Die Extraportion Milch aus Tassen sorgt für höhere Absetzgewichte und weniger Ausfälle. Ob sich das System rechnet, wurde anhand eines Beispielbetriebs kalkuliert.
In den zurückliegenden Jahren ist die Wurfgröße deutlich gestiegen. Einige Betriebe versuchen, eine bestimmte Zahl an Ferkeln an Ammensauen aufzuziehen. Dabei wird jedoch häufig das Rein-Raus-Prinzip durchbrochen.
Alternativ können die Ferkel mutterlos an technischen Ferkelammen großgezogen werden. Allerdings ist der technische Aufwand nicht zu unterschätzen. Zudem wird ein Extra-Stallabteil für die mutterlose Aufzucht der Ferkel benötigt. Auch können bei dieser Variante die Betriebsleiter in eine tierschutzrechtliche Grauzone geraten, wenn Ferkel in Verbindung mit steigenden Wurfgrößen routinemäßig mutterlos aufgezogen werden.
Bei der dritten Alternative, ebenfalls eine technische Lösung, bleiben die Ferkel bei den Müttern und werden in der Abferkelbucht mit Ferkelmilch aus Cups (Tassen) versorgt. Dieser Vorgang ist ebenfalls automatisiert.
Versuch im 1 000er-Sauenbetrieb
Doch was leistet eine derartige Technik, und wie effektiv ist sie? Diesen Fragen wurde in einer Untersuchung in einem 1 000er-Sauenbetrieb aus Niedersachsen nachgegangen. Eine Woche vor dem errechneten Abferkeltermin wurden die hochtragenden Sauen (DanAvl) geduscht, in die Abferkelabteile verbracht und 32 Muttertiere je Abferkelgruppe nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen aufgeteilt.
Bei den Kontrollsauen wurden die Cups abgestellt. Die Saugferkel er-hielten somit ausschließlich die Sauenmilch und zum späteren Zeitpunkt Prestarter. Die Versuchsgruppe waren demzufolge Sauen mit Cups in der Abferkelbucht. Die Ferkel erhielten neben der Sauenmilch ab dem zwei-ten Lebenstag permanent frischen Milchaustauscher und ab der zweiten Woche analog zur Kontrollgruppe Prestarter.
Die Untersuchung wurde in vier aufeinanderfolgenden Abferkelgruppen von Anfang März bis Mitte April 2014 durchgeführt. Es wurden die Ferkelzahlen erfasst. Die lebend geborenen Ferkel wurden einzeln gewogen und der Body Condition Score (BCS) für jede Sau bestimmt. Anschließend erfolgte ein einmaliger Wurfausgleich.
Während der Säugezeit wurden die Ferkelverluste mit der Abgangsursache registriert. Nach vier Wochen Säugezeit setzte der Betrieb ab. Zu diesem Zeitpunkt wurde wiederum die Wurfgröße ermittelt. Zudem wurden die Absetzgewichte der Ferkel bestimmt, und es erfolgte erneut eine Konditionsbewertung der Sauen.
Schwerer beim Absetzen
Insgesamt wurden 132 Sauen mit 2 243 Ferkeln in die Auswertung einbezogen. In der Versuchsgruppe betrug die Wurfgröße gesamt geborener Ferkel 19,03, in der Kontrollgruppe waren es 19,77 gesamt geborene Ferkel. Damit wird im Betrieb eine auch für diese Genetik weit überdurchschnittliche Wurfgröße erzielt, bei der klar ist, dass nicht alle Ferkel an der eigenen Mutter ohne Hilfe aufgezogen werden können.
Für den Versuch wurden alle Ferkel bei der Sau gelassen, um die Vorteile der Tassen zu bewerten. Es wurden also keine überzähligen Ferkel an natürliche und technische Ammen verbracht und aus dem Vergleich der beiden Gruppen herausgenommen.
Bei Geburt unterschieden sich weder die Wurf-, noch die mittleren Einzelgewichte zwischen den Gruppen. Beim Absetzen wiesen die Würfe „mit Cups“ mit 84,1 kg eine signifikant höhere Wurfmasse als die Ferkelwürfe der Vergleichsgruppe ohne Tassen mit 68,4 kg auf. Das entspricht einer Differenz von 15,7 kg. Ebenso waren die mit Cups aufgezogenen Ferkel beim Absetzen mit 6,8 kg signifikant schwerer als die Vergleichstiere ohne Cups (6,4 kg) (Übersicht 1).
