Sauenhalter sollten sich von dem Gedanken verabschieden, dass es ein ultimatives Konzept zur Vorbeuge von Klauenverletzungen gibt. Zu unterschiedlich sind die baulichen Gegebenheiten auf den Betrieben. Dies gilt sowohl für die verwendeten Materialien als auch für deren Oberflächenstruktur. Zudem ist die Klauengesundheit generell ein komplexes Thema, da neben dem Stallbau weitere wichtige Faktoren wie Haltung und Fütterung Einfluss nehmen. Neben den Umwelteinflüssen hat selbstverständlich auch die Genetik einen hohen Stellenwert, wenn es um die „Mobilität“ geht. So wird bei Fundamentproblemen häufig die Genetik vorgeschoben, ohne den tatsächlichen Ursachen auf den Grund zu gehen. Dabei sind Erkrankungen des Klauenapparates oft hausgemacht und nicht auf genetische Defizite zurückzuführen. Um einen tieferen Einblick in die Thematik zu bekommen, wurde auf drei Ferkelerzeugerbetrieben mit insgesamt 310 Sauen die Klauengesundheit unter die Lupe genommen. Dabei wurde ein mobiler Klauenstand sowie eine per Touchscreen bedienbare Klauensoftware zur Dokumentation eingesetzt. Aus einem Katalog von vorgegebenen Diagnosen konnten den jeweiligen Klauenzonen und Extremitäten die vorgefundenen Veränderungen direkt bei der Klauenkorrektur zugeordnet werden. Die Bearbeitungszeit pro Tier wurde ebenso erfasst. Es zeigte sich ein typisches Bild für Betriebe mit strohloser Haltung. So wurden unterschiedliche Längen der Haupt- und Afterklauen an den Vorder- und Hinter-Extremitäten ebenso erfasst wie Hornwand- und Sohlendefekte sowie Ballenwucherungen. Diese Befunde sind charakteristisch für die Haltung auf Spaltenböden bzw. Haltung auf Kombinationen von harten perforierten Oberflächen. Diese teils schmerzhaften Veränderungen wurden in allen drei Betrieben festgestellt. Schmerzhafte und entzündliche Verletzungen sind in ihrer Priorität anderen dokumentierten Merkmalen überzuordnen. Je schmerzhafter und entzündlicher ein Prozess am Klauenapparat ist, umso negativer kann der Einfluss auf die Produktionsleistung der Sau sein. Bei den lokalen Verletzungen werden Entzündungsbotenstoffe im Körper freigesetzt, die u. a. die Ausschüttung von Gonadotropin-Releasing-Hormonen hemmen. So werden Sauen teilweise nicht trächtig bzw. rauschen um. Meist scheiden diese aus der Herde aus, ohne dass der tatsächliche Grund für den Abgang, nämlich die Klauenverletzung, zutage tritt. Werden bei der täglichen Tierkontrolle etwaige Verletzungen an der Klaue beobachtet, muss sofort mit der Therapie begonnen werden! An Hautläsionen sind Infektionen mit Schmutzkeimen vorprogrammiert. Im akuten Stadium ist eine Therapie mit Schmerz- und Entzündungshemmern durchzuführen. Gegebenenfalls ist zusätzlich eine lokale oder systemische antibiotische Versorgung erforderlich. Bei dem Thema Klauen kommt oft die sogenannte Afterklaue zu kurz. Fakt ist, dass sie auf dem harten Untergrund in unseren Ställen keine stützende Funktion wie in der freien Wildbahn und damit auch keinen Hornabrieb mehr hat. Folglich entstehen Afterklauen-Verletzungen in erster Linie durch deren Überlänge. Die Auswertung der Klauenbefunde in den drei Betrieben machte deutlich, dass insbesondere die Betriebe 1 und 2 mit Afterklauen-Defekten zu kämpfen hatten (siehe Übersicht 1). Die gelben Balken (Diagnose: Krüppelhorn, an einer oder mehreren Afterklauen) zeigen bereits ältere, meist vollständig abgeheilte, jedoch ursprünglich schwere Schäden an den Afterklauen auf. Im Betrieb 2 wurden keine Afterklauen-Abrisse erhoben. Hier überwogen leichtere Verletzungen der Afterklauen, die jedoch ähnlich wie in Betrieb 1 einen sehr hohen Anteil an Tieren mit Krüppelhorn-Bildung zur Folge hatten. Die Untersuchung zeigte deutlich das Potenzial und die Notwendigkeit präventiver Maßnahmen auch hinsichtlich der Afterklauen. Für alle drei Betriebe gilt, den Anteil Sauen mit den hier beschriebenen Veränderungen zu minimieren. Eine Schlussfolgerung der Studie war, dass die Praxisbetriebe generell eine komplette Bearbeitung des Bestandes an fixen Terminen einplanen müssen, so wie