Jan-Heinz Völker, Prof. Dr. Cornelius Jongeling und Dipl.-Ing. Dieter Gehrmeyer FH Osnabrück, Michael Lange, BHZP Zuchtläufer dürfen nicht zu eng stehen! Wie wirken sich unterschiedliche Platzangebote während der Aufzucht auf die Zunahme und die Selektionsquote aus? In einer Diplomarbeit an der FH Osnabrück wurde diese Frage auf den Grund gegangen.Für Jungsauenaufzüchter ist die Selektionsquote ein wichtiges wirtschaftliches Kriterium. Die Aufzüchter sind deshalb bemüht, durch optimale Haltungsbedingungen und angepasste Fütterung die Ausfallrate in Grenzen zu halten. Darüber hinaus spielt die Belegdichte in der Jungsauenaufzucht eine entscheidende Rolle. Um die Auswirkungen unterschiedlicher Belegdichten auf die Entwicklung der Jungsauen während der Aufzuchtphase genauer untersuchen zu können, wurde von der Fachhochschule Osnabrück ein Praxisversuch durchgeführt. Im Rahmen einer Diplomarbeit wurden in drei Vermehrungsbetrieben der BHZP-Erzeugergemeinschaft Niedersachsen West in zwei Aufzuchtdurchgängen insgesamt 364 Ferkel mit einem Durchschnittsgewicht von 28 kg eingestallt. Es handelte sich um BHZP-Kreuzungstiere aus den Mutterlinien 01 und 03. Die Zuchtläufer wurden auf insgesamt drei Versuchsgruppen aufgeteilt. Dabei wurden die Buchten so belegt, dass den Jungsauen während der gesamten Aufzuchtphase entweder eine Fläche von 0,65 m2, 0,8 m2 oder 1 m2 je Tier zur Verfügung stand. Um Umwelteinflüsse in den Betrieben soweit wie möglich ausschließen zu können, lagen die Buchten mit der unterschiedlich hohen Belegdichte stets in einem Aufzuchtabteil nebeneinander bzw. rechts und links vom Abteilgang. Gefüttert wurde nach Vorgaben der BHZP in allen drei Gruppen einheitlich bei einem Tier-Fressplatzverhältnis von 1 : 1. Die Selektion erfolgte durch einen Techniker nach dem linearen Beurteilungsschema (Note 1 bis 5). Alle Tiere wurden zu Versuchsbeginn sowie bei der Selektion, die um den 165. Lebenstag erfolgte, gewogen. Es wurden sowohl die Gewichtszunahmen als auch die Lebenstagszunahmen ermittelt. Am Tag der Selektion wurde das Fundament der Tiere bewertet sowie die Anzahl der Zitzen und Verletzungen durch Hautschäden erfasst. Mehr Platz, höhere Zunahmen Hinsichtlich der Lebenstagszunahmen schnitten die Jungsauen am besten ab, denen während der Aufzucht 1 m2 Fläche je Tier zur Verfügung stand. Mit durchschnittlich 587,6 g waren sie der zweiten Variante mit 0,8 m2 je Tier um 20,6 g überlegen (siehe Übersicht 1). Gegenüber der Versuchsvariante mit 0,65 m2 war sogar eine Steigerung um ca. 23 g festzustellen. Die Unterschiede waren signifikant abzusichern. Entsprechend der Entwicklung der Lebenstagszunahmen fielen die Selektionsgewichte in der Gruppe mit 1 m2 Fläche je Tier am höchsten aus. Die Gewichte waren am Tag der Selektion um bis zu 15,5 % höher. Außerdem fielen weniger Tiere durch ein zu geringes Selektionsgewicht aus. Dies machte sich in der Benotung des Rahmens bemerkbar, wo mit steigendem Platzangebot die Vergabe der Note 4 (hoch und lang) von 8,5 % über 11,2 % auf 30,3 % anstieg. Entsprechend sank die Vergabe der Note 3 von 80,1 über 79,3 auf 62,9 %. Wie in Übersicht 2 zu sehen, schieden in der Gruppe mit dem geringsten Platzangebot neun Tiere wegen eines zu geringen Gewichts aus. In der Gruppe mit 0,8 m2 waren es sechs Jungsauen und bei einem Flächenangebot von 1 m2 ging die Zahl der Ausfälle auf fünf zurück. Bewegungsablauf wird deutlich besser Hinsichtlich der übrigen Ausfallursachen sahen die Ergebnisse wie folgt aus: Betrachtet man die Entwicklung der Fundamente fällt auf, dass mit steigender Belegdichte tendenziell mehr Jungsauen aufgrund eines gestörten Bewegungsablaufes ausselektiert werden mussten. Dieses Ergebnis deckt sich mit anderen Untersuchungen. Danach begünstigt ein zu geringes Platzangebot Schäden bzw. Fehlstellungen an den Fundamenten. In diesem Zusammenhang ist außerdem zu bedenken, dass der genetische Einfluss zum Beispiel bei der Hinterbeinfesselung mit h2 = 0,08 bzw. 0,14 bei den im Versuch eingesetzten Mutterlinien recht gering ist. Der Umwelteinfluss ist in diesem Fall entsprechend höher einzuschätzen. Etwas