Direkt nach der Umstellung hatten viele Betriebe mit Startschwierigkeiten zu kämpfen. Doch nach spätestens zwei Jahren lief es wieder rund, wie eine Masterarbeit zeigt.Im Vergleich zu Nordwest- und Ostdeutschland hinkt der Süden bei der Umstellung auf die Gruppenhaltung hinterher: In Baden-Württemberg erfüllen Schätzungen zufolge erst 40 % der rund 3 000 Ferkelerzeuger die erforderlichen Auflagen. Folglich stehen 60 % noch vor dem Umstellungsprozess. Ob diese Zurückhaltung begründet ist, wo die Gruppenhaltungsbetriebe im Ländle hinsichtlich der biologischen Leistungen stehen und mit welchen Problemen sie zu kämpfen haben, sollte eine Masterarbeit an der Uni Hohenheim klären. Dazu wurden 105 Betriebsleiter mit Beständen zwischen 80 und 1 000 Sauen interviewt. Abrufstationen dominieren Drei Hauptsysteme kristallisierten sich dabei als praktikabel heraus: Die Abruffütterung mit fester oder Wechselgruppe, die Zweiflächenbucht und die Dreiflächenbucht. Die Abruffütterung ist das am häufigsten eingesetzte System bei den befragten Sauenhaltern. Insgesamt 41 Betriebe (39 %) haben eine solche installiert. Dabei ist zwischen fester und dynamischer Gruppenführung zu unterscheiden (siehe Übersicht 4). Die Zweiflächenbucht findet auf 36 % der befragten Betriebe Verwendung. Das System ist durch eine klare Trennung der Funktionsbereiche Fressen und Liegen charakterisiert und wird daher ethologisch als gut bewertet. Der Vorteil liegt darin, dass die Sauen gemeinsam fressen und dabei meist fixiert werden können, was wiederum die Tierkontrolle erleichtert. In der Regel stecken Fressliegeboxen mit Auslauf oder einfache Trogfütterungssysteme dahinter. Die Dreiflächenbucht ist auf jedem vierten der befragten Betriebe realisiert und kommt aus ethologischer Sicht als Aufstallungsform dem natürlichen Verhalten der Sauen am nächsten. Die Funktionsbereiche Fressen, Laufen und Ruhen sind deutlich voneinander getrennt. Das heißt, ein Liegebereich, z. B. mit Liegekojen, ist explizit ausgewiesen. 16 % der Betriebe verfügen zusätzlich über einen Auslauf ins Freie. Feste Gruppen von Vorteil Wie sich die drei bzw. vier verschiedenen Haltungssysteme hinsichtlich der biologischen Leistungen einordnen lassen, zeigt Übersicht 5, Seite 39. Vergleicht man zunächst die Abruffütterungssysteme untereinander, fällt auf, dass die Sauen, die in einer festen Gruppe aufgestallt sind, jährlich 0,1-mal mehr abferkeln als Sauen, die in einer Wechselgruppe stehen. Zusätzlich gebären sie 0,8 Ferkel mehr lebend und setzen mit 23,8 Ferkeln pro Sau und Jahr 1,4 Ferkel mehr ab als Sauen in einer dynamischen Gruppe. Zwar ist die Remontierungsrate der festen Gruppen mit 37 % um zwei Prozentpunkte höher. Trotzdem ist daraus zu schließen, dass Sauen, die in einem festen Herdenverband aufgestallt und somit weniger Stress ausgesetzt sind, höhere biologische Leistungen erbringen können. Als größter Nachteil der Abruffütterung gilt, dass es aufgrund von Futterneid häufig zu Rangkämpfen kommt. Betrachtet man jedoch die biologischen Leistungen, darf man vermuten, dass die Rangkämpfe milder ausfallen als beschrieben. Eine Umrauscherquote von 13 % wäre sonst nicht möglich und die Zahl der lebend geborenen Ferkel fiele deutlich geringer aus. Die Zweiflächenbucht schneidet hinsichtlich der biologischen Leistungen besser ab als die Dreiflächenbucht. Jährlich können mit dem System im Schnitt 0,8 Ferkel mehr abgesetzt werden. Im Umkehrschluss heißt das, dass der Grad der Tierfreundlichkeit eines Systems nicht zwingend mit den biologischen Leistungen konform geht. Im Vergleich aller Systeme haben die Sauen in festen Gruppen an der Abrufstation die Nase vorn. Mit 23,8 abgesetzten