Die Beifütterung der Saugferkel ist auf vielen Betrieben zum Standard geworden. Angesichts wachsender Abferkelgruppen sind vollautomatische Systeme immer gefragter.
Michael Werning, SUS
In den letzten Jahren sind die Ferkelzahlen rapide gestiegen. Moderne Sauengenetiken gebären heute 14 Ferkel und mehr pro Wurf. An dieses Leistungsniveau muss auch das Management angepasst werden. Durch eine optimierte Saugferkel-Betreuung gilt es, die Überlebenschance der Kleinsten zu verbessern und ein Auseinanderwachsen zu vermeiden. Erster Ansatz dabei ist die gezielte Versorgung der Ferkel mit Milch.
Ammensysteme mit Nachteilen
Ein probates Mittel ist der Einsatz von Ammen. Hierbei wird unterschieden zwischen einer natürlichen oder technischen Amme.
Sofern sich eine Sau durch ihre Konstitution und Charakter als natürliche Amme eignet, bietet sie den Ferkeln die annähernd gleichen Bedingungen, wie die Muttersau. Nachteilig ist die Gefahr des zu starken Absäugens, der Aufbau einer Infektionskette durch Vermischung der Tiergruppen und der zusätzliche Bedarf an Abferkelbuchten.
Für die Aufzucht an der technischen Amme werden die Ferkel von der Sau getrennt und in einer separaten Bucht aufgestallt. Die Versorgung mit Milch oder flüssigem Prestarter erfolgt in der Regel über ein Tränkesystem.
Das verhindert zwar Infektionsketten und die Ferkel gewöhnen sich früh an diese Form der Nahrungsaufnahme. Die vorgezogene Trennung von der Sau steht aber der Gesetzgebung und den gesellschaftlichen Erwartungen an die Nutztierhaltung zugegen, weshalb dieses System zunehmend ins Abseits gerät.
Als Alternative zu den Ammen hat sich die Beifütterung in der Abferkelbucht etablieren können. Hier verbleiben die Ferkel bei der Sau und es wird höchstens ein Wurfausgleich vorgenommen. Ergänzend zur Versorgung durch die Mutter wird in kleinen Schalen Milch und Prestarter angeboten.
Sau setzt die Maßstäbe
Die Zusatzversorgung erfordert allerdings viel Einsatz und Fingerspitzengefühl, denn die Ansprüche der jungen Ferkel sind sehr hoch.
Zu Beginn muss die ausreichende Aufnahme der Biestmilch sichergestellt werden. Sie ist reich an Eiweißen bzw. Immunglobulinen. Die spätere Sauenmilch dagegen enthält weniger Eiweiß, dafür aber mehr Fett und Laktose. Dem Ferkel soll viel Energie zugeführt werden, um eigene Fettreserven aufbauen zu können. Mittlerweile bieten zahlreiche Futtermittelhersteller Milchpulver an, die an die Qualitäten der echten Sauenmilch heranreichen.
Nicht weniger von Bedeutung ist die Art und Weise, wie die Zusatzmilch den Jungtieren angeboten wird. Denn es gilt gleich mehrere Dinge zu beachten. So besitzen die Ferkel nur einen kleinen Magen, wodurch folglich das Futteraufnahmevermögen begrenzt ist. Am effektivsten ausgeschöpft wird dieses, wenn sich die Mahlzeiten auf sehr viele kleine, über den Tag verteilte Einheiten verteilen. Die Sau wird dem gerecht, indem sie die Jungtiere zu Spitzenzeiten rund 30-mal am Tag säugen lässt.
Hinzu kommt, dass die jungen Tiere kaltes oder nicht homogenes Futter nur schwer verdauen können. Außerdem wird eine Schale mit abgestandener Milch schnell zum Sammelbecken für krankmachende Keime. Beides quittieren die empfindlichen Ferkel schnell mit Durchfall.
Insbesondere in den ersten Lebenstagen lohnt es sich daher, die Dosiermengen aufzusplitten, und den Jungtieren auch außerhalb der üblichen Fütterungszeiten frische Milch anzubieten.
Per Hand kein Auslaufmodell
Gerade wenn die Größe der Abferkelgruppen überschaubar ist, bietet sich dafür die Ausdosierung per Gießkanne oder Ähnlichem an. Der technische Aufwand und damit die Investitionskosten laufen bei diesem Verfahren gleich gegen null. Lediglich für das Anrühren des warmen Milchpulver-Wasser-Gemisches kommt die Bohrmaschine mit Mörtelmixer-Aufsatz oder ein kleiner Anmischbottich mit Rührwerk zum Einsatz.
Im geringen Automatisierungsgrad liegt noch ein weiterer Vorteil. Das erfahrene Auge des Betreuers macht schnell aus, welche Bucht mehr oder weniger Milch braucht bzw. nachfragt. Bei kurz getakteten Fütterungsintervallen ist damit eine individuelle Mengenzuteilung möglich.
Als nächsthöheren Technisierungsgrad können die sogenannten Milchwagen bezeichnet werden. Diese ursprünglich aus der Kälberfütterung stammenden Gefährte stellen eine Vereinigung aus Anmisch-, Transport- und Ausbringtechnik dar.
Ausgestattet mit einem eigenen Mischbehälter kann die Ersatzmilch zunächst angerührt und dann ins Abferkelabteil gefahren werden. Zur manuellen Ausdosierung in die Schalen wird eine Schlauchlanze verwendet. Auch hier kann der Landwirt für eine bedarfsgerechte Versorgung seine Erfahrungen und aktuellen Beobachtungen einbringen.
Für einen Milchwagen sind je nach Hersteller und Ausstattung mehrere Tausend Euro fällig. Dafür kann vor allem durch das Transportieren und Anmischen größerer Milchmengen die Schlagkraft gesteigert und Zeit eingespart werden.
Vollautomatik im Trend
Wird eine Abferkelgruppe zu groß, stößt die manuelle Milchgabe per Gießkanne oder Wagen aber an ihre Grenzen. In einem Betrieb mit 450 Sauen im 3-Wochen-Rhythmus bedeutet das, dass 70 Tiere pro Gruppe abferkeln. Setzt man die eingangs erwähnte Durchschnittsleistung an, sind pro Durchgang an die 1000 Ferkel ergänzend mit Milch zu versorgen.
Als Alternative zum Milchwagen hat sich in den letzten Jahren das Segment der vollautomatischen Saugferkelfütterung entwickelt. Technisch weit ausgereift, halten sowohl die Tassen- als auch die Trogfütterungssysteme immer mehr Einzug in deutsche Abferkelställe. Gleichzeitg machen die hohen Investitionskosten eine einzelbetriebliche Kosten-Nutzen-Rechnung notwendig.
Nachfolgend stellen wir Ihnen zwei Betriebe vor, die sich für eine Aufrüstung entschieden haben.
Fazit
Die hohe Fruchtbarkeit moderner Sauengenetiken macht eine gezielte Saugferkelversorgung unverzichtbar.
Viele Betriebe bilden Ammen und versorgen die Würfe während der Säugezeit ergänzend mit Beifutter.
Das Anmischen und Ausdosieren des Zusatzfutters per Hand oder Milchwagen hat seine Daseinsberechtigung nicht verloren. Angesichts wachsender Abferkelgruppen erfahren aber die vollautomatischen Fütterungssysteme immer mehr Zulauf.