Mit der neuen Gesäuge-Check-Karte können Ferkelerzeuger die Milchleistung ihrer Sauen gezielt verbessern.Milchbauern haben die Zitzen ihrer Kühe in der Regel zweimal pro Tag in der Hand. Und Sauenhalter? Nur wenige wissen genau, wie es um die Gesundheit der Gesäuge ihrer Sauen bestellt ist! Dabei ist die Milchproduktion der Sauen auch für den Ferkelerzeuger entscheidend. Doch meist wird das Augenmerk in erster Linie auf die Ferkel gerichtet und nicht auf die „Nahrungsquelle“, nämlich das Gesäuge der Sau. Das wollten vier Ferkelerzeuger in den Niederlanden ändern und schlossen sich 2010 zum Praktiker-Netzwerk „Gesundes Gesäuge“ zusammen. Gemeinsam mit Tierärztin Manon Houben und Berater Marco Hol haben die vier Praktiker in den vergangenen Monaten hunderte Fotos von Gesäugen und Zitzen begutachtet und auf vielen Betrieben zahlreiche Gesäuge unter die Lupe genommen. Dadurch sind die Teilnehmer des holländischen Netzwerks zu richtigen Gesäuge-Spezialisten geworden. Auf Basis ihrer Erfahrungen haben die Experten eine Gesäuge-Check-Karte erarbeitet. Damit lassen sich Gesäugeschäden bei Sauen in Problemklassen einteilen. Diesen Check wenden mittlerweile etliche Sauenhalter an. Für überbetriebliche Vergleiche zum Ausmaß der Gesäugeschäden stellen die Praktiker die so gesammelten Daten ins Internet. SUS hat die Gesäuge-Check-Karte auf Deutsch übersetzt und dieser Ausgabe beigelegt. Auf der Vorderseite der Tafel finden sich Informationen zur richtigen Anwendung des Checks, auf der Rückseite sind Bilder von Gesäugen bzw. Zitzen unterschiedlicher Qualität abgebildet. Den entsprechenden Beurteilungsbogen zum Ausfüllen können Sie sich auf unserer Internetseite www.SUSonline.de ausdrucken. Bei der Anwendung des Gesäuge-Checks ist Folgendes zu beachten: Ein gesundes Gesäuge fühlt sich prall, aber geschmeidig an. Ein warmes oder hartes Gesäuge ist ein schlechtes Zeichen. Denn häufig führt es in der Konsequenz dazu, dass die Ferkel auseinanderwachsen. Ob die Lage in der eigenen Sauenherde besorgniserregend ist oder ob nur leichte Beeinträchtigungen vorliegen, mit denen die Sauen leben können, kann bei der Auswertung der Noten ebenfalls festgestellt werden. Die Entwickler haben folgende Grenzen festgelegt: Sind mehr als 10 % der Sauen bei Gesäuge- oder Zitzenschäden mit der Note 2 oder 3 beurteilt worden, besteht Handlungsbedarf. Tritt Ödembildung in Verbindung mit harten Drüsen bei mehr als 10 % der Sauen auf, ist ebenfalls zu reagieren. Hier einige Tipps, die sich aus den bislang durchgeführten Gesäugechecks ergeben haben: Verletzte Zitzen sind teilweise zurückzuführen auf scharfe Kanten und Bruchstellen an den Schlitzen im Boden. Eine zu enge Einstellung des Ferkelschutzkorbes kann insbesondere bei älteren, schweren Sauen ebenfalls Ursache sein. Die Sau verletzt dann die Zitzen beim Aufstehen oder Abliegen mit den eigenen Klauen. Dies kann auch nach dem Absetzen im Kastenstand im Deckzentrum passieren, wenn sich das Gesäuge noch nicht zurückgebildet hat. Prüfen Sie daher neben dem Bodenprofil und der Einstellung des Ferkelschutzkorbes auch die Kondition der Sauen und ob Sie vielleicht zu viele schwere Sauen in der Herde haben! Wunden am Gesäuge rühren häufig von Ferkelbissen und -tritten her. Betroffene Betriebe sollten sich fragen, ob das Wurfmanagement passt: Kann die Sau die Anzahl angelegte Ferkel ausreichend versorgen? Auch ungeschliffene Ferkelzähne können für die Sau schmerzhaft sein. Wenn die Ferkel sich besonders