Die zielgerichtete Fermentation hilft, die Darmgesundheit und die Vitalität der Tiere zu stabilisieren. Diese Fütterungsstrategie setzt jedoch viel Wissen und eine Top-Hygiene voraus. Der Durst der Mäster nach einheitlichen und gesunden Ferkeln ist nach wie vor groß. Die Ferkel sollen vital sein und möglichst ohne Krankheitseinbruch das angestrebte Mastendgewicht erreichen. Dieses Ziel wird nur erreicht, wenn die körpereigenen Abwehrsysteme bereits im Ferkelalter aufgebaut und gefördert werden. Hierbei spielt die Darmgesundheit eine besondere Rolle. Um die Mikrofl ora im Darm positiv zu beeinfl ussen, war in der Vergangenheit eine Reihe leistungsstabilisierender Futterzusätze hilfreich. Diese stehen heute nicht mehr zur Verfügung oder dürfen nicht mehr im gleichen Umfang verfüttert werden. Somit sucht man verstärkt nach alternativen Fütterungsstrategien, die den Aufbau körpereigener Abwehrmechanismen unterstützen und die Tiergesundheit fördern. In diesem Zusammenhang wird die Fermentation von stärkereichen Futterkomponenten oder Getreiderationen ins Gespräch gebracht. Bei diesem Verfahren werden die Futtermittel zunächst in einem größeren Fermenter mit Wasser vermengt. Unter den so geschaffenen anaeroben Verhältnissen vermehren sich die Laktobazillen und reichern das Futter-Wasser-Gemisch mit bis zu 2 % Milchsäure an. Die Bereitstellung von Milchsäure sowie die probiotischen Kulturen im Flüssigfutter haben letztlich eine leistungsstabilisierende Wirkung. Fermentation: Die Milchsäure macht es Die Fermentation ist eine alte und bewährte Methode, Nahrungs- oder Futtermittel dauerhaft zu konservieren. Vielen Schweinehaltern ist sie durch die CCMDr. Konservierung bekannt. Auch hier werden durch einen möglichst schnellen Luftabschluss die Laktobazillen zu umfangreicher Milchsäurebildung angeregt. Laktobazillen ernähren sich von den leicht verfügbaren Kohlenhydratquellen im Futter. Die verbrauchten und damit nicht mehr für das Schwein verfügbaren Mengen fallen dabei kaum ins Gewicht. Das Ziel ist, dass der pH-Wert im Futterstock möglichst schnell auf einen Wert von 4 abfällt. Dieses Niveau reicht aus, um die Fäulnisbakterien im Futter erfolgreich zurückzudrängen. So bleibt z. B. das CCM frisch und verdirbt nicht. Neben dem Konservierungseffekt hat die hohe Milchsäurekonzentration in fermentierten Futtermitteln einen weiteren Vorteil. Denn bei pH 4 wird auch den coliformen Bakterien und anderen pathogenen Mikroorganismen im Futter die Lebensgrundlage entzogen (siehe Übersicht 1). Das heißt, dass durch die Fermentation der Besatz an schädlichen Keimen verringert wird und so optimale Voraussetzungen geschaffen werden, den Hygienestatus im Fließfutter zu verbessern. Neben diesen positiven Auswirkungen auf den Hygienestatus im Fließfutter hat die Fermentation zudem eine darmstabilisierende Wirkung. Dies können z. B. Schweinehalter bestätigen, die ein gelungenes CCM verfüttern. Der positive Effekt auf die Darmgesundheit ist auf folgende Punkte zurückzuführen: Ein durch hohe Milchsäurekonzentration angesäuertes Futter bewirkt eine gleichmäßigere Einsäuerung des Futterbreies im Magen. Dies trägt zur Abtötung unerwünschter Keime bei. Gleichzeitig werden die ersten Verdauungsvorgänge insbesondere beim Eiweißaufschluss positiv beeinfl usst. Die Eiweiß aufschließenden Enzyme werden nämlich in ihrer Funktion und ihrer Anregung unterstützt. Besonders bei jüngeren Schweinen beugt dieses den negativen Auswirkungen einer unzureichenden Eiweißverdauung entgegen. Denn im nachfolgenden Dünndarm wird den Colibakterien und den Salmonellen die Nährstoffgrundlage entzogen. Im weiteren Verlauf des Verdauungstraktes unterstützen die Milchsäurebakterien die positiven Darmbewohner und drängen die unerwünschten Keime damit zurück. Durch die Verbesserung der Darmgesundheit können die Darmfunktionen sowohl hinsichtlich der Futterverwertung als auch die immunologische