Ferkeln im Jahr liegen sie deutlich vor den Sauen in Zweiflächenbuchten, die 1,4 Ferkel weniger schaffen. Mehr Beinprobleme nach Umstellung Nach den Auswirkungen der Umstellung auf ihren eigenen Betrieb befragt, gaben die Sauenhalter folgende Einschätzungen ab (siehe Übersicht 6, Seite 40). Ferkelzahlen: Bei der Anzahl der abgesetzten Ferkel je Sau und Jahr kommt es nach Aussage von 30,5 % der befragten Betriebe zu keiner Veränderung, 27,6 % der Betriebsleiter setzen mehr Ferkel ab und 5,7 % melden einen Rückgang der Ferkelzahlen. Diese Entwicklung hängt eindeutig vom Zeitpunkt der Umstellung ab. Wenn dieser mehr als zwei Jahre zurückliegt und die Remontierung der Altsauen abgeschlossen ist, können den Daten zufolge deutlich mehr Ferkel pro Jahr abgesetzt werden. Betriebe, bei denen die Umstellung weniger als zwei Jahre zurückliegt, berichten von gesunkenen Ferkelzahlen. Diese könnten mit vermehrten Klauenproblemen bei Altsauen zusammenhängen. Geburtsverlauf: Jeder dritte Befragte berichtet von schnelleren Geburten, bei denen deutlich weniger Hilfe nötig ist, und von weniger tot geborenen Ferkeln. Auch hat die MMA-Problematik nach der Umstellung auf Gruppenhaltung abgenommen, und die Sauen erholen sich laut der Befragten schneller vom Geburtsstress. Keine Veränderung können 28,6 % feststellen, einzelne Betriebe geben eine Verschlechterung des Geburtsverlaufs an. Tiergesundheit: Der Gesundheitsstatus hat sich bei 38,1 % seit der Umstellung verbessert. Diese befragten Betriebsleiter berichten von vitaleren Sauen. Dabei scheint die Dauer der Umstellung nichts mit dieser Aussage zu tun zu haben. Sowohl Betriebe, die bereits in den 1980er Jahren ihre Sauen auf Gruppenhaltung umgestellt haben als auch diejenigen, die die Gruppenhaltung im Jahr 2008 realisiert haben, stellen eine bessere Vitalität der Sauen fest. Auch seien die Sauen vieler Betriebe – unabhängig vom Haltungssystem – seit der Umstellung zutraulicher und stressstabiler. Fundament und Klauen: Knapp 50 % der Befragten stellen eine Verschlechterung der Bein- und Klauengesundheit fest. Wenn die Umstellung allerdings mehr als zwei Jahre zurückliegt, sehen 15 Befragte eine Verbesserung der Bein- und Klauengesundheit und des Bewegungsapparats. Bei planbefestigten Böden ist nach Angaben der Landwirte dringend darauf zu achten, Staunässe z. B. mithilfe von Einstreu oder Algenkalk zu vermeiden. Denn auf verschmutzten und nassen Böden kommt es häufig zu Ausfällen durch Panaritium. Auch die Nutzung der Nassfütterung in Kombination mit planbefestigten Böden hat sich in der Praxis als komplikationsreich erwiesen. Durch die Gabe nassen Futters werden die Flächen zusätzlich befeuchtet und bergen Rutschgefahr. Bei perforierten Böden beklagen viele Praktiker Probleme mit Afterklauenabrissen, vor allem bei Altsauen. Auch von Gelenk- und Kronrandentzündungen, z. B. beim Bespringen während der Rausche, berichten vor allem Betriebsleiter, die ihre Sauen auf Spaltenboden halten. Arbeitsaufwand: Der Arbeitsaufwand ist laut Angabe bei jedem dritten Betrieb zurückgegangen. Hier handelt es sich vor allem um Betriebe, die ihre Sauen in absperrbaren Einzelfressständen füttern. Keine Veränderung hinsichtlich des Arbeitsaufwandes haben 27,6 % zu verzeichnen. Allerdings geben vor allem die Landwirte mit Abruffütterung an, dass sich die Arbeit deutlich in Richtung Tierkontrolle und Wartung der Stalleinrichtung verschoben habe. Denn wie sie berichten, nutzen Sauen Schwachstellen an der Station sofort aus, um beispielsweise in umgekehrter Richtung in die Station zu laufen, diese zu blockieren oder vollkommen zu demontieren. Für 21 % der Betriebe ist die Gruppenhaltung mit einem zeitlichen