Um Schäden durch Rangkämpfe zu vermeiden, kommt der richtigen Gruppenbildung eine große Rolle zu. Der Gruppenhaltung eilt der Ruf voraus, dass insbesondere rangniedrigere Sauen großen Stress erleiden, der die Leistungen durch eine höhere Umrauscherrate und eine niedrigere Wurfgröße lebend geborener Ferkel mindert. Dass dies nicht ganz unbegründet ist, zeigen eigene Untersuchungen an 484 Sauen aus zwei Betrieben. So konnte nachgewiesen werden, dass bei rangniederen Sauen deutliche, z. T. statistisch gesicherte, Leistungseinbußen auftraten – und zwar bereinigt um die möglichen Effekte der Wurfnummer (siehe Übersicht 1). Andere befürchten, dass bei der Gruppenhaltung vermehrt Schäden an Klauen und Gliedmaßen auftreten. Problem Rangkämpfe Eine Ursache für derartige Probleme können die Rangordnungskämpfe nach einer Gruppenneubildung sein. Diese sind weder durch Beschäftigungsmaterialien wie Stroh, noch durch das Waschen der Sauen mit Seife oder den Einsatz von Sprays zu verhindern. Die Kämpfe können eventuell verzögert werden, z. B. beim Gruppieren in der Dunkelheit. Die Aggressionen setzen dann am nächsten Morgen jedoch wieder ein, wie Über-sicht 2 zeigt. Rangordnungskämpfe zwischen neugruppierten Sauen sind biologisch völlig normal. Sie sollten jedoch – insbesondere bei den Embryonen – keinen Schaden anrichten. In den ersten Tagen nach der Befruchtung wandern die Keimlinge im Eileiter zur Gebärmutter und sind relativ gut geschützt. In der zweiten und dritten Trächtigkeitswoche hingegen „schwimmen“ sie frei in der Gebärmutter und beginnen erst danach, sich an die Uterusschleimhaut anzuheften. Bei heftigen Auseinandersetzungen in den ersten zwei bis vier Trächtigkeitswochen können 20 bis 30 % der Embryonen absterben. Selbst der Verlust der Trächtigkeit mit anschließendem Umrauschen ist möglich. Somit ist Stress während dieser störanfälligen Zeit durch ein gutes Management zu verhindern. Viele Betriebsleiter demonstrieren, dass dies grundsätzlich möglich ist und somit auch mit der Gruppenhaltung tragender Sauen sehr hohe Leistungen zu erzielen sind. Wann gruppieren? Der günstigste Zeitpunkt der Gruppenbildung ist also unmittelbar nach dem Absetzen der Ferkel gegeben (siehe Übersicht 3). Die Tiere sind nicht tragend, und die Rangordnungskämpfe können somit keinen Schaden an der Trächtigkeit anrichten. Eine weitere Möglichkeit ist der EU-weit ohnehin vorgegebene Zeitpunkt zu Beginn der fünften Trächtigkeitswoche. Zu diesem Zeitpunkt sind die Embryonen bereits mit der Gebärmutterschleimhaut verbunden, so dass der Stress der Gruppenbildung sich nicht dramatisch auf Keimlinge und Sauen auswirken sollte. Ein späterer Beginn der Gruppenhaltung wäre unter diesem Aspekt sicher noch günstiger zu bewerten, wird jedoch ab 2013 nicht mehr zulässig sein. Ein Gruppierungszeitpunkt unmittelbar nach der Besamung und dem Abklingen der Brunstsymptome sollte nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn die Sauen bereits zuvor nach dem Absetzen der Ferkel gruppiert wurden und sich demzufolge bereits kennen. Andernfalls können die dann auftretenden Rangkämpfe auch zu diesem Zeitpunkt Schäden an der Trächtigkeit hervorrufen. Am ungünstigsten ist die Gruppierung in der zweiten bis dritten Trächtigkeitswoche. Niederländische Untersuchungen in 115 Betrieben ergaben, dass in Betrieben mit Gruppenbildung in diesem Zeitraum die Umrauscherquote 20 % und die Zahl abgesetzter Ferkel 20,8 je Sau und Jahr betrug, während in Vergleichsbetrieben mit Gruppierung in der ersten oder ab der fünften Trächtigkeitswoche die Umrauscherrate Werte von 13 bzw. 14 % und die Anzahl abgesetzter Ferkel je Sau und Jahr solche von 22,0 bzw. 21,8 annahm. Gruppieren in der Arena Ist die Frage nach dem „Wann“ beantwortet, muss noch das „Wo“ geklärt werden. Im Wesentlichen kommen hier drei Verfahren