Der Holländer Rik Rotink setzt auf eine intensive Geburtenbetreuung und top-Futter. So hat er die Saugferkelverluste auf ein Minimum gesenkt.
Fred Schnippe, SUS
Rik Rotink (39) ist ein absoluter Sauenprofi. Mit 35 abgesetzten Ferkeln gehört er zu den besten Betrieben in Holland. „Wichtig ist mir, dass wir die vielen lebend geborenen Ferkel erfolgreich aufziehen“, betont Rotink. Mit einem Bündel an Maßnahmen hat er die Ferkelverluste stabil auf 5 % gedrückt.
Der Landwirt führt im niederländischen Aalten (Provinz Gelderland) einen Betrieb mit 1000 Sauen im Vier-Wochen-Rhythmus. Mit dem letzten Wachstumsschritt im Jahr 2012 hat Rotink seine Herde auf die heutige Größe verdoppelt. Die Ferkel werden über einen deutschen Händler an feste Mäster vermarktet. Neben dem Betriebsleiter gehören sieben Teil- bzw. Vollzeitmitarbeiter zum Team, die auf 480 Stunden pro Monat kommen.
Ausgefeiltes Futterkonzept
Rik Rotink hält 300 TN70- und 700 Topigs 20-Sauen die im Schnitt 14,7 lebende Ferkel pro Wurf gebären. Um die großen Würfe erfolgreich aufzuziehen, setzt der Sauenprofi bereits bei der Fütterung im Deckzentrum an. Hier teilt er die 200er-Sauengruppen nach Kondition in vier Gruppen ein. Alle Sauen stehen nach dem ersten Wurf in einer separaten Gruppe. So kann er stark abgesäugte Sauen mit Tagesportionen von bis zu 4,3 kg schnell wieder anfüttern. „Vier Wochen nach dem Absetzen muss die Kondition der Sauen wieder passen“, betont Rotink.
Der Betriebsleiter achtet zudem auf eine hohe Futterqualität. Das Mahlen und Mischen des Sauen- und Ferkelfutters erfolgt daher täglich frisch. Als Hofmischer kann er die Qualität der Komponenten besser prüfen und spart so rund 10 % Futterkosten.
Aspirin und Cholin ergänzen
Um reibungslose Geburten zu erzielen und MMA zu vermeiden, erhalten alle Sauen im Abferkelstall ein Geburtsvorbereitungsfutter. „Da wir im Vier- Wochen-Rhythmus nur eine Abferkelgruppe haben und mit Tagessilos arbeiten, kann ich das Geburtsfutter auch über die Fütterungstechnik zeitsparend vorlegen“, erklärt Rotink.
Durch die eigene Mischtechnik kann der Ferkelerzeuger außerdem individuelle Futterzusätze einsetzen. So ergänzt er in den letzten zehn Tagen vor der Geburt das Futter mit Cholinchlorid in einer Dosierung von 10 g je Sau und Tag. Nach Erfahrungen des Landwirts stärkt das die Skelettmuskulatur der Neugeborenen und senkt den Anteil Spreizerferkel erheblich.
Ab dem 111. Trächtigkeitstag mischt Rotink ergänzend Aspirin ins Futter. Er hat beobachtet, dass sich die Sauen dadurch fitter fühlen und weniger häufig Fieber auftritt. Auch frühe Geburten am 111. oder 112. Trächtigkeitstag treten heute nur noch selten auf.
Wichtig ist für den Betriebsleiter zudem eine hohe Futteraufnahme in der Laktation. Ab dem zehnten Säugetag legt der Betrieb das Futter daher dreimal täglich vor. Außerdem werden die Tagesportionen regelmäßig angepasst. Mit einer speziellen Stange kann Rotink die Dosierer schnell vom Futtergang aus verstellen, ohne in die Buchten treten zu müssen.
