Die Anzahl der Zuchtschweine in Deutschland sank laut Novemberzählung 2013 mit minus 3 % deutlich! Dabei dürfte es sich zum Großteil noch um Nachwirkungen der Umstellung auf die Gruppenhaltung zum 1. Januar 2013 handeln. Bundesweit stehen momentan nur noch rund 2 Mio. Zuchtsauen in den Ställen. Der vollzogene Bestandsabbau bei den Sauen spiegelt sich auch am Schlachtsauenmarkt wider. Statt deutlich über 20 000 Sauen wie noch vor drei bis vier Jahren werden heute im Bundesgebiet nur noch rund 16 000 bis 17 000 Sauen wöchentlich geschlachtet. Mit dem geringeren Sauenbestand ist das langfristige Angebot an deutschen Ferkeln entsprechend begrenzt. Allerdings ist zu beachten, dass in den letzten Jahren vermehrt die ökonomisch und damit produktionstechnisch weniger erfolgreichen Betriebe aus der Produktion ausgestiegen sind. Daher hat sich die Gesamtproduktion an Ferkeln weniger verringert als erwartet. Dennoch beträgt der Selbstversorgungsgrad bei Ferkeln derzeit nur noch etwa 75 %. Die Defizite am deutschen Ferkelmarkt werden auch in Zukunft die Wettbewerber aus Dänemark und den Niederlanden ausgleichen, allerdings nicht mehr so oft zu Dumpingpreisen. In Deutschland sind insbesondere große, einheitliche Ferkelpartien gesucht und ohne Probleme absetzbar. Die Ferkelnotierungen bewegen sich zu Jahresbeginn auf unverändert hohem Niveau. Die relativ feste Marktentwicklung wird sich voraussichtlich auch in den nächsten Monaten weiter fortsetzen. Spätestens zum Jahresende 2014 wird allerdings das Ferkelangebot saisonal größer werden. Üblicherweise steigt in den Monaten September und Oktober aufgrund biologischer Zusammenhänge das Ferkelangebot an. Gleichzeitig ist insbesondere während der Maisernte sowie zur Herbstbestellung die Aufstallbereitschaft der Mäster nicht allzu hoch. Dies wird sich dann auch auf die Ferkelpreise auswirken. Völlig andere Voraussetzungen herrschen derzeit am Schweinemarkt. Das Angebot an Schlachtschweinen in Deutschland hat im vergangenen Jahr entgegen den Erwartungen noch einmal um 1,5 % zugelegt. Und auch für das Kalenderjahr 2014 geht die Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) von einem Anstieg der Schweineschlachtungen um rund 1 % auf 58 Mio. Einheiten aus, obwohl die Viehzählung im November 2013 sinkende Produktionsvolumina für Deutschland ergab. Gleichzeitig hat die Nachfrage der deutschen Verbraucher nach Schweinefleisch im letzten Jahr um 3 % nachgelassen. Eine Erklärung können die negative Berichterstattung über die Schweinehaltung in den Medien sowie Skandale im Umfeld der Fleischproduktion sein, die viele Verbraucher tiefgreifend verunsichert haben. Die Entwicklung der Schweinepreise war zu Jahresbeginn dementsprechend enttäuschend. So lag die VEZG-Notierung Mitte Januar etwa 0,20 € unter dem Vorjahresniveau. Die Preisspielräume werden sich 2014 angesichts einer sich ausweitenden globalen Schweinefleisch-erzeugung möglicherweise in einer Spanne zwischen 1,55 bis 1,80 € bewegen. Natürliche Folge einer sinkenden Binnennachfrage bei stabiler bis leicht steigender Erzeugung ist ein noch weiter steigender Selbstversorgungsgrad (SVG). Derzeit liegt der SVG für Schweinefleisch in der Bundesrepublik Deutschland bei rund 116 %. EU-weit beträgt er in etwa 110 %. Die strukturellen Überschüsse am Schweinemarkt müssen abfließen können. Noch entscheidender für die Preisentwicklung der nächsten Monate als der Inlandskonsum wird daher die Lage auf den Exportmärkten, vor allem in den Drittländern, sein. Wie schnell Handelsbeschränkungen, wie zuletzt beim durch die Chinesen gegenüber deutschen Schlachthöfen ausgesprochenen Exportverbot, auf den deutschen Markt durchschlagen, haben wir bei den Preiseinbrüchen vor Weihnachten in 2013 gesehen. Die Inspektionen der ausländischen Delegationen hatten bei Betriebsbesuchen in Deutschland vermeintliche Mängel aufgedeckt. Insider gehen davon aus, dass frühestens Ende des ersten Quartals 2014 die Irritationen im Export mit China beigelegt sein dürften. Aber auch die Exportsituation Richtung Russland bereitet derzeit große Sorgen. Einzig positiver Aspekt: Die deutschen Lagerbestände an Schweinefleisch sind Anfang 2014 kleiner als im ersten Quartal 2013. Vor diesem Hintergrund muss das Bundeslandwirtschaftsministerium alles daran setzen, die Exportkompetenz Deutschlands zu stärken. Denn die Preisdifferenzen zum Weltmarkt werden durch zusätzliche Auflagen im Tier- und Umweltschutz noch verstärkt. Ein Punkt, der oft vergessen wird: Schon jetzt importiert Deutschland trotz eines steigenden Selbstversorgungsgrades immer größere Mengen von Schweinefleisch und Schweinefleischprodukten. