Schweinehalter Andre Angenendt hat eine neue, intelligente Breifütterung für Absetzferkel installiert. Mit täglich bis zu 70 Mahlzeiten warmem Futterbrei schaffen sie 550 g Zunahme.Der Schlüssel für höchste Zunahmen in der Aufzucht liegt darin, die Ferkel in den ersten Stunden und Tagen nach dem Absetzen am Fressen zu halten. Denn je geringer die Futteraufnahme der Ferkel in dieser Zeit ist, desto stärker verkürzen sich die Darmzotten, die die Tiere zur Nährstoffresorption brauchen. „Wer die Ferkel hier in ein Energiedefizit laufen lässt, hat den guten Start verspielt“, argumentiert Andre Angenendt, Ferkelerzeuger aus Dingden im Westmünsterland. Um zu gewährleisten, dass die Ferkel in den ersten drei Tagen nach dem Absetzen viel Futter aufnehmen, setzen Angenendt und seine Frau Sandra, mit der er den 210-Sauen-Betrieb gemeinsam führt, schon früh an. Wenn die Ferkel mit drei Wochen abgesetzt werden, ist ihr Enzymsystem bereits auf die Fremdfutteraufnahme trainiert. Das letzte Beifutter an der Sau entspricht dem ersten Aufzuchtfutter. Noch im Abferkelstall sortieren Angenendts die Ferkel nach Gewicht in gleichmäßige Gruppen von maximal 25 Ferkeln und fahren sie mit einem kleinen Transportwagen zum Aufzuchtabteil. Dort erwartet die Ferkel eine desinfizierte, trockene und auf 31 °C angewärmte Bucht. Das Einstallen erfolgt in Teamarbeit ruhig und geordnet und ist binnen weniger Minuten abgeschlossen. „Wenn die Ferkel ohne Stress in das Flatdeck einziehen, haben sie gar nicht das Bedürfnis, ausgiebig zu ruhen. Stattdessen sollten sie sofort die erste Mahlzeit vorfinden“, erklärt Angenendt. Deshalb ist der Rundtrog unübersehbar mittig in der Bucht angeordnet. Alle Ferkel finden gleichzeitig an ihm Platz. Mit 7 oder besser 8 cm Fressplatzbreite kann die Gruppe zumindest während der ersten Tage synchron fressen, und kein schwächeres Ferkel wird abgedrängt. Auch bei der Höhe der Trogkante und der Tiefe der Trogschale hat der Betrieb experimentiert und sich das gewünschte Modell anfertigen lassen. „Schon die 4-kg-Ferkel sollten das Futter gut erreichen können, ohne mit beiden Vorderklauen in den Trog treten zu müssen und das Futter so zu kontaminieren“, erklärt Angenendt den Vorteil der Rundtröge. Gefüttert wird ein mit warmem Wasser angemischter Brei, der den Ferkeln sensorgesteuert bis zu 70 Mal pro Tag in kleinen Mengen frisch ausdosiert wird. Dabei ertönt ein Zischen, auf das die Ferkel schnell konditioniert werden. Es lockt sie jedes Mal an den Trog. Die Fütterungstechnik hat Andre Angenendt gemeinsam mit Franz Meßling von Fütterungstechnik Meßling in Borken selbst entworfen. Bezeichnend ist, dass mit dem so genannten Porcipulsator kleinste Futterportionen von 1 bis 6 Liter angemischt werden können. Dazu werden einem Anmischtrichter verschiedene Futterkomponenten zugeführt, nach Bedarf Futtersäuren zugegeben, entsprechend mit Warmwasser aufgefüllt und zügig ausdosiert. Beim Ausdosieren werden dem Futterbrei noch zusätzlich 100 bis 150 ml Wasser zum Spülen hinterher geschickt. Dass diese geringe Wassermenge zum Säubern des Trichters und der Leitungen ausreicht, liegt an den kleinen Dimensionen der Anlage: Der Anmischbehälter fasst nur wenige Liter und der Innendurchmesser der Rohre beträgt nur 18 mm. Jede der 25er-Buchten hat ein eigenes Ventil, das separat angesteuert werden kann. Der Transport des Futterbreis zu den Trögen erfolgt mittels pulsierender Druckluft, die restlos ausdosiert. „Wir realisieren sehr hohe TS-Gehalte von bis zu 37 % im Trog. Damit das funktioniert und die Leitungen nicht verstopfen, kommt