei den erreichten Schlachtleistungen stellt sich vordergründig die Frage, ob die höhere Lysin-Zufuhr wirklich zu mehr Muskelfleisch führt. Die objektiv feststellbare Fleischfläche des Koteletts ist bei der Hochlysingruppe 2 mit 54,9 cm2 zwar um 0,9 cm2 größer als bei der Kontrolle (siehe Übersicht 2), die Werte sind aber statistisch nicht absicherbar. Den Unterschied macht der Fettanteil aus. Die eiweißärmer gefütterten Tiere der Gruppe 1 hatten absicherbar mehr Fett am Kotelett (12,8 cm2 vs. 11,0 cm2 )und deswegen auch das signifikant ungünstigere Fleisch-/Fettverhältnis. Die Begründung dafür ist in der „Fettbremswirkung“ einer erhöhten Proteinzufuhr zu sehen: Überschüssiges Eiweiß muss über die Leber sehr energieaufwändig entgiftet werden, bindet also Futterenergie und verhindert damit in gewissen Graden die Umwandlung von Überschussenergie zu Körperfett. In den Inulinzulagegruppen sorgte die Futterverdünnung nicht für weniger Fettbildung, der Fleischansatz war statistisch auch nicht mehr im Vergleich zur Kontrolle. Eine weitere Aminosäureerhöhung über die ohnehin hohen Gehalte der Standardration hinaus erscheint somit nicht gerechtfertigt. Schließlich kostet zu viel Lysin Geld und belastet Tier und Umwelt. Im Anschluss beurteilten die Wissenschaftler den Einfluss der Fütterung auf die Gehalte der für den Ebergeruch verantwortlich gemachten Geruchsstoffe im Schlachtkörper. Die Gehalte an Androstenon, Skatol und Indol im Fettgewebe des Koteletts nach LPA-Standard hat die BOKU in Wien analysiert. Die Ergebnisse sind in Übersicht 3 aufgeführt. Der Futterwechsel vom Standardfutter (Gruppe 1) zum eiweißreicheren Ebermastfutter (Gruppe 2) bewirkte nur numerische, zufällige Veränderungen - bei Indol und Skatol nach unten, bei Androstenon nach oben. Die Inulinwirkungen hingegen waren absicherbar. Inulin im Endmastfutter sowohl in der Dosierung 3 % als auch in der hohen Einsatzdosis 10 % drückte den Skatolgehalt im Fett im Mittel aller Tiere zuverlässig unter den diskutierten Obergehalt von 50 ng/g Fett. Besonders die 10 %tige Inulingabe war ein durchschlagender Erfolg. Kein Jungeber war danach skatolauffällig. Auch die geringe Dosierung von 3 % reichte aus, um den Durchschnittsgehalt an Skatol auf unbedenkliche 32 ng/g stark zu senken. Allerdings sind hier immer noch 25 % der Tiere mit mehr als 50 ng/g Fett Skatol anzutreffen. Bei Androstenon und Indol ließ sich kein gerichteter Effekt durch die Fütterung erkennen. Der zu unterschreitende Orientierungswert von 100 ng Androstenon je g Fett wurde in allen Gruppen im Mittel weit überschritten, nur 31 % (25 Eber) könnten als unbedenklich freigegeben werden. Um die Laborwerte der einzelnen Geruchskomponenten mit dem tatsächlich wahrgenommenen Ebergeruch zu vergleichen, wurde am Schlachtband ein sog. „Human Nose Score“-Test (HNS) durchgeführt. Dazu wurde der Rückenspeck mit einem Heißluftföhn erhitzt und Riechproben von einer weiblichen und männlichen geschulten Testperson nach folgendem Schlüssel durchgeführt: Kein Geruch = 0, unsichere Wahrnehmung = 1, Ebergeruch = 2. Berücksichtigt wurden sowohl der erste als auch der zweite Schlachttermin 