Auch in Spanien hat der Kostendruck auf die Produktion zugenommen. Dank hoher Ferkelzahlen ist der Betrieb von Ramón Molist trotzdem gut aufgestellt.Spaniens Schweinehalter haben es leichter! Das glauben zumindest noch immer viele ihrer deutschen Berufskollegen: Einen Standort für neue Ställe zu finden, ist auf der iberischen Halbinsel kein Problem. Zudem lassen sich die Spanier Zeit mit der Umsetzung von neuen EU-Richtlinien, ihre Behörden kontrollieren nicht so streng, und für Tier- und Umweltschutz interessiert sich sowieso keiner in der Bevölkerung! Doch diese Zeiten sind wohl vorbei – zumindest in der Schweinehochburg Katalonien. Inzwischen schauen dort die spanischen Beamten den Schweineproduzenten genauso streng auf die Finger wie bei uns. „Die Behörden machen kräftig Druck. Es ist schwierig geworden, seinen Betrieb überhaupt noch weiterzuentwickeln“, bestätigt auch Schweinehalter Ramón Molist aus Vic nahe Barcelona in Katalonien. Das ist die Region mit der höchsten Schweinedichte des Landes. Hier kommt auf jeden Einwohner auch ein Schwein, nämlich rund 7 Mio. Stück auf einer Fläche kleiner als Nordrhein-Westfalen. Der Landwirt hält auf seinem Betrieb namens „Cal Toi“ 600 Sauen inklusive Aufzucht. Dabei wird er von zwei festen Arbeitskräften unterstützt. Zur Mast liefert der 42-Jährige die Ferkel an einen anderen Betrieb, der die Tiere im Lohn für ihn mästet. In den letzten 20 Jahren ist Molists Betrieb schrittweise von 150 auf 600 Sauen gewachsen, wobei der letzte Wachstumsschritt auch schon acht Jahre her ist. „Das Expandieren war damals einfach. Der Staat steckte viel Geld in den Ausbau der Schweineproduktion. Gerade die Region Katalonien wurde mit Förderprogrammen stark unterstützt, denn hier sind städtische Absatzmärkte und ein großer Hafen direkt vor der Tür. Außerdem waren die Zinsen für Kredite niedrig“, erzählt der Landwirt. Inzwischen ist der Betrieb aber an die Wachstumsgrenze gestoßen. Am Standort ist keine Erweiterung mehr möglich. Denn die heutigen Auflagen sehen vor, dass bei einem Neubau der Abstand zum nächsten Stall mindestens 1 km betragen muss – und von Cal Toi ist der nächste Betrieb kaum 500 m entfernt. Zudem müsste der Betrieb bei weiterem Wachstum 1 ha Fläche je 3 GVE nachweisen. „Das ist für uns das K.O.-Kriterium beim Wachstum. Denn wie die anderen Betriebe der Region sind auch wir arm mit Fläche ausgestattet“, so Molist. Der Landwirt sieht keine Chance, neue Flächen zu erwerben und den Betrieb weiterzuentwickeln – im Gegenteil. „Wenn wir auf Gruppenhaltung umstellen, müssen wir unseren Bestand um 10 bis 15 % abstocken“, mutmaßt der Betriebsleiter. Noch hält er die Sauen überwiegend im Kastenstand, probiert in einem Teil des Stalles aber schon die Gruppenhaltung mit Dribbelfütterung aus. Die strengen Umwelt- und Tierschutzauflagen lassen die Produktionskosten zusehends steigen. „Wir müssen die Gruppenhaltung umsetzen und einen aufwändigen Gülle-Management-Plan erstellen. Die Gülleentsorgung kostet mich 4 €/m3. Hinzu kommen die hohen Futterkosten und gestiegene Löhne. Ich muss heute mit bis zu 8 € höheren Kosten je Ferkel rechnen“, schätzt der Landwirt. Auf der anderen Seite verschlechtern sich die Erlöse für Schlachtschweine in Spanien. Das wird den ein oder anderen Betrieb wohl ausbremsen. Denn der eigentlich im Sommer übliche Preisanstieg von rund 20 Cents je kg Schlachtgewicht ist in diesem Jahr ausgeblieben. Sowieso nähert sich die spanische Notierung den Schweinepreisen der anderen großen europäischen Schweineproduzenten immer weiter an. Der Grund: Spanien muss inzwischen über ein Viertel seiner