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt je Bundesbürger etwa 14 kg Schweinefleisch eingeführt. Hauptlieferländer sind Dänemark, die Niederlande und Belgien. Der Anteil der Drittlandseinfuhren aus Nicht-EU-Staaten, bei denen nicht klar ist, zu welchen Umwelt-, Tierschutz- und Sozialstandards die Produkte erzeugt worden sind, ist heute noch relativ klein. Dies könnte sich allerdings bei der fortschreitenden Liberalisierung des Weltagrarhandels rasch ändern. Momentan findet der unmittelbare Wettbewerb zwischen europäischen und amerikanischen Schweinefleischerzeugern in den Zielmärkten in Asien und Osteuropa statt. Das nordatlantische Freihandelsabkommen mit der EU dürfte in nicht allzu ferner Zeit diesen neuen Wettbewerbern einen direkten Zugang auch zum deutschen Markt verschaffen. Dabei ist zu beachten: Nicht die gesellschaftlich geforderten hohen Tierschutzstandards sind das Kaufkriterium bei den international agierenden Lebensmittelkonzernen, sondern in der Regel der Preis und die objektive Produktqualität, wie z. B. Hygiene- und Lebensmittelsicherheit. Ab April 2015 wird es EU-weit eine neue Herkunftskennzeichnung für Fleisch geben. Dabei geht es zunächst in erster Linie um Frischfleisch. So sieht die Regelung vor, dass Fleisch von Schweinen, die bei der Schlachtung jünger als 6 Monate und schwerer als 80 kg sind, mit dem Land auszuloben sind, in dem sie ab 30 kg gehalten wurden. Sind die Schweine älter als 6 Monate, ist das Land anzugeben, in dem sie die letzten vier Monate gelebt haben. Ist ein Schwein hingegen jünger als 6 Monate und leichter als 80 kg, sind die Orte der gesamten Haltungsdauer anzugeben. Ziel ist, über ein nationales Label eine Herkunftssicherung zu kreieren und die heimische Erzeugung zu stärken. Aufgrund der spezialisierten Schweinehaltung wird Deutschland besondere Probleme mit dieser Regelung bekommen. Ein erheblicher Strukturwandel in der Sauenhaltung ist zu befürchten, denn bislang erfolgt der Zukauf der Mastbetriebe häufig aus zwei oder mehr Ferkelerzeugerbetrieben. Hierdurch steigt der Aufwand für den Mäster, wenn er für jede Mastgruppe und jeden Sauenhalter einen Herkunftsnachweis führen muss. Zudem werden beim Verladen zur Schlachtung Schweine aus verschiedenen Herkünften vermischt. Hieraus können sich erhebliche Probleme für einen korrekten Herkunftsnachweis ergeben, die im schlimmsten Fall dazu führen, dass die Gruppen getrennt verladen werden müssen. Infolgedessen werden die Vermarktungs- und Logistikkosten deutlich steigen. Brancheninsider schätzen, dass bei einer länderspezifischen Herkunftskennzeichnung eine Steigerung der Betriebskosten um bis zu 50 % erwartet werden muss. Selbst die momentan noch diskutierte Kennzeichnung in EU- und Nicht-EU-Herkunft würde noch zu einer Kostenerhöhung von 25 % führen. Kleine Fleischer erhoffen sich derzeit noch Ausnahmetatbestände für handwerklich hergestellte Lebensmittel. Unterm Strich werden sich für deutsche Schweinehalter kaum Vermarktungsvorteile ergeben. Viele Detailfragen sind bis zur Einführung noch zu klären. Völlig ungeregelt ist beispielsweise, wie die Herkunftskennzeichnung für verarbeitete Produkte aussehen soll. Die Forderung von Tierschützern und Verbrauchern, mehr für das Tierwohl zu tun, wächst weiter. Der Deutsche Lebensmittelhandel, die Schlachtbranche sowie die Erzeugerstufe diskutieren derzeit die sogenannte Initiative Tierwohl, ein Modell für ein stufenübergreifendes Tierwohlprogramm. Die Grundidee ist ein betriebsindividuelles Bonitierungs-system. Landwirte sollen belohnt