es auch auf das Futterdesign an“, berichtet Angenendt. Die Futterbrösel – gebrochene Pellets – werden zwar mit dem Wasser vermischt und ausdosiert, sind während des Transports aber noch hart und werden erst im Trog weich und klebrig. Zudem wird das Futter sofort nach dem Anmischen ausdosiert. Die Technik ermöglicht eine Multiphasenfütterung mit bis zu sechs Futtersorten. Angenendts setzen in der Aufzucht drei verschiedene Fertigfutter ein, die fließend miteinander verschnitten werden. Wann und wie schnell der Futterwechsel erfolgt, entscheiden Angenendts buchtenindividuell. Was die Futtermengen angeht, ist generell eine Norm-Kurve hinterlegt. Angestrebt wird dabei eine Futteraufnahme von 100 g pro Ferkel an Tag 1 und 1 400 g pro Ferkel an Tag 40. Diese ist aber jederzeit an die individuelle Entwicklung der einzelnen Gruppe anpassbar. Die Fütterungsfrequenz ist sensorgesteuert. Sobald der Sensor im Trog eine vordefinierte Zeit frei meldet, z. B. 30 Minuten am ersten Aufzuchttag und 2 Minuten ab dem elften Tag, erfolgt die nächste Fütterung. Die tatsächlich ausdosierte Futtermenge richtet sich also nach dem Nachfrage- bzw. Fressverhalten der Tiere. So ist das Futter immer frisch und steht nicht zu lange im Trog. Der Landwirt vergleicht seine Ferkel gerne mit Hochleistungssportlern. Für alle lautet der Trainingsplan: Fressen – Verdauen – Fressen – Verdauen usw. Doch nicht alle Gruppen machen im gleichen Tempo Fortschritte. So hat jede Ferkelgruppe ihren eigenen Rhythmus. „Natürlich bringen die 8-kg-Ferkel andere Voraussetzungen mit als die Ferkel, die mit 4 kg in die Aufzucht kommen. Wobei gerade die leichteren Tiere hier besonders gute Bedingungen vorfinden. Aber wie wir festgestellt haben, können sich auch einzelne homogene Ferkelgruppen mit einheitlichen Startgewichten völlig unterschiedlich entwickeln bzw. sich im Fressverhalten stark unterscheiden. Es gibt keine starre Formel, die für alle passt“, erklärt der Landwirt. Um die letzten zehn Prozent des Zunahmepotenzials herauszukitzeln, muss sich die Fütterung auf die Bedürfnisse der verschiedenen Ferkelgruppen abstimmen lassen. So wird zum Beispiel auf dem Betrieb auch nachts durchgehend gefüttert. „Unsere Auswertungen haben ergeben, dass die Ruhepausen in den Gruppen sehr unterschiedlich sind. Und so lange es einzelne Ferkel gibt, die gerade fressen wollen, muss die Technik ihnen das ermöglichen – egal zu welcher Zeit. Denn jede Mahlzeit zählt!“, lautet Angenendts Devise. Damit die Ferkel sich nicht überfressen können, ist ein so genanntes „Gesundheitssicherungssystem“ integriert. Dabei wird die Fütterungsfrequenz vierundzwanzigmal täglich automatisch kontrolliert. Rufen die Ferkel in zu geringen Zeitabständen Futter ab und entfernen sich damit zu weit von der Soll-Futteraufnahme-Kurve, wird eine Zwangspause eingelegt (siehe Übersicht 1). Das bedeutet, dass die Ferkel für eine bestimmte, einstellbare Zeitspanne, zum Beispiel 75 Minuten, kein Futter mehr bekommen. Stattdessen springt der so genannte „Nachtischplan“ ein. Das heißt, vor der Fütterungspause dosiert der Automat einmalig Wasser mit einem Futtersäurengemisch (Ameisen-, Milch- und Propionsäure) aus. Diese Maßnahme hat den Zweck, den Futterbrei im Magen anzusäuern. Denn gerade in den ersten Wochen nach dem Absetzen produziert die Magenschleimhaut nur geringe Mengen Salzsäure. „Die Ferkel begreifen schnell, dass sie durch ihr hastiges Fressen die Sperre selbst ausgelöst haben und passen ihr Fressverhalten entsprechend an“, hat Angenendt beobachtet. Wie erwähnt, wird der Futterbrei in