Ein Praxisfall zeigt, wie Sie Ställe und Hof mit moderner Kameratechnik überwachen können.
Als unser Hofhund sehr früh morgens anschlug, vermutete ich zunächst den Zeitungsboten als Grund dahinter und schlief weiter“, erinnert sich Karl Mainert (Name geändert) noch genau an die nun zwei Jahre zurückliegenden Ereignisse.
Später am besagten Morgen schaute sich der Schweinehalter die Aufzeichnungen seiner Hofkameras an. Was er da zu sehen bekam, verschlug ihm die Sprache. Morgens um fünf wurde tatsächlich die Tageszeitung gebracht. Doch der Kurier war keine fünf Minuten weg, da hielt ganz in der Nähe der Hofeinfahrt ein Auto und zwei Personen stiegen aus. Beide gingen zielstrebig auf den Hof, wo sie zwei der insgesamt vier Kameras entdeckten und deren Aufnahmewinkel verstellten. Weil die beiden anderen Kameras weiterhin aufzeichneten, konnte der Landwirt das Geschehene trotzdem später nachverfolgen.
„Durch die Türen ging einer in unseren Wartestall, während der andere im Abferkelstall verschwand. Eine Viertelstunde später kamen beide wieder raus und fuhren davon“, erzählt der Sauenhalter. Was die beiden in den Ställen wollten, ist bis heute unklar. Es wurde weder etwas gestohlen, zerstört noch manipuliert. „Vielleicht haben sie Fotos gemacht“, mutmaßt Ehefrau Petra.
Stallbau als Initialzündung
Dass Mainerts zu diesem Zeitpunkt bereits ihren Hof mit Kameras ausgestattet hatten, hängt mit dem Bau des Aufzuchtstalles im Jahr 2011 zusammen. „Von unserem Wohnhaus aus haben wir leider einen schlechten Überblick über den Betrieb. Als die Bauphase für den neuen Stall begann, nahm der Personen- und Autoverkehr auf unserem Hofgelände so zu, dass uns nicht mehr wohl dabei war“, erklärt das Betriebsleiter-Ehepaar.
Sie wandten sich daher an Klaus Löderbusch. Der Elektrotechnikmeister und Schweinehalter hat in den letzten Jahren zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe mit Kameratechnik ausgestattet. „Die Landwirte haben ein zunehmendes Sicherheitsbedürfnis. Neben dem Schutz vor Diebstahl und Vandalismus ist dafür die Angst vor radikalen Tierschützern verantwortlich“, berichtet der Überwachungsexperte.
Hinzu kommt, dass viele Schweinehalter inzwischen mehrere Betriebsstätten bewirtschaften. In diesem Fall nimmt eine Kameraüberwachung nicht nur eine Sicherheitsfunktion ein, sondern kann auch für andere Zwecke eingesetzt werden.
So lässt sich per Videokamera das Eintreffen von Viehhändlern oder Handwerksfirmen bequem vom Stammbetrieb aus verfolgen. Leerfahrten oder unnötige Wartezeiten werden dadurch vermieden.
Will man z. B. wissen, wie lange die Handwerker in der Anlage waren, kann das dank der aufgezeichneten An- und Abfahrzeiten leichter nachvollzogen werden. Selbst um im Zweifelsfall beim Ferkel- oder Schlachtschweineverkauf die Stückzahlen nachhalten zu können, bietet sich der Einsatz eines Kamerasystems an.
Überwachung mit Konzept
Jeder Betrieb ist anders. Deshalb muss im Vorfeld ein individuelles Überwachungskonzept erarbeitet werden. Hierfür schaute sich Löderbusch zusammen mit Karl Mainert zunächst die Gegebenheiten vor Ort an. Im Vorfeld hatte sich der Überwachungsexperte mithilfe von Luftbildern einen Überblick verschafft und mögliche Kamerapositionen notiert. Im Gespräch mit dem Kunden ging es zunächst darum, wo er schwer einsehbare Hofbereiche ausgemacht hat. Anschließend war zu klären, inwieweit an den ausgewählten Kamerastandorten eine Kabelinfrastruktur bzw. ein Leerrohrsystem vorhanden war. Denn für die Übertragung der Kameraaufnahmen auf den Festplattenrekorder ist eine Kabelverbindung notwendig.