werden, wenn sie über das gesetzliche Maß hinausgehend zusätzliche Kriterien erfüllen, die dem Tierwohl dienen. Der zusätzliche Aufwand, der beispielsweise durch die Umstellung auf die Ebermast oder die Erhöhung des Platzangebotes pro Tier erreicht wird, kann betriebsindividuell stark variieren. Einen Auslauf für die Schweine einzurichten, ist besonders kapitalintensiv und vielfach baulich gar nicht umzusetzen. Daher können generelle Aussagen, ob Schweinehalter in die Systeme einsteigen sollen, nicht getroffen werden. In jedem Fall sollten Betriebsleiter sich mit konkreten Investitionsentscheidungen so lange zurückhalten, bis der deutsche LEH konkrete Finanzierungsmodelle auf den Tisch legt, mit der eine langfristige Finanzierung der vorgeschlagenen Maßnahmen nachhaltig gesichert ist. Eine gewisse Skepsis bleibt in dieser Frage angebracht. Denn pünktlich zum umsatzträchtigen Weihnachtsgeschäft läuteten verschiedene Discounter, wie Aldi und Norma, eine neue Preissenkungsrunde ein. Lidl machte im Dezember sogar Furore mit dem Slogan „Weihnachten ist fast geschenkt“. Doch egal, ob die Initiative Tierwohl kommt oder nicht, eine der größten Baustellen zum Thema Tierschutz und Tierwohl bleibt uns die nächsten paar Jahre sicher noch erhalten: das Verbot der betäubungslosen Kastration ab 2019. Als die zweckmäßigste Lösung wird von vielen Praktikern die Ebermast angesehen. Aus Sicht der Schweinehalter sprechen vor allem weniger Arbeit und geringere Kosten in der Ferkelerzeugung sowie spürbar bessere Schlacht- und Mastleistungen dafür. Mittlerweile werden in Deutschland etwa 6 bis 8 % der männlichen Ferkel nicht mehr kastriert. Das Fleisch war bislang über den Export sowie über verschiedene Verarbeitungskanäle ohne Probleme zu platzieren. Doch bei einer flächendeckenden Ebermast würden künftig in Deutschland rund 25 bis 30 Mio. Eber zu verarbeiten sein. Fraglich ist, ob der Markt genug Absatzchancen dafür bietet. Warnsignale kommen vor allem von den niederländischen Fleischvermarktern. Seitens der Schlachthöfe werden landesweit keine neuen Produzenten mehr akzeptiert. Holländische Ebermäster müssen mit Preisabzügen rechnen. Brancheninsider bestätigen, dass Abnehmer aus wichtigen Exportmärkten wie Italien, Korea und Ungarn mittlerweile nicht mehr bereit sind, Eberfleisch zu akzeptieren. Auch in der Bundesrepublik fordern große Lebensmittelketten z. B. Garantieerklärungen, dass nur noch Fleisch von weiblichen Tieren in die Frischfleischvermarktung gelangt. Auch für die Mäster hat sich die relative ökonomische Vorzüglichkeit der Ebermast bereits reduziert. Denn Hauptabnehmer Tönnies hat just zu Beginn dieses Jahres eine neue Ebermaske eingeführt, die eine deutliche Erlösverschlechterung bringt. Diese resultiert vor allem aus einer ungünstigen Bewertung des MFA im Bauch sowie einem höheren Preisabzug für schwere Eberschinken. Alternativen zur wirksamen Schmerzausschaltung bei der Ferkelkastration müssen auf jeden Fall noch erarbeitet werden. Die bisher in der Erprobung befindlichen Methoden sind für die breite Praxis noch nicht einsatzbereit. Ferkelpreise bis Herbst fest Schweine: Angebot konstant Schweinepreise vom Export abhängig Jede Menge Importfleisch Herkunftskennzeichnung erhöht Kosten Tierwohl: Zieht der LEH mit? Warnsignale bei Ebermast Fazit Die Ferkelpreise halten zunächst das hohe Niveau. Erst ab Herbst ist ein Angebotsüberhang zu erwarten. Die Erlöse der Mäster schwanken voraussichtlich von 1,55 bis 1,80 € je kg Schlachtgewicht. Entscheidend wird sein, wie die Exportgeschäfte laufen. Die geplante EU-weite Herkunftskennzeichnung für Fleisch wird die Logistikkosten in die Höhe treiben. Vorteile für die Vermarktung deutscher Schweine sind nicht zu erwarten. Der Erfolg der Tierwohl-Initiative steht und fällt mit dem LEH. Die Frage bleibt, ob alle mitziehen. In puncto Eberfleisch stehen die Schlachter und der Handel momentan einhellig auf der Bremse. -Dr. Albert Hortmann-Scholten, Landwirtschaftskammer Niedersachsen- Mit welchen Ferkel- und Schweinepreisen können wir rechnen? Wie geht es mit Tierwohl und Ebermast weiter?