Wer keine Prämienkürzung riskieren will, sollte sich intensiv mit den neuen Haltungsauflagenbefassen. SUS hat die wichtigsten Punkte mit Dr. Heiko Janssen, LWK Niedersachsen, diskutiert.SUS: Ab 2013 gilt eine Vielzahl neuer Haltungs-Auflagen. Was bringt die größten Probleme für die Praxis ? Janssen: Der größte Knackpunkt ist die Gruppenhaltung. Denn vor allem in kleineren Betrieben stehen die Wartesauen oft noch in Kastenständen. Hinzu kommt das Verbot der 22-mm-Spaltenböden für Sauen. Auch sie sind in der Praxis noch häufig zu finden. SUS: Oft bieten vorhandene Warteställe auch nicht genug Platz für die Sauen. Janssen: Richtig! Probleme sehe ich vor allem in Betrieben mit Selbstfangbuchten bzw. Kastenständen mit Auslauf. Häufig ist der Laufgang hinter den Boxen nicht breit genug, um die vorgeschriebenen 2,25 m2 Gesamtfläche je Sau zu erreichen. Hierfür benötigen wir z.B. bei doppelreihiger Aufstallung mindestens 2,66 m Gangbreite hinter den Sauen oder zusätzliche Laufflächen. SUS: Lässt sich die Buchtenfläche durch einen hochgelegten Trog steigern? Janssen: Nein! In der Gruppenhaltung zählt nur die uneingeschränkt nutzbare Bodenfläche. Die Anrechenbarkeit eines hochgelegten Trogs bezieht sich nur auf die Einzelhaltung von Sauen. Niedersachsen hat diese Regelung zum Beispiel in seinen Ausführungshinweisen verankert. SUS: Gibt es auch Probleme mit der Breite der Kastenstände? Janssen: Die Verordnung macht hierzu keine konkreten Vorgaben. Die Kastenstände oder Selbstfangbuchten müssen aber so breit sein, dass sich die Sauen ungehindert ablegen können. In Niedersachsen haben wir uns bei Sauen auf eine lichte Kastenstandbreite von 70 cm verständigt. Bei Jungsauen bzw. kleineren Sauen genügen 65 cm Breite. Dabei dürfen bis zu 50 % der Buchten für junge Sauen ausgelegt sein. Andere Bundesländer werden diesem Weg vermutlich folgen. SUS: Sind Kastenstände mit Klapptüren auch für die Gruppenhaltung geeignet? Janssen: Grundsätzlich ja. Die Klapptüren müssen dann natürlich permanent geöffnet sein. Es genügt auch nicht, bei doppelreihiger Aufstallung eine Boxenreihe tagsüber und die andere nachts zu öffnen. Die Pflicht zur Gruppenhaltung gilt 24 Stunden pro Tag. SUS: Wie verfährt man mit gruppen-unverträglichen Sauen? Janssen: Laut Verordnung dürfen Problemsauen außerhalb der Gruppenhaltung aufgestallt werden. Die Sauen müssen sich in den Buchten aber umdrehen können. Einen alten Wartestall mit Kastenständen ohne Auslauf darf man also nicht für die Problemsauen nutzen. SUS: Was können Betriebe tun, die Spaltenböden mit 22 mm-Schlitzen bei den Sauen eingebaut haben? Janssen: In diesem Fall lässt die Verordnung keinen Spielraum. Die alten Spaltenböden müssen bis Ende 2012 gegen Böden mit maximal 20 mm Schlitzbreite ausgetauscht werden. SUS: Diskussionen gibt es auch um die Liegeflächen im Abferkel- und Deckstall. Janssen: Richtig, hier ist die Auslegung schwierig. Laut Verordnung darf der Boden bei der Einzelhaltung von Sauen nicht über Teilflächen hinaus perforiert sein, die übrige Fläche soll geschlossen sein. Jedoch sind für eine bessere Hygiene und Standfestigkeit Abflussmöglichkeiten für Flüssigkeiten erlaubt. SUS: Was heißt das für die Praxis? Janssen: