Der Austausch von Bauteilen einer AutoFOM-Anlage kann die Messergebnisse beeinflussen, wie neue statistische Auswertungen zeigen. Welche Schlüsse müssen jetzt gezogen werden? AutoFOM ist ein Klassifizierungssystem, das Schlachtschweine vollautomatisch und damit bedienerunabhängig klassifiziert. Neben dem Muskelfleischanteil werden die Anteile wertvoller Teilstücke ermittelt. Die Einbauposition im Schlachtband ist bis ins Detail definiert (Übersicht 1). Vor Inbetriebnahme einer Anlage prüft die Physikalisch-Technische Bundesanstalt, ob die definierten Abstände, Winkelungen, Höhen und Bandgeschwindigkeiten eingehalten werden. Zudem kontrollieren Sachverständige der Neutralen Klassifizierung vor Beginn der Tagesarbeit das Gerät. Dennoch haben Vorfälle am Coesfelder Schlachthof der Westfleisch Ansatzpunkte zur Verbesserung des Kontrollsystems offenbart. Was war geschehen? Zunächst einmal wurden im Oktober 2011 bei allen Klassifizierungsgeräten in Deutschland neue Schätzverfahren (Formeln) installiert. Bei dieser Gelegenheit wurden nach einer Empfehlung des dänischen Geräteherstellers elektronische Bauteile (Boards) ausgetauscht, so auch in Coesfeld. Denn die mit zahlreichen Relais bestückten Bauteile sollen einem gewissen Abnutzungsprozess unterliegen. Eines dieser elektronischen Bauteile wandelt Ultraschallimpulse in digitale Werte um. Doch dann traten Klassifizierungsergebnisse auf, die so nicht erwartet worden waren. Neben einer erneuten Anpassung der Abrechnungsmodelle wurden im weiteren chronologischen Verlauf mehrere Vorortkontrollen durch die zuständigen Behörden durchgeführt. Dabei wurden einige Punkte festgestellt, die insgesamt zu einer zwischenzeitlichen Stilllegung der AutoFOM-Geräte an diesem Standort geführt haben. Im Nachgang wurde insbesondere diskutiert, ob der mehrfache Austausch der elektronischen Boards oder auch das Abstellen des Reinigungswassers einen Einfluss auf die Klassifizierungsergebnisse und damit auch auf den Schlacht-schweineerlös hatten. Um diesen Fragen nachzugehen, beauftragte das Unternehmen Westfleisch die Landwirtschaftskammer NRW sowie das Bonner Tierzuchtinstitut, die Klassifizierungsmesswerte über den Zeitraum vom 4.10.11 bis zum 11.01.12 zu analysieren. Insgesamt standen Datensätze von ca. 700 000 Schweinen zur Verfügung. Anhand der chronologischen Abfolge der Maßnahmen am AutoFOM-Gerät wurden insgesamt sechs Auswertzeit-räume definiert: Um den Einfluss der Ergebnisse unverfälscht zu prüfen, wurden bei der Auswertung Einflussgrößen wie Schlachtgewicht, Geschlecht, Schlachttag sowie Lieferant soweit wie möglich berücksichtigt. Die nach dieser statistischen Korrektur ermittelten Mittelwerte der einzelnen Perioden wurden mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von weniger als 1 % geprüft. Die Verläufe der LSQ-Tagesmittelwerte für Muskelfleischanteil und Schinkengewicht werden in den Übersichten 2 und 3 auf der Seite 59 dargestellt. Zunächst einmal ist festzuhalten, dass es ein typisches Auf und Ab beim Muskelfleischanteil und den Schinken-schier-Gewichten gibt. Die Schwankungen der Tagesmittelwerte sind weitgehend mit der biologischen Streuung der angelieferten Tiere zu erklären. Zudem schneiden die weiblichen Schweine im Vergleich zu den Kastraten deutlich besser ab, im Mittel um etwa zwei Prozentpunkte beim Muskelfleischanteil sowie um rund 250 g beim Schinkengewicht. Im weiteren Verlauf der Analyse ging es um die Frage, welchen Einfluss der Boardwechsel auf die Ergebnisse hat. Der erste Boardwechsel fand in Kombination mit der Umstellung auf die neuen Formeln statt, so dass dieses Ereignis statistisch nicht auswertbar war. Der zweite Boardwechsel am 14.10. hingegen hatte dann eine deutliche Verschlechterung der gemessenen MFA-Werte zur Folge; es wurden um 0,64 % geringere Werte bei Börgen und Sauen festgestellt. Währenddessen zog der dritte Boardwechsel eine positive und im Ausmaß sogar noch größere Veränderung nach sich. Die Differenzen lagen bei + 0,76 % (Kastraten) sowie bei + 0,82 % MFA (Sauen). Sowohl die Veränderungen nach dem zweiten als auch nach dem dritten Boardwechsel lagen in ihrer Größenordnung über der vom Gesetzgeber als Toleranz vorgegebenen mittleren Abweichung von 0,5 %-Punkten. Dieses ist ein wichtiges Kriterium bei der Zulassung der Geräte und wird ermittelt anhand