Die Ebermast steckt in Deutschland noch in den Anfängen. Etwa 90 % der männlichen Ferkel werden nach wie vor kastriert. Um das Segment anzukurbeln, rührt insbesondere der Schlachtkonzern Tönnies die Werbetrommel. Neben der Abnahmegarantie wirbt man mit höheren Schlachterlösen. Der große Pluspunkt bleibt aber die um bis zu 0,3 Punkte bessere Futterverwertung der unkastrierten Tiere. Die Ebermast kann so Vorteile von mehreren Euro je Schwein bringen. Allerdings läuft der Wechsel zur Ebermast nicht im Handumdrehen. Vielmehr müssen sich die Mäster auf zahlreiche Anpassungen beim Management und der Vermarktung einstellen: Profis in der Schweinemast sind in der Regel auch für die Ebermast gut gerüstet. Ob sich die Ebermast jedoch rechnet, lässt sich jetzt mit einem Berechnungsprogramm kalkulieren, das die Landwirtschaftskammer NRW entwickelt hat. Grundlage der Kalkulation sind die bisherigen Ergebnisse zu den biologischen Leistungen, produktionstechnischen Anforderungen und zur Vermarktung der Eber. Sie werden fortan als Basis bezeichnet und mit der Kastratenmast verglichen. Der wirtschaftliche Vergleich erfolgt auf Vollkostenbasis und bezieht sich auf 1 m2 Stallfläche. Bonuszahlungen einzelner Vermarktungswege sind nicht berücksichtigt. Wir unterstellen zudem, dass die Schlachtbetriebe an ihrer Zusage festhalten und alle Eber unabhängig von Geruchsabweichungen voll bezahlen, sofern sie als tauglich eingestuft sind. In den produktionstechnischen Kennzahlen bestehen zwischen Ebern und Kastraten zahlreiche Unterschiede. Hier ist zunächst die Ausschlachtung zu nennen. Mit 78,5 % wird in der Basisberechnung eine um einen Prozentpunkt schlechtere Ausschlachtung bei den Ebern angesetzt (siehe Übersicht 1). Dies muss bei der Auswahl der verkaufsfähigen Tiere berücksichtigt werden. Eber weisen zudem etwas veränderte Körperproportionen auf. So kann z. B. der leichtere und trockenere Bauch die Einschätzung des Schlachtkörpers erschweren. Insbesondere in der Umstellungsphase sollte man die Eber daher wiegen. Positiv ist, dass die Eberschlachtkörper oft gleichmäßiger sind. So bestätigen Auswertungen aus dem Internetportal „Schlachtdaten-online“ eine um rund 1,7 Cent/kg Schlachtgewicht (SG) geringere Maskendifferenz als bei Kastraten. Die Futterverwertung hat aufgrund der anhaltend hohen Futterpreise eine herausragende Bedeutung für die Ebermast. Die Überlegenheit der Eber wird in der Basisberechnung mit 0,3 Punkten in Ansatz gebracht. Bei den Ebern ist eine sehr gute Futterverwertung von 1 : 2,6 unterstellt. Die Kastraten liegen anhand aktueller Auswertungen bei etwa 1 : 2,9. Bei Futterpreisen von 28 €/dt muss aufgrund der höheren Ansprüche der Eber an die Proteinversorgung mit einem um 1,5 €/dt höheren Preis kalkuliert werden. Eber haben ein höheres Fleischbildungspotenzial und ein begrenztes Futteraufnahmevermögen. Sie sollten daher auf einem höheren Proteinniveau grundsätzlich ad libitum gefüttert werden. Die Versuche zu den Tageszunahmen der Eber zeigen kein klares Bild. In der Basiskalkulation ist daher unterstellt, dass die Eber die Zunahmen der Kastraten zunächst nicht übertreffen. In Sachen Stallgrundfläche und Futtertechnik gehen wir ebenfalls von keinen höheren Anforderungen für die Ebermast aus. So hat sich in einem Versuch auf Haus Düsse gezeigt, dass man die weiblichen Tiere mit dem guten Eberfutter füttern kann. Unterschiede ergeben sich allerdings aufgrund der höheren Aktivität der Eber. So sind die Verluste mit 2,2 % etwas höher angesetzt. Und wegen der etwas intensiveren Tierbetreuung soll der Arbeitsaufwand um 0,02 Stunden/Tier höher veranschlagt werden. Bei Ansatz der Basisdaten sowie einem Preisniveau von 1,65 € errechnet sich für die Eber im Vergleich zu den Kastraten ein wirtschaftlicher Vorteil von 4,63 Cent/kg SG, wie der obere Balken in Übersicht 2, Seite 29 zeigt. Einzelbetrieblich können die Ergebnisse natürlich von der Basiskalkulation