Die Wurfgröße beim Absetzen war in dieser Untersuchung in der Gruppe mit Cups um 1,8 Ferkel höher als bei den Ferkeln bzw. Würfen ohne das Tassensystem. Dieser deutliche Unterschied lässt sich dadurch erklären, dass bei den großen Kontrollwürfen keinerlei Ammensysteme zum Einsatz kamen.
Weniger Ferkel verendet
Insgesamt konnten 2 243 Ferkel in die Auswertung einbezogen werden (1 099 mit und 1 144 ohne Cups in der jeweiligen Abferkelbucht). Bei den Ferkeln, die ohne Cups aufgezogen wurden, traten Ferkelverluste in Höhe von 22,5 % auf, die in dieser Höhe nicht typisch für den Betrieb waren. Eine Erklärung sind die überdurchschnittlichen Wurfgrößen sowie die vergleichsweise niedrigen Ferkelgeburtsgewichte.
Vor diesem Hintergrund hat die deutliche Reduzierung der Ferkelverluste durch den Einsatz des Tassensystems große tierschutzrechtliche und letzt-lich ethische Bedeutung. Mit den Cups konnten die Ferkelverluste um 7,1 %-Punkte auf 15,4 % gesenkt werden (Übersicht 2). Damit liegen diese Verluste in Würfen mit Cup-System etwa im Bereich der im Mittel in Deutschland entstehenden Verluste an Saugferkeln.
Die Unterschiede zwischen den beiden Gruppen (mit bzw. ohne Cups) resultieren dabei vor allem aus den Differenzen bei den Erdrückungsverlusten und den Verendungen. In den Würfen ohne Cups wurden 11,4 % der Ferkel erdrückt, bei den Ferkeln mit Tasse in der Bucht waren es nur 8,6 %. Während von den Ferkeln ohne Cups 7,2 % verendeten, betrug der Wert in der Versuchsgruppe lediglich 3,4 %. Die Differenzen bei den beiden Abgangsarten waren signifikant. Bei der Zahl der gemerzten Ferkel gab es keine Unterschiede zwischen den Ferkelgruppen (Übersicht 3).
Gelegentlich hört man die Aussage, dass das Cup-System vor allem die kleinen Ferkel retten würde. Daher wurden in den eigenen Untersuchungen die Ferkel nach ihrem Geburtsgewicht in drei Klassen eingeteilt, sodass etwa gleich große Gruppen entstanden: Ferkel mit einem Geburtsgewicht bis 1,05 kg, Tiere mit 1,10 bis 1,35 kg und Ferkel über 1,35 kg.
Die Ergebnisse weisen nach, dass bei den leichtesten Ferkeln die Verluste in beiden Gruppen (ohne bzw. mit Cups) fast gleich waren (35,8 im Vergleich zu 31,5 %). Also hatten auch die leichten Ferkel mit Cups relativ hohe Verluste – etwa ein Drittel der Ferkel verendete. Deutlich größer waren die Effekte bei den „mittelschweren“ und den schweren Ferkeln (Übersicht 4). Die Tassen mit der Beifütterung konnten in den beiden Klassen die Ferkelverluste um 7,1 bzw. 6,4 %-Punkte reduzieren.
Sauen weniger abgesäugt
Die Sauen sollten beim Absetzen einen mittleren BCS von etwa 2,5 bis 3 auf einer Skala von 1 (stark abgemagert) bis 5 (stark verfettet) haben.
Hier die Ergebnisse der Konditionsbewertung: In der Versuchsgruppe mit Cups wurden nach der Säugezeit 19,7 % in BCS-Klasse 2, 69,7 % in BCS-Klasse 3 und 10,6 % in BCS-Klasse 4 eingestuft. Im Mittel resultierte daraus ein BCS von 2,9.
In der Sauengruppe ohne Cups betrug der mittlere BCS-Wert 2,6, d. h. die Sauen waren statistisch gesichert stärker abgesäugt. Während in der Gruppe mit Cups nur 19,7 % der Sauen beim Absetzen eine-BCS-Note von 2 (mager) erhielten, waren es in der Gruppe ohne Cups 41,5 % der Tiere, die mit BCS 1 oder 2 klassifiziert wurden.
Kosten erfasst
Die Kosten für den Einsatz des Tassensystems wurden in Euro pro Jahr inklusive Mehrwertsteuer erfasst. Der Kostenblock beinhaltete die jährliche Abschreibung, die jährlichen Reparaturen (kal-kuliert) sowie den Arbeitsaufwand für die Reinigung und Wartung der Cups. Hinzu kommt der Verbrauch an Strom, an Wasser und an Milchaustauscher.
