Der erste Teil der Serie zeigt, wie man Fruchtbarkeitsproblemen systematisch auf den Grund geht.Wer 23 statt 25 oder 26 Ferkel je Sau und Jahr aufzieht, kann mit diesem Ergebnis nicht zufrieden sein. Doch was muss geändert werden, um höhere Wurfleistungen zu erzielen? Bei unbefriedigenden Fruchtbarkeitsergebnissen sind in irgendeiner Form Fehler gemacht worden. Manche dieser Fehler beeinträchtigen weder Wohlbefinden noch Gesundheit der Tiere, sind aber für die Reproduktionsleistung der Herde fatal. Andere können zeitgleich negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Sauen haben. Manchmal liegt es an den Sauen, wenn die Wurfgrößen Wünsche offen lassen. In anderen Fällen spielen der Eber bzw. das von ihm stammende Sperma nicht mit. Nicht selten treten mehrere Dinge zeitgleich auf, was die Suche nach den Ursachen nicht einfacher macht. Für die vielen Facetten der Fruchtbarkeit liegen Parameter vor und für diese wiederum Normwerte. Für den Ferkelerzeuger ist die Anzahl abgesetzter Ferkel je Sau und Jahr zweifelsohne am Wichtigsten. Von diesen Normwerten werden Grenzwerte abgeleitet. Sind diese erreicht oder unterschritten, liegt ein Problem vor und es muss gehandelt werden. Aber selbst bei „ordentlichen“ Wurfzahlen kann Handlungsbedarf bestehen, da individuelle Vorstellungen zu berücksichtigen sind. Landwirte A und B sind beide „in der Norm“ und erreichen 25 Ferkel pro Sau und Jahr. Während Landwirt A zufrieden ist, sucht Landwirt B weiter nach Verbesserungen, um 26 Ferkel zu erreichen. Wer also mit den Wurfleistungen nicht zufrieden ist oder wenn ein selbst gesetzter Grenzwert erreicht oder unterschritten wird, sollten die Sauenplanerdaten genauer ausgewertet werden. Moderne Sauenplaner bieten Möglichkeiten, sowohl das zu analysierende Zeitintervall zu variieren als auch bestimmte Tiergruppen auszuwählen. So ist zu klären, wie sich Wurfgröße, Umrauschrate oder Absetz-Beleg-Intervall in den letzten Quartalen bzw. Monaten darstellen und ob diese Entwicklung in allen Sauengruppen gleichgerichtet ist. Nur so bekommt man Hinweise, wo die Hebel anzusetzen sind. Eine derartige Datenanalyse hilft, das Problem einzugrenzen sowie die so genannte Differenzialdiagnose zu formulieren. Hierzu gehört auch der Bestandsdurchgang nach dem Vier-Augen-Prinzip. Dieser ist wichtig, kann er doch vor allem im Hinblick auf Hygiene, Fütterung, Haltung, Ventilation/Klimagestaltung wertvolle Hinweise liefern. Manchmal werden Probleme in dem einen Produktionsbereich durch Versäumnisse in einem anderen Bereich verursacht. So sind niedrige Trächtigkeitsraten möglich, wenn vermehrt Ausfluss im Anschluss an die Geburt auftritt und somit die Abferkelung zu inspizieren ist! Gleiches gilt, wenn die Tiere aufgrund schlechter körperlicher Verfassung nicht trächtig werden. In diesem Fall ist zu prüfen, ob die Tiere im Abferkelabteil genug Futter aufnehmen. Wichtig ist, mögliche Ursachen nacheinander ins Visier zu nehmen, das Naheliegendste zuerst und das wenig Wahrscheinliche zuletzt. Beispiel: Ein Sauenhalter klagt über zu viele leere Sauen im Wartestall. Um schnell die Ursache zu finden, werden Gebärmutter, Ovarien, Eileiter von Problemtieren eingeschickt. Gleichzeitig werden Gallenflüssigkeit, Lymphknoten sowie Blut eingesendet, um diese Proben auf verschiedene Mykotoxine sowie alle erdenklichen Infektionserreger untersuchen zu lassen. Doch macht dies Sinn? Fakt ist, dass nur selten „alles“ zeitgleich auftritt bzw. nur selten „alles“ gleichzeitig das Problem verursacht hat. Ferner ist zu bedenken, dass Fruchtbarkeitsstörungen neben infektiösen häufig auch nicht-infektiöse Ursachen haben. Da helfen die vielen Untersuchungen auf Infektionserreger oder Mykotoxine nur indirekt. Erste Maßnahme im Rahmen der Diagnostik ist in der Regel die klinische Untersuchung am Tier. Bereits die Tierbeobachtung kann schon wichtige Befunde liefern. Dünnrahmiger, eitriger Ausfluss beispielsweise stammt in der Regel aus dem Uterus, während dickrahmiges Sekret in verminderter Menge eher aus der Harnblase