Produktionsmenge exportieren. Mit steigendem Exportanteil hat der Handel immer mehr an Marktmacht gewonnen und hält die Margen klein. Auch die hohen Futterkosten machen den Spaniern überproportional zu schaffen, da sie in hohem Maße von Getreideimporten abhängig sind. Die fehlenden Gewinne merkt auch Ramón Molist auf seinem Betriebskonto. „Mir geht es aber noch deutlich besser als vielen anderen Kollegen“, so der Landwirt. Denn in den letzten Jahren konnte er einige Maßnahmen umsetzen, die seinen Betrieb leistungsmäßig ein ganzes Stück vorangebracht haben. Inzwischen setzt er stolze 30,5 Ferkel je Sau und Jahr ab. Eckpfeiler für den Erfolg im Stall ist eine gute, intensive Beratung. An erster Stelle steht für Ramón Molist dabei seine Tierärztin Lali Coma. In ihr hat der Landwirt einen perfekten Sparringspartner gefunden. Die Veterinärin hat sich vor ein paar Jahren selbstständig gemacht und betreut zusammen mit einem Kollegen über 60 große Sauenbetriebe in Katalonien. „Mit den Erfahrungen aus den anderen Betrieben liefert Lali mir wichtige Impulse für die tägliche Arbeit. Gleichzeitig bringt sie mich dazu, meinen Betrieb immer aus einem anderen Blickwinkel zu sehen“, lobt Molist die Zusammenarbeit. Die Kosten für die produktionstechnische und tierärztliche Beratung übernimmt eine Futtermittelfirma. Bedingung dafür ist, dass Molist seine Futtermittel ausschließlich von dort bezieht. Das heißt, der Landwirt darf die Dienste der Tierärztin so oft in Anspruch nehmen, wie er will. „Die erste große Aufgabe, die es für mich auf dem Betrieb Cal Toi zu lösen galt, war Ende 2007 ein Genetikwechsel bei den Sauen hin zu DanZucht. Wir hatten auf einmal viel größere Würfe. Entsprechend mussten wir die Abläufe im Abferkelstall anpassen“, berichtet Lali Coma vom Anfang der Zusammenarbeit. Pro Wurf schaffen die Sauen 14 lebend geborene Ferkel. Um für alle Nachkommen eine ausreichende Kolostrumaufnahme sicherzustellen, werden die ersten, in der Regel schwereren Ferkel bald nach der Geburt für zwei Stunden separiert. Das übernimmt Mitarbeiterin Judit, die seit drei Jahren verantwortlich für den Abferkelbereich ist. Möglichst bald nach der Biestmilchaufnahme wird ein Wurfausgleich durchgeführt. Dabei richtet sich Judit nach genauen Regeln. Zunächst versorgt Judit alle Erstwurfsauen mit 13 bis 14 Ferkeln. „Wir haben festgestellt, dass Sauen, die im ersten Wurf mehr Ferkel absetzen, in ihrer Lebenszeit produktiver sind. Sie weisen eine bessere Uterus-Entwicklung auf“, ist Lali Coma überzeugt. Haben die Jungsauen selbst weniger als 13 Ferkel geboren, erhalten sie die noch fehlenden Ferkel von den Sauen, die zum Schlachter gehen sollen. Alle anderen Sauen bekommen entsprechend ihrer Leistung in früheren Würfen eine bestimmte Anzahl Ferkel zugeteilt. Kleinere Ferkel kommen zu Sauen im zweiten oder dritten Wurf. Insgesamt sollen aber so wenig Ferkel versetzt werden wie möglich. „Am Absetztag lassen wir meist zwei oder drei Sauen in ihrer Abferkelbucht, für den Fall, dass sie gebraucht werden“, so Judit. Ausselektierte Sauen werden jedoch niemals als Ammensauen eingesetzt. Stattdessen dienen nur Erst- und Zweitwurfsauen als Pflegemütter. Damit die Jungsauen bei der täglichen Arbeit besonders beachtet werden, erhalten sie eine rote Sauenkarte. Diese wird über der Abferkelbucht angebracht. Daneben hängt eine Futterkarte, auf der die Sollmengen im Verlauf der Laktation stehen. Frisst eine Sau weniger, wird das auf der Karte vermerkt und sticht dem Betreuer beim Kontrollgang ins Auge. Ebenso werden die Ferkelverluste genau und mit eindeutigen Gründen notiert. Diese