Die Anschaffungskosten des Cup-Systems betrugen für diesen Betrieb 39 000 €. Es wird eine Nutzungsdauer von mindestens zehn Jahren unterstellt. Daraus resultiert eine jährliche Abschreibung von 3 900 €. Die Reparaturkosten betragen etwa 1 500 € pro Jahr (geschätzt).
Der Arbeitsaufwand setzt sich aus 15 Minuten für das Auffüllen und aus 30 Minuten für die Reinigung der einzelnen Tassen (täglich) sowie aus 1,5 Stunden für die Grundreinigung (wöchentlich) zusammen. Dieses entspricht einem jährlichen Arbeitsaufwand von 242,25 Stunden. Die Arbeitskraftstunde wurde mit 20 € angesetzt. Dadurch bemessen sich die jährlichen Arbeitskosten auf insgesamt 4 845 €.
Aus den Ergebnissen des Untersuchungszeitraumes errechnet sich ein Stromverbrauch von 274,8 kWh pro Jahr. Bei einem Preis von 0,2 € pro kWh ergibt sich ein Aufwand von 54,96 € pro Jahr. Der Wasserverbrauch liegt bei 78,32 m3 und wird mit 0,85 € pro m3 berechnet. Daher ergibt sich eine Summe von 66,57 € für die jährlich genutzte Wassermenge.
Hohe Kosten resultieren mit 68 640 € pro Jahr aus dem Milchaustauscher. Diese errechnen sich aus dem Aufwand von 21 450 kg pro Jahr und dem kg-Preis von 3,20 €. Die Aufwandmenge resultierte aus einem Verbrauch von 779 g Milchaustauscher pro Ferkel. Insgesamt werden die jährlichen Kosten für den Einsatz des Cup-Systems im Untersuchungsbetrieb mit ca. 79 000 € kalkuliert.
Cup-System rechnet sich
Pro Jahr werden im Betrieb 27 550 Ferkel abgesetzt. Der Quotient aus den Gesamtkosten und dem Erlös ergibt einen zusätzlichen Kostenaufwand von 2,87 € pro Ferkel für den Einsatz des Cup-Systems.
Bei den 1 000 Sauen mit durchschnittlich jeweils 2,3 Würfen pro Jahr werden insgesamt 2 300 Würfe pro Jahr erzeugt. Die Anzahl der Würfe multipliziert mit den 1,8 zusätzlich abgesetzten Ferkeln pro Wurf und einer Babyferkelnotierung von 36 € ergibt einen Mehrumsatz von 149 040 € pro Jahr. Wenn von diesem die Kosten in Höhe von 79 000 € abgezogen werden, errechnet sich daraus ein Mehrerlös von etwa 70 000 € pro Jahr.
Werden dagegen nur 0,9 Ferkel pro Wurf durch den Einsatz der Cup-Anlage mehr abgesetzt, ergibt sich ein Mehr-umsatz von 74 520 €. Bei Abzug der Kosten (ca. 79 000 €) würde daraus ein Verlust von 4 480 € entstehen. Das bedeutet, dass im Untersuchungsbetrieb mindestens 0,9 Ferkel pro Wurf mehr beim Einsatz des Tassen-Systems abgesetzt werden müssen, um die Kosten zu kompensieren.
Die Kalkulation gilt zunächst für den vorliegenden Betrieb, bietet aber sicher eine Orientierung auch für andere Ferkelerzeuger. Selbstverständlich können auch die Preise für Futter und Ferkel schwanken. Insofern gilt streng genommen die Kalkulation nur für den Untersuchungszeitraum Frühjahr/Sommer 2014.
Fazit
Das Tassen-(Cup-)System ist eine sehr gute Lösung, um große Würfe erfolgreich aufzuziehen, ohne gegen Tierschutz-Vorgaben zu verstoßen.
Auf einem Praxisbetrieb waren in Würfen mit Cups sowohl die Ferkelverluste signifikant niedriger als auch die Wurf- und Absetzgewichte höher im Vergleich zu Würfen ohne diese Unterstützung.
Das Cup-System hat seinen Preis. Die Kalkulationen zeigen aber, dass das Verfahren sich rechnet, wenn mindestens 0,9 Ferkel pro Wurf mehr abgesetzt werden. In anderen Betrieben kann diese Schwelle auch etwas niedriger liegen.