Viel frische Luft für die Sau
Auch beim Stallbau hat der Landwirt darauf geachtet, dass sich die Sauen stets wohl fühlen und möglichst wenig Ferkelverluste auftreten. So gelangt die Zuluft für den Abferkelstall über einen Erdwärmetauscher ins Gebäude. Hierzu hat der Landwirt in etwa 4,5 m Tiefe ein 25 m langes Rohrsystem angelegt, das durch das Grundwasser verläuft. Per Nasenlüftung gelangt die frische Luft aus dem Erdwärmetauscher direkt an die Sau. „So kann ich den Abferkelstall mit 27°C wärmer fahren als üblich. Das erhöht die Überlebenschance insbesondere für kleine Ferkel erheblich“, ist der Praktiker überzeugt.
Außerdem hat der Landwirt unterschiedliche Abferkelbuchten für Jung- und Altsauen installiert. Sie unterscheiden sich u.a. in der Größe der Schutzkörbe und der Ablegebügel. Insbe-sondere den schwereren Altsauen kann der Landwirt so mehr Platz bieten.
Damit auch die kleineren Ferkel optimal ans Gesäuge kommen, hat der Betrieb sogenannte Step-Two-Buchten installiert. Hier sind die Gussroste im Liegebereich der Sauen um rund 3 cm erhöht. Als weitere Besonderheit wurden große Ferkelnestabdeckungen installiert. Sie laufen über die gesamte Länge der Buchtentrennwand. In den ersten drei Lebenstagen klappt Rotink die Abdeckung herunter. Mithilfe der erhöhten Abteiltemperatur und der Abdeckung kommt der Landwirt komplett ohne Wärmelampen aus. Später werden die Abdeckungen wieder hochgeklappt, um die Sicht auf die Ferkel zu verbessern.
Bei der Geburt immer dabei
Der Hauptfaktor für geringe Ferkelverluste ist für Rik Rotink aber die intensive Betreuung der Geburten. Um diese zu bündeln, leitet der Praktiker die Geburten künstlich ein. Hierzu werden etwa 60 % der Sauen ab dem 114. Trächtigkeitstag behandelt. Am Donnerstag, dem Hauptabferkeltag, setzt so bei zwei Drittel der Sauen die Geburt ein.
Neben der Geburtenbündelung führt Rotink je Abferkelgruppe zwei Nachtwachen durch. Der Betriebsleiter ist nachts durchgehend selbst im Stall. „Geburtenkontrolle ist Chefsache“, betont der Sauenprofi.
Erst morgens ab 6.30 Uhr löst ihn ein Mitarbeiter ab. Den zweiten Teil der Geburtenkontrolle übernimmt stets derselbe Mitarbeiter. So gibt es z.B. beim Schichtwechsel keine Kommunikationsprobleme.
Die Geburtenüberwachung hat der Landwirt so organisiert, dass er alle 45 Minuten sämtliche 200 Sauen im Abferkelabteil mindestens einmal sieht. So kann er bei stockenden Geburten sofort eingreifen. „Eine Altsau muss alle 30 Minuten ein neues Ferkel gebären. Sonst greifen wir ein“, schildert Rotink das Vorgehen. Bei den Jungsauen wartet der Betrieb etwas länger, bevor ein Eingriff erfolgt.
Um den Überblick zu bewahren, notiert er den Geburtsverlauf und die Eingriffe mit Kürzel und Uhrzeit auf der Sauenkarte. Im Schnitt wird bei rund 20 % der Sauen Geburtshilfe geleistet. Der Praktiker sieht die rechtzeitige Hilfe bei den Geburten auch als Mittel, um die Anzahl der Totgeburten zu verringern. Diese fällt mit 0,64 Ferkeln pro Wurf sehr gering aus.
Wehenmittel setzt der Betrieb bei der Geburtshilfe nur im Ausnahmefall ein. Schließlich lässt sich von außen nicht feststellen, ob ein quer sitzendes Ferkel die Geburt blockiert. Eine hormonelle Unterstützung der Wehen wäre dann kontraproduktiv. Nur wenn die Sau erkennbar zu schwache Wehen hat, unterstützt der Betrieb diese mit Medikamenten.
