Beim Verkauf von Schweinefleisch unterbieten sich die Supermärkte mit Sonderangeboten.Wer fällt hier besonders negativ auf? Was sind die Folgen für den SchweinemarktDer Markt für frisches Schweinefleisch ist hartumkämpft. Hier tummeln sich zum einen die Discounter. Mit Dauer-Tiefpreisen für SB-verpackte Schnitzel, Minutensteaks, Filets etc. haben sie ihren Marktanteil beim Schweinefleisch inzwischen auf fast 50 % hochgeschraubt. Hinzu kommen die vielen Sonderangebote, mit denen nahezu alle Handelsketten um die Kunden buhlen. Praktisch täglich werden die Verbraucher per Zeitung, Werbeflyer, Radio etc. mit neuen Aktionspreisen bombardiert. Viele Konsumenten haben so völlig die Orientierung verloren, wo der „normale“ Preis für Schweinefleisch liegt. Um Licht ins Dunkel zu bringen, hat die ISN-Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands im ersten Halbjahr 2011 die Preisaktionen für frisches Schweinefleisch näher unter die Lupe genommen. Hierzu wurde im Nordwesten eine Vielzahl von Angeboten der Discounter und Vollsortimenter gesammelt, die Fleisch anbieten. Bei der Auswertung der Daten ging es insbesondere um folgende Fragen: Zunächst zum Preisniveau der Angebotsware. Hier zeigt die Auswertung der ISN, dass frisches Schweinefleisch im Zuge von Angeboten in der Regel 20 bis 50 % billiger ist als der normale Preis. In Einzelfällen kann die Preissenkung sogar noch höher sein. Das heißt: Der Preisnachlass für Fleisch ist im Vergleich zu anderen Konsumgütern sehr hoch! Dabei sind alle Teilstücke vom Schwein gleichermaßen betroffen. Eine Auswahl von besonders aggressiven Angebotspreisen beim Filet zeigt Übersicht 1. Für dieses teuerste Edelteil vom Schwein zahlen die Verbraucher normalerweise etwa 10 €/kg. Bei Edeka war Filet im ersten Halbjahr 2011 mehrfach für 4,99 bis 5,99 €/kg im Angebot. Das ist weniger als die Hälfte! Doch mit seinen Kampfangeboten ist Edeka keineswegs allein. Auch bei Ratio konnten die Konsumenten des öfteren Schweinefilets für 5,55 bis 5,69 €/kg extrem günstig erstehen. Ebenfalls supergünstig hatten Marktkauf, Real und Coma mit 5,99 € das Kilogramm frisches Schweinefilet im Angebot. Ähnlich drastisch sind die Angebotspreise bei den sehr beliebten Schweineschnitzeln aus der Schulter oder dem Schinken (siehe Übersicht 2). Der Normalpreis ist hier bei 6,90 €/kg anzusetzen. Der Angebotspreis von Marktkauf lag mit 3,49 €/kg Schnitzel fast 50 % darunter. Doch auch Ratio sowie Edeka und Real boten Schweineschnitzel mit 3,69 € bzw. 3,79 €/kg extrem günstig an. Den absoluten Negativ-Rekord haben wir beim Schweinebraten gefunden (siehe Übersicht 3). Hier lag die relativ kleine Kette Coma mit 1,99 €/kg Schweinebraten satte 60 % unter dem Normalpreis von 5 €/kg. Man muss sich fragen, wie die Verbraucher diesen Preis verstehen sollen. Denn selbst im Angebot liegt Schweinebauch mit 2,99 €/kg in der Regel noch 1 € über dem Knaller-Preis des Coma-Bratens. Ist Schweinebraten, den sich viele Familien früher nur Sonntags leisten konnten, heute etwa günstiger als Bauchfleisch? Neben der extrem aggressiven Preisgestaltung bei den Sonderangeboten fällt auch die hohe Frequenz der Aktionen ins Auge. So schätzen Experten, dass inzwischen bis zu 70 % des frischen Schweinefleisches in Rahmen von Angeboten in die Einkauswagen wandern. Offizielle Statistiken gibt es hierzu allerdings nicht. Auch unsere Auswertungen bestätigen die enorme Häufigkeit der Sonderangebote. So konnten interessierte Käufer z. B. bei Real günstigen Nackenbraten im ersten Halbjahr 2011 alle zwei bis drei Wochen für 2,22 bis 2,99 €/kg erstehen. Selbst der superbillige 1,99 €-Braten von Coma war alle drei bis fünf Wochen verfügbar. Auch Schnitzel konnten die Verbraucher fast jede Woche für günstige 3,49 € bis 3,99 €/kg braten. In bestechender Regelmäßigkeit bekam man das Schnitzel fast durchgehend für diesen Preis z. B. bei Marktkauf. Die hohe Frequenz der Angebotspreise macht auch bei den teuren Teilstücken nicht halt. Wer Anfang Februar bei Edeka ein Kilo Filet verlangte, bekam es für 4,99 €. Oder man ging eine Woche früher zu Ratio. Der Preis