den ersten vier Wochen der Aufzucht warm ausdosiert. Die Wärme für das Warmwasser liefert eine 300-kW-Hackschnitzel-Anlage. Wenn die Ferkel etwas älter sind, haben sie das Warmwasser nicht mehr nötig. Denn etwa ab dem 35. Aufzuchttag produziert das Ferkel selbst genug Wärme, die es nach außen abgeben muss. Dann erfolgt langsam und schrittweise die Umstellung auf Kaltwasser zum Anrühren. Die Kosten für die Porcipulsator-Fütterungstechnik inklusive Tröge, Leitungen und Software betragen je nach Anlagengröße und Buchtengestaltung etwa 20 bis 27 € je Ferkelaufzuchtplatz. Seit der Installation der Anlage vor etwa zehn Monaten konnten Andre und Sandra Angenendt die Zunahmen in der Aufzucht von 6 bis 30 kg Ferkelgewicht um rund 100 g auf 550 g je Tier und Tag steigern. Die Futterkosten je kg Zuwachs betragen moderate 0,52 € (bei einem Futterpreis von 40 €/dt Futter, Stand 30.06.2012). Dass Angenendts dabei weitestgehend ohne den Einsatz von Antibiotika auskommen, verrät der Blick in den verstaubten Behälter zur automatischen Zudosierung von Medikamenten. „Wir betreiben über die Fütterung eine ausreichende Prophylaxe. Grundvoraussetzung dafür sind qualitativ einwandfreie Futtermittel, die wir nur vom Hersteller unseres Vertrauens beziehen“, berichtet Sandra Angenendt. Müssen doch einmal einzelne Tiere behandelt werden, ist der Medikamenteneinsatz bis zum Einzeltier rückverfolgbar. Denn Angenendts arbeiten mit einer Einzeltieridentifikation, die sich ursprünglich aus der Tätigkeit als GFS-Prüfbetrieb ergeben hat. Für eine betriebseigene Leistungsprüfung werden alle Produktions- und Leistungsdaten in der Online-Datenbank Pigtura gesammelt. Auch die Daten aus dem Fütterungscomputer mit den Verbrauchsmengen der einzelnen Futtersorten fließen ein. Dadurch lässt sich auswerten, welche Fütterung am besten bei welchen Schweinen funktioniert hat, oder auch z. B. ein Futterverwertungs-Index für Vater- und Muttertier erstellen. „Die Entwicklung in der Schweineproduktion wird dahingehen, dass wir die Einzeldaten künftig viel stärker verknüpfen werden und noch mehr Infos zu bestimmten Nachkommenschaften oder Gruppen bekommen“, ist sich Angenendt sicher. „In unserem Betrieb haben wir in den letzten Jahren bereits viel Know-how gesammelt. Dadurch ist man auf uns aufmerksam geworden. Inzwischen bieten wir Landwirten, Organisationen oder Firmen bei Interesse Informationen und Beratungen an.“ Ein Drittel der Schweine mästen Angenendts selbst. Dabei erreichen sie standardisiert 975 g Tageszunahmen. Mit im Schnitt mehr als 1,0 Indexpunkten gehen die hohen Zunahmen auch nicht zulasten der Schlachtleistung. Ziel des Betriebes ist, die 600-g-Marke bei den durchschnittlichen Zunahmen in der Aufzucht zu knacken. Das erreicht schon heute der überwiegende Teil der Ferkel. Aber Angenendts sind sich darüber bewusst, dass diese 50 g Mehrwachstum nur mit viel Mühe zu erreichen sind. Die Investition in die neue Breifütterungs-Anlage für Absetzferkel hat sich für den Betrieb Angenendt absolut gelohnt. Mit bis zu 70 Mahlzeiten warmem Breifutter je Bucht erreicht er 550 g Zunahme. Die zusätzlichen Kosten für die Porcipulsator-Technik amortisieren sich schnell. Die Fütterungstechnik passt sich dem Fressverhalten der Ferkel an. Wobei ein Überfressen durch ein Gesundheitssicherungssystem bzw. eine einmalige Gabe eines Säuregemischs verhindert wird. Stressfreier Flatdeck-Einzug Maschine mischt Futter an Trogsensor meldet Futterbedarf Jede Gruppe frisst anders Gesundheitstrunk gegen Überfressen Top-Wuchs, null Antibiotika Fazit -Mareike Schulte, SUS-