Wilhelm Schade muss seine Sauen schon fünf Tage nach dem Belegen in die Großgruppe stallen. Damit dies gelingt, musste er an sehr vielen Schrauben drehen.
Michael Werning, SUS
Für Politik und Gesellschaft ist die Marschrichtung klar. Die Sau soll zukünftig weniger Zeit im Kastenstand verbringen. Das Wie und vor allem das Wann wird zwar noch heiß diskutiert. Fest steht aber schon jetzt, dass durch die neue Haltungsreform eine Einzeltierhaltung bis zum 28. Tag nach der Belegung der Vergangenheit angehören wird und die Sau deutlich früher in die Gruppe gegeben werden muss.
Einer, der sich schon seit Jahren den damit verbundenen baulichen und managementbezogenen Herausforderungen stellt, ist Wilhelm Schade aus Ostercappeln in der Nähe von Osnabrück. Der 36-Jährige hält auf seinem Betrieb 650 Sauen. „Bis 2008 haben wir für die BHZP Jungsauen vermehrt. Dann sind wir in die reine Ferkelerzeugung gewechselt“, so Schade zur Betriebshistorie. Heute vermarktet er über die Erzeugergemeinschaft Osnabrück 25 kg-Ferkel an drei feste Mäster.
Anfangs in Kleingruppen
Den ersten Schritt in die Gruppenhaltung machte Schade 2006, als er den Sauenbestand von 250 auf 400 Tiere ausbaute. „Mit Blick auf die ab 2013 verpflichtende Gruppenhaltung im Wartebereich entschieden wir uns für einen Stall mit Kleingruppen“, blickt der Agraringenieur zurück.
Ausgelegt auf 10er-Gruppen am Längstrog funktionierte das System anfangs sehr gut. Mit dem Wechsel von BHZP zur Eigenremontierung mit dänischer Genetik wendete sich das Blatt aber. Die ranghöchsten Tiere in der Gruppe traten deutlich dominanter und aggressiver auf.
„Die rangniederen Tiere kamen nicht mehr an den Trog und magerten ab“, schildert der Landwirt die damaligen Probleme. Glücklicherweise hielt er zu der Zeit noch für rund die Hälfte der Wartesauen klassische Kastenstände vor. Dadurch konnte er die Problemtiere zur Not aus der Gruppe nehmen.
Kurzfristige Planänderung
Das war für den Ostercappelner aber nur eine Übergangslösung. Als 2010 der nächste Wachstumsschritt auf 650 Sauen anstand, fasste er einen Wechsel auf Fress-Liege-Boxen ins Auge. „In dieser Aufstallung wollte ich die Sauen auch besamen, um das Platzproblem im Deckstall zu lösen“, so der Landwirt.
Eine Baugenehmigung und mehrere Angebote für den Stallbau lagen ihm bereits vor, als er auf einer Baulehrschau auf Berater Christian Meyer vom LVZ Futterkamp traf. Der riet ihm, den Wartebereich nicht mit Fress-Liege-Buchten, sondern mit Abrufstationen und Großgruppen zu bauen.
„Verbraucher und Politik werden so viel Eisen im Stall auf Dauer nicht akzeptieren“, so Meyers eindringliche Worte an den wachstumswilligen Sauenhalter. Es folgte eine nachdenkliche Heimfahrt sowie intensive Diskussionen mit seiner Frau und seinem Schwiegervater. Letztlich folgte die Familie Meyers Rat und plante den Stall neu.
Zwei dynamische Gruppen
Ursprünglich war dabei angedacht, im neuen Stall ein Großraumabteil mit 440 Sauen einzurichten. Dahinter steckte der Ansatz, dass sich bis zu einer Herdengröße von circa 100 Tieren noch eine relativ strikte Hierarchie ausbildet. Wird diese Schwelle überschritten, reduzieren sich die Probleme durch Rangordnungskämpfe erheblich. „Leider forderte der Landkreis in der Genehmigung eine mittige Brandschutzwand. Da mussten wir umdisponieren und zwei Abteile für je 220 Sauen anlegen“, erzählt Wilhelm Schade.