Die Datenübertragung kann entweder über ein Telefon- oder Netzwerkkabel erfolgen, wobei letzteres bessere Bildqualitäten ermöglicht. Kabellose Funk-Kameras sind ebenfalls verfügbar und deutlich einfacher zu installieren. Nach Löderbuschs Erfahrungen sind sie aber auch störanfälliger als klassisch verkabelte Kameras. Der Betrieb Mainert hat sich daher für verkabelte Technik entschieden. Dafür wurden zum Teil vorhandene Kabelkanäle genutzt.
Zusätzlich LED-Scheinwerfer
Alle Kameras im Betrieb sind spritzwassergeschützt und haben den Standard IP65. Tagsüber zeichnen diese in Farbe auf, bei Nacht in Schwarz-Weiß. Obwohl die Kameras über ein Infrarot-Licht verfügen, empfahl Löderbusch, zusätzlich an jedem Kamerastandort einen LED-Scheinwerfer mit Bewegungsmelder zu installieren: „So wird zum einen der Aufnahmebereich der Kamera optimal ausgeleuchtet. Zum anderen schreckt es so manchen ungebetenen Besucher sofort ab, wenn er auf einmal im Rampenlicht steht.“
Der Festplattenrekorder ist im Büro des Betriebes installiert. Gespeichert sind die Aufzeichnungen der letzten sieben Tage. Wahlweise können größere Festplatten verbaut werden, die Aufzeichnungen über einen deutlich längeren Zeitraum abspeichern.
Einfach unterwegs abrufbar
Um ihren kompletten Betrieb im Blick zu haben, müssen die Mainerts nur kurz ins Internet gehen. Über ein webbasiertes Programm mit gesichertem Zugang können sämtliche Kameras in der Einzelansicht oder im Kollektiv abgefragt werden. „Mit wenigen Klicks habe ich den ganzen Hof auf dem Bildschirm“, ist Petra Mainert begeistert.
Weil es so einfach geht, nutzt sie für die Abfrage hauptsächlich mobile Geräte. „Wenn mal nachts der Hund bellt, hilft ein Blick auf das Tablet, um wieder beruhigt einschlafen zu können. Bin ich tagsüber unterwegs und mein Mann nicht auf dem Hof, schaue ich über das Smartphone nach dem Rechten“, schildert die Landwirtin.
Probleme mit der Technik hatte der Betrieb bisher nicht. Sollte eine Störung vorliegen, wird automatisch eine Fehlermeldung an das im System regis-trierte Handy geschickt. Gleiches geschieht, wenn die Linse z. B. vom Einbrecher verdeckt wird.
„Der Wartungsaufwand hält sich in Grenzen. Lediglich die Kameralinsen sind jährlich zu reinigen und mitunter muss ein Spinnennetz entfernt werden“, erklären die Schweinehalter.
Weil auf dem stetig gewachsenen Schweinebetrieb insgesamt neun Kameras verbaut sind, betrug die Investition für das komplette Überwachungssystem gut 5 000 €. Neben der Kameraanzahl bestimmen vor allem die gewünschte Bildqualität und die Größe des Festplattenrekorders die Kosten. „Mit hochwertiger Technik und vorhandener Kabelinfrastruktur investieren die meisten landwirtschaftlichen Betriebe erfahrungsgemäß zwischen 3 500 und 5 500 €“, so Löderbusch.
Karl und Petra Mainert bereuen die Investition nicht: „Uns geben die Hofkameras ein Gefühl von Sicherheit. Das ist uns das Geld allemal wert.“
Fazit
Der Betrieb Mainert hat in eine umfangreiche Kameratechnik investiert. Insgesamt neun Kameras sind auf dem schrittweise gewachsenen Hof verbaut. Für die Abfrage der Kameras wird schwerpunktmäßig das Tablet oder Smartphone genutzt. Der Wartungsaufwand für die Technik ist sehr gering.
Für die Mainerts eine lohnenswerte Investition, da sie sich so deutlich besser vor unliebsamen Besuchern oder Diebstahl geschützt fühlen.