Abwehrfunktion gegenüber pathogenen Keimen unterstützt werden. Das heißt, dass neben den Leistungssteigerungen auch eine Verringerung der Erkrankungsrate der Schweine erreicht werden kann, so dass weniger Medikamente eingesetzt werden müssen. Laktobazillen bei Laune halten Vielen ist das Konservierungsverfahren bei CCM bekannt. Grundsätzlich lässt sich jedoch auch stärkereiches Getreide fermentieren. Diese Überlegungen haben vor allem dänische Landwirte verstärkt aufgegriffen, die als Selbstmischer ihr eigenes Getreide fl üssig verfüttern. Ihr Ziel war, mit einem hohen Gehalt an Milchsäure im Fließfutter den Hygienestatus zu verbessern und den Besatz mit schädlichen Keimen im Fließfutter zu verringern. Bei dieser Fütterungsstrategie werden 200 bis 300 mmol Milchsäure im Fließfutter angestrebt. Gleichzeitig sollten die Konzentrationen von Essig- und Buttersäure kleiner als 20 mmol sein, um eine optimale Futteraufnahme sicherzustellen. Diese Werte werden dann sicher erreicht, wenn der pH-Wert im Schrot-Wasser-Gemisch innerhalb von 12 Stunden auf unter 4 abfällt. Bei einer langsam verlaufenden Milchsäureproduktion besteht die Gefahr, dass sich unter Umständen andere, unerwünschte Keime vermehren. Um die schnelle Bereitstellung von Milchsäure und damit einhergehend den schnellen Abfall des pH-Wertes im Flüssigfutter zu gewährleisten, sollten nach dänischen Praxiserfahrungen folgende Maßnahmen ergriffen werden: Die Fermentation kommt schneller in Schwung, wenn größere Restmengen im Fermenter verbleiben. So wird gewährleistet, dass das neu hinzugegebene Futter umfangreich mit den Laktobazillen geimpft wird. Zur schnellen Besiedelung des Futter- Wasser-Gemisches geben einige Landwirte regelmäßig Starterkulturen mit Laktobazillen hinzu. Man spricht in diesem Falle von einer gerichteten Fermentation. Bei Temperaturen von 25 ± 5 °C vermehren sich Laktobazillen am besten. Damit dieser Bereich nicht unter- oder überschritten wird, sollte beim Befüllen des Fermenters Kalt- und Warmwasser verwendet werden. Zudem sollte der Fermenter wärmeisoliert sein. Auch die Futterzusammensetzung hat unter Umständen einen Einfluss, wie aktiv die Milchsäurebakterien sind. Der pH-Abfall erfolgt schneller, wenn den Mikroorganismen neben der Stärke auch etwas Eiweiß, z. B. Soja, zur Verfügung steht. Hygienisch einwandfreie Komponenten einsetzen Auch dies zeigen dänische Praxiserfahrungen: Die Fermentation ist kein Ersatz für ein umfassendes Hygienemanagement. Denn bei gravierenden Mängeln können die Prozesse im Fermenter in die völlig falsche Richtung laufen, so dass die angestrebte Milchsäurekonzentration nicht erreicht wird. Dabei spielt vor allem die hygienische Beschaffenheit der Futterkomponenten und des Wassers eine wesentliche Rolle. Um eine hohe hygienische Beschaffenheit des selbst erzeugten Getreides sicherzustellen, sind folgende Maßnahmen umzusetzen: Das Getreide ist entweder innerhalb der ersten 24 Stunden nach der Ernte auf unter 15 % Feuchte zu trocknen. Oder das Erntegut wird mit entsprechenden Säuren versetzt, um so weiteres Mikrobenwachstum zu unterbinden. Für die Einlagerung von getrocknetem oder säurekonserviertem Getreide haben sich Flachlager in Getreidehallen bewährt. Bei der Halleneinlagerung ist ebenso wie bei der Lagerung in Silos auf eine Generalreinigung vor der Einlagerung des neuen Erntegutes zu achten. Wichtig sind auch regelmäßige Kontrollen des eingelagerten Getreides. Dabei ist zu überprüfen, ob das Konservierungverfahren erfolgreich war oder ob es zum Temperaturanstieg und zu Wiederbefeuchtungen gekommen ist. Wird Getreide vermahlen und gelagert, ist auf eine ausreichende Abkühlung zu achten, um Kondenswasserbildung und mikrobielle Neubesiedlung durch unterschiedliche Wärmezonen im Futterstock vorzubeugen. Die Restmengen in den Fördersystemen sollten so gering wie möglich sein. Es sind also Techniken und Materialien zu