Beim Thema Tierschutz prescht die Politik gerne vor und zaubert neue Gesetze oder Erlasse aus dem Hut. Das Ziel ist oft das gleiche: Beim Verbraucher Pluspunkte und Wählerstimmen sammeln. Doch nicht alles, was dem oft fachlich unkundigen Verbraucher als großer Wurf im Sinne des Tierschutzes verkauft wird, ist auch ein echter Fortschritt. Oft entpuppt sich die ganze Geschichte als Mogelpackung! Das trifft auch auf das Kastrierverbot für den Landwirt zu. Jedem Laien müsste bei näherer Betrachtung doch sofort klar sein, dass auch die Betäubung der männlichen Ferkel mit der Spritze direkt in den Hoden nicht schmerzfrei ist. Da kann die Nadel noch so fein sein und die Spritze so schonend wie möglich gesetzt werden. Hinzu kommt, dass nicht nur die Betäubungsspritze an sich unangenehm ist. Auch die zusätzlichen Arbeitsschritte, die bei diesem Verfahren notwendig sind, belasten die Tiere. Im ungünstigsten Fall erfolgt die Kastration nämlich erst nachdem die Ferkel bereits drei oder vier Mal in die Hand genommen worden sind. Von Stressfreiheit für die jungen Tiere kann bei dieser Behandlungsmethode also wirklich keine Rede sein. Mittlerweile sehen selbst unabhängige Lehr- und Versuchsanstalten das Betäubungsverfahren kritisch. In einer Untersuchung des holländischen Praxiszentrums für nachhaltige und ökologische Schweinehaltung in Raalte wurden die ersten Ferkel unter Betäubung kastriert. Ergebnis: Weil in der Regel zwei Personen für die Betäubung notwendig sind, erhöht sich der Arbeitsaufwand für den Landwirt deutlich. Für viele ein unzumutbarer Zustand. Nicht umsonst haben die meisten Sauenhalter schon vor Jahren von der „Zwei-Mann-Kastration“ in der dritten Lebenswoche auf die viel einfachere „Ein-Mann-Kastration“ am dritten oder vierten Lebenstag umgestellt. Um es kurz zu machen. Ideologisch geprägte Beschlüsse im Sinne des Tierschutzes sind gefährlich. Nicht selten geht der Schuss nach hinten los. Für alle Beteiligten wären eventuelle Betäubungsvorschriften bei der Kastration nachteilig. Für das Ferkel, weil es mehr Stress aushalten muss und die Schmerzen nicht reduziert werden. Fü;r den Landwirt, weil er deutlich mehr Arbeit hat und ihn die Behandlung zusätzliches Geld kostet. Marcus Arden