dort lag mit 5,55 €/kg kaum höher. Im ersten Halbjahr 2011 musste man im Rahmen von Angeboten selten mehr als 6,99 € für das Kilogramm Filet bezahlen. Ergänzt werden die Billigangebote durch saisonale Aktionen. So waren z. B. zu Ostern vermehrt günstige Angebote für höherwertige Teilstücke zu finden. Und passend zum Start der Grillsaison im Mai machte der Handel dann mit Aktionen für Nackensteaks, Bauchfleisch etc. auf sich aufmerksam. Insgesamt wirkt die Fülle der Aktionspreise fast erdrückend. Wer bereit ist, seine Einkaufsstätte zu wechseln, kann praktisch jede Woche auf Angebotspreise bei allen Teilstücken zurückgreifen. Im nächsten Punkt haben wir ausgewertet, welche Handelsketten besonders häufig Aktionsware anbieten. Fakt ist: Einen Aktionskönig im negativen Sinne konnten wir nicht feststellen. Auffallend ist jedoch die Regelmäßigkeit, mit der sich die einzelnen Supermarktketten bei den Aktionen abzuwechseln scheinen. Eine Erklärung ist der harte Verdrängungswettbewerb im Handel. So verfügt allein der LEH-Riese Edeka neben etlichen tausend Supermarkt-Filialen unter anderem auch über die Discount-Linie Netto sowie die Marktkauf-SB-Warenhäuser. Bei den Handelsriesen Metro und Rewe ist die Verzahnung bzw. Einflussnahme ähnlich hoch. Auffallend ist bei der Analyse der Billigangebote, dass hier nicht die Discounter mit besonders günstigen Angeboten prahlen, sondern die Vollsortimenter. Sie gleichen fehlende Margen beim Fleischverkauf damit aus, dass die Kunden bei ihnen auch viele weitere Produkte kaufen. Die Billigangebote beim Fleisch werden bei den Vollsortimentern also oft quersubventioniert. Hingegen setzen die Discounter laut unserer Auswertung in der Regel nicht auf extrem niedrige Kampfpreise. Vielmehr bieten Aldi, Lidl und Co. frisches Fleisch dauerhaft günstig an. Wobei das Preisniveau oft über Monate konstant niedrig bleibt. Die Preisbrecher Nr. 1 sind also die Supermarktketten, die ihre Kunden mit extrem günstigen Billigangeboten beim Schweinefleisch in den Laden locken und so an Discounter verlorene Marktanteile zurückerobern wollen. Dennoch haben die Dauertiefpreise im Discount und die hohe Frequenz der Aktionspreise der Vollsortimenter fatale Auswirkungen auf den Schweinepreis. Denn in den Köpfen der Verbraucher setzen sich die niedrigen Preise für Schweinefleisch fest. Das ist auch Grund dafür, warum es derzeit kaum gelingt, die steigenden Produktionskosten in der Erzeugerstufe an den Handel bzw. die Endkunden weiterzugeben. Doch nicht nur das. Durch das Verramschen von Schweinefleisch wird die Tierwohldebatte befeuert. Die ISN will die Aktionen nicht kippen, aber die Preisschraube darf nicht überdreht werden. Unser zentrales Ziel ist daher, dass der Verkauf unter Einstandspreis verboten bleibt. Lieber ein stumpfes Schwert, das man schärfen kann, als gar keins. Damit das Verbot greift, muss die Preisgestaltung der Handelsketten von behördlicher Seite stärker überprüft werden. Aus unserer Sicht dürften Kampfangebote mit Preisnachlässen von 50 % oder gar 60 % vom Normalpreis deutlich unter dem Einstandspreis liegen. Die ISN wird an die Rabattkönige herantreten und intensive Gespräche führen. Beim Verkauf von frischem Schweinefleisch liefern sich die Handelsketten regelrechte Rabatt-Schlachten. Preisnachlässe von 30 bis 50 % unter Normalpreis sind die Regel. Flexible Verbraucher können praktisch jede Woche Edelteile vom Schwein zum Schnäppchenpreis kaufen. Dabei sind es insbesondere die Vollsortimenter wie Edeka, Rewe, Real und Co., die Kunden mit Billigangeboten locken. Um gegenzusteuern, will die ISN das direkte Gespräch mit dem Handel suchen. Wichtig ist auch, dass das Verbot zum Verkauf unter Einstandspreis stärker kontrolliert wird. Angebote bis zu 60 % unter Normalpreis! Woche für Woche neue Kampfpreise Vollsortimenter setzen auf Kampfpreise Preisdruck in Erzeugerstufe Fazit Wie stark liegen die Aktionspreise unter den Normalpreisen? Wie oft finden Preisaktionen statt? Wer fällt durch besonders aggressive Angebotspreise auf? -Jana Püttker, ISN – Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands-