Wie können wir den Komfort für die Schweine in der Mastbucht verbessern, ohne bewährte Konzepte wie den Vollspaltenboden und die gesetzlich vorgeschriebene Belegdichte über Bord zu werfen? Das war die Vorgabe beim Schweine-Team des Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft (VBZL) Haus Düsse. Es ging also um Techniken, die in bestehende Ställe eingebaut werden könnten. Ergebnis war das sogenannte Düsser Komfortabteil, welches im vergangenen Jahr eingeweiht wurde. Es besteht aus drei Buchten à 25 bzw. 50 Tieren. Im Mittelpunkt stand bei der Gestaltung eine deutliche Strukturierung der Bucht. „Dafür ist eine Gruppengröße von 25 Tieren allerdings schon äußerste Untergrenze. Bei noch geringerer Fläche ist eine Trennung der Funktionsbereiche fast nicht möglich“, erklärt Tobias Scholz, einer der Berater auf Haus Düsse. Um den Fress- strenger vom Liegebereich abzugrenzen, wurden die Tröge anders als üblich nicht mittig in der Bucht angeordnet, sondern weiter seitlich (siehe Übersicht 1). Gefüttert wird am Kurztrog mit Sensor-Flüssigfütterung. Der Boden im Liegebereich ist mit 10 % Perforation schlitzreduziert ausgeführt. In der restlichen Bucht beträgt der Schlitzanteil des Bodens 15 %, was der Verlegung von Standard-17-mm-Spalten entspricht. „Eine Forderung, die sich in allen Diskussionen mit Vertretern des Lebensmittelhandels immer wiederholte, war die nach dem Einsatz von Stroh“, erklärt Tobias Scholz. Diesem Wunsch nach Stroh im Stall sind Scholz und sein Berater-Kollege Hans-Heinrich Ellersiek mit der Entwicklung des Düsser Wühlturms nachgekommen. Dabei handelt es sich um eine stationäre Beschäftigungsvorrichtung für Schweine: An einem Stahlgerüst ist senkrecht ein KG-Rohr angebracht, das einen spaltbreit über einer Beton- oder Kunststoffplatte am Boden hängt. Das Rohr hat einen Durchmesser von 30 cm und wird von oben mit Stroh befüllt. Es ist leicht pendelnd aufgehängt. Wenn die Schweine das Rohr anstupsen, rutscht Material von oben nach. Mit dem Maul wühlen die Schweine einzelne Halme aus dem Spalt am Boden hervor. Den Großteil des Strohs nehmen die Schweine sofort auf. So kommt einerseits neben dem Spieleffekt auch der Belohnungsanreiz hinzu. Denn das Schwein wird für seinen Einsatz mit Stroh belohnt. Andererseits gelangt nur wenig Stroh durch den Spaltenboden, sodass das Güllesystem nicht verstopfen kann. Mechanisch kann eingestellt werden, wie breit der Schlitz sein soll. So kann die Strohmenge ein wenig reguliert werden. Die Düsser setzen 4 bis 5 cm kurz geschnittenes Gerstenstroh aus eigener Herstellung ein. „Andere Materialien wie Heu, Miskanthushäcksel oder Maissilage haben sich nicht so gut bewährt. Maissilage wird zwar sehr gerne von den Schweinen gefressen, doch es sollte eher eine Beschäftigungsmöglichkeit und keine zweite Futterstelle geschaffen werden“, erläutert Scholz. Die Tiere nehmen das Angebot gerne an. Durch die Platzierung in der Mitte der Bucht ist der Wühlturm von allen Seiten erreichbar. Abhängig vom Alter der Tiere können sich 12 bis 15 Schweine gleichzeitig damit beschäftigen, wie die Mitarbeiter im Stall beobachtet haben. Je nach Durchgang befüllen sie den Turm alle zwei bis drei Tage mit frischem Stroh. Scholz schätzt den Strohverbrauch auf 20 bis 50 g pro Schwein pro Tag, was Mehrkosten von etwa 2 € je verkauftem Schwein verursacht. Bei einem laufenden Exaktversuch wird neben dem genauen Materialeinsatz auch der Einfluss auf die biologischen Leistungen untersucht. Die Investitionskosten für einen Wühlturm betragen