Wer die Schlachtzahlen der deutschen Unternehmen unter die Lupe nimmt, sieht auf den ersten Blick keine großen Veränderungen. Beim genaueren Hinsehen wird jedoch deutlich, dass einige Unternehmen in heftigen Turbulenzen stecken. Insbesondere kleinen und mittelständischen Schlachthöfen weht der Wind kräftig ins Gesicht. Denn sie können schwankende Preise und unsichere Märkte schlechter abpuffern als die Großen. Doch auch die Kostenstruktur ist entscheidend. Fakt ist: In der Schlachtbranche ist der Strukturwandel in vollem Gange. So hat es eine vergleichbare Welle von Standortschließungen bislang nicht gegeben. Allein seit Anfang 2013 wurden in Deutschland Schlachtkapazitäten für rund 50 000 Schweine pro Woche abgebaut (siehe Übersicht 1). Das entspricht mehr als 5 % der Gesamtschlachtung.Vion strukturiert umTrauriger Spitzenreiter beim Rückbau ist Vion. Allein 2013 hat der Konzern drei Schlachthöfe geschlossen. Am Standort Weimar konnten bis zu 8 000 Schweine pro Woche geschlachtet werden. Die Betriebe in Minden und Kasel-Golzig hatten zuzletzt je eine Wochenkapazität von 5 000 Schweinen. Seit wenigen Wochen stehen auch im emsländischen Lingen die Schlachthaken still. Dabei zählte der Standort mit einer Kapazität von bis zu 20 000 Schweinen pro Woche durchaus zu den größeren in Deutschland. Auch in den Niederlanden hat Vion bereits 2012 in Druten bei Nijmegen einen Standort mit ähnlicher Kapazität geschlossen. Danish Crown verliertAuch das Unternehmen Danish Crown dürfte sich den deutschen Marktzugang einfacher vorgestellt haben. So hat der vorherige Betreiber D&S zu Spitzenzeiten annähernd 3,6 Mio. Schweine jährlich geschlachtet. Im abgelaufenen Jahr kamen bei Danish Crown nur noch 2,74 Mio. Schweine an den Haken. Eine Ursache ist die Schließung des kleineren Standortes in Cappeln. Aber auch am Stammsitz in Essen/Oldenburg hat man offensichtlich zu kämpfen. Ähnlich wie auf den landwirtschaftlichen Betrieben steigen die Anforderungen von behördlicher Seite. Auch die Großabnehmer haben wachsende Ansprüche z. B. hinsichtlich Zuschnitt oder Herkunftsnachweis des Fleisches.Gausepohl ohne SchlachtungZwei Unternehmen, die sich relativ still aus den Top Ten der Branche verabschiedet haben, sind Gausepohl aus Dissen sowie das Düringer Fleischkontor aus Loxstedt. Aus Kostengründen hat Gausepohl bereits 2011 den Standort in Chemnitz mit einer Kapazität von rund 5 000 Schweinen/Woche geschlossen. Auch in Harsewinkel, wo zuletzt etwa 10 000 Schweine pro Woche geschlachtet worden sein sollen, gingen im vergangenen Jahr die Lichter aus. Zunächst hieß es von Gausepohl, dass der Standort in Ostwestfalen modernisiert und die Schlachtung wieder aufgenommen werde. Dieser Plan dürfte in weite Ferne gerückt sein. Denn mittlerweile hat Gausepohl keine eigene Schweineschlachtung mehr. Das Unternehmen kauft Schlachthälften zu bzw. lässt Schweine im Lohn in Gelsenkirchen schlachten.Beim Düringer Fleischkontor ist die Restrukturierung ebenfalls in vollem Gange. Hier wurden im vergangenen Jahr mit etwa 750 000 Tieren rund 20 % weniger Schweine geschlachtet als zuvor. Von den Top-20-Unternehmen der Schlachtbranche treiben aktuell nur wenige Unternehmen einen Ausbau der Kapazitäten voran (siehe Übersicht 2). Doch es gibt auch Gewinner. Hierzu gehört auch Tönnies. Zwar blieben seine Schlachtzahlen im Jahr 2013 konstant. Über den Zukauf von Schweinehälften konnte der größte deutsche Schlachter dennoch in der Verarbeitung wachsen.Eine positive Entwicklung zeigen auch mittelständische Unternehmen wie Vogler, Müller oder Simon Fleisch. Ihnen ist gemeinsam, dass sie inhabergeführt sind und eine hohe Verarbeitungstiefe bei breiter Produktpalette bieten.So kann Vogler nach eigenen Angaben sowohl SB-Ware anbieten, ist aber zusätzlich im Hälftengeschäft tätig. Durch den konsequenten Ausbau können Mengen geliefert werden, die auch bei umfangreichen Werbeaktionen der Lebensmittelketten ausreichen.Auf ein ähnliches Pferd gesetzt