Eine Thüringer Sauenanlage erreicht über 33 abgesetzte Ferkel. Auch bei über 90 Abferkelungen je Woche steht das Einzeltier im Fokus.
Die Ferkel aus der Sauenanlage Werra-Obermaßfeld in Thüringen lassen sich gut vermarkten. Jeden Montag zwischen 6 und 10 Uhr werden 1 200 bis 1 400 Stück verladen. Zügeweise gehen sie nach Westfalen, Süddeutschland oder nach Polen „Wir produzieren Qualitätsferkel in einer Gesundlage. Unsere Abnehmer liegen im Umkreis von 400 km“, erklärt Carl-Josef Detert (49).
Der Unternehmer betreibt nicht nur die 1 850er-Sauenanlage am Ortsrad von Obermaßfeld-Grimmenthal im Landkreis Schmalkalden-Meiningen, sondern hält auf seinem Stammbetrieb in Epe (Westfalen) ebenfalls knapp 650 Sauen. Hinzu kommt das Jungsauen-geschäft, in das er 2009 eingestiegen ist. Wobei sich seine Firma ausschließlich um die Vermarktung der Dänengenetik kümmert. Die Produktion der Jung-sauen übernehmen Vertragsbetriebe in Gesundlagen.
Expansion in Ostdeutschland
„In Westfalen hatten wir keine Chance, unseren Betrieb zu erweitern“, erklärt der Unternehmer. „Da kam uns Ende 2011 das Angebot gelegen, die Anlage in Obermaßfeld samt der PRRS-negativen Herde zu erwerben.“
Der nächste Sauenbetrieb liegt 20 km Luftlinie entfernt, ideale Voraussetzung für die Vermehrung. Doch der Umstieg auf die Zucht hätte eine teure Totalsanierung erfordert, weshalb sich Detert für die Fortführung der Ferkelproduktion entschied. Die Jungsauen liefert sein eigenes Unternehmen.
Die Gebäudehüllen stammen noch aus dem Jahre 1988, die Aufstallung und die Technik ist ausgewechselt. Der Vorbesitzer, ein holländischer Industrieller, hatte 2004 dort die Ferkelproduktion wieder aufleben lassen.
Nach der Übernahme lagerte Detert die Ferkelaufzucht aus. In einem Nachbarort konnte er einen passenden Stall pachten, wenig später kaufen und um 4 000 auf 9 000 Plätze erweitern.
Dank der Trennung konnte der Unternehmer ein zusätzliches Abteil mit 96 Abferkelplätzen errichten. Dies ermöglichte ihm, von drei auf vier Wochen Säugezeit zu wechseln. „Die zusätzlichen Säugetage tun den Ferkeln gut. Außerdem verbessert die räumliche Trennung der Altersgruppen die innerbetriebliche Hygiene“, argumentiert Carl-Josef Detert.
Mit dem Umbau wurde das neue Abferkelabteil sowie ein weiterer Stallkomplex mit Biofilter ausgestattet. Dies begrüßten die Dorfbewohner, denn die Anlage liegt keine 300 m vom Ort entfernt. Die Emissionsminderung sowie das Sponsoring der Fußballer vor Ort hat Detert geholfen, schnell in der 1 200-Seelen-Gemeinde anzukommen.
Neben den Emissionen könnten auch die Gülletransporte quer durch den Ort ein Reizthema sein. Zwei Eisenbahn-Trassen lassen keine andere Möglichkeit zu. „Um verschmutzte Straßen zu vermeiden und die Zahl der Transporte zu begrenzen, fahren wir die Gülle nur per Lkw zu den Feldern der örtlichen Agrargenossenschaft. Außerdem bündeln wir und melden die Transporte stets beim Bürgermeister an“, erklärt Detert.
Starkes Team
Mit dem Kauf der Anlage hat der Unternehmer aus Westfalen auch das achtköpfige Stallteam übernommen. Dabei sind zwei polnische und zwei rumänische Landsleute. Einige von ihnen haben eine Wohnung direkt auf dem Betriebsgelände bezogen. Die übrigen wohnen direkt im Ort bzw. in der Umgebung.
