Im Krisenjahr 2008 hat Gerrit van Bergen die Ferkelerzeugung eingestellt und in Eigenregie einen neuen Sauenstall gebaut. Aus heutiger Sicht war die Entscheidung absolut richtig!Gerrit van Bergen (49) ist ein Querdenker. Als der Holländer 2008 den Ausbau seiner Sauenhaltung plant, fasst er einen kühnen Entschluss: Der neue Stall für 420 Sauen wird weitgehend in Eigenregie gebaut. Gleichzeitig wird die damalige 120er-Sauenherde abgeschafft, um sich voll auf den Stallbau konzentrieren zu können. Als Hauptargument für diesen ungewöhnlichen Schritt nennt van Bergen die miserable Lage am Ferkelmarkt: „Die Preise waren 2008 im Keller, das Futter extrem teuer. Ich war mir sicher, dass ich auf dem Bau mehr Geld verdienen kann als im Ferkelstall. Aus heutiger Sicht war die Entscheidung absolut richtig.“ Für den Stallbau in Eigenregie sprachen für van Bergen auch die niedrigen Zinsen. Denn dem Landwirt war bewusst, dass der Bau deutlich länger dauert, wenn man etliche Arbeiten selbst ausführt: „Man muss viel Material vorfinanzieren, bis der Stall Geld abwirft.“ Auf seinem Betrieb im niederländischen Oss bei Nijmwegen hält van Bergen neben den Sauen auch 70 Milchkühe. Unterstützt wird er von seiner Frau Angeli sowie seinen vier Söhnen Bram (19), Thijn (17), Luuk (15) und Koen (15), die in jeder freien Minute mit anpacken. Strikter Terminplan Neben der hohen Eigenleistung stand für den Praktiker fest, dass er den Stall möglichst einfach bauen will, wobei auch gebrauchte Materialien zum Einsatz kommen. „Die Margen in der Ferkelerzeugung bleiben eng. Wir wollten daher einen modernen, aber günstigen Stall“, betont der Betriebsleiter. Wichtig ist dem Landwirt auch eine hohe Funktionssicherheit. Denn der neue Stall sollte eine hohe Arbeitseffizienz und optimale Haltungsbedingungen für die Tiere bieten. Um das zu gewährleisten, hat van Bergen zunächst mit einem Bauexperten einen Basisplan erstellt. Dieser sah den Drei-Wochen-Rhythmus vor. Den Basisplan hat der Praktiker dann kritisch durchleuchtet, um alle Einsparmöglichkeiten auszuschöpfen. „Wir haben uns schließlich für den Vier-Wochen-Rhythmus entschieden, da hier die teuren Abferkelplätze besser ausgelastet sind. Außerdem hat man bei diesem Rhythmus weniger Sauengruppen bzw. Abteile. Das hilft ebenfalls, Baukosten zu sparen“, erklärt der Betriebsleiter. Ein weiterer wichtiger Punkt war für van Bergen ein genauer Zeitplan. Denn der Stopp der Ferkelerzeugung brachte zwar erhebliche Freiräume. Doch zusätzlich zum Bau musste auch die Milchviehherde weiter betreut werden. Außerdem hatte Gerrit van Bergen das ehrgeizige Ziel, die Eigenleistung nur mit familien-eigenen Arbeitskräften zu stemmen. Der Praktiker hatte das Glück, dass seine Söhne mit ebenso viel Herzblut an den Stallbau gegangen sind wie er. Um bei dem großen Bauprojekt den Überblick zu behalten, hat die Familie genau festgelegt, welche Gewerke man bis wann fertigstellen kann. So hat das Team eine Bauphase von gut zwei Jahren durchkalkuliert. Der Plan hat verhindert, dass sich die Familie z. B. während der Ernte zu viel vornimmt. „Gleichzeitig war der Plan stets ein Ansporn. Ohne die strikten Termine hätten wir das Projekt nicht so pünktlich über die Bühne gebracht“, gibt van Bergen offen zu. Selbst betoniert und gemauert Der