einer geeigneten Stichprobe als mittlere Differenz zwischen den mit AutoFOM ermittelten Werten und denen des Referenzgerätes (GE-logiq). Der Effekt des Boardwechsels zeigte sich übrigens auch in derselben Richtung bei nahezu allen relevanten Messergebnissen wie Fleisch- und Speckmaß sowie bei den Teilstückgewichten nach AutoFOM. Das gilt auch bei den Indexpunkten je Schlachtköper (IXP), wenn man einheitlich die aktuelle Abrechnungssystematik der Westfleisch verwendet. Bei einem Preisniveau von 1,50 €/IXP liegen die Veränderungen dabei im Bereich von minus 0,74 € bis plus 1,23 € je Schlachtschwein. Im weiteren Verlauf der Analyse wurde auch der Effekt des Abstellens des Reinigungswassers untersucht. Diese Sprüheinrichtung hat die Westfleisch bereits im Sommer 2010 im Bereich nach der Kratzmaschine installiert, um anhaftendes Restblut im Bereich des Stichs sowie Kot auf der Hautoberfläche im Schinken- und Bauchbereich zu beseitigen. Diese Kotverschmutzungen sind nach Information der Westfleisch die Folge der tierschonenden CO2-Betäubung und der anschließenden hängenden Brühung. Die Kontrollbehörden hatten den Verdacht, dass das Reinigungswasser in den Messbereich des AutoFOM-Gerätes spült und die Messwerte beeinflussen könnte. Deshalb wurde die Reinigungsvorrichtung am 10.12. deinstalliert. Die Daten in den darauffolgenden Tagen bis zum 14.12. konnten herangezogen werden, um den Effekt des „Reinigungswassers“ statistisch zu prüfen. Allerdings umfasste diese Phase nur rund 27 000 Schlachtungen, so dass die Aussagen zum „Reinigungswasser“ nur begrenzt belastbar sind. Nach den Berechnungen sind die MFA-Werte bei Sauen um 0,09 %-Punkte und bei den Kastraten um 0,30 %-Punkte zurückgegangen. Der Effekt war somit deutlich geringer als der Einfluss des Boardwechsels. Zwischenzeitlich ist die Reinigungsanlage am Standort Coesfeld wieder installiert, allerdings bereits am Ende des Plattenbandes. Darüber hinaus fließt das überschüssige Wasser jetzt durch eine Öffnung vor dem AutoFOM-Messbügel ab, um nicht als „Bugwelle“ den Messvorgang vorzeitig auszulösen. Mit diesen Vorgaben wurde das Gerät mit Wirkung vom 24. Januar 2012 wieder geeicht und ist in Betrieb. Als zusätzlichen Effekt ergab die statistische Analyse, dass das Arbeiten ohne Reinigungswasser die Schätzgenauigkeit der AutoFOM-Werte verbessert. Hierbei wurden die Werte mit denen aus der Parallelklassifizierung mit AutoFOM III als Referenz verglichen. Diese gelten als genauer. Beim Vergleich der LSQ-Mittelwertdifferenzen in den verschiedenen Zeitintervallen wird deutlich, dass nach letztem Boardaustausch wieder Klassifizierungsergebnisse erreicht werden, wie in den ersten beiden Wochen nach der Formel-umstellung. Für Lieferanten, die ungleichmäßig in den verschiedenen Perioden Schweine verkauft haben und diesbezüglich zufällig in die Phase „erhöhter“ bzw. „erniedrigter“ Messwerte gefallen sind, bietet Westfleisch eine betriebsindividuelle Prüfung der Daten an. 700 000 AutoFOM-Datensätze untersucht Boardwechsel beeinflusste Werte Kein Reinigungswasser im Messbereich! Neue Formeln/neues Board (4.10.): Wie bereits beschrieben, traten Anfang Oktober neue Formeln in Kraft, und es wurden zwei Boards ausgetauscht. Neues Board (14.10.): Aufgrund unerwartet guter Klassifizierungsergebnisse ließ die Westfleisch durch den Gerätehersteller einen unternehmensinternen Boardwechsel zwischen den Standorten Coesfeld und Lübbecke vornehmen. Anheben der Auffangwanne (24.10.): An diesem Tag wurde die hinter dem so genannten Plattenband und der Kratzmaschine positionierte Auffangwanne der Coesfelder Anlage angehoben. Wasser abstellen (10.12.): Zu diesem Zeitpunkt wurde das Reinigungswasser über der Auffangwanne abgestellt und die Vorrichtung dazu deinstalliert. Neues Board (14.12.): Hier erfolgte auf Initiative des Geräteherstellers eine Rückrufaktion und damit ein weiterer Austausch der Boards. Gleichzeitig wurde die Auffangwanne verkürzt. Automarker versetzt (31.12.): Zum Jahreswechsel erfolgte ein Positionswechsel der „Automarker“, der die laufende Schlachtnummer auf den Schlachtkörper aufträgt. Dieser und auch die Abweisbügel, die ein Verwischen der Nummer verhindern, wurden hinter das AutoFOM-III-Gerät verlegt. -Dr. Friedhelm Adam, LWK NRW (Münster) und Dr. Ernst Tholen, Institut für Tierwissen-schaften, Bonn -