überraschend war das Versuchsergebnis hinsichtlich der Vorderbeinstellung. Mit steigendem Platzangebot mussten mehr Tiere wegen einer zu steilen Vorderhandstellung ausselektiert werden. Während es bei 0,65 m2 vier Sauen traf, stieg die Zahl bei 0,8 m2 auf sechs Tiere und bei 1 m2 auf acht Jungsauen an. Da die Erblichkeit dieses Merkmals bei den eingesetzten Herkünften mit h2 = 0,11 bzw. 0,17 relativ gering ist, könnte die Ursache in den höheren Tageszunahmen liegen. Es ist anzunehmen, dass die Knochen und insbesondere die Gelenke bei einer zu schnellen Gewichtszunahme nicht genügend ausreifen und dies zu starken Beeinträchtigungen im Bewegungsablauf führte. Auch folgendes fiel auf: Trotz zunehmendem Flächenangebot ging die Zahl der Schleimbeutelerkrankungen bzw. Auftrei-bungen, damit sind Liegebeulen gemeint, nicht zurück. Gelenkauftreibungen entstehen, wenn Hautbezirke über Knochenvorsprüngen wie zum Beispiel am Sprunggelenk längere Zeit einer hohen Belastung ausgesetzt sind. Es bilden sich Druckstellen und anschließend Hohlräume, die sich mit Flüssigkeit füllen. Auftreibungen sind daher auch als Indikator für häufiges Liegen auf hartem Untergrund zu werten, wobei die Gründe für das vermehrte Liegen vielschichtig sein können. Einen Einfluss haben die Temperatur, die Belegdichte und auch der Gesundheitszustand der Tiere. Ebenso können Klauenund Fundamentprobleme verantwortlich sein. Wie in Übersicht 2 ebenfalls dargestellt, hatten weniger Schweine Hautverletzungen, wenn das Flächenangebot stieg. Während bei 0,65 m2 bei fünf Schweinen Verletzungen festgestellt wurden, waren es bei 0,8 m2 vier Tiere. Keine Beeinträchtigungen wurden in der Gruppe gefunden, in der das Platzangebot bei 1 m2 je Tier lag. Hinsichtlich der Zahl funktionstüchtiger Zitzen wurden über den gesamten Versuch hinweg betrachtet neun Tiere mit Stülpzitzen gezählt, davon insgesamt acht Jungsauen in der Variante mit dem geringsten Platzangebot und ein Tier in der mittleren Variante. Beim größten Flächenangebot traten keine Stülpzitzen auf. Bei der Bewertung dieses Ergebnisses ist zu beachten, dass das Auftreten von Stülpzitzen einer gewissen Erblichkeit unterliegt. Diese liegt zwischen h2 = 0,2 und 0,4. Die Ausfälle sind in diesem Punkt also nicht allein dem unterschiedlichen Platzangebot zuzuschreiben. Fazit Für Zucht- und Vermehrungsbetriebe ist es allein aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten wichtig, dass möglichst viele Jungsauen positiv selektiert werden. Wie die Datenauswertung zeigte, lässt sich die Selektionsquote mit steigendem Platzangebot durchaus verbessern. Eine Erhöhung des Platzangebots in der Jungsauenaufzucht von 0,65 m2 auf 1 m2 bringt eine deutliche Mehrleistung hinsichtlich der Lebenstagszunahmen. Dadurch gibt es weniger gewichtsbedingte Ausfälle. Das konnte statistisch abgesichert werden. Nicht abgesichert werden konnten hingegen die Ergebnisse hinsichtlich der verschiedenen Ausfallursachen. Sowohl die Ausfälle aufgrund eines gestörten Bewegungsablaufs als auch die Verluste durch Hautverletzungen gingen jedoch tendenziell zurück, je mehr Platz die Tiere hatten. Besonders bei weniger optimalen Haltungsbedingungen könnten so bessere Leistungen erzielt werden.Platzangebot beeinflusst Zunahme 1 540 550 560 570 580 590 Lebenstagszunahmen in g Platzangebot je Tier 0,65 m2 0,80 m2 1,00 m2 Mit steigendem Platzangebot erhöhten sich die Zunahmen im Versuch deutlich.Gerade in der Jungsauenaufzucht müssen optimale Haltungsbedingungen vorliegen. Nur dann lässt sich die Selektionsquote nachhaltig erhöhen. Foto: Heil Weniger gewichtsbedingte Ausfälle bei höherem Flächenangebot 2 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Häufigkeit der Vergabe 0,65 m2 0,80 m2 Platzangebot je Tier 1,00 m2 Zu leicht/zu geringer Index Gelenkauftreibung Hautverletzungen Bemuskelung ungenügend Zu wenig funktionstüchtige Zitzen Bewegungsablauf gestört Vorderbeinstellung zu steil Je größer die Fläche pro Jungsau war, desto weniger Tiere schieden durch Fundamentschäden, einen gestörten Bewegungsablauf, Schleimbeutelentzündungen, Hautverletzungen usw. aus. - Völker -