Wer kranke und verletzte Tiere falsch behandelt, verstößt gegen das Tierschutzgesetz. Zehn Fragen an Rechtsanwalt Heiner Thölke zu den Konsequenzen.
Heinrich Niggemeyer, SUS
1.Die Veterinärkontrollen haben zugenommen. Was steckt dahinter?
Thölke: Der Tierschutz ist für unsere Gesellschaft von zentraler Bedeutung. Die Amtsveterinäre stehen zudem unter öffentlichem Druck. Einige Veterinärbehörden haben personell aufgestockt und kontrollieren intensiver. Die Bereitschaft, Verwaltungs-, Bußgeld- oder strafrechtliche Schritte auf den Weg zu bringen, ist größer geworden.
2.Was ist zu tun, wenn der Amtstierarzt unangemeldet vorbeikommt?
Thölke: Ich rate, ruhig und gelassen zu bleiben, auch wenn es für Sie eine unangenehme Situation ist. Auf keinen Fall darf man in Schockstarre verfallen. Der Amtstierarzt hat das Recht, die Ställe zu betreten und die Tiere zu untersuchen. Sie sollten den Besuch aktiv begleiten.
3.Was ist zu tun, wenn bei einem unangemeldeten Besuch der Betriebsleiter unterwegs ist?
Thölke: Bei Eintreffen des Amtsveterinärs sollte dieser benachrichtigt werden. Kann er binnen einer halben Stunde dazukommen, bittet man den Amtsveterinär, auf ihn zu warten. Ist der Landwirt länger abwesend, sollte der Termin verschoben werden. In einer solchen Situation sollten Familienangehörige und Mitarbeiter nicht den Part des Betriebsleiters übernehmen. Zwar sind sie grundsätzlich verpflichtet, Auskünfte zu erteilen. Sie können aber vom Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen.
4.Sollte der Hoftierarzt des Betriebes hinzukommen?
Thölke: Es geht um eine sorgfältig erstellte Bestandsaufnahme. Dabei sollte der Gesamteindruck seinen Niederschlag in den Akten findent. Der Hoftierarzt kennt den Tierbestand. Durch sein Fachwissen kann er bereits im Vorfeld dazu beitragen, dass sich Fragestellungen des Amtsveterinärs erledigen. Zudem hat der Hoftierarzt ein eigenes Interesse daran, dass sein Name nicht mit negativen Erscheinungen in Verbindung gebracht wird.
5.Darf der Amtsveterinär Proben mitnehmen oder z.B. Schlachtabrechnungen einsehen?
Thölke: Der Amtsveterinär ist berechtigt, Proben zu nehmen. Sie als Landwirt sollten allerdings nachfragen, warum Proben gezogen werden. Auf Nachfrage ist auch ein Blick in die Unterlagen zu gewähren. Befinden sich diese gerade nicht vor Ort, sollten Sie dem Amtsveterinär anbietn, ihm diese zukommen zu lassen.
6.Welche Konsequenz hätte ein Verstoß gegen das Tierschutzrecht?
Thölke: Die Behörde hat verschiedene Möglichkeiten, die sie gegebenenfalls nebeneinander anwendet. Tierschutzrechtliche Verfügungen werden erlassen, um vorliegende Missstände zu beseitigen. Es kann beispielsweise angeordnet werden, die Belegdichte anzupassen oder Krankenbuchten bereitzustellen. Daneben können Bußgeldverfahren oder auch strafrechtliche Verfahren auf den Weg gebracht werden. Hierbei geht es darum, die Verstöße zu bestrafen. Durch das Bußgeldverfahren werden kleinere Verstöße sanktioniert. Bei größeren Verfahren ermittelt die Staatsanwaltschaft. In der Regel kommt es dann zu einer öffentlichen Gerichtsverhandlung vor einem Strafgericht.
7.Hat der Landwirt die Möglichkeit, Stellung zu den erhobenen Vorwürfen zu beziehen?
Thölke: Ja. Grundsätzlich führt die Behörde eine Anhörung durch, bevor sie Maßnahmen anordnet. Nur in Fällen unmittelbarer gegenwärtiger Gefahr sieht sie davon ab. Häufig gelingt es im Anhörungsverfahren, die Behörde davon zu überzeugen, dass eine Verfügung nicht notwendig ist. Sobald diese einmal in der Welt ist, kann nur noch im Klagewege vor den Verwaltungsgerichten dagegen vorgegangen werden.
8.Kann der Schweinehalter besondere Umstände geltend machen?
Thölke: Das ist möglich. Der Schweinehalter muss in diesem Falle glaubhaft vermitteln können, dass es eine besondere Situation war und der Missstand bereits behoben wurde. In einem Falle herrschte wegen Grippe absolute Personalnot. Während dieser Zeit wurden erkrankte Tiere zu spät separiert sowie schlecht versorgt. In einem anderen Fall beruhte die Überbelegung in der Mast auf einem Missverständnis bei der Ferkelbestellung. Sanktionen können also durchaus in Einzelfällen abgewendet werden.
9.Welche Bedeutung haben tierschutzrechtliche Verfügungen? Gibt es einen Bußgeldkatalog?
Thölke: Bei Mehrfachverstößen kann durch tierschutzrechtliche Verfügung der Weg für die Untersagung der Tierhaltung geebnet werden. Deswegen sind diese Verfügungen nicht zu unterschätzen. Soweit Bußgelder verhängt werden, ist zu beachten, dass es keinen Bußgeldkatalog wie im Straßenverkehrsrecht gibt. Daher variieren die Bußgelder, die die jeweiligen Behörden bzw. Amtsgerichte verhängen. Es gibt keine Richtschnur.
10.Erhalten bei Verfehlungen andere Behörden Querverweise?
Thölke: Es kann durchaus sein, dass die für die Zahlungsansprüche zuständige Behörde über einzelne Tierschutzverstöße in Kenntnis gesetzt wird. Die Staatsanwaltschaft wird ebenfalls benachrichtigt. Private Institutionen wie QS werden jedoch aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht routinemäßig informiert.