Mögen Verbraucher Eberfleisch?

Die Uni Göttingen hat Konsumenten das Fleisch von Jungebern verkosten lassen. Insgesamt ist die Akzeptanz gut. Doch bei fettreichen Produkten steigt die Gefahr von Reklamationen.Die großen Schlachthöfe geben bei der Ebermast kräftig Gas. Geht die Entwicklung so rasant weiter, könnte schon am Jahresende jedes zehnte männliche Ferkel in Deutschland nicht mehr kastriert werden. Um zu verhindern, dass Fleisch mit inakzeptabler Geruchsabweichung in den Handel gerät, sortieren die Schlachthöfe auffällige Tiere aus. Bislang scheint die Strategie aufzugehen. So ist nach Aussage der Schlachthöfe kein Anstieg der Reklamationsquote festzustellen. Allerdings ist nur wenig darüber bekannt, wie die Verbraucher genau auf Fleisch von Jungebern reagieren: Wie viele Menschen erkennen Ebergeruch? Wo liegt die Toleranzschwelle? Welche Produkte sind besonders kritisch? Um Licht ins Dunkel zu bringen, hat die Uni Göttingen im Auftrag der QS Qualität und Sicherheit GmbH umfangreiche Studien mit mehr als 1 000 Konsumenten durchgeführt. Hierbei wurde auch untersucht, wie die Prüfpersonen in Schlachthöfen geschult werden können. In das 15-monatige Projekt sind sechs Bachelor- und Masterarbeiten sowie eine Promotionsarbeit eingebunden. Zunächst zu den Konsumenten-Studien. Hier standen in einer ersten Untersuchung mit 145 Verbrauchern fettarme Koteletts von unkastrierten Jungebern auf dem Speiseplan. Die Jungeber wurden im Labor auf ihre Gehalte mit den geruchsrelevanten Stoffen Androstenon und Skatol im Rückenspeck untersucht. Die Androstenongehalte lagen zwischen 500 ng und 2 500 ng je g Nackenspeck. Das ist deutlich über dem ehemals gültigen gesetzlichen Grenzwert von 500 ng. Anhand der Androstenongehalte der Tiere wurden die Koteletts in drei Belastungsklassen (niedrig/mittel/hoch) eingeteilt. In puncto Skatol wurden bewusst Eber ausgewählt, deren Belastung unter 200 ng Skatol je g Nackenspeck und damit unter dem bisherigen Schwellenwert liegt. Denn es ist davon auszugehen, dass der Skatol-Gehalt im Jungeberfleisch künftig durch die Zucht, Haltung und Fütterung gesenkt werden kann. Als Kontrollvariante dienten Koteletts von weiblichen Schweinen bzw. Kastraten. Wobei die Konsumenten zuvor Informationen erhielten, welches Fleisch sie vermeintlich essen. Denn es wurden auch bewusst falsche Kennzeichnungen gewählt, um psychologische Effekte zu messen. Die Verkostung erfolgte im 2010 neu errichteten Sensorik-Labor der Uni Göttingen mit zehn Einzelkabinen. Die Konsumenten haben ihr Gefallen bzw. Missfallen in puncto Geschmack, Zartheit etc. bewertet. Das Ergebnis: Die Koteletts von Jung­ebern wurden in allen Prüfkriterien genauso gut bewertet wie Fleisch von weiblichen Tieren oder Kastraten. Selbst Koteletts von Ebern, die mehr Androstenon im Rückenspeck aufwiesen als den bisherigen Schwellenwert von 500 ng, erhielten keine schlechteren Noten. Das heißt: Bei fettarmen Fleischstücken hat der Androstenongehalt bis zur getesteten Grenze von 2 500 ng im Nackenspeck offenbar keinen Einfluss auf die Verbraucherakzeptanz. Der bisherige Schwellenwert von 500 ng Androstenon scheint also bei fettarmem Fleisch nicht relevant. Auch die Kennzeichnung als „Jungeberfleisch“ hatte keinen Einfluss auf die Beurteilung. Bei der Einordnung der Ergebnisse ist allerdings zu beachten, dass der Skatol-Gehalt der Fleischproben im Versuch niedrig gehalten wurde! Auffallend ist...