Der Niederländer Twan Dirks erzielt mit hochgesunden Sauen Spitzenleistungen. Sein neuer Stall ist vor allem auf mehr Tierwohl ausgelegt.
Michael Werning, SUS
Straßenkleidung ablegen, Einduschen, Betriebskleidung anlegen, Desinfektionsbecken durchschreiten und Handdesinfektion mit Jod – Schweinehalter Twan Dirks aus dem niederländischen Loon op Zand (Nord-Brabant) geht in Sachen Hygiene keine Kompromisse ein. Denn sein Betrieb mit 600 Sauen im teilgeschlossenen System ist frei von Mykoplasmen, PRRS sowie Circo und soll es auch bleiben. „Eine hohe Tiergesundheit ist Grundvoraussetzung für ein qualitativ hochwertiges Erzeugnis – egal ob wir vom Ferkel oder Mastschwein reden“, betont Dirks.
Hygiene an erster Stelle
Dem Niederländer spielt dabei sein günstiger Standort in die Karten. Im Umkreis von 8 km sind nämlich keine fremden Schweine zu finden, da vor Jahren im Zuge eines Naturschutzprojektes etliche Betriebe umgesiedelt wurden. Dirks hatte Glück und entging dem knapp: „Nun haben wir hier eine Schweinedichte, die für Brabant sehr niedrig ist.“
Allein auf die Gesundlage will sich der Landwirt aber nicht verlassen. Daher kommt bei ihm ein Paket von Biosicherheitsmaßnahmen zum Einsatz. So muss jeder Besucher 24 Stunden Schweinefreiheit nachweisen. Auch Arbeitsmaterialien und dergleichen dürfen erst ab einer 48-stündigen Verweilzeit auf dem Betrieb in die Stallungen gebracht werden.
Um die Schwarz-Weiß-Bereiche strikt zu trennen, hat Dirks das Hofgelände mit einem Zaun abgesichert. Durch eine Verlängerung der Blasrohre sind die Futtersilos für die Lieferanten auch vom Schwarz-Bereich aus erreichbar.
Eigene Jungsauen
Der Tierverkehr beschränkt sich auf ein Minimum, da der Schweinehalter auf die Eigenremontierung setzt. Den Grundstein dafür legte bereits Dirks Schwiegervater, der vor rund zehn Jahren den damals noch 300 Sauen umfassenden Bestand mit SPF-Tieren neu aufbaute. Seitdem hat der Betrieb keine Jungsauen mehr zugekauft. „Das senkt das Krankheitsrisiko erheblich und ermöglicht mir, eigene Zuchtschwerpunkte zu setzen“, erklärt der Landwirt.
Seine Reinzuchtherde umfasst im Schnitt 70 Large-White-Sauen. Während er das Sperma für die Mastferkelproduktion mit vier Zuchtebern der Linie PIC 408 selbst erzeugt, wird das Sperma für die Nachzucht zugekauft. „Zusammen mit einer hohen Selektionsschärfe bei den Jungsauen erzielen wir so einen stetigen Zuchtfortschritt“, erläutert der Fachmann.
Da die Spermatube eines Vorstufen-ebers knapp 50 € kostet, ist die Belegung insbesondere der Reinzuchtsauen Chefsache. „Die Produktionssauen belege ich zweimal. In der Nachzucht verzichte ich aus Kostengründen auf die zweite Belegung“, erklärt Dirks.
Strikter Arbeitsplan
Das setzt ein besonders sorgfältiges Rauschemonitoring voraus. Hierdurch steigt der ohnehin schon große Aufwand für die Eigenremontierung weiter an. Da der Betriebsleiter die einzige Vollarbeitskraft auf dem Betrieb ist, muss er die Arbeiten sehr gut planen.
So ist seine Frau Monique zwar im Hauptberuf Krankenschwester, kümmert sich darüber hinaus aber um die Buchführung. Twan Dirks ist vor allem im Stall. „Wir arbeiten im Zwei-Wochenrhythmus. Das heißt, in der Absetzwoche fällt sehr viel Arbeit an. In der Folgewoche ist es vergleichsweise ruhig“, erläutert der studierte Landwirt.