infrage: Einsatz einer großflächigen „Arena“; Nutzung einer Stimubucht (= Stimulationsbucht); Gruppierung im Besamungsstall. Zunächst zur Arena: Dieses Verfahren wurde zu Beginn der 90er-Jahre in Holland entwickelt und seit etwa acht Jahren auch durch deutsche Berater empfohlen. Dabei werden Sauen in eine große Bucht gegeben, die auf einer möglichst befestigten Fläche im Außenbereich zwischen zwei Stallgebäuden eingerichtet und wildschweinsicher umzäunt wird. Der befestigte Boden ermöglicht die Reinigung und Desinfektion. Andernfalls besteht das Risiko des Parasitenbefalls, z. B. Spulwurmeier. In der Arena mit einer Fläche von ca. 6 m2 je Tier werden die Sauen für längstens zwei bis drei Tage nach dem Absetzen der Ferkel gehalten. Sie tragen dort ihre Rangkämpfe aus, wobei rangniedere Sauen bedingt durch die große Fläche Mindestdistanzen zu ranghöheren Gruppenmitgliedern einhalten können. Von Vorteil ist, dass für diese Umtriebsgruppe kein teures Stallgebäude benötigt wird. In Betrieben mit einem bestimmten Wochen-Rhythmus und Anwendung des Rein-Raus-Prinzips im Abferkelstall müsste nämlich während der Zeit der Reinigung und Desinfektion dieses Abteils eine Sauengruppe (= Umtriebsgruppe) in zusätzlichen Sauenplätzen untergebracht werden. Für die Nutzung der Arena auch im Winter ist ein wärmegedämmter, ca. 1,2 bis 1,5 m hoher Liegebereich (Hütte) mit zwei Ausgängen erforderlich. Bei tiefen Temperaturen wird reichlich eingestreut und ggf. ein Ausgang geschlossen. Pro Sau ist eine Liegefläche von 1 m2 (2 m x 0,5 m) zu kalkulieren, dann halten die Sauen diese Fläche sauber. Ein Sonnenschutz kann durch einfache Windnetze o. ä. angeboten werden. Während der kurzen Aufenthaltszeit in der Arena kann auf den Boden gefüttert werden. Tränken, möglichst Zapfentränken, sollten an den Stallwänden oder am Liegebereich installiert werden, so dass die Wärme aus dem Liegekessel bzw. dem Stallgebäude das Einfrieren der Leitungen verhindert. Die Tränken werden von den Sauen auch bei Frost frei geleckt. Allerdings darf von den Tränken, die eventuell versenkt anzubringen sind, und den anderen Einrichtungsgegenständen keine Verletzungsgefahr für die Sauen bei den zum Teil sehr heftigen Rangkämpfen ausgehen. Bedingt durch die große Fläche und die Distanzen ist die Gruppenbildung in der Regel relativ stressarm. Als weitere Vorteile sind die intensive Bewegung, Licht, Luft zur Förderung des Brunsteintrittes und der Verzicht auf Stallplätze für die Umtriebsgruppe zu nennen. Nachteilig erweisen sich jedoch die Gefahr des Salmonelleneintrages durch Vogelkot und ein großer Flächenbedarf bei Nutzung im Stall. Auch vor dem Hintergrund der von Wildschweinen ausgehenden Schweinepest stellt die Auslaufhaltung ein großes seuchenhygienisches Risiko dar. Stimubucht als Alternative Auch innerhalb des Stalles kann das Gruppieren der Sauen erfolgen. Dafür ist die so genannte Stimubucht konzipiert, die 3 m2 Fläche je Sau vorsieht. Die Seitenwände können sehr einfach aus stabilen Leitplanken errichtet werden. Die Fütterung erfolgt ad libitum über einfache Futterautomaten. Bei Trockenfütterung reicht ein Fressplatz für vier, bei Breiautomaten-Fütterung für bis zu acht Tiere. Der Boden sollte trittsicher und rutschfest sein. Einstreu ist möglich. Es kann jedoch auch perforierter Fußboden eingesetzt werden. Die Spaltenweite sollte 17 mm nicht übersteigen. Die Sauen werden unmittelbar nach dem Absetzen der Ferkel, z. B. Mittwochnachmittag oder Donnerstagmorgen, in die Stimubucht verbracht. Nach zwei Tagen sind 90 % der Rangkämpfe ausgefochten und die Sauen können in den Besamungsstall umgestallt werden. Nach der Besamung müssen sich die Landwirte entscheiden, ob sie mit der (eigentlichen) Gruppenhaltung nach Abschluss der Besamungen oder am spätestens 29. Trächtigkeitstag beginnen. Bei einem