haben die genossenschaftlichen Unternehmen Westfleisch und Böseler Goldschmaus. Trotz ihrer Größe können beide insbesondere mit Erzeugernähe und Regionalität punkten. Letztlich hat der Trend zu mehr SB-Ware neben den Platzhirschen neuen Raum für aufstrebende Unternehmen geschaffen. Ausbau der VerarbeitungEin Erfolgsrezept der Schlachtbranche im hart umkämpften Markt ist also die Erschließung neuer Geschäftsfelder bzw. die Erhöhung der Fertigungstiefe. Wie weit dieser Trend gehen kann, zeigt einmal mehr Tönnies. Der Branchenprimus hat kürzlich den Grundstein für das weltweit modernste Werk zur Heparin-Gewinnung gelegt. Der Ausbau der Fleischverarbeitung stößt jedoch nicht nur auf Zustimmung. Insbesondere spezialisierte Fleischverarbeiter und Wursthersteller beklagen den zunehmenden Wettbewerb. Denn auch einige Lebensmitteleinzelhändler wie Edeka, Kaufland oder Rewe haben kräftig in eigene Fleischwerke investiert. So kann es für Schlachter und Verarbeiter zum Problem werden, dass der LEH gleichzeitig Kunde und Konkurrent ist. So geht es weiterDoch nicht nur die Absatzseite entscheidet über den Erfolg. In stagnierenden Märkten ist auch die Minimierung der Kosten wichtiger denn je:Der größte Kostenblock der Schlachthöfe ist der Vieheinkauf. Doch wer hier zu sehr auf die Preise drückt, setzt sich dem Ärger der Lieferanten aus. Unerlässlich sind Maßnahmen zur Optimierung und Modernisierung der Schlachtprozesse. Einigen Schlachtbetrieben fehlt hier jedoch der finanzielle Spielraum für nötige Investitionen.Wichtig sind für die Schlachtbranche ebenfalls Investitionen zur Senkung des Energieverbrauchs. Hier geht es z. B. um Anlagen zur Wärmerückgewinnung.Letztlich müssen die Betriebe die Auslastung ihrer Schlachthaken prüfen und bei Bedarf Kapazitäten abbauen.Die Einführung des Mindestlohns ist für die Schlachtbranche nach eigenen Angaben machbar. Die Auswirkungen auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit bleiben abzuwarten.Weitere Standorte in GefahrTrotz dieser Maßnahmen dürfte der Wind in der Schlachtbranche noch rauer werden. Schließlich ist der Markt für Schweine begrenzt. Und eine wesentliche Erhöhung der Bestände in Deutschland ist derzeit nicht in Sicht. Der laufende Konsolidierungskurs wird für einzelne Unternehmen also auch künftig schmerzhafte Einschnitte bedeuten. Schlachtunternehmen stehen immer wieder vor einem Konflikt: Auf der einen Seite bedeutet jeder ungenutzte Schlachthaken eine hohe Fixkostenbelastung. Auf der anderen Seite ist es wenig sinnvoll, eine Auslastung um jeden Preis anzustreben. So sind weitere Standortschließungen zu befürchten.Aus Sicht der Landwirte bleibt zu hoffen, dass der Wettbewerb um die Schweine nicht auf der Strecke bleibt. Schon heute ist die Konzentration sehr hoch. So vereinen die drei großen deutschen Schlachthöfe inzwischen rund 55 % der Schweineschlachtungen. Insbesondere den großen Unternehmen gelingt es immer wieder, durch Hauspreise oder Drohungen die Preise zu lenken. Es wäre daher mehr als wünschenswert, dass in der Schlachtbranche ein gesunder und aufstrebender Mittelstand erhalten bleibt. Er ist die Basis für einen funktionierenden Markt.FazitDer Verdrängungskampf im Schlacht-sektor geht weiter. Dieser wird u. a. durch den ruinösen Preiskampf im deutschen LEH angefacht. Für die Schlachthöfe entscheiden insbesondere die Kostenstruktur und die Verarbeitungstiefe über die Wettbewerbsfähigkeit. Allein seit Anfang 2013 musste die Branche fünf Schlachthöfe in Deutschland schließen. Weitere Einschnitte sind zu befürchten.Die Konzentration ist zum Nachteil für die Mäster. Insbesondere in Regionen ohne Absatzalternativen müssen die Betriebe u. U. längere Transportwege und höhere Vorkosten in Kauf nehmen.Matthias Quaing, ISN-Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands Die Schlachtbranche hat seit 2013 Kapazitäten für 50 000 Schweine/Woche abgebaut.Insbesondere die kleinen Standorte stehen unter Druck. Was sind die Folgen?