Gesellschaft und Politik fordern Haltungssysteme für mehr Tierwohl. Doch Ställe mit Außenklima stellen hohe Anforderungen an den Standort.
Ewald Grimm, KTBL
Landwirte müssen durch tiergerechte und emissionsarme Ställe die Akzeptanz in der Bevölkerung sichern. Dabei darf die Wirtschaftlichkeit nicht auf der Strecke bleiben.
Vor allem der Tierschutz hat hohe Priorität. In der Schweinehaltung heißt das mehr Platz, geschlossene Liegeflächen, Raufutter, Beschäftigungsmaterial bzw. Einstreu sowie Außenklimareize durch freie Lüftung oder Auslauf.
Gleichzeitig sollen die Umweltbeeinträchtigungen durch die Tierhaltung weiter sinken. Hier sind insbesondere die Erlasse einiger Bundesländer zur Filterpflicht bei mehr als 2000 Mast- oder 750 Sauenplätzen zu nennen. Diese Vorgaben sollen mit der Neufassung der TA Luft künftig bundesweit gelten.
Darüber hinaus müssen alle Betriebe sicherstellen, dass die Nachbarschaft vor Gerüchen und Gesundheitsgefahren durch Staub und Keime geschützt ist. Zudem dürfen die Stickstoffeinträge in empfindliche Ökosysteme bestimmte Werte nicht überschreiten.
Auch kleinere Ställe betroffen
Diese Vorgaben müssen die Veredlungsbetriebe unabhängig von ihrer Größe und Produktionsweise beachten. Auch kleine nur baurechtlich genehmigungspflichtige Ställe sind betroffen. Hinzu kommt, dass Vorbelastungen durch andere Betriebe mit zu berücksichtigen sind. Mit der geplanten Neufassung der TA Luft sind sogar weitere Verschärfungen angedacht.
Die gleichzeitige Forderung nach mehr Tierwohl und höheren Umweltstandards stellt die Tierhalter vor immense Herausforderungen. Denn bei besonders tiergerechten Haltungsverfahren mit freier Lüftung und Auslauf wird bisher von höheren Emissionen ausgegangen als bei konventionellen Haltungsverfahren. Problematisch sind insbesondere Ausläufe ohne Dach. Allerdings fehlen bisher belastbare Daten sowie praxiserprobte Minderungsmaßnahmen.
Bei Ställen mit freier Lüftung ist es nicht möglich, die Abluft zu bündeln und zu reinigen. So kann das Problem auftreten, dass bei Betrieben mit Filterpflicht frei gelüftete Ställe nicht genehmigungsfähig sind. Selbst, wenn der Betrieb zur Kompensation seine Tierzahl verringert.
Schwierige Standortsuche
Hinzu kommt: Außenklimaställe und Ausläufe setzen Emissionen bodennah frei. Dies bedingt im Vergleich zu zwangsgelüfteten Ställen wesentlich ungünstigere Ausbreitungs- und Verdünnungseffekte. Es ist daher mit stärkeren Belastungen in der Umgebung zu rechnen. Daher stellen Außenklimaställe mit Auslauf deutlich höhere Anforderungen an den Standort.
Wichtig sind bei diesen Ställen große Abstände zu Schutzgütern wie Wohnbebauungen und Wald, geringe Vorbelastungen durch andere Betriebe sowie günstige Windverhältnisse, das heißt insbesondere eine geringe Windhäufigkeit in Richtung der Schutzgüter. Insofern scheiden Dorfgebiete bzw. der Innenbereich von Ortslagen in der Regel von vornherein für besonders tiergerechte Ställe aus.
Beispiel mit 800 Mastplätzen
Welche Auswirkungen dies auf die Genehmigungspraxis hat, zeigt beispielhaft ein Vorhaben mit 800 Schweinemastplätzen (siehe Übersicht). In Variante A wird ein konventioneller Stall mit Zentralabsaugung geplant. Der Stall setzt die Abluft in 7,5 m Höhe über dem Grund bzw. 1,5 m über dem First mit einer Geschwindigkeit von sieben Meter pro Sekunde frei. Variante B beschreibt einen Außenklimastall mit freier Lüftung. Hier handelt es sich um eine bodengebundene Volumenquelle bis 4,5 m über Grund.
Zum Vergleich dient eine Geruchsprognose, die meist Grundlage jeder Baugenehmigung ist. Der Ausbreitungsrechnung liegt ein Stall mit gleicher Größe, gleichem Tierbesatz und gleichen Emissionen von 5200 Geruchs- einheiten pro Sekunde zu Grunde.