Im gleichen Zug baute der Ferkelerzeuger auch seinen alten Wartestall von Kleingruppe auf Großgruppe für rund 150 Sauen um. Diesen Stall hielt er zunächst für die belegten Jungsauen vor. „Wir befürchteten, dass es die Jungtiere unter den dominaten Altsauen zu schwer haben und kaum Zugang zu den Abrufstationen bekommen“, so Schade.
Am fünften Tag in die Gruppe
Nun hatte Wilhelm Schade zwar seinen Wartebereich auf eine perspektivische Haltungsform umgestellt. Seine beiden Deckställe mit jeweils 40 Plätzen wurden aber zu einem absoluten Nadelöhr. „Durch die Bestandsaufstockung waren wir gezwungen, die Sauen bereits fünf Tage nach dem Belegen in die Gruppe zu geben. Das war und ist noch heute eine Riesenherausforderung“, stellt der Betriebsleiter klar.
Vor allem den richtigen Einstallzeitpunkt zu finden, kostete ihn am Anfang Nerven. Gestartet im 2-Wochen-Rhythmus befand sich bei wechselnder Belegung der Großgruppen immer ein Sauendurchgang in der Gruppe, der sich zeitlich zwischen dem 10. und 21. Tag nach der Belegung bewegte. Wie sich rausstellen sollte, eine sehr ungünstige Konstellation. Denn in dieser Phase nisten sich die Eizellen in der Gebärmutter ein, und Stress quittieren die Tiere mit vermehrtem Umrauschen.
„Jedes Aufstallen neuer Sauen bedeutet unweigerlich auch etwas Unruhe, und so sank die ohnehin mäßige Abferkelquote auf 80%“, so der 36-Jährige. Zunächst versuchte er dies abzufangen, indem erst zweimal hintereinander der einen und dann der anderen Gruppe neue Tiere hinzufügte. Doch der gewünschte Erfolg blieb aus. Zudem störte sich Schade im Zwei-Wochen-Rhythmus an dem Hormoneinsatz zur Rauschesynchronisation und Geburtseinleitung. Letzteres war nötig, um die entsprechende Säugezeit einzuhalten.
Training für Jungsauen
Also entschloss sich Schade, in den Wochenrhythmus zu wechseln und dafür auch das Aufstallungssystem zu verändern. Als erstes krempelte er seine Eingliederung der Jungsauen um. Diese wurde in das kleine Gruppenabteil verlegt, welches vorher der Synchronisation der Jungsauen mit Regumate diente. Dort werden die Tiere über fünf Wochen an die Fressstationen herangeführt. „Das ist viel besser als das Anlernen in der 150er-Gruppe, wo wir immer für mehrere Stunden am Tag die drei Stationen für die anderen Tiere sperren mussten“, erklärt Schade.
Die Jungsauen wechseln allerdings nicht direkt vom Quarantäneabteil in die Anlerngruppe, sondern werden erst für zwei Tage in einem Ausweichabteil mit 30 Kastenständen untergebracht. Hier bekommen sie die Transponder-Ohrmarken eingezogen. Zudem sammeln sie erste Erfahrungen mit dem Kastenstand. „Dass sie schon im Trainingsabteil wissen, dass ein Kastenstand Wasser und Futter bedeutet, erleichtert den Übergang zur Abrufstation enorm“, so Schades Erfahrung.
Alt und Jung jetzt zusammen
Als nächsten Schritt löste er die strikte Trennung von Alt- und Jungsauen auf und gründete drei dynamische Gruppen. Jeweils fünf Altersgruppen in den beiden großen Gruppenbuchten und vier Gruppen im ehemaligen 150er-Jungsauenstall. Circa 30 Sauen, darunter in der Regel sechs Jungsauen, bilden eine Abferkelgruppe.
Durch die neue Ordnung sind die Spannen zwischen den Neuaufstallungen größer geworden. Werden jetzt neue Sauen einer Gruppe zugeführt, hat die nächstjüngere Einstallgruppe bereits den 26. bzw. 27. Tag nach der Belegung erreicht. „In diesem Stadium führt Unruhe längst nicht so oft zum Umrauschen“, so Schades Eindruck.