14 Tage später. Die mittleren Geruchsnoten ergaben folgendes Bild: Die intensivste Wahrnehmung von Ebergeruch stellten die Testpersonen bei der Gruppe 1 mit dem Standardfutter mit den niedrigen Lysingehalten fest. Im Mittel wurden hier 52 % der Eber als „Stinker“ klassifiziert. Die Schlachtkörper erreichten im Mittel 1,45 Punkte. Am geringsten war die Wahrnehmung von Ebergeruch bei den Tieren der Gruppe 4 mit der 10 %igen Inulin-Zulage im Endmastfutter. „Nur“ bei 25 % der Eber nahmen die Tester Ebergeruch wahr. Im Mittel bewerteten die Tester diese Schlachtkörper mit 0,98 Geruchs-Punkten. Anscheinend hatte die Inulinanwendung den „Skatoldunst“ wirksam vermindert. Nicht nur die Futterzusätze hatten einen Einfluss auf die Intensität des Ebergeruchs, auch das Schlachtalter spielte eine Rolle. Vergleicht man nämlich die Schlachttermine „früh“ und „14 Tage später“ über alle Gruppen hinweg miteinander, so ist beim Androstenon der Gehalt beim zweiten Schlachttermin mit 246 ng/g Fett deutlich höher als beim ersten Termin mit 118 ng/g (s. Übersicht 4). Zwar ließ sich der Unterschied aufgrund der hohen Standardabweichung statistisch nicht absichern. Aber auch die Ergebnisse der Riechtests passen zu den höheren Androstenonwerten der älteren Schlachttiere. So gaben die Beurteiler zum zweiten Schlachttermin mit durchschnittlich 1,45 gegenüber 0,8 Punkten eine intensivere Geruchswahrnehmung an. Zwar konnte durch eine Inulin-Zulage auch bei den älteren Ebern der Skatol-Ebergeruch zurückgedrängt werden. Doch wenn Androstenon vorherrschte, was bei den älteren Ebern oft der Fall war, reagierten insbesondere die weiblichen Testpersonen empfindlich. Die Studie bestätigt also Unterschiede bei der Wahrnehmung von Ebergeruch zwischen Männern und Frauen. Skatol-Blocker Inulin mindert Zunahmen Nicht mehr Fleisch durch Lysin-Zulage Skatol-Ebergeruch zurückgedrängt Riechtest bestätigt Laborwerte Fazit Standardfutter für Kastraten und weibliche Tiere mit folgender Lysinausstattung: 11 g/kg in Anfangs-, 9 g/kg in Mittel- und 7,5 g/kg in Endmastfutter (Gruppe 1) Ebermastfutter mit erhöhtem Lysingehalt: AM 12 g, MM 9,5 g, EM 8,5 g (Gruppe 2) Ebermastfutter mit erhöhtem Lysingehalt plus 3 % Inulin 4 - 6 Wochen vor der Schlachtung (Gruppe 3) Ebermastfutter mit erhöhtem Lysingehalt plus 10 % Inulin 4 - 6 Wochen vor der Schlachtung (Gruppe 4). Die höhere Lysin-Ausstattung des Futters der Jungeber führte nicht zu mehr Fleisch am Schlachtkörper. Eine weitere Erhöhung der Aminosäurengehalte erscheint nicht gerechtfertigt, da ungenutztes Lysin viel Geld kostet und Tier und Umwelt belastet. Eine Inulinzulage im Endmastfutter hätte weniger sensorische Geruchsauffälligkeiten zur Folge. Doch verursacht der erforderliche Zusatz des Fließstoffes Diamol hohe Kosten und senkt darüber hinaus die Energiedichte des Futters. Beim zweiten Schlachttermin waren die Androstenonwerte deutlich höher. Auch die Tester nahmen bei den 14 Tage später geschlachteten Tieren deutlich stärkeren Ebergeruch wahr. Daher scheint ein schnelles Wachstum und damit ein niedrigeres Schlachtalter von Vorteil zu sein. -Dr. Hermann Lindermayer, LfL Bayern-