rund 250 € zzgl. Mehrwertsteuer. Ein weiteres wichtiges Element des Komfortabteils ist die Schweinedusche. Möchte ein Schwein sich eine Abkühlung verschaffen, kann es an einer Seite der Bucht per Knopfdruck einen Duschvorgang auslösen. Dazu sprüht für einen kurzen Moment Wasser aus zwei Düsen, die in 110 cm Höhe über dem aktiven Schwein angebracht sind. Nach 6 Sekunden schließt sich das Magnetventil automatisch wieder. Um Wasserverschwendungen zu vermeiden, ist die Dusche nach jedem Sprühvorgang für eine Minute blockiert. Auch nachts ist die Dusche deaktiviert. Mit der Art der Düsen wird noch experimentiert. Einerseits sollen die Tropfen nicht zu grob sein, damit das Tier nicht richtig nass und krank wird. Auch soll die Güllemenge durch das Spielwasser nicht wesentlich erhöht werden. Andererseits darf der Sprühnebel auch nicht zu fein sein, weil sonst zu befürchten ist, dass die Schweine die Erfrischung kaum wahrnehmen. Sowieso geht Scholz davon aus, dass nicht jedes Schwein den Zusammenhang zwischen dem Schalter und der Wasserdusche begreift. Um diese Vermutung zu überprüfen, entstand aus einem Gespräch mit einem Bioethologen die Idee, zwei Stößel bzw. Kontaktschalter zu installieren, wobei nur einer eine Funktion hat. Auch soll ein Geräusch in Verbindung mit dem Sprühvorgang den Zusammenhang für die Tiere noch klarer machen. Sicher ist: Nicht alle Schweine in der Bucht betätigen die Dusche gleich häufig. Einzelne Tiere nutzen den Durchgang der Dusche leider auch gerne als geschützten Liegeplatz. Ein zusätzlicher Seitenbügel soll hier Abhilfe schaffen. Dieser wird die Anschaffungskosten von 250 bis 350 € jedoch kaum beeinflussen. Zum Tierkomfort gehört für das Team vom VBZL Haus Düsse auch eine hohe Luftqualität im Stall. Deshalb versucht man, das Abkotverhalten so zu lenken, dass nur ein bestimmter Bereich in der Bucht zum Abkoten genutzt wird. Fakt ist: Schweine wählen den Liegebereich nach der Temperatur aus. Wo es angenehm ist, ruhen sie sich aus. Aktivitäten sowie Koten und Harnen verlagern sie in andere Bereiche der Bucht. Um dieses natürliche Verhalten zu unterstützen, hält das Düsser Team den vorgesehenen Kotplatz mittels Düsen wie bei einer Einweichanlage konstant feucht. Zudem soll ein kühler Gussrost den Bereich als Liegeort unattraktiv machen. Unter normalen Bedingungen würden sich die Schweine dort also nie zum Ausruhen ablegen. Doch leider ließ sich bislang nicht jede Schweinegruppe so eindeutig lenken. „Gerade im Sommer bei höheren Temperaturen kann es passieren, dass sich die Schweine mit Vorliebe auf den Metallboden legen, um sich abzukühlen“, so Scholz. Sind Liege- und Kotplatz einmal vertauscht, hilft auch keine Zwischenwand mehr, die in die Bucht eingezogen wurde, um dem Tier beim Koten von drei Seiten Schutz zu bieten. Noch besteht die Wand aus offenen Querstreben, soll aber versuchsweise als blickdichte Wand ausgeführt werden. Darüber hinaus will man mittels eines Rohres von oben aktiv Zugluft zur Schweinetoilette bringen, um die Stelle noch unattraktiver zum Ablegen zu machen. Während der Düsser Wühlturm mit inzwischen ca. 80 verkauften Exemplaren den ersten Schritt in die Praxis geschafft hat, müssen bei der Schweinedusche und der Schweinetoilette noch weitere Erfahrungen gesammelt werden. Einige Details funktionieren noch nicht so wie gewünscht. -msch- Wühlturm mit Stroh Schweinedusche sorgt für Abkühlung Kotplatz vorgeben Praxisreife angepeilt Das Komfortabteil bietet Mastschweinen Möglichkeiten zum Spielen und zum Erfrischen.