auch in den Erhebungen zur Studie geschehen ist. Sporadische Einzeltierbehandlungen hätten im Nachhinein betrachtet die Situation nur unwesentlich verbessert. Das Ziel sollte es sein, überlange Haupt- und Afterklauen schon von Beginn an zu vermeiden. Dies ist wahrscheinlich für die professionellen Sauenhalter keine überraschend neue Feststellung, jedoch einzig und allein der effektivste Weg. Für die Beurteilung des Fundaments und Behandlung ist ein Klauenstand unbedingt einzurichten. In Produktionsbereichen wie der Abferkelbucht können zwar kleine Korrekturen wie das Einkürzen der Afterklauen vorgenommen werden. Die teilweise sehr aufwendige Bearbeitung der Hauptklauen ist durch die Abwehrbewegung der Sau oft nicht möglich. Auch ohne Klauenstand können aufgrund der Liegeposition der Sau häufig nicht alle vier Extremitäten zur selben Zeit auf Läsionen untersucht werden. Ein strategisch günstiger Zeitpunkt ist dabei auf vielen Betrieben die Anlieferung bzw. Einstallung der Jungsauen. Hier können diese direkt über einen Treibgang durch den Klauenstand getrieben werden, um Überlängen und diverse Fehlbildungen zu korrigieren. Die Erfahrung zeigt, dass zu diesem Zeitpunkt eine Korrektur der Hauptklauen selten notwendig ist. Allerdings kommt es vor, dass die Afterklauen-Spitzen eingekürzt werden müssen. Ist die Sau im Klauenstand fixiert und einzeln separiert, können gleichzeitig andere Tätigkeiten wie Impfungen durchgeführt oder etwa auch Ohrmarken eingezogen werden. Auch bei späteren Kontrollen sollten bereits im Produktionsablauf eingebundene Treibwege genutzt werden. Auch gilt es, doppelte Treibwege zu vermeiden bzw. diese kurz zu halten. Das spart Zeit. Wenn nicht auf ein straffes Zeitmanagement bei der Klauenpflege geachtet wird, fällt der Gesamtaufwand zu hoch aus, und die regelmäßige Klauenpflege wird schnell wieder eingestellt. Die reine Bearbeitungszeit am Tier ist in erster Linie vom Schweregrad der Veränderungen abhängig. Überlängen am Klauenhorn benötigen den größten Zeitaufwand bei der Korrektur. Es muss dabei dementsprechend viel Horn abgetragen werden. Dies zeigt auch Übersicht 2. Hier wurde entsprechend den Ausprägungen der Überlängen an Haupt- und Afterklauen unterschieden, also ob geringgradige, mittelgradige oder hochgradige Überlängen vorlagen. Wenn z. B. fünf Minuten oder länger für die Korrektur benötigt wurde, handelte es sich meist um extreme Überlängen. Wie im Balkendiagramm deutlich zu sehen, kann die Bearbeitungszeit schon einmal bis zu zwölf Minuten pro Tier betragen. Man sollte aber bei der Betrachtung der Ergebnisse darauf hinweisen, dass diese Daten eine Erhebungsstudie widerspiegeln. In den gegenübergestellten Betrieben wurde zuvor keine konsequente Klauenpflege durchgeführt. Dementsprechend war der Korrekturaufwand besonders bei den Altsauen sehr hoch. Zeitaufwendig sind insbesondere die Korrekturen der Hauptklauen. Wird von Anfang an, d.h. bereits bei den Jungsauen, eine Korrektur der Klauen durchgeführt, wird es nicht zu derartigen Auswüchsen in der Bearbeitungszeit kommen. Schmerzhafte Klauenentzündungen Afterklauen ohne Abrieb Feste Termine für Klauenpflege Schnelleres Trimmen Fazit Klauenverletzungen sind weit verbreitet und führen zu Leistungseinbußen. Verbesserungspotenzial hat nahezu jeder Sauenbetrieb. Um in die Klauenpflege einzusteigen, sollte der Landwirt zunächst einen Klauenstand sowie das dazugehörige Klauenpflege-Equipment anschaffen. Am effektivsten ist es, bereits bei den Jungsauen mit der Korrektur von Überlängen insbesondere bei den Afterklauen zu beginnen. Dadurch reduziert sich die Arbeitszeit für die Klauenpflege bei den älteren Sauen. Um die betriebliche Situation beurteilen zu können, sollten die Klauenbefunde regelmäßig ausgewertet werden. Moderne Software erleichtert die Dokumentation und Analyse der Befunde. -Dipl.-Tierarzt Franz Wolf, Schweinepraktiker in Oberösterreich- Eine optimale Herdenleistung setzt gesunde Klauen voraus. Mit der Korrektur von zu langen Klauen sollte bereits bei der Jungsau begonnen werden.