kommt. An diese Beobachtung könnte sich eine vaginale Untersuchung anschließen, bei der mit einem Spekulum Scheide und Gebärmuttermund (Zervix) inspiziert werden. Ursprung und Qualität von Ausfluss sind dann besser bestimmbar. Wertvolle Hinweise liefert auch die Untersuchung mittels Ultraschall, der in der Kniefalte durch die Haut durchgeführt wird. So wird die Untersuchung mit dem Scannergerät bei zu niedriger Trächtigkeitsrate gleich mehrfach „strategisch“ platziert (siehe Übersicht 1). Das Ziel ist, bestimmte Ursachen entweder direkt durch Bestätigung oder indirekt durch Ausschluss nachzuweisen. Dem Ultraschalltest können sich weitere Untersuchungen anschließen. So ist es mitunter sinnvoll, Problemsauen zu schlachten und deren Genitalien morphologisch untersuchen zu lassen. Dies dient dazu, die Ergebnisse der sonographischen Untersuchung zu bestätigen oder zusätzliche Informationen zu erhalten. Untersuchungsmaterial und -intensität richten sich dann nach dem Problem. Auch hier gilt das schon oben Erwähnte: Nicht alles gleichzeitig! Bei anderen Fragestellungen macht es Sinn, nach Bestätigung des Problems durch die Scanner-Untersuchung blutserologisch zu testen, bevor diagnostische Schlachtungen zu empfehlen sind. Diese Vorgehensweise ist z. B. bei späten Graviditätsverlusten zu empfehlen, wie das Diagramm in Übersicht 2 zeigt. Ähnlich zielgerichtet sind dann auch Futteranalysen oder Messungen zur Erfassung des Stallklimas zu platzieren. Das bedeutet, dass die Entscheidung für z. B. einen Klima-Check dann auf Ergebnissen umfangreicher Untersuchungen einschließlich der klinisch-sonographischen Untersuchung basieren kann. Damit der diagnostische Prozess zum Erfolg führt, sind Kommunikation und Konsequenz bei der diagnostischen Prozedur von großer Bedeutung. Dabei ist möglichst vorab zu klären, wie der diagnostische Prozess auszusehen hat. Neben Landwirt und Tierarzt macht es bei bestimmten Fragestellungen durchaus Sinn, z. B. auch den Fütterungsberater oder sonstige externe Personen einzubeziehen. Der Personenkreis kann auch später noch erweitert werden. Wer nach dem Motto verfährt, heute mal den und morgen den, wird möglicherweise scheitern, da so der einmal begonnene diagnostische Prozess „durcheinander“ geraten kann. In der Regel wird dann „dieses und jenes“ empfohlen, so dass allein aufgrund der Fülle der Empfehlungen am Ende nicht mehr nachvollziehbar ist, was welche Maßnahme gebracht hat. Von zentraler Bedeutung ist, dem Team und dem eingangs entwickelten diagnostischen Plan genügend Zeit zu geben. Genauso wichtig aber auch ist, dass die diagnostische Strategie zeitnah angepasst wird, wenn man ins Leere läuft. Zwischenbilanzen sind ebenso sinnvoll wie das Endgespräch, bei denen die jeweils gewonnenen Befunde zusammenzufassen und ggfs. Maßnahmen zur Überwindung des Problems zu formulieren sind. Auch „am Ball bleiben“ ist notwendig. Zeitliche Lücken sind nicht hilfreich, da die Bestandssituation schon morgen ganz anders sein kann. Werden Veränderungen im Management vorgenommen, z. B. bei den Besamungszeiten, sollte der Effekt so früh wie möglich kontrolliert werden, um im Falle eines Misserfolges zu intervenieren. Fruchtbarkeit ist die wichtigste Herausforderung im Sauenstall. Mal gilt es Probleme zu lösen, mal besser zu werden. Zunächst ist das Problem anhand der Datenanalyse zu definieren. Dann wird eine Liste mit möglichen Ursachen erstellt sowie geeignete diagnostische Maßnahmen festgelegt. All dies ist zwischen den beteiligten Personen transparent und nachvollziehbar zu gestalten. Diagnose ist immer mit Kosten verbunden. Zunächst sollte man sich der klassischen, klinischen Instrumente bedienen und bei Bedarf neuere Techniken wie Ultrasonographie hinzuziehen, um dann davon abhängig alles weitere inklusive labordiagnostischer Untersuchungen zu koordinieren. Mit Datenanalyse beginnen To-Do-Liste erstellen Erst die Klinik, dann die Labordiagnostik Konsequentes Arbeiten im Team Was festzuhalten bleibt -Prof. Johannes Kauffold, Universität Leipzig-