Dokumentation ist wichtig und wird zum Beispiel bei der Sauenselektion berücksichtigt. Auch die Wasserversorgung der Sauen und Ferkel nimmt der Betrieb sehr ernst. Ab dem ersten Tag nach der Geburt gibt es Wasser für die Ferkel. Die ersten fünf Tage ist es mit Erdbeeraroma versetzt, damit sie es lieber aufnehmen. Um die Sauen zu entlasten, erhalten die Ferkel ab dem zwölften Lebenstag zusätzlich Milchpulver in Schalen angeboten und ab dem 21. Tag Prestarter. Dieser wird die ersten Tage im Aufzuchtbereich weitergefüttert. Damit die Sauen immer gut zu Fuß sind, werden die Klauen beim Einstallen in die Abferkelbucht routinemäßig kontrolliert, abgetastet und bei Bedarf geschnitten. Außerdem setzt der Betrieb einen Futterzusatz aus Zink, Mangan und Kupfer in der Fütterung der Wartesauen ein. „2007 und 2008 hatten wir ein großes Problem mit lahmen Sauen im Bestand. Der Futterzusatz brachte innerhalb von nur sechs Monaten deutliche Verbesserungen“, berichtet Molist. Wie die mehrmalige Bonitur der Hinterklauen von 50 Sauen im ersten bis neunten Wurf ergab, kamen nach einem halben Jahr deutlich weniger Ballenwucherungen und Läsionen der Weißen Linie vor. Das Klauenhorn hatte sich gefestigt und Risse im Wandhorn traten nahezu gar nicht mehr auf. Diese Maßnahmen und die penible Dokumentation zeigten Erfolg und lassen die Sauen ihr genetisches Potenzial ausschöpfen. „Während wir 2007 etwa 14 000 Ferkel pro Jahr produziert haben, kommen wir heute auf rund 18 000 Ferkel – und das mit der gleichen Anzahl an Sauen“, berichtet Ramón Molist stolz. Ein Ansporn für Molist und seine Mitarbeiter ist auch der so genannte Leistungsbogen, den ebenfalls Lali Coma auf dem Betrieb eingeführt hat. Dieser wird alle vier Wochen aktualisiert und im Stallgang aufgehängt. Darauf stehen die durchschnittlichen Leistungen des letzten Monats, der letzten zwei Monate, der letzten sechs Monate und des letzten Jahres. Daneben steht sowohl eine Zielvorgabe als auch ein Grenzwert, wann eingeschritten werden muss. Diese sind farbig hinterlegt. Wie bei der Ampel bedeutet Grün „Alles in Ordnung“, Gelb „Augen offen halten“ und Rot „Handeln“. Derzeit fehlt Rot zum Glück auf dem Zettel. Bei allen neuen Herausforderungen packten die zwei Angestellten Judit und Pere immer kräftig mit an. Um seine Mitarbeiter so motiviert zu halten, ermöglicht Molist ihnen regelmäßig an Fortbildungen aber auch an Vergnügungsfahrten teilzunehmen. Diese werden zentral für Betriebsleiter und Mitarbeiter von Schweinebetrieben der Region angeboten. Verschiedene Fahrten haben sie schon zu Betrieben, Versuchsanstalten und Messen in andere Teile des Landes aber zum Beispiel auch schon nach Dänemark geführt. Eine gewinnbringende Schweinehaltung unter spanischer Sonne aufzuziehen, ist heute wesentlich schwieriger als noch vor einigen Jahren. Zum einen steigen die Produktionskosten durch hohe Umweltauflagen. Die Behörden machen Druck und wollen, dass die EU-Standards umgesetzt werden. Zum anderen gerät der Markt bei einer hohen Exportabhängigkeit unter Druck. Sauenhalter Ramón Molist sieht für sich und seine Kollegen nur eine Chance, wenn die Leistungen nachhaltig verbessert werden können. In seinem Betrieb hat er mithilfe seiner Beraterin vor allem das Management im Abferkelstall optimiert. Heute erreicht er 31 abgesetzte Ferkel und hält so seine Stückkosten im Griff. Betriebliches Wachstum stößt an Grenzen Immer engere Margen Hohe Wurfleistung senkt die Stückkosten Wurfausgleich nachfestem Schema 13 Ferkel an jede Jungsau Topfitte Sauen Ansporn durch Leistungsbogen Wir halten fest -Mareike Schulte, SUS-Redaktion-