Betriebsleiter Sebastian Schleicher managt die Abläufe vor Ort. Bei den sensiblen Arbeiten rund um die Geburt und beim Besamen verlässt er sich auf je eine Expertin im Team. Diese organisieren ihre Arbeiten selbstständig. „Unser Ziel sind 90 bis 95 Abferkelungen je Woche. Da die Umrauscherrate mit knapp 6 % gering ist und wir die passende Anzahl Jungsauen aus dem Pool mit Regumate vorbereiten, erreichen wir in der Regel die Sollzahlen“, erklärt der Betriebsleiter.
Damit eine Einzelperson besamen kann, wird der Sucheber in einem fahrbaren Kastenstand per Fernbedienung vor den Sauen platziert, um so den Duldungsreflex auszulösen. Hinter dem Kastenstand läuft dann ein zweiter Eber, der für die Stimulation während der KB zuständig ist.
Da der Betrieb mittwochs absetzt, werden die ersten Sauen bereits sonntags besamt. So können die Abferkelungen freitags abgeschlossen werden. Die Tragezeit beläuft sich auf 115,5 Tage, was bei dänischer Genetik keine Seltenheit ist.
„Während das Besamen sowie die Geburtsüberwachung Jobs für die Spezialisten sind, werden viele Arbeiten, zum Beispiel die Ferkelimpfungen und -behandlungen, in Teamarbeit erledigt“, erklärt Betriebsleiter Schleicher. Wobei diese aufgrund des hohen Gesundheitsstatus lediglich gegen Circo und Myko geimpft werden müssen.
Ein weiterer Angestellter, der sich um die Aufzucht kümmert, ist gelernter Elektriker. Sein technisches, handwerkliches Verständnis macht ihn zu einem wertvollen Mitarbeiter. „Jeder bringt seine Stärken ein und übernimmt Verantwortung für das Ganze. Das macht das Team so stark“, lobt der Chef.
Ohne Beifüttern geht es nicht
Der Betrieb konnte die Leistungen Jahr für Jahr steigern und ist derzeit bei 33,6 abgesetzten Ferkel angekommen. Dass inzwischen im Schnitt 14,4 Ferkel pro Wurf abgesetzt werden, ist vor allem der Genetik zu verdanken. Durch die automatische Saugferkel-Beifütterung bleiben die Ferkel trotz der hohen Stückzahlen sehr gleichmäßig im Gewicht.
Vom ersten bis zehnten Lebenstag werden die Würfe mit Milch aus Tassen versorgt. Über die gleiche Fütterungsanlage bekommen sie bis zum Ende der Säugephase flüssigen Prestarter angeboten. Dafür werden lediglich die Leitungen im Abteil umgesteckt. Gleichzeitig erhalten die Ferkel etwa ab dem 20. Tag Aufzuchtfutter I in herkömmlichen Schalen.
Auch die Sauenfütterung ist optimiert. Die Umstellung auf Geburtsvorbereitungsfutter erfolgt bereits im Wartestall, circa fünf Tage vor dem Umstallen in den Abferkelstall. Dieses Futter erhalten die Sauen bis zum fünften Tag nach der Geburt. Erst danach wird auf Säugefutter umgestellt. Die Zuteilung erfolgt zunächst zweimal pro Tag, später dreimal. Nach zwei Wochen Säugezeit erreichen viele Sauen eine tägliche Verzehrmenge von umgerechnet 8 kg Trockenfutter. Das Absetzgewicht nach vier Wochen Säugezeit liegt im Schnitt bei 6,7 bis 6,9 kg.
Bereits im Deckstall wird auf Kondition gefüttert. Zusätzlich werden beim Umstallen in den Wartestall mit Buchten für 8 bis 40 Tiere Konditionsgruppen gebildet. Um die Fütterung weiter zu verbessern, denkt Detert über eine eigene Getreidelagerung, Mahltechnik sowie Fermentfutter nach.