abweichen. Die roten und grünen Balken zeigen, wie sich der Vor- bzw. Nachteil der Ebermast entsprechend der gemachten Vorgaben verändert. Eine herausragende Stellung hat dabei die Futterverwertung. Ist diese bei den Ebern statt der in der Basisvorgabe angenommenen 0,3 Punkte nur um 0,2 Punkte besser, sinkt der Vorteil der Jungeber auf gut 1 Cent/kg SG. Ist die Futterverwertung der Eber nur um 0,1 Punkte besser als bei den Kastraten, errechnet sich bei der Jungebermast sogar ein Nachteil von mehr als 2 Cent/kg SG (siehe roter Balken). Dies hat vor allem mit dem Mehrpreis für das Eberfutter zu tun. Einen starken Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit der Ebermast hat zudem das Futterpreisniveau. Sind die Futterpreise z. B. 10 €/dt günstiger als in der Basis angenommen, sinkt der Vorteil der Eber auf gut 1 Cent/kg SG. Umgekehrt hebt der Anstieg des Futterpreisniveaus um 5 €/dt die Vorzüglichkeit der Ebermast auf mehr als 6 Cent/kg SG an. Die Tageszunahmen und das Marktpreisniveau haben ebenfalls großen Einfluss auf die Vorzüglichkeit der Ebermast. Die gravierende Auswirkung einzelner Faktoren zeigt deutlich, wie wichtig die einzelbetriebliche Bewertung der Ebermast ist. Empfehlenswert ist eine eher vorsichtige Einschätzung des Leistungspotenzials der Eber. Sind die tatsächlichen Ergebnisse dann besser, so ist das auf jeden Fall günstiger als ein zu optimistisches Vorgehen. Denn insbesondere in der Umstellungsphase zur Ebermast ist mit Anlaufproblemen zu rechnen. Um diese möglichst gering zu halten, ist vor allem das Verkaufsmanagement anzupassen. Die Vermarktung der Jungeber erfolgt derzeit im Wesentlichen über die drei großen Schlachtunternehmen Tönnies, Vion und Westfleisch. Wobei unter der Maßgabe aktueller Futterpreise und Schlachterlöse unterschiedliche Schlachtgewichte anzustreben sind. Bei der Westfleisch und Tönnies sollten die Eber nicht schwerer als 96 kg SG sein, aber auch nicht wesentlich leichter. Die Vermarktung zu Vion lohnt sich auch noch mit Schlachtgewichten von ca. 98 kg. Insgesamt toleriert die Maske von Tönnies am ehesten Eber, die vom optimalen Gewichtskorridor zwischen 88 und 102 kg SG abweichen. Steigen die Futterpreise, sind niedrigere Schlachtgewichte anzustreben. Wird z. B. das Mastfutter um 4 €/dt teurer, sind die Schlachtgewichte um 1 bis 2 kg zurückzunehmen. Bei steigenden Schlachtschweine-Notierungen um 20 Cent/kg SG können die Schlachtgewichte um 1 bis 2 kg angehoben werden. In gleicher Weise sollten Betriebe reagieren, deren Eber statt der angesetzten 825 g Zunahmen von 900 g erreichen. In größeren Betrieben kann die Ebermast wirtschaftliche Vorteile bringen. Hierbei spielen die Futterverwertung und das Futterpreisniveau eine übergeordnete Rolle: Management muss passen! Bessere Futterverwerter Bis zu 4 € mehr pro Eber 96 kg am Haken anpeilen Fazit Basis ist, dass der Ferkelerzeuger mitzieht. Ideal sind 1 : 1-Beziehungen. Denn Restpartien sind kaum zu vermarkten. Eber brauchen hochwertigeres Futter. Zur Vermeidung von Trächtigkeiten sollte man die Eber separat von den weiblichen Tieren aufstallen. Für die Tierbetreuung ist mehr Zeit einzuplanen. Die großen Schlachthöfe garantieren die Abnahme. Man muss bereit sein, sich an einen festen Abnehmer zu binden. Vorteile verzeichnen Eber, wenn die Futterverwertung mindestens 0,2 Punkte besser ist als bei Kastraten. Bei mittleren Leistungen lässt die Ebermast wirtschaftliche Vorteile von 4,6 Cent/kg SG erwarten. Steigende Futterpreise bringen die Eber weiter ins Plus. Doch der Aufpreis für Eberfutter muss im Rahmen bleiben. Ob sich die Ebermast rechnet, lässt sich mit einem neuen EDV-Programm und betriebsindividuellen Vergleichsdaten kalkulieren. -Dr. Friedhelm Adam, Stefan Leuer, Franz-Josef Hartmann, Landwirtschaftskammer NRW- Die Mast von Jungebern lockt mit lukrativen Erlösen und einer guten Futterverwertung.Für wen lohnt sich der Einstieg?