Außenklima: Mehr Abstand
Die Immissionsprognose steht für einen typischen Standort in der norddeutschen Tiefebene. Die Wetter- und Windverhältnisse sind hier für die Ausbreitung eher günstig. Zur Orientierung sind die Abstandsradien für 250 bis 1000 m um den Stallmittelpunkt eingezeichnet.
Die 2 %-Isolinie kennzeichnet den Bereich um den Stall, in dem nach Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) die prognostizierte Geruchsbelastung noch einen relevanten Beitrag zur Gesamtbelastung liefert. Außerhalb dieser Isolinie wird der Beitrag eines Stalles als irrelevant eingestuft.
Die Prognose zeigt, dass der konventionelle Stall mit deutlich geringeren Schutzabständen auskommt als der Außenklimastall. Je nach Himmelsrichtung und Isolinie sind die notwendigen Abstände im Mittel rund 200 m geringer als beim frei belüfteten Außenklimastall. Dies gilt sinngemäß auch für die Ammoniak- bzw. Stickstoffdeposition, doch nicht ganz so durchgreifend.
Der Emissions-bedingte Nachteil des Außenklimastalls verstärkt sich in einer topografisch ungünstigen Region z.B. im Mittelgebirge. Dort ist die Windrichtungsverteilung oft stärker kanalisiert und die mittlere Windgeschwindigkeit geringer. So ist der Anteil ungünstiger Ausbreitungsbedingungen höher.
In Mittelgebirgslagen werden für den 800er-Außenklimastall auf Basis der 2 %-Isolinie teils Abstände von 2000 m und mehr nötig. Dies ist mehr als das Doppelte des konventionellen Stalls. Das heißt: In Regionen mit ungünstiger Ausbreitungslage ist die Genehmigung eines Außenklimastalls sehr schwer.
Die größeren Einwirkungsbereiche tiergerechter Haltungsverfahren haben zur Folge, dass geeignete Standorte schwieriger zu finden und aufgrund größerer Abstände nur mit höheren Kosten zu erschließen sind. Zudem ist das Genehmigungsverfahren aufwendiger, weil mehr Fremdbetriebe bei der Vorbelastung zu berücksichtigen sind. Dabei gibt es für besonders tiergerechte Ställe keinen Bonus. Sie werden in puncto Emissionen genauso beurteilt wie konventionelle Ställe.
Wie Emissionen senken?
Dies führt zur Frage, wie sich die Emissionen senken lassen. Effektiv aber teuer ist die Abluftreinigung. Doch diese ist bei frei gelüfteten Ställen und Ausläufen nicht einsetzbar.
Bei Außenklimahaltungen setzt die Emissionsminderung daher insbesondere bei fogenden Punkten an:
- Nährstoff-reduziertes Futter kann die Freisetzung vor allem von Ammoniak mindern. Allerdings ist die Wirksamkeit weiter zu untersuchen.
- Die Trennung von Kot und Harn mit Kotschiebern und häufiger Entmistung bremst die Bildung von Ammoniak aus Harnstoff. Denn das verantwortliche Enzym Urease befindet sich im Kot.
- Die Behandlung der verschmutzten Oberflächen mit Urease-Inhibitoren wirkt ebenfalls in diese Richtung.
- Bei Ausläufen mindern Dächer und häufiges Entmisten die Emissionen.
Zudem ist eine Kombination dieser Maßnahmen denkbar. Insgesamt bleibt das Potenzial der Emissionsminderung durch die fehlende Filtermöglichkeit bei Außenklimaställen aber begrenzt.
Fazit
Außenklimaställe stellen hohe Anforderungen an den Standort. Durch Emissionen aus dem Auslauf und die bodennahe Freisetzung sind deutlich größere Abstände zur Wohnbebauung oder empfindlichen Ökosystemen einzuhalten. Effektive Minderungsmaßnahmen wie Abluftfilter fehlen, hier besteht Forschungsbedarf.
Vor allem an Standorten mit hoher Vorbelastung sind Tierwohlställe oft nur bei Reduktion des Tierbestandes genehmigungsfähig. Geplante Verschärfungen der TA Luft treffen Tierwohlställe stark. Dies würde die gesellschaftlich gewünschte Ausbreitung dieser Haltungsform zusätzlich erschweren.