Die Landwirte Baumann und Deitigsmann haben gemeinsam einen Maststall gebaut. Mit Besucherraum und Auslauf ist ihr Stall fit für die Zukunft.
Zwei Landwirtsfamilien, die sich als Geschäftspartner schätzen, über genügend Gülle- und Futterfläche verfügen sowie eigene Ferkel mästen können. Das waren 2014 die Voraussetzungen, die in den Köpfen von Volker Baumann (43) sowie Rudolf Deitigsmann (59) und dessen Sohn Joachim (30) die Idee vom gemeinsamen Schweinemaststall reifen ließen.
„Uns war von Anfang an klar, dass das aufgrund unserer unterschiedlichen Betriebsschwerpunkte sehr gut funktionieren würde“, erzählt Joachim Deitigsmann. Denn während er zusammen mit seinem Vater Ackerbau betreibt und Maschinendienste im Lohn anbietet, hat sich Volker Baumann auf die Sauenhaltung spezialisiert. Mit rund 420 German Genetic-Sauen erzeugt er im 3-Wochen-Rhythmus Qualitätsferkel.
Eigenes Konzept mit Auslauf
Als die Unternehmer aus dem baden-württembergischen Kupferzell im Sommer 2014 ihre Planungen starteten, musste zunächst ein Baustandort gefunden werden. Rund 500m von Baumanns Stammbetrieb entfernt wurden sie fündig. Dort lag eine Ackerfläche des Ferkelerzeugers, die sich nach Rücksprache mit den Behörden als geeigneter und entwicklungsfähiger Stallstandort erwies. Schwieriger gestaltete sich dagegen die Stallplanung. „Wir wollten einen Stall bauen, der höchsten Tierwohl-Ansprüchen genügt und später eine besondere Vermarktung ermöglicht“, schildert Rudolf Deitigsmann den damaligen Ansatz.
Entschieden haben sich die Landwirte schließlich für zwei Außenklimaställe mit zusammen 1480 Mastplätzen. Das Zentrum der Ställe bildet jeweils ein planbefestigter Massivstall, der beidseitig von einem vollunterkellertem Auslaufareal flankiert wird. Die äußere Wand wurde bis zur Hälfte als Betonfertigteil hochgezogen. Bündig bis unters Dach schließt sich ein diffuses Windschutznetz an. So kommen die Tiere mit dem Außenklima in Kontakt aber der Stallbereich bleibt vogelfrei.
Auf der Mittelachse sind die 72m langen und 16m breiten Gebäude über einen großen Zentralgang miteinander verbunden. Der teilt gleichzeitig jeden Stall in zwei gleich große Abteile auf. Dort werden die Tiere in Kleingruppen zu je 19 Schweinen gehalten. Jede Bucht ist klar strukturiert in einen Innen- und Außenbereich. Über Pendeltüren in der Zwischenwand können die Schweine frei zwischen beiden Bereichen verkehren. Deshalb verteilt sich das großzügige Platzangebot von insgesamt 1,2 m2 pro Schwein auch zu gleichen Teilen auf beide Bereiche.
Liegefläche wärmt und kühlt
Angelehnt an das Pig Port-System nimmt der Massivstall die Rolle der Liegekiste ein. Der Stall ist isoliert und dient den Tieren als zugfreie und trockene Ruhezone. Aus technischen Gründen wurden hier auch die Breiautomaten und Wannentränken gesetzt.
Die komplett geschlossene Liegefläche ist mit einer Bodenheizung ausgestattet. Im Winter wird der Boden auf ca. 20°C erwärmt. Während des Sommers soll durch das Umwälzen von Kaltwasser die Abteiltemperatur um bis zu 5°C gesenkt werden. „Der Buchtenboden fungiert sowohl im Winter als auch im Sommer als Temperaturpuffer“, erläutert Joachim Deitigsmann.
Die Festfläche bietet noch weitere Vorteile: Die Tiere erhalten im Innenbereich täglich frisches Langstroh. „Wir kalkulieren mit ca. 50g Stroh pro Tier und Tag. Aufs Jahr gerechnet gut 2000 Kleinballen“, rechnet Deitigsmann vor. Verstopfte Güllekeller – Fehlanzeige.