bald möglichen Beginn der Gruppenhaltung nach Abklingen der Brunstsymptome kennen die Sauen sich noch und die Zahl der erneuten Kämpfe bleibt gering. Allerdings ist die Umrauscherkontrolle in der Gruppe schwieriger durchzuführen. Bleiben die Sauen dagegen vier Wochen nach der ersten Gruppenhaltungsphase in Einzelständen und werden nach 28 Tagen EU-Richtlinien-konform erneut zu einer Gruppe zusammengestellt, steigt die Zahl der Auseinandersetzungen wieder an. Allerdings hat die Umrauscherkontrolle bereits stattgefunden, es werden nachweislich tragende Sauen in den Wartestall eingestallt und die Embryonen sind bereits relativ fest mit der Gebärmutter verbunden. Zudem ist die Zahl der Kämpfe nur etwa halb so groß wie bei der ersten Gruppierung. Gruppieren im Besamungsstall Einige Betriebe betreiben die Gruppenhaltung nach dem Absetzen der Sauen mithilfe von Selbstfang- und Kippfang-Besamungsständen. Lediglich während der Besamung stehen die Tiere in Einzelhaltung. Das hat den Vorteil, dass die Sauen zum Absetzen ihre Kämpfe ausfechten und sich noch kennen, wenn nach der Besamung die Stände geöffnet werden. Beim Betreten der Selbstfang-Besamungsstände fixieren die Sauen sich selbst. Auf eine gute Zugänglichkeit zu den Sauen bei der Besamung ist zu achten – die Technik der Selbstfang-Einrichtung darf nicht stören. Vor allem rangniedere Sauen suchen zum Schutz vor den Angriffen ranghöherer Sauen gern die Selbstfang-Stände auf und verlassen diese dann nicht mehr. Bis zu einem Drittel der Gruppe bleibt in den Ständen. Damit wird nur für einen Teil der Tiere eine Gruppenhaltung durchgeführt. Kipp-Fangfressstände besitzen eine integrierte rückwärtige Besamungstür. Fünf bis sechs nebeneinander befindliche Stände können mit einem Hebel gemeinsam geöffnet bzw. geschlossen werden. Das Verriegeln erfolgt somit nicht tierbetätigt. Die Kipp-Fangfressstände als Haltungsverfahren stellen eine Kombination aus Stimubucht, Besamungszen-trum und ggf. Wartestall dar. Bei doppelreihiger Aufstallung ist zugleich Platz für die Umtriebsgruppe vorhanden. Wie gruppieren? Da das Auftreten von Rangkämpfen grundsätzlich nicht verhindert werden kann, kommt dem „Wie“ bei der Gruppenbildung eine entscheidende Rolle zu. Bei der Bildung größerer Gruppen (20 bis 25 Tiere) oder bei der Eingliederung von Untergruppen in eine dynamische Großgruppe an einer Abrufstation steht den Sauen mehr Fläche zur Verfügung, so dass rangniedere Sauen eine große Mindestdistanz zu ranghohen Gruppenpartnerinnen einlegen und in der Menge der Sauen „untertauchen“ können. Das Angebot von auf die Zahl der Neuankömmlinge abgestimmten Liegekesseln unterstützt die Integration in die Gruppe, da die „neuen“ Sauen gern zusammenliegen. In kleineren Gruppen (bis zu 12 Sauen) sollte eine Fläche von 3 m2 je Tier nicht unterschritten werden. Das Gruppieren von Sauen bei Anwesenheit eines Ebers beeinflusst die Häufigkeit der Auseinandersetzungen zwischen den Sauen nicht (s. Übersicht 4). Eber sind Einzelgänger und mischen sich nicht in die Rangkämpfe der Sauen ein. Da sie das ranghöchste Tier in der Gruppe darstellen, kommt es gelegentlich zu Verdrängungen von Sauen (auch ranghohen) am Fressplatz und zum Auftreiben liegender Sauen, so dass manchmal deswegen sogar eine leicht größere Unruhe in der Gruppe herrscht. Außerdem untersuchte die Uni Gießen den Einfluss flexibler Sichtblenden in der Stimubucht auf die Häufigkeit von Rangordnungskämpfen. Dazu wurden Matten (etwa 2 m lang und 1 m hoch) an Ketten in die Bucht gehängt – etwa einen Meter von der Buchtenwand entfernt, damit eine Rückzugsmöglichkeit für angegriffene Tiere entsteht. Allerdings beeinflusste auch diese Maßnahme nicht die Häufigkeit von Rangordnungskämpfen innerhalb der Gruppe. Tendenziell flüchteten rangniedere Tiere etwas häufiger hinter diese Trennwände.