Dass jetzt sowohl Alt- und Jungsauen eines Belegalters in einer Gruppe laufen, erleichtert auch das Setzen der insgesamt acht Impfungen und das Scannen. Um die Sauen in der Großgruppe etwas übersichtlicher zu halten, setzt der Betriebsleiter auf einen Farbcode, den er den Sauen auf den Rücken sprüht. „So kann ich die Sauen optisch sofort einer Beleggruppe zuordnen“, erklärt der Sauenhalter. Alle Sauen bekommt er in der Großgruppe aber nicht reibungslos gescannt. Dann hilft die Selektionseinstellung der Fressstationen und er lässt die nicht auffindbaren Tiere vollautomatisch absortieren.
Langer Weg für Futterneider
Neben der Neutaktung der Gruppen verfolgt Schade weitere Ansätze, um Unruhe zu vermeiden. Dazu zählt vor allem das Futterkonzept. Angefangen bei der Anzahl der Abrufstationen. „Ich kann höchstens eine Belegung von 60 Sauen pro Station empfehlen“, so der Ostercappelner. Er hat in seinen beiden neuen Großabteilen jeweils vier und in dem umgebauten Altabteil drei Stationen in Betrieb. Dass er seit 2015 an der Initiative Tierwohl teilnimmt und aufgrund des höheren Platzbedarfes nur 200 statt 220 Sauen pro Gruppe aufstallt, sorgt für zusätzlichen Puffer.
Da es dennoch vorkommt, dass dominante Altsauen mit ausgeprägtem Futterneid den Eingang der Abrufstationen bewachen, hat sich Schade hinsichtlich der Buchtenstruktur etwas einfallen lassen. So sind die Laufwege bzw. Liegekessel wie ein U angeordnet, das sich zu der von den Abrufstationen abgewandten Seite hin öffnet. Einen direkten Laufweg zwischen Ein- und Ausgang der Stationen gibt es also nicht.
„Bevor eine Altsau nach ihrer Mahlzeit die ganze Strecke vom Ausgang zum Eingang der Station auf sich nimmt, legt sie sich lieber in einen der Liegekessel“, schmunzelt der Landwirt. Neben diesem kleinen Umweg sorgt zudem ein Rohfaseranteil im Futter von 9,5% dafür, dass sich bei den Tieren schnell ein Sättigungsgefühl einstellt. Seine Befürchtungen, dass die jungen Tiere von dominanten Altsauen drangsaliert werden, haben sich so nicht bestätigt. Um den Jungsauen die Eingliederung in die Großgruppe zu erleichtern, stallt er diese aber gerne drei bis vier Tage eher auf als die dazugehörigen Altsauen aus dem Deckzentrum. Zudem lässt er diese zunächst zwei bis drei Stunden im Selektionsbereich der Abrufstationen laufen. „Dort ist dann zwar erst mal ordentlich was los, aber so machen sie mir nicht die ganze Gruppe unruhig“, erklärt Schade.
Abferkelquote über 85%
Durch die Umstellungen und Kniffe hat er seine Gruppen jetzt gut im Griff. Die Abferkelquote liegt mittlerweile bei über 85% und die Zahl von fast 38 leb. geb. Ferkel pro Sau und Jahr kann sich sehen lassen. Dennoch bleibt die frühe Gruppenhaltung für den Sauenhalter ein schmaler Grad. „Das Umrauscher-Risiko ist gegenüber der mehrwöchigen Kastenstandhaltung immer höher. Allein schon durch die Spätrauscher, die in der Gruppe unweigerlich für richtig Unruhe sorgen“, gibt der Schweinehalter zu Bedenken.
Fazit
Wilhelm Schade gibt seine Sauen am fünften Tag nach der Besamung in die Großgruppe. Seiner Erfahrung nach dürfen sich beim Zustallen neuer Sauen keine Sauen in der empfindlichen Phase zwischen dem 10. und 21. Tag nach der Besamung befinden. Sonst droht eine erhöhte Umrauscherquote.
Er hat das Problem gelöst, indem er die starre Trennung von Alt- und Jungsauen aufgelöst hat und die Herde in drei dynamischen Großgruppen führt. Außerdem versucht der Landwirt durch ein ausgewogenes Fressplatz-Verhältnis, eine ausgeklügelte Buchten-struktur und das versetzte Aufstallen von Jung- und Altsauen, Unruhe zu vermeiden.
Für Schade ist die frühe Gruppenhaltung ein Kompromiss, der gute Leistungen aber nicht ausschließt.