Startschuss für den Bau fiel im Herbst 2008. Nachdem ein Unternehmer die Erdarbeiten erledigt hatte, hat van Bergen zusammen mit seinen Söhnen zunächst die 84 x 23 m große Bodenplatte betoniert und die Güllekanäle aufgemauert. Der neue Stall wurde dabei mit der Giebelseite direkt an den alten Schweinestall gebaut. Dieser dient nach der Renovierung jetzt als Futterlager und Hygieneschleuse. Der zweite Schritt umfasste das Aufstellen der Stahlhalle, die die Basis für den Stall bildet. Diese Arbeit hat van Bergen vergeben, da man hierzu einen Spezialkran benötigt. Der Landwirt hat aber mehrere Angebote verglichen und nachverhandelt. „Uns kam zugute, dass in der Wirtschaftskrise Stahl günstig und die Firmen zu Preisnachlässen bereit waren“, berichtet der Bauherr. Die Eindeckung des Stalles besteht aus 4 cm dicken Sandwichpaneelen, die für eine gute Dämmung sorgen. Auf eine Zwischendecke hat der Landwirt aus Kostengründen bewusst verzichtet. Die Seitenwände des Stalles bestehen außen aus einem Klinkermauerwerk, das Familie van Bergen komplett in Eigenleistung erstellt hat. „Sogar unser jüngster Sohn war mit der Zeit so begeistert, dass er beim Mauern mitgeholfen hat. Hierdurch haben die Jungs ihr Taschengeld kräftig aufgebessert – das zieht“, schildert Gerrit van Bergen. Für die Innenseite der Stallwände sowie die Abteilwände hat der Ferkelerzeuger 5 cm starke Kunststoffpaneele eingesetzt. Diese lassen sich sehr gut in Eigenleistung montieren. Außerdem sind sie stabil und sehr gut zu reinigen. Bei der Planung hat der Landwirt darauf geachtet, dass er wenig Innenwände benötigt. Der Warte- und Deckbereich befinden sich daher in einem Großraumabteil. Zudem ist der Wartebereich mit Liegekesseln und einem Laufbereich mit Betonspaltenboden einfach konzipiert. In jeder Bucht stehen bis zu 40 Sauen. Sie werden über Volumendosierer an der Rückseite der Liegekessel gefüttert. Teure Kastenstände oder Abrufstationen kamen nicht infrage. Auch in den beiden 36er-Abferkelabteilen setzt der Betrieb auf das Großraumkonzept. „Große Abteile bedeuten weniger Wände, weniger Türen und weniger Steuerungstechnik“, erklärt der Bauherr sein Sparkonzept. Bei der Stalleinrichtung standen die Baukosten ebenfalls im Mittelpunkt. So hat der Praktiker die Abferkelkörbe, rund die Hälfte der Futtertechnik und mehrere Futtersilos gebraucht gekauft. Durch den Strukturwandel in der holländischen Ferkelerzeugung sind gut erhaltene Stalleinrichtungen oft günstig zu erstehen. Dennoch hat der Landwirt darauf geachtet, dass die Materialien nur wenige Jahre alt oder kaum Verschleiß unterworfen sind. Schließlich soll sein Stall eine hohe Funktionssicherheit bieten. Gebrauchte Stalleinrichtung spart 70 000 € Die Stalleinrichtung hat das Familienteam komplett selbst eingebaut. Gleiches gilt für die Elektro-, Wasser- und Heizungsleitungen. Lediglich das Anschließen der Technik erfolgte durch Fachfirmen. Auch den Abluftfilter im Dachraum des Stalles hat der Praktiker weitgehend selbst installiert. Trotzdem hat der Filter rund 50 000 € gekostet. Unter dem Strich kommt der Landwirt auf 500 000 € Baukosten. Hierin enthalten sind die Fremdlöhne sowie sämtliche Baumaterialien. Die Einsparung durch die gebrauchte Stalleinrichtung beziffert der Landwirt auf 70 000 €. Mit einer Investition von 1 200 € pro Sauenplatz inklusive Ferkelaufzucht hat der Betrieb rund 40 % günstiger gebaut als üblich. Dies war allerdings nur möglich, weil das sechsköpfige Familienteam in 27 Monaten Bauzeit satte 9 000 Arbeitsstunden eingebracht hat! Gerrit van Bergen schätzt, dass er so 280 000 € an Fremdlöhnen gespart hat: „Das macht für uns 30 € Stundenlohn. Das hätten wir im Stall in der Phase nicht verdient.