In Niedersachsen haben wir uns mit den Behörden darauf verständigt, in Abferkelbuchten im Mittelbereich unter der Sau auch Elemente mit reduziertem Schlitzanteil zuzulassen. Diese werden bereits von verschiedenen Herstellern angeboten. Im Kot- und Trogbereich können vollperforierte Bodenelemente liegen. Im Deckzentrum wird aus lüftungstechnischen Gründen im vorderen Bereich teilweise schon mit geschlossenen Elementen gearbeitet. Alternativ kann man einen Boden mit reduziertem Schlitzanteil einbauen. SUS: Wie wird die Umsetzung der neuen Vorgaben kontrolliert? Janssen: Der größte Druck entsteht durch das QS-System. Denn je nach Einstufung kommen die QS-Prüfer mindestens alle drei, alle zwei oder sogar jedes Jahr in den Betrieb. Die Umsetzung der Gruppenhaltung wird dabei wohl ein k.o.-Kriterium sein. Doch auch die weiteren Auflagen können zu empfindlichen Punktabzügen führen. Um die Vermarktung nicht zu gefährden, kann es sich praktisch kein Betrieb leisten, die neuen Haltungsauflagen nicht zu erfüllen. Zusätzliche Kontrollen können Betrieben ins Haus stehen, die einen neuen Stall bauen. Unter Umständen nehmen die Behörde oder der Amtsveterinär bei der Bauabnahme auch vorhandene Ställe in Augenschein. SUS: Drohen auch Prämienkürzungen im Rahmen von Cross Compliance? Janssen: Ja. Deutschland muss jedes Jahr mindestens 1 % der Betriebe nach CC kontrollieren. Dabei stehen der Tierschutz bzw. die Haltungsauflagen ganz oben auf der Tagesordnung. Wer hierbei auffällt, muss mit empfindlichen Kürzungen bei den Betriebsprämien rechnen. Um es nochmal auf den Punkt zu bringen: Die EU hat den Praktikern mehr als zehn Jahre Übergangsfrist für die neuen Auflagen gewährt. Ab 2013 gibt es keine Kompromisse mehr! SUS: Was sollen die Praktiker jetzt tun? Janssen: Wichtig ist, dass man die Ist-Situation im eigenen Betrieb frühzeitig unter die Lupe nimmt. Hierbei sollte man vor allem kontrollieren, ob das Platzangebot im Wartestall groß genug ist. Denn hier drohen die aufwändigsten und teuersten Umbaumaßnahmen. Man darf aber die kleineren Punkte wie Beschäftigungsmaterial oder Tränken nicht vergessen. Denn bei Kontrollen zählt der Gesamteindruck. SUS: Welche Lösungen gibt es, wenn der Platz im Wartestall nicht ausreicht? Janssen: Das lässt sich nur einzelbetrieblich beantworten. Bei älteren Ställen kann es sinnvoll sein, die Sauenzahl zu reduzieren, um den Aufwand zu begrenzen. Manche Warteabteile bieten auch Reserven, indem man den Futter- oder Kontrollgang verkleinert. Es kann auch ratsam sein, ein Abteil mit Selbstfangbuchten auszuräumen und Abrufstationen einzubauen. Man sollte die Umbaumaßnahmen auf jeden Fall mit einem Berater oder dem zuständigen Kreisveterinär diskutieren. SUS: Welche Kosten kommen auf die Betriebe zu? Janssen: Der Umbau- bzw. Nachrüstaufwand ist je nach Ausgangssituation sehr unterschiedlich. Im Schnitt der Betriebe kann man bei einem 200er-Sauenbestand mit Kosten von rund 50 000 € kalkulieren. Vor allem kleinere Betriebe oder solche mit ungeklärter Hofnachfolge sollten kritisch prüfen, ob sich der Schritt lohnt. Denn Investitionen zur Erfüllung der Haltungsauflagen können teuer werden, ohne dass daraus direkt Mehrerlöse resultieren.