Das machen sich die Landwirte auch zu Nutze, um den Schweinen ein weiteres „Schmankerl“ anzubieten – die Bodenfütterung. Dafür wurden an der Futterlinie, die die Rohrbreiautomaten beschickt, Volumendosierer angeschlossen. Mittig über der Bucht platziert werden diese per Seilzug geöffnet. Die Tiere nehmen dies teils so gut an, dass einige Gruppen auf diese Weise täglich über 8 kg Futter bekommen. „Es entspricht dem natürlichen Verhaltensmuster der Schweine, in Gruppen vom Boden zu fressen“, erklärt sich Volker Baumann die hohe Akzeptanz.
Kotverhalten steuern
Bekanntlich neigen Schweine gerade in warmen Jahreszeiten dazu, Festflächen zu verdrecken. Zwar weist der Boden ein 2%-Gefälle Richtung Außenbereich auf. Damit die Tiere aber gar nicht erst anfangen, in der Ruhezone Harn und Kot abzusetzen, ergreifen die frischgebackenen Schweinemäster gleich mehrere Gegenmaßnahmen:
- Neue Ferkel werden zunächst für zwei Stunden in den Außenbereich gesperrt. So hat jedes Tier das erste Mal draußen Kot und Harn gelassen.
- Eine homogene Bodentemperatur und die Wannentränken verhindern kalte bzw. nasse Ecken. Die gesamte Festfläche wird zum Liegen genutzt.
- In der Einstallwoche wird der Kot im Innenbereich per Hand beseitigt.
- Schweine neigen dazu dort abzukoten, wo sie Kontakt zu fremden Artgenossen haben. Deshalb sind die Buchten im Stallinneren durch geschlossene Wände getrennt. Im Außenbereich sind dagegen Gittertore verbaut.
- Durch die Bodenfütterung wird die geschlossene Fläche als Fress- und nicht als Kotplatz wahrgenommen.
- Anfangs war auch im Innenbereich Spielzeug installiert. Die ständige Unruhe störte in einigen Gruppen die Ausprägung einer Liegezone.
Zappelndes Spielzeug
Damit wiederum der Außenbereich als Aktivitätsbereich wahrgenommen wird, wurden hier verschiedene Spielzeuge und Scheuerbalken installiert. Um das Beschäftigungsmaterial für die Schweine interessant zu halten, sind die Halterungen der Spielzeuge miteinander verbunden. So ist das Spielzeug fast permanent in Bewegung.
Noch beliebter sind die Pendelklappen in der Zwischenwand. Dabei handelt es sich um alte Förderbänder aus dem Steinbruch. „Schweine beschäftigen sich nicht immer nur mit dem, was das Gesetz oder der Bauer für sie vorsieht“, lacht Rudolf Deitigsmann.
Im unterkellerten Außenbereich sollen die Tiere nicht nur spielen, sondern auch Kot und Harn lassen. Der nur 35cm tiefe Güllekeller ist sogar mit einem Schieber-System ausgestattet, welches mehrmals täglich die Gülle zu einem Sammelkanal schiebt. Die Landwirte hatten sich dafür entschieden, da sie fürchteten, die Tiere würden viel Stroh und Futter von innen nach draußen tragen. „Nach mehreren Monaten Betrieb können wir sagen, dass dem aber nicht so ist“, resümiert Baumann.
Lüften wie die Amis
Eine weitere Besonderheit der Stallungen: Sie werden nicht zwangsentlüftet. Die Abluft- bzw. Frischluftführung erfolgt allein über Lüftungsklappen, die beidseitig der Länge nach an den Massivställen angebracht sind. Weil deswegen auf Fenster verzichtet wurde, bestehen die Klappen aus transparenten Doppelstegplatten. Selbst wenn die Luftöffnungen fast geschlossen sind, fällt reichlich Tageslicht in den Stall.
So simpel, wie sich diese Lüftung zunächst anhört, ist sie aber nicht. Bereits bei der Ausrichtung der Ställe galt es, Einiges zu beachten. „Entscheidend für eine optimale Frischluftanströmung ist, dass die Längsseite des Stalles in Hauptwindrichtung steht“, erklärt Joachim Deitigsmann. Auch der mit 16m großzügige Abstand zwischen den Ställen ist nicht willkürlich gewählt. Das soll verhindern, dass ein Stall als Luftbremse für den anderen wirkt. Aus demselben Grund ist der Zentralgang, der beide Ställe verbindet, nur überdacht und nicht verkleidet.
