Das Eberboot ist voll! Mit dieser Aussage sorgte der Schlachtkonzern Vion kürzlich für Aufsehen. Das Unternehmen zielt damit auf wachsende Probleme beim Absatz von Jungeberfleisch in den Niederlanden. Neben der stockenden Inlandsnachfrage gibt es offenbar große Probleme beim Export von Eberfleisch. In Holland werden rund 50 % der männlichen Ferkel nicht mehr kastriert. Bei diesem Volumen scheint der Markt gesättigt. Vion hat deshalb ein kräftiges Bremssignal an die niederländischen Ebermäster gesendet. So soll die Bezahlung unkastrierter Tiere in mehreren Schritten sinken. Die Entwicklung in Holland gibt Anlass auch die Situation in Deutschland kritisch zu beleuchten: Derzeit prägen die großen Schlachtunternehmen Tönnies, Westfleisch und Vion das Ebergeschäft in Deutschland. Sie haben 2012 gut 2 Mio. Eber geschlachtet. Das heißt: Rund 7 % der männlichen Ferkel wurden nicht mehr kastriert. Damit ist unser Ebermastanteil im Vergleich zu Holland eher bescheiden. Trotz des niedrigen Niveaus ist der Ausbau der Ebermast ins Stocken geraten. Insider schätzen, dass das bundesweite Schlachtvolumen bei rund 75 000 Ebern pro Woche stagniert. Einzelne mittelständische Schlachthöfe sind nach Problemen beim Fleischabsatz sogar wieder aus der Ebermast ausgestiegen. Trotz der stagnierenden Entwicklung in Deutschland setzt der Schlachtkonzern Tönnies weiter voll auf die Jung-ebermast. Im letzten Jahr musste der Branchenprimus seine hochgesteckten Ziele jedoch herunterschrauben. Statt der angepeilten 3 Mio. konnte man 2012 nur gut 1,7 Mio. Eber vermarkten. Als Grund hierfür sieht Tönnies vor allem das begrenzte Angebot an Jung-ebern. „Etliche Mäster schrecken davor zurück, sich an einen Ebervermarkter zu binden. Das Bremssignal der Wettbewerber hat zusätzlich verunsichert“, erklärt Dr. Wilhelm Jaeger, bei Tönnies verantwortlich im Bereich Landwirtschaft. Tönnies sieht im Lebensmittelhandel weiteren Bedarf für Jungeber. „Vielleicht wäre der Markt bei 100 % Ebermast überfordert. Doch momentan bedienen wir viele namhafte Kunden mit Wurstwaren und Frischfleisch von Jungebern. An Kapazitätsgrenzen stoßen wir bei den Kunden noch nicht“, erklärt Dr. Jaeger. Der Schlachtkonzern will das Eber-Segment daher weiter ausbauen. Aktuell bringt die Tönnies-Gruppe wöchentlich rund 32 000 Eber an den Haken (siehe Übersicht 1). Davon stammt etwa die Hälfte aus Holland. Bis zum Jahresende soll die Ebersparte auf etwa 43 000 Tiere pro Woche wachsen. Wenn das gelingt, wäre bei Tönnies jedes dritte männliche Schwein ein Eber. Die Westfleisch war im letzten Jahr die Nr. 2 in Sachen Ebermast. Am Standort Coesfeld hat das Unternehmen knapp 440 000 Eber geschlachtet. Momentan verarbeitet die Westfleisch rund 15 000 Eber pro Woche. Künftig will man die Eberschiene mit Augenmaß ausbauen. „Ich bin froh, dass sich die Ebermast in Deutschland momentan eher langsam entwickelt. Denn bei den traditionellen Kunden im Lebensmittelhandel sind Jungeber bisher kaum gefragt. Die Nachfrage konzentriert sich auf bestimmte Export- und Tierwohl-Schienen“, erklärt Heribert Qualbrink, Einkaufsleiter der Westfleisch. Neben der begrenzten Aufnahmefähigkeit am Markt verweist Qualbrink auf die hohen Auflagen für Eberfleisch: „Wenn Kunden Jungeber nachfragen, wollen sie 100 % Sicherheit, dass keine Geruchsabweichungen auftreten. Wir müssen die Geruchsprüfung daher weiter optimieren.