„Die Fermentation wird die Homogenität und Pumpfähigkeit des Fließfutters weiter verbessern. Zudem rechnen wir mit hygienischen Vorteilen, wenn der pH-Wert in der Futtersuppe gesenkt wird“, erklärt Carl-Josef Detert. Gleichzeitig erhofft sich der Anlagenbetreiber eine bessere Protein- und Phosphorverwertung. Der Futterverbrauch liegt derzeit bei 12,2 dt pro Sau und Jahr.
Tierwohl aktiv leben
Auch wenn Detert nicht an der Initiative Tierwohl teilnimmt bzw. sich dafür beworben hat, spielt das Thema eine große Rolle. So hat der Unternehmer aus eigenem Antrieb z. B. im neuen Abferkelstall zwei Tränken außerhalb des Troges installiert. Die eine Nippeltränke kann die Sau im Stehen bedienen, eine andere ist 10 cm über dem Boden angebracht. „Diese Tränke wird auch im Liegen bedient bzw. von größeren Ferkeln angenommen“, haben Sebastian Schleicher und sein Team beobachtet.
Jede Sau im Deck- und Warte- sowie im Abferkelstall hat die Möglichkeit, mit einem Holzstück zu spielen oder daran zu kauen. Zusätzlich bekommen die Sauen vor der Geburt die Möglichkeit, ihren Nestbautrieb an einem Jutesack zu befriedigen. Nach der Geburt wird der Sack in Höhe der Ferkelnester über der Buchtenabtrennung aufgehängt und mit einer Klammer fixiert. „Wir haben den Eindruck, dass der Jutesack beruhigend auf Sau und Ferkel wirkt“, erklärt Schleicher.
Ein weiterer Punkt: Im Deckstall fährt der Betrieb mit unterschiedlichen Kastenstandbreiten von 65, 75, und 85 cm. Die mit der Veterinärbehörde abgesprochene Staffelung soll den Liegekomfort verbessern. Allerdings steigt die Gefahr, dass sich die Tiere häufiger drehen und sich dabei verletzen können.
Im neuen Ferkelaufzuchtstall können die Tiere eine geschlossene Komfortliegefläche zum Liegen nutzen. Dank der Liegeinsel sowie dreier verschiedener Beschäftigungsmaterialien hat das Land den Bau bezuschusst.
Bei der letzten Kontrolle wollten die Behördenvertreter vor allem wissen, wie der Betrieb mit verletzten Tieren umgeht. In den breiten Verbindungsgängen hat die Werra Obermaßfeld GmbH eine Reihe von Krankenbuchten angelegt, die mit Sägemehl eingestreut werden. „Für jedes verletzte oder kranke Tier legen wir künftig eine digitale Krankenakte an, in die auch aussagefähige Bilder abgelegt werden können“, blickt Detert nach vorn.
In diesem Zusammenhang weist der Anlagenbetreiber auf die umfangreichen Dokumentationen auf den Sauenkarten hin, die das Muttertier von der Besamung bis zum Absetzen begleitet. „Auf den Karten dokumentieren wir, dass wir uns gerade um die schwachen Ferkel kümmern“, betont auch Schleicher. Wobei Tierwohl nicht in Gesetze und Vorschriften zu gießen ist. „Für uns ist Tierwohl vor allem eine Frage des Managements“, wirbt Detert für mehr Verständnis seitens der Behörden.
Fazit
Die Schweinezuchtanlage Werra Obermaßfeld produziert hochgesunde Qualitätsferkel. Der Bestand ist PRRS-unverdächtig. Die Ferkel werden lediglich gegen Circo und Myko geimpft.
Dank der Genetik, eines ausgefeilten Geburtsmanagements und des Zufütterns der Saugferkel erreicht der Betrieb über 33 aufgezogene Ferkel je Sau.
Zahlreiche Beschäftigungsmöglichkeiten, optimierte Haltungsbedingungen und umfangreiche Dokumentationen im Sauen- und Ferkelaufzuchtstall sorgen für einen reibungslosen Ablauf in der Produktion.
Anlagenbetreiber Carl-Josef Detert denkt über eine eigene Getreidelagerung und -vermahlung sowie eine Fermentation nach, um die Futtereffizienz weiter zu verbessern.