“ Trotz der günstigen Baukosten hat van Bergen die Arbeitsproduktivität nicht aus den Augen verloren. Dies zeigt sich an vielen Punkten: Der Zentralgang ist mit 1,80 m Breite großzügig angelegt. Außerdem erleichtern Sperrgitter an allen Abteiltüren das Umstallen. Die Flatdeckabteile liegen direkt neben den Abferkelbuchten. Die Ferkelaufzucht ist im Giebel des Stalles angeordnet. Beides sorgt für kurze Treibewege. Die beiden Abferkelabteile sind gegenüberliegend am Zentralgang angeordnet. Direkt vor der Tür steht der Ferkelbehandlungswagen. Der Deck- und Wartebereich ist als Großraumabteil konzipiert. Das erleichtert die Übersicht. Lästiges Türen öffnen entfällt. Das durchdachte Konzept macht sich bezahlt. So kalkuliert der Betriebsleiter im Sauenstall mit einem Zeitbedarf von jährlich 2 400 Arbeitsstunden. Das sind nur knapp sieben Stunden pro Sau! Neben der Arbeitseffizienz hat der Betriebsleiter auf die Hygiene geachtet. „Gesunde Tiere sind das A und O für eine erfolgreiche Vermarktung. Zudem müssen wir künftig mit möglichst wenig Medikamenten auskommen“, ist der Landwirt überzeugt. Um das zu erreichen, setzt der Betrieb auf ein striktes Gruppenmanagement. Dies gilt insbesondere für die Ferkelaufzucht. Hier befinden sich acht Abteile für jeweils 200 Ferkel. Die Buchten hat der Sauenhalter klein gewählt. So kann er je zwei Würfe zusammen aufstallen, ohne die Tiere zu mischen. Wichtig ist für den Praktiker, dass er die Abteile nach dem zweiten Verkauf komplett räumen kann. Leichte Ferkel verkauft er pauschal für 1 €/kg an einen Spanferkelschlachter. Zur Verbesserung der Hygiene hat der Landwirt zudem separate, farblich markierte Arbeitsmaterialien und Schuhe für die einzelnen Stallbereiche gekauft. Außerdem gibt es z. B. für jedes Aufzuchtabteil eigene Anfütterungströge. Auch trug die zweijährige Unterbrechung der Ferkelerzeugung zur Verbesserung des Tiergesundheit bei. Denn so konnte der Betrieb die Herde neu mit hochgesunden Jungsauen aufbauen. Sie sind unter anderem frei von PRRS, APP und Mykoplasmen. Um den neuen Stall zügig belegen zu können, wurden bereits im Frühjahr 2010 die ersten Topigs-20-Jungsauen zugekauft. Diese werden mit Piétrain-Ebern belegt. Denn Ziel ist, die Ferkel nach Deutschland zu vermarkten. Im ersten Wurf haben die Sauen im Schnitt 12,8 Ferkel lebend geboren und 11,7 Ferkel abgesetzt. Kurzfristig strebt der Betrieb 29 abgesetzte Ferkel pro Sau und Jahr an. „Unser Hauptziel für 2011 war aber, im Januar die ersten Ferkel zu verkaufen. Das haben wir mit einem großen Kraftakt in der Familie geschafft“, ist Gerrit van Bergen stolz. Allerdings hat er bereits einen Verbesserungspunkt im neuen Stall entdeckt. So waren die Ferkelnester besonders während der langen Frostperiode im Dezember nicht warm genug. Hier will der Landwirt durch stärkere Wärmelampen und eine Ferkelnestabdeckung nachbessern.