verwenden, die wenig Ecken und Flächen zur Ansammlung von Resten aufweisen. Auch regelmäßig durchzuführende Reinigungen werden dadurch erheblich erleichtert. Neben der Futterqualität ist auch die hygienische Beschaffenheit des eingesetzten Wassers wichtig. Es sollte Trinkwasserqualität aufweisen, das heißt keine Colikeime beinhalten. Hohe Kalzium- und Mangangehalte wirken ebenfalls der pH-Absenkung und damit dem Fermentationsprozess entgegen und sind zu vermeiden. Wenn erforderlich, sollten für die Vorlagerung von Wasser lichtundurchlässige Metallbehälter sowie auswechselbare Kunststoffleitungen angeschafft werden. Zur Steigerung des Hygienestatus kann der Säurezusatz oder der Zusatz von zugelassenen chlorhaltigen Mitteln, z. B. Chlordioxyd, von Vorteil sein. Beim Befüllen Lufteintritt vermeiden Neben der hygienischen Beschaffenheit der Futterkomponenten sind wichtige Maßnahmen beim Befüllen des Fermenters zu beachten. Denn bei diesem Vorgang darf möglichst wenig Luft eintreten, um die Fermentation nicht zu gefährden. Bei der technischen Ausstattung eines Betriebes sind folgende Punkte zu beachten: Die Kapazitäten sind so groß zu wählen, dass ein täglich einmaliges Befüllen des Fermenters reicht, um alle Tiere zu versorgen. Das Befüllen sollte maximal eine Stunde in Anspruch nehmen. Demzufolge ist eine leistungsstarke Fördertechnik zu bevorzugen. Bei der Planung einer neuen Mahlanlage ist darauf zu achten, dass die Mühle direkt über dem Vorlagerbehälter platziert wird. So werden lange Transportwege vermieden. Die bei der Futterentnahme nachströmende Luft in den Fermenter sollte möglichst keimarm sein. Hier empfiehlt es sich, über einen entsprechenden Schacht frische Außenluft zuzuführen. Die Förderung von trockenem Mahlgut in den Fermenter sollte über verschließbare Ablaufrohre erfolgen. Um unnötige Lufteinträge zu vermeiden, sollten flüssige Komponenten möglichst unterhalb des Befüllstandpegels eindosiert werden. Auch bei der Auswahl der Rührtechnik im Fermenter ist darauf zu achten, dass bei diesem Vorgang möglichst wenig Luft eintritt. Diese Technik braucht ein 2000er-Mastbetrieb Doch welche Technik braucht ein Betrieb konkret, um mit der Fermentation erfolgreich arbeiten zu können? Dies soll exemplarisch am Beispiel eines Mastbetriebes mit 2 000 Plätzen erläutert werden (siehe Übersicht 2). Zunächst einmal sollte bei den vorgegebenen Mastkapazitäten rund 10 t Lagerkapazität für die Trockenvorlagerung von Getreideschrot eingeplant werden. Denn ein 2 000er-Mastbetrieb muss mit einem Spitzenverbrauch von 7 500 bzw. 15 000 Liter Fließfutter für Anfangsbzw. Endmastschweine kalkulieren. Die Lagerkapazität sollte für zwei Tage reichen. Bei rund 90 % Anteil fermentierten Futters und rund 25 % Restmenge ist ein Fermenter mit 20 000 Liter Fassungsvermögen erforderlich. In der Zeichnung ist deutlich zu sehen, dass das Warm- und Kaltwasser unterhalb des Einfüllpegels eindosiert wird. Der Fermenter ist mit Rührwerk und Pumptechnik auszustatten. Für das Anmischen der Phasenfuttermischungen mit unterschiedlichem Eiweißsowie Mineralergänzungsfuttermittel reicht dann ein kleinerer Anmischbehälter mit einem Fassungsvermögen von 200 l, der die Futter mittels Stichleitungen in den Stall bzw. in die Abteile befördern sollte. Säurenebler oder/und UV-Licht zur Steigerung des Hygienestatus sollten im Anmischbehälter ein fester Bestandteil des Konzeptes sein. Im Fermentationsbehälter reicht ein Futter- Wasserverhältnis von 1: 2 aus, was die Menge an notwendigem warmen Wasser um 30 % zu reduzieren vermag. Trotzdem werden täglich etwa 10 000 Liter warmes Wasser benötigt, um die Temperatur im Fermenter auf 25 ± 5 °C zu halten. Es empfi ehlt sich, mit insgesamt zwei Wasservorratsbehältern zu arbeiten. In einem 4 m3 großen, isolierten Tank wird 70 °C warmes Wasser gelagert und dem zweiten Behälter mit einem Fassungsvermögen von 6 m3 wird Wasser mit ca. 8 °C