Früher Wurfausgleich
Bereits während der Geburten beginnt die Versorgung der Neugeborenen. Kleinere, unterkühlte Ferkel werden trockengerieben und bekommen oral einen Energietrunk verabreicht. Gleichzeitig startet der Betrieb bereits zu diesem Zeitpunkt mit dem Wurfausgleich, um eine hohe Milchaufnahme sicherzustellen. Rotinks Devise lautet: „Besser genug Biestmilch bei einer fremden Sau als zu wenig bei der eigenen Mutter.“
Zudem sammelt der Betriebsleiter alle kleinen Ferkel der Würfe ab und setzt sie an eine Jungsau. Hier können sie an den kleineren Zitzen leichter saugen. Die Jungsauen bekommen maximal 14 Ferkel zugeteilt.
Am zweiten bis dritten Säugetag nimmt der Landwirt alle Ferkel aus den Würfen, die sichtlich zurückbleiben. Diese werden an eine gute Sau im zweiten Wurf gesetzt, die mindestens 14 gleichmäßige Ferkel gesäugt hat. Zwei kleine Ferkel bleiben an ihrer zur Amme gewordenen Mutter. Das erleichtert die Aufnahme der neuen Ferkel.
Die zwölf besten Ferkel der Amme werden mutterlos aufgezogen. Hierzu sind sie in einem separaten Abteil in kleinen Buchten unterbracht. Dieses wird konsequent im Rein-Raus-Verfahren betrieben und nach jeder Abferkelgruppe gereinigt und desinfiziert. „Es sollten jedoch nicht mehr als 100 Ferkel je Sauengruppe sein, die wir mutterlos aufziehen“, betont der Betriebsleiter.
Am fünften Tag nach den Geburten ist das Ferkelversetzen abgeschlossen. Dann beginnt das Zufüttern der Würfe. Hierzu bietet der Betrieb bis zum zehnten Tag zusätzlich Ferkelmilch in Trögen an. Diese wird zweimal täglich in einem Kälbermixer angerührt und per Gießkanne verteilt. Der Betrieb setzt auf die Milchgabe von Hand, weil so die Mengen besser zu steuern sind und die Tröge bei Bedarf gereinigt werden können. Am zehnten Tag erfolgt die Umstellung auf breiförmigen Prestarter.
Ziel: 6 kg Absetzgewicht
Auf die Ferkelverluste hat die Beifütterung nach Rotinks Einschätzung nur einen geringen Einfluss: „Für eine schnelle, gleichmäßige Entwicklung im Flatdeck ist das rechtzeitige Zufüttern der Ferkel allerdings um so wichtiger.“ Das Ziel ist, dass die Ferkel nach der dreiwöchigen Säugezeit im Schnitt 6 kg wiegen. Bei 13,9 abgesetzten Ferkeln je Wurf wird diese Marke aktuell knapp erreicht.
Der Betriebsleiter ist sich bewusst, dass diese enormen Ferkelzahlen nur mit einem hohen Arbeitseinsatz möglich sind. „Mit umgerechnet einer Voll-AK für 250 Sauen sind wir für unsere Größenordnung eher großzügig ausgestattet. Doch wer große Würfe und wenig Ferkelverluste will, muss viel Zeit mitbringen“, resümiert Rotink.
Fazit
Rik Rotink hat die Saugferkelverluste bei 35 abgesetzten Ferkeln auf 5 % gedrückt. Zum Erfolgsrezept gehören u.a. ein hochwertiges, frisches Sauenfutter und eine intensive Betreuung der Neugeborenen. So setzt der Ferkelerzeuger bei den 200er-Sauengruppen konsequent Nachtwachen ein. Für Diskussionen um hohe Ferkelverluste sieht sich der Landwirt gut gerüstet.