Weil Dirks keinen Ackerbau betreibt, kann er einen Festangestellten in Vollzeit nicht auslasten. Die Arbeitsspitzen meistert er deshalb mit zwei Teilzeitkräften. „Ein Mitarbeiter ist drei Tage die Woche hier, der andere einen Tag, in der Regel als Springer. Am Absetztag sind beide da“, erklärt der Praktiker.
Für weitere Entlastung sorgt der Reinigungsroboter. Zwar muss im Abferkelstall per Hand nachgereinigt werden, eine Zeitersparnis ist trotzdem gegeben. „Inklusive Einweichen und Aufbau des Roboters dauert die gründliche Reinigung einer Abferkelbox nur drei Minuten“, so der Unternehmer.
Über 32 abgesetzte Ferkel
Ebenso trägt der hohe Gesundheitsstatus dazu bei, dass der Betrieb mit einem kleinen Team rund läuft. „Tierbehandlungen kosten nicht nur Geld, sondern auch Zeit. Hilfreich ist zudem, dass wir die Sauen gar nicht und die Ferkel nur auf Wunsch des Mästers impfen“, schildert Dirks. Nur das Entwurmen der Sauen und die Ferkelbehandlung am dritten Tag mit Eisen, Baycox, Schwanzkupieren und die Ohrmarken gehören zum Standard. Da sich in den Niederlanden die Ebermast weitgehend etabliert hat, entfällt die Kastration.
Die Kombination aus hoher Tiergesundheit, klarer Arbeitsorganisation und guter Betreuung schlägt sich mit über 32 abgesetzten Ferkeln in der Leistung nieder. Zumal die Reinzuchttiere bei der Fruchtbarkeit leicht abfallen.
Da der Betrieb über 800 Mastplätze verfügt und darin auch die männlichen Nachkommen aus der Reinzucht mästet, wird mit rund 17500 Tieren jährlich der Großteil der Ferkel als Läufer verkauft. Mit seinen drei Mastbetrieben arbeitet der Sauenhalter schon lange zusammen. „Über die Jahre ist daraus eine vertrauensvolle Partnerschaft geworden“, betont der Landwirt.
Um für beide Seiten mehr Planungssicherheit zu schaffen und das finanzielle Risiko abzufedern, haben sich die Partner auf eine langfristige Preisfestsetzung geeinigt. „Auf Basis der deutschen Nord-West-Notierung legen wir den Ferkelpreis für ein Jahr fest. Weicht unser Fixpreis um mehr als 5 € vom gegenwärtigen Marktpreis ab, justieren wir nach“, erklärt der Betriebsleiter.
Den hohen Gesundheitsstatus seiner Tiere kann Dirks bislang nur bedingt in Preiszuschläge ummünzen. Für die Mäster sind eher eine gute Futterverwertung und ein fleischreicher Schlachtkörper von Interesse. Der Ferkelerzeuger geht aber davon aus, dass sich die Marktanforderungen künftig verändern: „Ich rechne fest damit, dass der Gesundheitsstatus und das Tierwohl in den nächsten Jahren gewichtige Preisfaktoren werden.“
Viel Licht und Luft
Deshalb stand der letzte große Wachstumsschritt des Betriebes ganz im Zeichen des Tierwohls. Im Jahr 2014 hat Familie Dirks die Verdopplung ihres Bestandes auf die heutige Größe von 600 Sauen gewagt. Im Neubau ist seitdem die Sauenhaltung untergebracht. Die alten Ställe wurden für die Ferkel-aufzucht und Mast umgebaut.
Beim neuen Sauenstall haben sie allein über 200000 € in mehr Tierwohl und technische Innovationen investiert. „Wir hätten für das Geld auch auf 800 Sauen wachsen können. Wir wollten aber nicht noch größer, sondern besser bauen“, erklärt Twan Dirks.