Um die Temperatur und Zuluftführung zu regeln, ist die Klappensteuerung an eine Wetterstation gekoppelt. Die ist an einem Stallgiebel montiert und erfasst neben der Außentemperatur auch die Windrichtung und -geschwindigkeit. Je nach Wetterlage werden die Anstellwinkel der Klappen durch Stellmotoren vollautomatisch angepasst.
Für die täglichen Kontrollgänge durch die Abteile setzt Volker Baumann die Regelung außer Kraft. „Durch die Trockenfütterung und das Raufutter ist die Staubbelastung im Abteil relativ hoch. Vor meinem Rundgang stelle ich daher die Klappen für kurze Zeit auf Stoßlüftung“, erklärt er. Selbst dann werden die Tiere aber keiner Zugluft ausgesetzt, da die Zuluft durch das äußere Windschutznetz gebremst wird.
Schauraum mittig eingebaut
Als die Landwirte im März 2015 den Bauantrag einreichten, gab es in der Gemeinde auch kritische Stimmen. „Wir haben aber von Anfang an den Dialog gesucht. Außerdem konnten wir mit den geplanten Tierwohl-Maßnahmen und dem Besucherraum punkten“, erzählt Joachim Deitigsmann.
Dieser ist mittig in einem der Ställe integriert. Statt einer Mastbucht ragt in ein Abteil der mit großen Fenstern versehene Besucherraum hinein. „Die Leute haben den Eindruck sie würden selbst gerade als Landwirt im Abteil stehen“, berichtet Volker Baumann.
Schrittweise wollen sie den Raum mit Infomaterial zur modernen Tierhaltung bestücken. Um Besuchern die eingesetzte Produktionstechnik näher zu bringen, wurden zudem sämtliche Datenkabel dorthin verlegt. So besteht später die Möglichkeit, über einen Präsentationsmonitor die Steuerung der Lüftung oder Fütterung vorzuführen.
Die aufwendige Bauweise und das hohe Platzangebot haben aber auch ihren Preis. Rund 1,2 Mio. € investierten die Kupferzeller in die Stallanlage, Güllelagerung und die Futterhalle.
Zu Gute kam ihnen, dass das Land Baden-Württemberg während des Genehmigungsverfahrens ein neues Agrarinvestitionsförderprogramm be-schloss, welches besonders tiergerechte Stallneubauten unterstützt. Mit 40% mehr Platz, Außenklimareiz und hohem Festflächenanteil fiel ihr Bauvorhaben genau ins Profil. Das machte eine 40% Förderung möglich. „Abzüglich der Fördersumme haben wir zu den gängigen Stallplatzkosten von ca. 500 € gebaut“, so Joachim Deitigsmann.
Mittelfristig möchten sie mit ihrer besonders tiergerechten Haltung in das Premiumfleisch-Segment vorstoßen. Als Erzeuger von rund 5000 Schweinen pro Jahr eine spezielle Vermarktung aufzubauen, ist aber schwierig.
Erst einmal hoffen sie in das von Baden-Württemberg aufgelegte Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT) zu kommen. Das vorerst auf ein Jahr befristete Programm garantiert unter Einhaltung strenger Haltungsvorschriften 9€ Bonus pro Schwein. „Langfristig kann eine staatliche Subventionierung nicht der richtige Weg sein. Der Markt muss uns unsere Mehrkosten honorieren“, ist sich das Landwirte-Kollektiv einig.
Fazit
Die Kupferzeller Landwirtsfamilien Baumann und Deitigsmann haben zusammen zwei auf Tierwohl ausgerichtete Außenklimaställe gebaut.
Die klare Buchtenstruktur und das große Platzangebot erleichtert den Mastschweinen die Einteilung der Funktionsbereiche. Das Sauberhalten der geschlossenen Festfläche im Innenbereich erfordert einige Maßnahmen.
Mit dem Besucherraum gewähren die Schweinehalter einen tiefen Einblick in ihren Betrieb. Die hohen Investitionskosten wurden durch eine Landesförderung abgepuffert. Anfallende Mehrkosten in der Produktion wollen die Kupferzeller zukünftig über eine Premium-Vermarktung decken.