aggressiv um die besten Saugplätze streiten, kann auch Milchmangel bzw. eine unterschwellige MMA der Grund sein. Zur Pflege der Gesäugehaut eignet sich zum Beispiel Jodlösung. Dazu wird das Gesäuge vor dem Abferkeln einmalig damit eingesprüht. Streichholzkopf-große Pusteln auf der Gesäugeoberfläche entstehen entweder durch mechanische Verletzungen, oder sie sind krankheitsbedingt. Dabei können Staphylokokken bzw. Streptokokken eine Rolle spielen. Fragen Sie bei Verdacht Ihren Tierarzt! Ödeme/Verhärtungen sind für den Sauenhalter oft schwierig einzuordnen. Bei Ödembildung (Wassereinlagerungen) wird das Gewebe schlecht durchblutet. Trotz des prallen Gesäuges will die Milch nicht einschießen. Es droht MMA. Ursache sind häufig Fütterungsfehler, zum Beispiel eine zu hohe Energieversorgung in der Hochträchtigkeit. Ein Gesäugebalsam kann helfen, die Durchblutung des Gewebes anzuregen und Ödembildung zu verhindern. Bei zu frühem „Aufeutern“ mehr als fünf Tage vor dem Abferkeln, oft verbunden mit einer Fetteinlagerung, sollte die Fütterung während der Trächtigkeit angepasst werden. Probleme mit hartem Gesäuge kann es vor allem bei jungen Sauen geben. Die hohe Milchproduktion übt Druck auf das Gesäuge aus, doch die junge Haut kann nicht so schnell mitwachsen. Durch das pralle Gesäuge sind die Zitzen weniger gut erreichbar für die Ferkel. Die Folge ist vermehrte Konkurrenz beim Saugakt und dadurch eine erhöhte Verletzungsgefahr. Bei diesen Sauen kann eine Absenkung der Futtermenge helfen. Notieren Sie die Änderungen, die Sie vornehmen, auf einem Kalender, um anschließend nachvollziehen zu können, was wann angepasst wurde. In vielen Betrieben wird die Gesäugegesundheit der Sauen stiefmütterlich behandelt. Dabei können Verletzungen und Veränderungen am Gesäuge die Milchproduktion und -abgabe massiv beeinträchtigen. Mithilfe der Gesäuge-Check-Karte kann der Sauenhalter sich schnell einen Überblick über die Gesäugegesundheit verschaffen. Treten vermehrt Zitzenverletzungen auf, sind insbesondere die Haltungsbedingungen der Sauen zu prüfen. Bei Hautverletzungen sollte das Wurfmanagement unter die Lupe genommen werden. Treten Ödeme und Verhärtungen auf, können Fütterungsfehler eine Ursache sein. Praktische Karte für den Check im Stall Wann muss ich eingreifen? Fazit Bewerten Sie zehn Sauen je Abferkelgruppe. Begutachten Sie die Tiere zu folgenden Zeitpunkten: Eine Woche vor dem Abferkeln, in der Abferkelwoche sowie eine, zwei und drei Wochen nach dem Abferkeln. Wählen Sie Sauen mit verschiedenen Wurfnummern aus. Pro Sau wird eine Gesäugehälfte, also entweder die rechte oder die linke Milchleiste, beurteilt. Zunächst wird das gesamte Gesäuge mit der Hand abgetastet bzw. befühlt. Achten Sie dabei auf die Temperatur, die Festigkeit des Gewebes und die Geschmeidigkeit der Haut. Schauen Sie sich danach mithilfe einer Lampe jeden einzelnen Drüsenkörper und jede Zitze genau an. Tragen Sie Ihre Beobachtungen in den Beurteilungsbogen ein. Für die Bereiche Hautverletzungen, Zitzenverletzungen und Hautausschlag (Pusteln) werden Noten von 0 bis 3 vergeben. Zusätzlich wird mit „ja“ oder „nein“ erfasst, ob das Gesäuge Ödeme hat oder hart ist. Führen Sie den Gesäuge-Check regelmäßig, am besten dreimal pro Jahr, durch. Bewahren Sie die ausgefüllten Beurteilungsbögen zur Nachkontrolle auf. Generell sollten dann dieselben Tiere beurteilt werden. Der Vergleich der Noten zeigt, ob sich die Situation verbessert hat. -Mareike Schulte, SUS-