Dass er dafür zum Teil außergewöhnliche Wege gegangen ist, sieht man sofort an der Dachform des Gebäudes. Anstatt eines Satteldaches entschied sich der Bauherr für eine sägezahnförmige Dachkonstruktion. Und das gleich aus mehreren Gründen:
- Entlang der gesamten vertikalen Dachseite verläuft eine Lichtplattenfront, wodurch eine Fensterfläche von über 5 % erreicht wird. In Kombination mit dem Dach-gleich-Decke-System fällt selbst bei bedeckter Wetterlage sehr viel Tageslicht in den Stall.
- Betriebsleiter und Mitarbeiter schätzen die angenehme Arbeitsatmosphäre, die durch das große Raumvolumen und den Lichteinfall entsteht.
- Der Stall ist so ausgerichtet, dass die schräge Dachseite gen Süden steht. So kommt es zu keiner direkten Sonneneinstrahlung durch die Lichtplatten. Zudem nutzt der Landwirt das Schrägdach, um mit einer Photovoltaikanlage mehr als 60 % des benötigten Stromes zu erzeugen.
- Die Dachform ist charakteristisch für die Textilwirtschaft, die einst das Landschaftsbild prägte. Das hat die Akzeptanz für das Bauvorhaben gefördert.
Wärmetauscher spart Energie
Auch in Sachen Frischluftzuführung hat sich der findige Schweinehalter einiges ausgedacht. So kann er die Luft je nach Jahreszeit gekühlt oder angewärmt in den Tierbereich leiten. In beiden Fällen erfolgt die Zuführung Unterflur. Das heißt: Die von außen eingezogene Frischluft wird unter den Festflächen des Stalles zu den Lüftungsschlitzen geführt. Bei hohen Außentemperaturen hat das den Effekt, dass sich die Zuluft um rund 5°C abkühlt, weil im unterirdischen Zuluftkanal konstant niedrige Temperaturen herrschen.
Um die kalte Zuluft im Winter anzuwärmen, hat Dirks einen Luft-Luft-Wärmetauscher installiert. In getrennten, dünnwandigen Kammern werden Abluft- und Zuluft aneinander vorbeigeführt. Dabei überträgt sich die Wärme der Abluft auf die Frischluft. „Bei Minustemperaturen können wir ohne Heizen im Abferkelstall die 20°C halten“, hat Dirks beobachtet.
Die warme Abluft nutzt der Landwirt außerdem dazu, um mithilfe einer Luft-Wasser-Wärmepumpe das Wohnhaus und die Ferkelaufzucht zu heizen. Seine Energiekosten sind dadurch kolossal gesunken: „Ich verbrauche nur noch ein Viertel der Gasmenge wie früher.“ Im Anschluss daran passiert die Abluft noch den Luftwäscher und wird ausgestoßen.
Doch nicht alle innovativen Ansätze konnten bisher so überzeugen. So hat Dirks im Abferkelabteil Freilaufbuchten installiert. Allerdings hält er die Sauen inzwischen wieder während der gesamten Säugephase im Ferkelschutzkorb. „Einige Sauen sind sehr aggressiv, was die Betreuung erschwert. Zudem sind die Erdrückungsverluste deutlich höher – teilweise mehr als zwei Ferkel pro Wurf“, erläutert der Betriebsleiter.
Seine Entscheidung für die Freilaufbuchten bereut er dennoch nicht. Viel mehr sieht Dirks das als Investition in die Zukunft. Er geht davon aus, dass die freie Abferkelung in wenigen Jahren zur Vorschrift wird. „Dann will ich nicht nur die baulichen Vorgaben erfüllen, sondern bereits über Erfahrungen damit verfügen“, blickt der Landwirt nach vorne.
Fazit
Der Niederländer Twan Dirks erzeugt dank seiner abgeschirmten Lage und strengem Hygieneregime hochgesunde Tiere. Die Eigenremontierung nutzt er, um selbst Einfluss auf die Ferkelqualität zu nehmen.
Der neue Sauenstall besticht durch ein innovatives Baukonzept und hohen Tierwohlstandard. Vor allem der großzügige Lichteinfall und das gute Raumklima sorgen bei Mensch und Tier für ein hohes Wohlbefinden.
Als Zukunftsvision will Dirks eine spezielle Vermarktung auf Basis seines Tierwohl-Stalles aufbauen.