“ Insgesamt sieht Westfleisch die Ebermast nicht als alleinige Alternative zur Kastration. Das Unternehmen begleitet daher auch einen Versuch zur Impfung gegen Ebergeruch. Insgesamt will sich Westfleisch in Sachen Jungeber stärker auf deutsche Mäster konzentrieren. Denn die regionale Herkunft gewinnt an Bedeutung. Der gezielte Eberbezug aus Holland stagniert hingegen. Vion hat die Ebermast zügig ausgebaut. Inzwischen hat sich der Konzern zur Nr. 2 der deutschen Ebervermarkter gemausert. „Wir schlachten rund 20 000 Eber pro Woche. Schnelles Wachstum ist derzeit aber nicht unser Ziel“, erklärt Dr. Heinz Schweer, Direktor Landwirtschaft bei Vion. Wichtig ist Vion, dass die Mäster in ganz Deutschland Erfahrungen mit Ebern sammeln, auch im Süden. Dort gibt es große Vorbehalte. Die will das Unternehmen durch Information ausräumen. „Auch in Bayern gibt es größere Betriebe, die von der Ebermast profitieren können. Wichtig ist, dass wir sie intensiv auf die Ansprüche der Eber vorbereiten“, betont Dr. Schweer. Für 2013 erwartet Vion, dass die Ebermast in Deutschland weiter zulegt. Denn ihr Anteil ist nach Einschätzung des Konzerns noch so gering, dass der Markt weiter aufnahmefähig bleibt. Auch in Holland bemüht sich Vion, den Absatz von Jungeber-Fleisch anzukurbeln. Hierzu will man die Vorbehalte an den Exportmärkten ausräumen. Die niedersächsische Böseler Goldschmaus sieht die Ebermast kritisch. Im Jahr 2010 hat die Erzeugergemeinschaft 100 000 Eber geschlachtet. Hierbei zeigten bis zu 8 % der Tiere Geruchsabweichungen. „Das ist zu viel. Denn diese Eber konnten wir nur als Verarbeitungsware nutzen, was bis zu 80 € Mindererlös bedeutet“, betont Josef Hempen, Geschäftsführer der Böseler Goldschmaus. Zudem hatte die Erzeugergemeinschaft mit vermehrten Reklamationen aus dem Lebensmittelhandel zu kämpfen. Bis auf kleinere Versuche hat das Unternehmen die Ebermast daher bereits seit 2010 wieder eingestellt. Seinen Mitgliedern empfiehlt die EZG, die Börgemast fortzuführen. Dass andere Schlachthöfe offenbar besser mit der Ebermast zurechtkommen, führt Hempen insbesondere auf ihre Größe zurück: „Wer Eber schlachtet, braucht eine große Wurstabteilung, um die Geruchsabweichler entsprechend verwerten zu können. Für uns als Mittelständler ist die Ebermast derzeit zu kosten- und risikoreich.“ Wo steht Deutschland? Tönnies setzt weiter auf Eber Viele Eber aus Holland Westfleisch eher kritisch Vion: Ausbau mit Augenmaß Böseler Goldschmaus: Eberschlachtung gestoppt Wie groß ist bei uns der Anteil der Eberschlachtungen? Kann der deutsche Markt noch mehr Jungeber-Fleisch aufnehmen? Wie reagieren die Exportmärkte? -Fred Schnippe, SUS- In Holland tritt Vion in Sachen Ebermast kräftig auf die Bremse. Dort scheint der Markt gesättigt. Droht uns Ähnliches? SUS sprach mit Vertretern der Schlachtbranche.