Mehraufwand verbunden. Dies betrifft vor allem Betriebe, die keine Möglichkeit zur Einzeltierfixierung innerhalb der Gruppe haben. Weitere Tipps der Praktiker Im Rahmen der Umfrage wurden auch zahlreiche zusätzliche Anmerkungen der Praktiker notiert und ausgewertet. Hier das Ergebnis: 1. Gruppengröße anpassen! Die befragten Landwirte sprechen sich weitestgehend dafür aus, Kleingruppen mit 8 bis 15 Tieren in festen Herdenverbänden zu realisieren. Betriebsleiter, die mit Wechselgruppe arbeiten, raten hingegen eine sehr große Gruppe aufzustallen, um die Eingliederungssituation zu entspannen. Dabei spielt auch das Platzangebot eine wichtige Rolle. Die Praktiker empfehlen mindestens 2,8 m2 pro Tier. Sieben Befragte befürworten 3,5 m2 Bodenfläche. 2. Sauen fixieren! In die Stallkonzeption sollte auch unbedingt die Möglichkeit zur Fixierung der Sauen innerhalb der Gruppe einbezogen werden. So spart man Zeit bei der Tierkontrolle oder bei der Behandlung einzelner Sauen. Bei Fressliegeboxen empfiehlt sich ein Absperrriegel am Fressstand. Denn nach Aussage der Befragten neigen Sauen dazu, während des Fressens Rangkämpfe auszutragen. Vor allem bei hochtragenden Sauen kann sich das gravierend auf den Geburtsverlauf und die Ferkelzahl auswirken. 3. Den Auslauf überdachen! Die Haltung von Sauen in einem Stall mit Auslauf funktioniert im Sommer sehr gut, sofern der Auslauf überdacht ist und die Tiere so vor Sonnenbrand geschützt sind. Im Winter allerdings meiden Sauen den Auslauf oft. Sobald die Temperaturen unter den Gefrierpunkt sinken, ist es den Tieren nach Angaben der befragten Betriebsleiter zum einen zu kalt. Zum anderen haben die Sauen Angst auszurutschen, wenn die Exkremente im Außenbereich gefrieren. Dies hat zur Folge, dass die Tiere im Stallinnern auf der eigentlichen Liegefläche Kot und Urin absetzen. Aus diesem Grund raten mehrere der befragten Landwirte dazu, den Kotbereich nicht ausschließlich im Außenbereich vorzusehen. 4. Tiere nicht einzeln eingliedern! Bei der Eingliederung von Sauen in die Wechselgruppe oder bei der Eingliederung von Jungsauen in die feste Gruppe hat es sich als wichtig herausgestellt, nicht einzelne Tiere, sondern mehrere gleichzeitig (10 bis 15) in den Herdenverband zu integrieren. Einige Landwirte streuen kurz vor der Eingliederung etwas Stroh ein, um die Aufmerksamkeit der Sauen umzulenken. 5. Den Spaltenboden optimieren! Bei perforierten Böden schreibt die Haltungs-Verordnung vor, dass die Spaltenbreite 20 mm nicht überschreiten darf. Die Erfahrungen der Praktiker zeigen jedoch, dass es selbst bei dieser Vorgabe zu enormen Problemen bis hin zu Totalausfällen durch Afterklauenabrisse einzelner Tiere kommt. Eine Schlitzbreite von 13 bis 17 mm hat sich als gut praktikabel erwiesen. Als Beispiel kann hier ein Landwirt genannt werden, der seine Ausfallquote stark senken konnte, indem er die Schlitzbreiten deutlich reduzierte. Zudem sollte man unbedingt auf scharfe Kanten achten. Auch von Gelenk- und Kronrandentzündungen, z.B. nach Bespringen während der Rausche, berichten vor allem Landwirte, die ihre Sauen auf Spaltenboden halten. Wir halten fest Eine Umstellung des Haltungsverfahrens auf Gruppen ist nicht nur für die Tiere mit einer Umgewöhnung verbunden. Auch der Betriebsleiter muss sich mit einem neuen Management vertraut machen. Nach ca. zwei Jahren hat sich der Landwirt an die neuen Arbeitsabläufe seines Systems gewöhnt. Zudem hat dann ein Großteil der Altsauen, die sich nach Aussage der Landwirte mit der Umstellung sehr schwer tun, den Bestand durch die Remonte verlassen. Generell gehen mit der Gruppenhaltung weder eine geringere Nutzungsdauer noch eine erhöhte Abortrate einher.