vorgelagert. Rechnet sich die Fermentation? Ob sich die Fermentation rentiert, hängt unter anderem von den Investitionen ab. So muss der 2 000er-Mastbetrieb in einen 20 000-l-Fermenter mit entsprechender Rühr- und Pumptechnik sowie in einen zweiten, isolierten Wassertank investieren. Bei Neuanschaffung müssen hier Kosten von bis zu 30 000 Q veranschlagt werden. Bei einem Ausstoß von jährlich 5 000 Mastschweinen wird bei einer zehnjährigen Abschreibung, einem üblichen Zinssatz und jährlich anfallenden 500 Q Wartungs- und Reparaturkosten jedes Schwein mit 0,85 Q belastet. Hinzu kommen die laufenden Kosten für die Bereitstellung des Warmwassers. In unserem Beispiel fallen für das tägliche Erwärmen des Wassers im Jahresmittel 10 bis 15 Q an, so dass je Schwein weitere 0,90 Q hinzukommen. Hierbei ist eine Energiebereitstellung über Öl unterstellt. In der Summe sind das 1,75 Q zusätzliche Kosten je Schwein, die in Zusammenhang mit der Fermentation stehen. Können die Investitionskosten bei Verwendung eines gebrauchten Tanks aus der Lebensmittelindustrie verringert oder kann das Warmwasser kostengünstiger bereitgestellt werden, verringern sich die Kosten je Schwein entsprechend. Auf der anderen Seite können auf Säureund Enzymgaben zum Vormastfutter verzichtet werden. Bei üblicher Rationsgestaltung werden hierfür 0,55 Q je Schwein (Futtersäuren) und 0,20 Q je Schwein (Enzyme) veranschlagt. Dennoch bleibt ein Kostennachteil von rund 1,00 Q je Tier. Um dies auszugleichen, müssten höhere biologische Leistungen angestrebt werden, beispielsweise: 30 g höhere Tageszunahmen; oder 1,2 % weniger Verluste; oder 0,1 kg weniger Futterverbrauch je Kilo Zuwachs. Bei einer Stabilisierung der Tiergesundheit können oftmals sowohl die Zunahmen und Verluste als auch die Futterverwertung verbessert werden, so dass in diesem Fall die Zusatzkosten mehr als ausgeglichen werden. Hinzu kommen Vorteile wie geringere Medikamentenkosten und weniger untergewichtige Schweine bei der Vermarktung. Weitere Ziele im Visier Neben den höheren biologischen Leistungen werden mittlerweile mit der Fermentation weitere Ziele verfolgt, z. B. die Absenkung des Rohprotein- und Phosphorgehaltes in den Futtermischungen. Interessant könnte die Fermentation auch beim Einsatz von rohproteinhaltigen Extraktionsschroten oder bei Körnerleguminosen sein, um die geringeren Rohprotein- und Phosphorverdaulichkeiten zu verbessern. Durch einen verbesserten Nährstoffaufschluss kann zum einen eine höhere Verwertungsrate erreicht werden und dadurch die Ausscheidungsmengen an Stickstoff und Phosphor über Harn und Kot deutlich abgesenkt werden. Zum anderen sollen über ein verringertes Eiweiß- und Mineralangebot gleichzeitig die Futterkosten gesenkt werden. Dies ist bei weiter steigenden Eiweiß- und Mineralfutterpreisen für viele ein ganz entscheidender Punkt. Wer schließt die Wissenslücken? Die Fermentation ist ein altes, bewährtes Konservierungsverfahren. Bei der Getreide- Fermentation entsteht ein angesäuertes Futter-Wasser-Gemisch, das den Magen-Darm-Trakt stabilisieren soll. Der niedrige pH-Wert im Flüssigfutter kann die Futterhygiene verbessern, um so der Vermehrung unerwünschter Keime wie E. Coli oder Salmonellen vorzubeugen. Wer diese Vorteile mitnehmen will, muss jedoch zunächst investieren. Die zusätzlichen Kosten werden mit rund 1 Q je Schwein beziffert, die über bessere Leistungen ausgeglichen werden müssen. Leistungsverbesserungen sind jedoch nur möglich, wenn Fehlgärungen vermieden werden. Wenn im Fermenter statt der Milchsäure z. B. ungenießbare Essigsäure freigesetzt wird, werden die Schweine mit Futterverweigerung reagieren. Doch wie kontrolliert und steuert man die Prozesse im Fermenter? Wer berät bei Problemen? Hier ist die praxisnahe Forschung gefordert, schnell die Wissenslücken zu schließen. Einsteiger dürfen auf gute Beratung nicht verzichten! Niggemeyer - Stalljohann,Gerhard -