Lange Transportwege und Wartezeiten am Schlachthof lassen die Anzahl geruchs-belasteter Eber steigen, wie eine Studie der Uni Hohenheim zeigt.
Das Auftreten von Geruchsabweichungen bei Mastebern variiert zwischen Herkunftsbetrieben (Fütterung, Genetik) und Schlachthöfen. Dabei kann sogar eine Gruppe Jungeber aus derselben Partie an verschiedenen Schlachthöfen unterschiedliche Anteile an geruchsauffälligen Tieren aufweisen.
Problematisch ist zudem, dass die Methoden der Geruchsdetektion an den Schlachthöfen bislang nicht standardisiert sind, sodass lange unklar war, ob die Detektion oder andere Faktoren zu diesem Resultat führen. Die Universität Hohenheim veröffentlichte hierzu jetzt neue Forschungsergebnisse.
Test mit zwei Schlachtstätten
So haben die Hohenheimer Wissenschaftler in einem vom BLE geförderten Projekt untersucht, welchen Einfluss die Transportdauer und die Wartezeit im Lkw am Schlachthof auf die Konzentrationen von Skatol und Androstenon, den für Ebergeruch hauptverantwortlichen Stoffen, im Fettgewebe der Schweine haben.
Die Studie umfasste über 600 Jungeber von drei verschiedenen Praxisbetrieben. Diese setzten unterschiedliche Genetiken ein: ein Betrieb Piétrain x BW Hybrid, zwei Betriebe Duroc x Danbred. Die Tiere jedes Betriebes wurden in Partien von etwa 100 aufgeteilt und an zwei aufeinanderfolgenden Tagen in zwei verschiedenen Schlachthöfen geschlachtet.
Die beiden Schlachthöfe gehörten zum selben Unternehmen und wendeten die gleichen technischen Methoden an. Die Schlachtschweine jedes Herkunftsbetriebes wurden separat angeliefert. Allerdings wurden Jungeber aus unterschiedlichen Buchten während des Transports gemischt.
Für die Untersuchung erfassten die Wissenschaftler die Transportdauer sowie die Zeit zwischen der Ankunft am Schlachthof und dem Abladen der Tiere („Lkw-Wartezeit“). Nach dem Abladen konnten alle Tiere 60 Minuten in Wartebuchten ruhen, bevor sie der CO2-Betäubung zugeführt wurden.
Von jeder Partie wurde etwa ein Viertel der Tiere am Schlachtband intensiv beprobt, insgesamt 169 Jungeber. Den Schlachtkörpern wurden Fettproben entnommen, um die Skatol-, Indol- und Androstenon-Gehalte zu bestimmen. Blut, Kot und Urin wurden gesammelt, um Testosteron- und Cortisol-Konzentrationen darin zu messen. Diese können Auskunft über kurz- (Blut), mittel- (Urin) oder längerfristige (Kot) Hormonveränderungen geben. Zudem wurden die Schlachtkörper hinsichtlich der Zahl der Hautläsionen beurteilt.
Kurze Transportwege für Eber
Hier die Ergebnisse:
- Die Transportdauer hatte einen massiven Einfluss auf die Androstenon- sowie einen geringeren Effekt auf die Skatol- und Indol-Konzentrationen im Fettgewebe. Je länger die Fahrt vom Betrieb zum Schlachthof dauerte, desto höher stiegen die Werte. Die Androstenon-Konzentration stieg um fast 0,1 μg/g Fett pro Stunde Transportzeit, die Skatol-Konzentration um 3,6 ng/g Fett pro Stunde Transportzeit (siehe Übersicht 1).
- Dementsprechend führte eine längere Transportdauer bei allen drei Betrieben zu einem größeren Anteil an Tieren, deren Androstenon-Konzentration den kritischen Wert von 0,5 µg/g Fett übersteigt. Dies zeigt Übersicht 2 auf Seite 60.
In Betrieb A überschritten 6,9 % der Tiere, die zum näheren Schlachthof (60 Minuten Fahrtzeit) gebracht wurden, den Grenzwert, während es von den Ebern, die zum weiter entfernten Schlachthof (240 Min. Fahrtzeit) geliefert wurden, 19 % waren.
In Betrieb B lagen nach der Fahrt zum näheren Schlachtbetrieb (150 Min. Fahrtzeit) 65 % der Schlachtkörper über dem kritischen Wert, während es nach der längeren Fahrt (270 Min.) 90 % waren. In Betrieb C stieg der Anteil der Proben, die den Androstenon-Grenzwert überstiegen, von 89 % auf 96 %.
- Die Transportdauer beeinflusste auch die Testosteron-Konzentrationen im Blut, Kot und Urin sowie die Cortisol-Konzentration im Kot signifikant, hatte jedoch keinen gesicherten Einfluss auf die Cortisol-Konzentration im Urin.
Keine Wartezeiten im Lkw
- Bei der Lkw-Wartezeit am Schlachthof war der Effekt auf die Skatol- und Indol-Konzentrationen im Fett wesentlich größer als bei der Transportdauer (siehe Übersicht 1, Seite 58).
Bei Betrieb C zum Beispiel blieben alle nach 17 Minuten Wartezeit auf dem Lkw am Schlachthof 2 abgeladenen Tiere unter dem Schwellenwert von 150 ng Skatol pro g Fett, während von den nach 260 Minuten an Schlachthof 1 abgeladenen Jungebern 11 % den Grenzwert überschritten. So ein Extremfall kann in der Praxis durchaus vorkommen, wenn Transporteure sich nicht an ihre mit dem Schlachthof verabredeten Ankunftszeiten halten.
- Die Lkw-Wartezeit am Schlachthof hatte jedoch keinen Einfluss auf die Androstenon-Konzentration im Fett und die Testosteron- und Cortisol-Konzentrationen in Blut, Urin oder Kot.
- Bei der Bonitierung auf Hautverletzungen wurden 49 % der Tiere in Kategorie 0 (keine Verletzungen), 40 % in Kategorie 1 (leichte Verletzungsspuren) und 11 % in Kategorie 2 (deutliche Verletzungsspuren) eingeteilt.
Dabei gab es Zusammenhänge zwischen der Haut-Bonitierung und der Lkw-Wartezeit sowie den Skatol- und Indol-Konzentrationen im Fett. So hatten die Partien, die mehr Tiere mit deutlichen Verletzungsspuren aufwiesen, im Schnitt auch länger auf dem Vieh-transporter auf das Abladen gewartet und höhere Skatol- und Indol-Werte.
Wir halten fest
Das Risiko für Ebergeruch wird maßgeblich von den Bedingungen des Transports zum Schlachthof mitbestimmt. Denn wie die vorliegende Studie erstmals nachweist, sind die Auswirkungen einer verlängerten Transportdauer oder Wartezeit am Schlachthof bereits nach relativ kurzer Zeit im Fettgewebe nachweisbar.
Die Wissenschaftler empfehlen daher, sowohl die Transportdauer als auch die Wartezeit am Schlachthof im stehenden Anhänger für Masteber so kurz wie möglich zu halten. Um zum Beispiel den Skatol-Wert niedrig zu halten, wäre es optimal, die Masteber direkt nach der Ankunft ohne Umwege der Schlachtung zuzuführen. Allerdings müsste untersucht werden, ob sich dies nicht negativ auf andere Faktoren der Fleischqualität auswirkt, wie den pH-Wert des Fleisches.